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»Kein Problem«, flüsterte sie.

Cerys Augen wurden schmal, dann begann er, in seinen Taschen zu kramen. Schließlich förderte er einen kleinen Krug zutage, schraubte ihn auf und machte sich daran, Sonea eine dunkle Paste aufs Gesicht zu schmieren.

»So. Jetzt siehst du genauso aus wie Faren.« Er grinste, dann wurde er wieder ernst. »Halt dich im Schutz der Bäume. Wenn ich jemanden kommen sehe, schreie ich wie ein Mullook. Dann bleibst du, wo du bist, und verhältst dich mucksmäuschenstill.«

Sonea nickte, wandte sich der Mauer zu und schob vorsichtig die Zehen in eine Ritze. Die Finger grub sie in den brüchigen Mörtel, dann tastete sie nach der nächsten Stelle, an der sie den Fuß aufsetzen konnte. Schon bald klammerte sie sich an die Mauer; ihre Füße befanden sich jetzt auf derselben Höhe wie Cerys Kopf. Als sie zu ihm hinunterblickte, grinste er, und sie sah kurz das Aufblitzen seiner Zähne.

Ihre Muskeln protestierten, als sie sich weiter hochzog, aber sie hielt erst inne, nachdem sie den zweiten Mauervorsprung erreicht hatte. Dort nahm sie sich ein wenig Zeit, um wieder zu Atem zu kommen, dann wandte sie sich dem Fenster in ihrer unmittelbaren Nähe zu.

Es hatte die Höhe einer Tür und vier große Glasscheiben. Vorsichtig schob sie sich weiter den Mauervorsprung hinunter, bis sie in den Raum dahinter sehen konnte.

Eine große Gruppe in braune Roben gewandeter Magier saß dort, und alle betrachteten aufmerksam etwas in der gegenüberliegenden Ecke. Sonea zögerte, denn sie hatte Angst, dass einer aufblicken und sie sehen würde, aber niemand wandte sich in ihre Richtung. Mit hämmerndem Herzen stahl sie sich weiter vor, bis sie erkennen konnte, was die Aufmerksamkeit der Magier fesselte.

Ein Mann in einer dunkelgrünen Robe stand dort. Er hielt einen geschnitzten Arm in Händen, in den farbige Linien und Wörter eingezeichnet waren. Mit einem kurzen Holzstock zeigte der Magier auf die verschiedenen Wörter.

Eine Woge der Erregung überschwemmte Sonea. Die Stimme des Magiers wurde durch das Glas etwas gedämpft, aber wenn sie genau hinhörte, konnte sie ihn trotzdem verstehen.

Und dann stieg eine vertraute Frustration in ihr auf. Ein großer Teil des Vortrags bestand aus fremden Wörtern und Ausdrücken. Was sie hörte, ergab genauso viel Sinn, als würde sie einer unbekannten Sprache lauschen. Sie wollte gerade dem Brennen in ihren Fingern nachgeben und zu Cery zurückkehren, als der Sprecher sich umdrehte und laut rief: »Bringt Jenia herein.«

Die Novizen wandten sich der offenen Tür zu. Eine junge Frau trat in den Raum, begleitet von einem alten Diener. Ihr Arm war bandagiert und hing in einer Schlinge, die am Hals verknotet war.

Die Frau lächelte breit und lachte dann über etwas, das einer der Novizen sagte. Ein strenger Blick des Lehrers brachte die Klasse zum Schweigen.

»Jenia hat sich heute Nachmittag bei einem Sturz vom Pferd den Arm gebrochen«, erklärte der Magier. Er bedeutete der jungen Frau, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Als er sich daranmachte, ihre Verbände abzuwickeln, verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht.

Der Unterarm, der unter den Verbänden zum Vorschein kam, war geschwollen und voller blauer Flecken. Der Lehrer wählte zwei Novizen aus der Klasse aus. Die beiden strichen vorsichtig mit den Fingern über den verletzten Arm, traten dann zurück und äußerten ihre Meinung zu den Verletzungen. Der Lehrer nickte zufrieden.

»Also.« Er hob die Stimme und sprach nun wieder die ganze Klasse an. »Als Erstes müssen wir dafür sorgen, dass sie keine Schmerzen mehr hat.«

Auf ein Zeichen des Lehrers griff einer der Novizen nach der Hand der Frau. Er schloss die Augen, und einen Moment lang senkte sich Stille über den Raum. Ein Ausdruck der Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht der Frau. Der Novize ließ sie los und nickte dem Lehrer zu.

»Es ist immer besser, dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu heilen«, fuhr der Magier fort, »aber wir können die Heilung bis zu dem Punkt beschleunigen, an dem die Knochen wieder zusammentreffen und die Schwellung abklingt.«

Jetzt ließ der andere Novize langsam die Hand über den Arm der Frau gleiten. Unter seiner Berührung verblassten die Prellungen. Als der Junge sich abwandte, lächelte die Frau wieder und bewegte zaghaft die Finger.

