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»Der Kampf hat mich geschwächt«, sagte er. »Ich brauche deine Kraft.«

Sie hörte eine gemurmelte Erwiderung. Dann konnte sie die Beine des Dieners sehen und schließlich seinen ganzen Körper, bis auf den Kopf, als er sich auf ein Knie niederließ und den Arm ausstreckte. Der Magier umfasste das Handgelenk des Mannes. Er drehte es nach oben und ließ den Dolch sachte über die Haut des Mannes gleiten. Blut quoll hervor, und der Magier drückte seine Hand auf die Wunde, als wolle er sie heilen.

Und plötzlich begann etwas in Soneas Ohren zu flattern. Sie straffte sich kopfschüttelnd, weil sie glaubte, ein Insekt sei ihr ins Ohr gekrochen, aber das Summen ließ sich nicht vertreiben. Ein Frösteln überlief sie, als ihr klar wurde, dass das Geräusch von irgendwo innerhalb ihres Kopfes kam.

Das Gefühl brach ebenso plötzlich ab, wie es begonnen hatte. Als sie sich wieder über das Gitter beugte, sah Sonea, dass der Magier den Diener losgelassen hatte. Langsam drehte er sich um und ließ den Blick über die Mauern gleiten, als suche er nach etwas.

»Seltsam«, sagte er. »Es ist beinahe so, als…«

Er konzentriert sich nicht auf die Mauer, dachte Sonea plötzlich. Er sucht nach etwas hinter der Mauer.

Angst stieg in ihr auf. Sie rappelte sich hoch, schlüpfte durch die Hecke und entfernte sich von dem Haus.

Du darfst nicht rennen, ermahnte sie sich. Du darfst kein Geräusch machen. Mit Mühe widerstand sie dem Drang, auf die Bäume zuzustürzen, und zwang sich stattdessen, sich vorsichtig davonzuschleichen. Als sie den Fußweg erreicht hatte, beschleunigte sie ihre Schritte, und wann immer ein Zweig unter ihren Füßen knackte, zuckte sie heftig zusammen. Der Wald erschien ihr dunkler als zuvor, und mit wachsender Panik begriff sie, dass sie nicht mehr genau wusste, wo sie gesessen hatte, als Cery fortgegangen war.

»Sonea?«

Als eine Gestalt aus dem Schatten trat, fuhr sie jäh zusammen. Dann erkannte sie jedoch Cerys Gesicht und keuchte vor Erleichterung. Er hielt etwas Großes, Schweres in den Armen. »Schau dir das an«, sagte er und hielt ihr seine Last hin.

»Was ist das?«

Er grinste. »Bücher!«

»Bücher?«

»Bücher über Magie.« Sein Grinsen erlosch. »Wo bist du gewesen? Ich bin gerade erst zurückgekommen und –«

»Ich war dort drüben.« Sie zeigte auf das Haus und schauderte. Es kam ihr mit einem Mal wie eine lebendige Kreatur vor, die am Rand der Gärten lauerte. »Wir müssen gehen! Sofort!«

»Da warst du!«, entfuhr es Cery. »Dort lebt ihr Anführer – der Hohe Lord.«

Sie packte ihn am Arm. »Ich glaube, einer seiner Magier hat mich gehört!«

Cerys Augen weiteten sich. Er blickte über ihre Schulter, dann drehte er sich um, und sie eilten zurück durch den Wald, nur fort von dem finsteren Gebäude.

13

Ein mächtiger Einfluss

Nur etwa zwanzig Magier waren im Abendsaal versammelt, als Rothen eintrat. Nachdem er festgestellt hatte, dass Dannyl noch nicht eingetroffen war, ging er auf eine Gruppe von Sesseln zu.

»Das Fenster war geöffnet. Wer immer es war, er ist durchs Fenster gekommen.«

Als er die Sorge in der Stimme des anderen Mannes bemerkte, hielt Rothen inne und sah sich nach dem Sprecher um. Ganz in seiner Nähe stand Jerrik, der sich mit Yaldin unterhielt. Neugierig zu erfahren, was den Rektor der Universität derart in Aufruhr versetzt haben mochte, ging er auf die beiden Männer zu.

»Seid mir gegrüßt.« Rothen nickte höflich. »Ihr scheint über irgendetwas beunruhigt zu sein, Rektor.«

»Einer unserer Novizen muss ein raffinierter Dieb sein«, erklärte Yaldin. »Jerrik hat einige wertvolle Bücher eingebüßt.«

»Ein Dieb?«, wiederholte Rothen überrascht. »Was für Bücher?«

»Das Sagengut der Südlichen Magier, Künste des Minken-Archipels und das Handbuch des Feuermachens«, antwortete Jerrik.

