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»Ich will kein Messer.« Dannyl warf dem Mann ein nervöses Lächeln zu. »Ich möchte Kontakt zu den Dieben aufnehmen.«

Der Mann zog die Augenbrauen in die Höhe. »Tatsächlich?« Mit schmalen Augen musterte er Dannyl. »Es braucht ein wenig mehr Farbe, um ihr Interesse an einem Gespräch zu wecken. Ihr wisst schon, was ich meine.«

Dannyl öffnete die Hand, um die Silbermünze vorzuzeigen. Als der Wirt danach greifen wollte, schloss Dannyl die Finger wieder zur Faust. Der Mann schnaubte, dann drehte er sich zur Seite.

»He, Kollin!«

In einer Tür hinter der Theke erschien ein Junge. Er sah Dannyl an und musterte ihn mit verständigem Blick von den Haarspitzen bis hinab zu den Stiefeln.

»Bring diesen Mann ins Schlachthaus.«

Kollin bedeutete Dannyl, ihm zu folgen. Als Dannyl hinter die Theke treten wollte, versperrte der Wirt ihm den Weg und hielt ihm die Hand hin.

»Es gibt eine Gebühr. Silber.«

Dannyl musterte die ausgestreckte Hand voller Zweifel.

»Keine Sorge«, sagte der Wirt. »Wenn sie dahinterkämen, dass ich jene betrüge, die um ihre Hilfe nachsuchen, würden sie mich bei lebendigem Leib häuten und meine Haut dann als Lektion für andere an der Dachtraufe trocknen lassen.«

Dannyl fragte sich kurz, ob er übertölpelt wurde, dann drückte er dem Wirt die Silbermünze in die Hand. Der Mann trat zur Seite, und Dannyl ging hinter Kollin durch die Tür.

»Folgt mir, aber sprecht kein Wort«, sagte der Junge. Sie kamen in eine kleine Küche, wo Kollin eine weitere Tür öffnete und in die Gasse hinausspähte, bevor er das Haus verließ.

Der Junge schlug ein schnelles Tempo an und führte Dannyl durch ein Labyrinth enger Straßen. Aus einigen Türen wehte ihnen der Geruch von frisch gebackenem Brot, gekochtem Fleisch oder geöltem Leder entgegen. Schließlich blieb der Junge stehen und zeigte auf den Eingang zu einer Gasse. Die schmale Straße war bedeckt von Schlamm und Unrat und mündete nach zwanzig Schritten in eine Sackgasse.

»Das Schlachthaus. Dort geht Ihr hinein«, sagte der Junge und zeigte die Gasse hinunter. Dann drehte er sich um und eilte davon.

Dannyl sah sich zweifelnd um. Es gab keine Türen in dieser Gasse. Keine Fenster. Niemand kam heraus, um ihn zu begrüßen. Als er das Ende der Gasse erreichte, seufzte er. Man hatte ihn tatsächlich übertölpelt. Wenn er an den Namen des Lokals dachte, war ein Hinterhalt wohl das Geringste, was er zu erwarten hatte.

Achselzuckend drehte er sich um und sah sich jäh drei stämmigen Männern gegenüber, die am Eingang der Gasse standen.

»He! Sucht Ihr nach jemandem?«

»Ja.« Dannyl ging auf die Männer zu. Sie alle trugen schwere Langmäntel und Handschuhe. Den Mann in der Mitte zierte überdies eine Narbe auf einer Wange. Und alle musterten ihn mit kaltem Blick. Ganz gewöhnliche Räuber, überlegte Dannyl. Vielleicht war dies ja tatsächlich ein Hinterhalt.

Einige Schritte vor den Männern blieb er stehen, dann blickte er die Gasse hinunter und lächelte. »Das also ist das Schlachthaus. Wie passend. Seid Ihr drei jetzt meine Eskorte?«

Der Mann in der Mitte streckte die Hand aus. »Für einen gewissen Preis.«

»Ich habe mein Geld schon dem Wirt vom Kühnen Messer gegeben.«

Sein Gegenüber runzelte die Stirn. »Ihr wollt ein Messer?«

»Nein.« Dannyl seufzte. »Ich will mit den Dieben reden.«

Der Mann sah seine Gefährten an, die beide übers ganze Gesicht grinsten. »Mit welchem von ihnen?«

»Mit dem, der über den größten Einfluss verfügt.«

Der mittlere der Männer kicherte leise. »Das wäre dann wohl Gorin.« Einer seiner Begleiter unterdrückte ein Lachen. Immer noch grinsend, bedeutete der Anführer Dannyl, ihm zu folgen. »Kommt mit mir.«

Die beiden anderen traten beiseite. Dannyl folgte seinem neuen Führer bis zur Mündung einer breiteren Straße. Als er sich noch einmal umdrehte, sah er, dass die beiden anderen ihn, immer noch mit einem breiten Lächeln im Gesicht, beobachteten.