Der Lehrer untersuchte ihren Arm, dann legte er die Schlinge wieder an, was der Frau offenkundig missfiel. Schließlich ermahnte er sie mit strengen Worten, den Arm zwei Wochen lang nicht zu benutzen. Einer der Novizen machte eine Bemerkung, und die übrigen lachten.

Sonea wandte sich von dem Fenster ab. Sie hatte soeben mitangesehen, wie die legendären Heilkräfte der Magier ihre Wirkung taten, etwas, das nur wenige Hüttenleute von sich behaupten konnten. Es war genauso beeindruckend, wie sie es sich vorgestellt hatte.

Aber sie hatte nichts darüber erfahren, wie sie diese Wunder bewerkstelligten.

Das muss eine Klasse für fortgeschrittene Novizen sein, überlegte sie. Anfänger hätten nicht gewusst, wie sie eine solche Verletzung behandeln mussten. Wenn sie eine Anfängerklasse fand, würde sie vielleicht größeren Nutzen daraus ziehen können.

Sie kletterte wieder hinunter. Als sie die Füße auf den Boden setzte, griff Cery nach ihrem Arm.

»Hast du eine Heilung gesehen?«, flüsterte er.

Sie nickte.

Cery grinste übers ganze Gesicht. »Ich hab dir doch gesagt, dass es einfach ist, stimmt’s?«

»Für dich vielleicht«, erwiderte sie und massierte ihre Hände. »Ich bin aus der Übung.« Sie ging zum nächsten Baum weiter, zwang ihre müden Finger, einen Ziegelstein zu ergreifen, und zog sich wieder nach oben.

Der Lehrer im nächsten Klassenzimmer war eine Frau, und auch sie trug grüne Roben. Sie sagte nichts, sondern beobachtete schweigend ihre Novizen, die sich über ihre Pulte beugten und hektisch auf große Bögen Papier schrieben oder in abgenutzten, in Leder gebundenen Büchern blätterten. Sonea, deren Arme immer heftiger schmerzten, kehrte zu Cery zurück. »Nun?«, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Nichts Interessantes.«

Der Blick durch das nächste Fenster gab eine Klasse von Novizen frei, die in kleinen Krügen Flüssigkeiten, getrocknete Pulver und Pasten mischten. Durch das Fenster danach konnte sie nur einen einzigen jungen Mann in grünen Roben sehen, dessen Kopf auf den aufgeschlagenen Seiten seines Buches lag, während er vor sich hin döste.

»In den übrigen Räumen brennt kein Licht«, bemerkte Cery, als sie wieder auf dem Erdboden angekommen war. »Ich schätze, mehr wirst du hier nicht zu sehen bekommen.« Er drehte sich um und zeigte auf die Universität. »Da drüben liegen noch mehr Klassenzimmer.«

Sie nickte. »Dann lass uns gehen.«

Wieder zwängten sie sich durch die Hecke, überquerten eilig den Fußweg und verschwanden in dem Blätterwerk auf der anderen Seite. Als sie sich mitten in dem Garten befanden, blieb Cery stehen und deutete auf eine Lücke in der Hecke.

Sonea stellte fest, dass sie bei den seltsamen Masten angelangt waren, die sie schon zuvor gesehen hatten. Die Masten bogen sich nach innen, als verneigten sie sich voreinander, und nach oben hin liefen sie spitz zu. Sie waren gleichmäßig um einen großen, runden Steinbrocken angeordnet, der in den Boden eingelassen war.

Sonea schauderte. Eine vage vertraute Vibration besudelte die Luft um sie herum. Beunruhigt legte sie Cery eine Hand auf die Schulter.

»Ich möchte hier nicht bleiben.«

Cery nickte, warf noch einen letzten Blick auf die hohen Masten und setzte seinen Weg dann fort.

Sie überquerten zwei weitere Pfade, bevor sie schließlich zu der Mauer der Universität kamen. Cery ließ die Hand über den Stein gleiten.

»An dieser Mauer wirst du nicht hochklettern können«, flüsterte er ihr zu. »Aber es gibt auch im Erdgeschoss reichlich Fenster.«

Sonea berührte die Mauer. Der Stein war fein gemasert, aber sie konnte nirgendwo Risse oder Fugen ausmachen. Es war, als sei das ganze Gebäude aus einem einzigen riesigen Steinquader gehauen worden.

Cery war inzwischen hinter einen Baum getreten und verschränkte die Finger. Sonea erhob sich und stellte einen Fuß in seine Hände. Dann zog sie sich hinauf und spähte über das Fenstersims in den Raum dahinter.