Rothen runzelte die Stirn. »Eine eigenartige Zusammenstellung von Büchern.«

»Es waren teure Bücher«, erklärte Jerrik bekümmert. »Ich habe zwanzig Goldstücke dafür gezahlt, sie kopieren zu lassen.«

Rothen stieß einen leisen Pfiff aus. »Dann hat Euer Dieb ein gutes Auge für Werte.« Er runzelte die Stirn. »Es dürfte schwierig sein, derart seltene Bücher zu verstecken. Ich meine mich daran zu erinnern, dass es sich um sehr dicke Bände handelt. Ihr solltet eine Suche in den Quartieren der Novizen veranlassen.«

Jerrik schnitt eine Grimasse. »Ich hatte gehofft, das vermeiden zu können.«

»Vielleicht hat sich jemand die Bücher ja nur ausgeliehen«, sagte Yaldin.

»Ich habe alle gefragt.« Jerrik seufzte und schüttelte den Kopf. »Niemand hat sie gesehen.«

»Mich habt Ihr aber nicht gefragt«, bemerkte Rothen.

Jerrik blickte scharf auf.

»Nein, ich habe sie nicht genommen.« Rothen lachte. »Aber es wäre immerhin möglich, dass Ihr auch andere vergessen habt. Vielleicht solltet Ihr bei der nächsten Versammlung noch einmal jeden fragen. Sie ist schon in zwei Tagen, und wer weiß, vielleicht sind die Bücher bis dahin ja wieder aufgetaucht.«

Jerrik hob die Schultern. »Ja… Das sollte ich wohl besser zuerst tun.«

Eine vertraute, hochgewachsene Gestalt hatte den Abendsaal betreten, und Rothen entschuldigte sich. Er ging mit schnellen Schritten zu Dannyl hinüber und zog den anderen Magier in eine stille Ecke des Raums.

»Glück gehabt?«, fragte er leise.

Dannyl schüttelte den Kopf. »Nein, kein Glück, aber zumindest haben mich diesmal keine messerschwingenden Ausländer verfolgt. Und bei dir?«

Rothen öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn aber gleich wieder, als ein Diener neben ihnen stehen blieb, um ihnen mit Wein gefüllte Gläser anzubieten. Er streckte die Hand aus, um nach einem zu greifen, und erstarrte mitten in der Bewegung, als ein schwarzer Ärmel hinter Dannyl auftauchte, um sich ebenfalls von dem Tablett zu bedienen. Akkarin wählte ein Glas aus und trat auf Rothen zu.

»Wie geht die Suche voran, Lord Rothen?«

Dannyls Augen weiteten sich, als er plötzlich den hohen Lord neben sich stehen sah.

»Vor zwei Wochen hätten wir sie um ein Haar gefangen, Hoher Lord«, antwortete Rothen. »Ihre Beschützer haben sich eine List zunutze gemacht. Als wir begriffen, dass wir das falsche Mädchen hatten, war sie bereits entkommen. Außerdem haben wir ein Buch über Magie in ihrem Versteck gefunden.«

Die Miene des Hohen Lords verdüsterte sich. »Das sind keine guten Neuigkeiten.«

»Das Buch war alt und überholt«, warf Dannyl ein.

»Trotzdem, wir dürfen nicht zulassen, dass man außerhalb der Gilde solche Bücher findet«, erwiderte Akkarin. »Wir sollten eine Durchsuchung sämtlicher Pfandleihen veranlassen, um festzustellen, ob viele solcher Bücher den Weg in die Stadt gefunden haben. Ich werde mit Lorlen darüber sprechen, aber in der Zwischenzeit…« Er wandte sich Dannyl zu. »Konntet Ihr Eure Kontakte zu den Dieben auffrischen?«

Dannyl wurde zuerst blass, dann rot. »Nein«, antwortete er mit gepresster Stimme. »Sie haben seit vielen Wochen all meine Bitten um ein Zusammentreffen abgelehnt.«

Ein schwaches Lächeln spielte um Akkarins Lippen. »Ihr habt gewiss bereits versucht, sie mit den Gefahren zu beeindrucken, die von einer unausgebildeten Magierin in ihrer Mitte ausgehen würden?«

Dannyl nickte. »Ja, aber das schien sie nicht weiter zu beunruhigen.«

»Das wird sich bald ändern. Setzt Eure Versuche fort, die Diebe zu einem Treffen zu bewegen. Wenn sie sich weigern, Euch persönlich zu empfangen, schickt ihnen Nachrichten. Beschreibt in allen Einzelheiten die Probleme, auf die das Mädchen stoßen wird, während sie immer mehr die Kontrolle über ihre Magie verliert. Es wird nicht lange dauern, bis die Diebe begreifen, dass Ihr die Wahrheit sprecht. Haltet mich über Eure Fortschritte auf dem Laufenden.«