Sie gingen eine Weile durch gewundene Straßen und enge Gassen. Dannyl fragte sich langsam, ob die Rückfronten sämtlicher Bäckereien, Lederwerkstätten, Schneidereien und Bolhäuser gleich aussahen. Dann erkannte er eins der Schilder wieder und blieb jäh stehen.

»Hier sind wir schon einmal gewesen. Warum führt Ihr mich im Kreis herum?«

Der Räuber drehte sich um, musterte Dannyl kurz und ging dann zu einer nahen Mauer hinüber. Dort bückte er sich, umfasste den Rand eines Belüftungsgitters und zog. Das Gitter schwang auf.

Der Räuber zeigte auf das Loch. »Ihr zuerst.«

Dannyl ging in die Hocke und blickte hinein. Er konnte nichts sehen. Bedauerlicherweise musste er der Versuchung widerstehen, eine Lichtkugel zu erschaffen. Also schob er seufzend ein Bein durch das Loch, trat aber ins Leere. Er blickte zu seinem Führer hinauf.

»Der Gang liegt so, dass die Straße etwa auf Brusthöhe ist, wenn Ihr darin steht«, erklärte der Mann. »Geht nur.«

Dannyl kletterte durch die Öffnung. Als er mit dem Fuß einen Vorsprung im Mauerwerk ertastet hatte, zog er das andere Bein nach. Als Nächstes stieß er mit der Schulter an eine Mauer. Der Räuber ließ sich mit einer Geschicklichkeit, die man nur durch lange Übung erwarb, ebenfalls durch die Öffnung gleiten. Da Dannyl in dem schwachen Licht nicht viel mehr erkennen konnte als die Umrisse des Mannes, hielt er Abstand.

»Folgt meinen Schritten«, sagte der Mann. Als er sich den Gang entlang in Bewegung setzte, hielt Dannyl sich einige Schritte hinter ihm und ließ die Hände zu beiden Seiten über das Mauerwerk gleiten. Sie waren mehrere Minuten gegangen und hatten viele Male die Richtung gewechselt, als die Schritte vor Dannyl jäh verstummten und er ganz in der Nähe ein Klopfen hörte.

»Ihr habt noch einen weiten Weg vor Euch«, bemerkte der Räuber. »Seid Ihr Euch wirklich sicher, dass Ihr das wollt? Wenn Ihr Eure Meinung jetzt ändert, bringe ich Euch zurück.«

»Warum sollte ich das tun?«, fragte Dannyl.

»Ihr könntet es tun, das ist alles.«

Ein Lichtstrahl wurde sichtbar, der die Silhouette eines anderen Mannes nachzeichnete. Das Licht war zu grell, als dass Dannyl die Gesichtszüge des Mannes hätte erkennen können.

»Der da ist für Gorin«, sagte der Räuber. Er sah Dannyl an, machte eine schnelle Handbewegung und drehte sich dann um, um in der Dunkelheit zu verschwinden.

»Gorin, wie?«, fragte der Mann in der Tür. Die Stimme hätte einem Mann irgendwo zwischen zwanzig und sechzig Jahren gehören können. »Wie heißt Ihr?«

»Larkin.«

»Was ist Euer Gewerbe?«

»Ich verkaufe Simba-Matten.« Während der letzten Jahre waren überall in Imardin die Werkstätten von Mattenmachern aus dem Boden geschossen.

»Ein Markt, auf dem es reichlich Konkurrenz gibt.«

»Wem sagt Ihr das!«

Der Mann brummte etwas Unverständliches.

»Warum wollt Ihr mit Gorin reden?«, fragte er nach kurzem Schweigen.

»Das geht nur Gorin etwas an.«

»Natürlich.« Der Mann zuckte die Achseln. »Dreht Euch um«, befahl er. »Von hier an werdet Ihr mit verbundenen Augen weitergehen.«

Dannyl zögerte kurz, bevor er sich widerstrebend umdrehte. Er hatte etwas in dieser Art erwartet. Im nächsten Moment wurde ihm ein Stück Tuch über die Augen gelegt, und er spürte, wie der Mann es ihm am Hinterkopf verknotete. Das schwache Licht der Lampe enthüllte nicht mehr als die grobe Webart des Stoffes.

»Folgt meinen Schritten, bitte.«

Einmal mehr orientierte sich Dannyl, indem er sich mit beiden Händen an den Mauern entlangtastete. Sein neuer Führer schlug ein schnelles Tempo an. Dannyl zählte seine Schritte. Sobald er die Gelegenheit dazu hatte, würde er abmessen, wie weit tausend Schritte ihn unter normalen Umständen bringen konnten.

Plötzlich drückte etwas, wahrscheinlich eine Hand, gegen seine Brust, und er blieb stehen. Er hörte, wie eine Tür geöffnet wurde, dann schob ihn jemand vorwärts. Der Geruch von Gewürzen und Blumen schlug ihm entgegen, und er fühlte etwas Weiches unter seinen Stiefeln, das auf einen Teppich schließen ließ.