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Dannyl schluckte. »Selbstverständlich, Hoher Lord.«

Akkarin nickte ihnen zu. »Dann wünsche ich Euch noch einen angenehmen Abend.« Er drehte sich um und ging davon, und die beiden Magier starrten ihm nach. Dann stieß Dannyl scharf die Luft aus.

»Woher hat er das gewusst?«, flüsterte er.

Rothen zuckte die Achseln. »Es heißt, er wisse mehr über die Angelegenheiten der Stadt als der König selbst. Andererseits könnte auch Yaldin ihm davon erzählt haben.«

Dannyl runzelte die Stirn und blickte quer durch den Raum zu dem alternden Magier hinüber. »Das sieht Yaldin nicht ähnlich.«

»Nein«, pflichtete Rothen ihm bei. Er lächelte und klopfte Dannyl auf die Schulter. »Allerdings sieht es dir auch nicht ähnlich, dich in Schwierigkeiten zu bringen. Genau genommen sieht es so aus, als hättest du soeben einen persönlichen Auftrag vom Hohen Lord bekommen.«

Sonea knibbelte am Rand der Seite und seufzte. Warum konnten diese Magier keine normalen, vernünftigen Wörter benutzen! Der Verfasser dieses Buches schien es geradezu zu genießen, seine Sätze so anzuordnen, dass sie nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit einer normalen Ausdrucksweise hatten. Selbst Serin, der nicht mehr ganz junge Schreiber, der ihr das Lesen beibrachte, konnte sich auf viele der Redewendungen keinen Reim machen.

Sie rieb sich die Augen und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Serin bot ihr schon seit einigen Tagen Zuflucht in seinem Keller. Es war ein überraschend behaglicher Raum mit einem großen Kamin und einfachen Möbeln, und sie wusste, dass sie enttäuscht sein würde, wenn sie von hier fortgehen musste.

Nachdem sie an dem Abend, an dem Cery sie in die Gilde gebracht hatte, beinahe gefangen genommen worden wäre, hatte Faren sie in Serins Haus im Nordviertel untergebracht. Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie aufhören müsse, sich in ihrer Magie zu üben, bis er neue, bessere Verstecke für sie gefunden hatte. In der Zwischenzeit, sagte er, solle sie stattdessen die Bücher studieren, die Cery »gefunden« hatte.

Wieder senkte sie den Blick auf die Seite und seufzte. Ein Wort lag vor ihr – ein fremdartiges, seltsames, ärgerliches Wort, das einfach keinen Sinn ergeben wollte. Sie starrte es an, wohlwissend, dass die Bedeutung des ganzen Satzes sich um dieses eine lästige Wort drehte. Einmal mehr rieb sie sich die Augen und zuckte dann jäh zusammen, als es an der Tür klopfte.

Vorsichtig erhob sie sich, spähte durch das Guckloch, lächelte und schloss die Tür auf.

»Guten Abend«, sagte Faren, während er in den Raum schlüpfte. Er reichte ihr eine Flasche. »Ich habe dir eine kleine Ermutigung mitgebracht.«

Sonea zog den Korken aus der Flasche und schnupperte. »Pachi-Wein!«, rief sie.

»Stimmt.«

Sie ging zu einem Schrank hinüber und nahm zwei Becher heraus. »Ich glaube nicht, dass das die richtigen Gläser für Pachi-Wein sind«, bemerkte sie. »Aber das ist alles, was ich habe – es sei denn, du möchtest Serin bitten, dir etwas Besseres zu holen.«

»Die Becher sind in Ordnung.« Faren zog sich einen Stuhl an den Tisch und ließ sich darauf nieder. Nachdem er einen Becher mit der klaren, grünen Flüssigkeit entgegengenommen hatte, nippte er daran, stieß einen zufriedenen Seufzer aus und lehnte sich zurück. »Gewürzt und angewärmt schmeckt er natürlich besser.«

»Das kann ich nicht beurteilen«, sagte Sonea. »Ich habe noch nie welchen getrunken.« Sie nahm ebenfalls einen Schluck und lächelte, als sich ein süßer, frischer Geschmack in ihrem Mund ausbreitete. Ihr Gesichtsausdruck entlockte Faren ein Kichern.

»Ich dachte mir, dass er dir schmecken würde.« Er streckte die Beine aus. »Und ich habe Neuigkeiten für dich. Deine Tante und dein Onkel erwarten ein Kind.«

Sonea starrte ihn an. »Wirklich?«

»Du wirst schon bald einen kleinen Vetter oder eine Cousine haben«, erwiderte er. Dann nahm er noch einen Schluck und sah sie versonnen an. »Cery hat mir erzählt, dass deine Mutter gestorben sei, als du noch ein Kind warst, und dass dein Vater Kyralia kurz darauf verlassen habe.« Er hielt inne. »Gab es irgendwelche Anzeichen dafür, dass einer von ihnen Magie im Blut hatte?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.«

Er schürzte die Lippen. »Ich habe Cery gebeten, deine Tante danach zu fragen. Sie sagt, sie habe weder bei deinen Eltern noch bei deinen Großeltern auch nur das geringste magische Talent beobachten können.«

»Ist das wichtig?«

»Magier sehen es gern, wenn sie ihre Blutlinien zu ihren Ahnen zurückverfolgen können«, erklärte er ihr. »Meine Mutter hatte Magie im Blut. Das weiß ich, weil ihr Bruder – mein Onkel – Magier ist, und der Bruder meines Großvaters ist ebenfalls Magier – falls er noch lebt.«

»Du hast Magier in deiner Familie?«

»Ja, obwohl ich niemals einem von ihnen begegnet bin und ihnen wahrscheinlich auch nicht begegnen werde.«

»Aber…« Sonea schüttelte den Kopf. »Wie kann das sein?«

»Meine Mutter war die Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns aus Lonmar«, erwiderte er. »Mein Vater war ein kyralischer Seemann und hat für einen Schiffskapitän gearbeitet, der regelmäßig Waren für den Vater meiner Mutter transportiert hat.«

»Wie haben die beiden sich kennen gelernt?«

»Durch Zufall, und später haben sie sich dann heimlich getroffen. Die Lonmar halten ihre Frauen, wie du sicher weißt, streng verborgen. Sie prüfen sie nicht auf Magie, da es nur einen Ort gibt, an dem sie lernen könnten, sie zu benutzen: die Gilde. Und die Lonmar sind der Meinung, es sei unziemlich für Frauen, sich allzu weit von zu Hause zu entfernen – oder auch nur mit Männern zu sprechen, die nicht zu ihrer Familie gehören.« Faren hielt inne, um noch einen Schluck Wein zu trinken, und Sonea beobachtete ihn erwartungsvoll. Er lächelte schwach.

»Als ihr Vater herausfand, dass meine Mutter sich mit einem Seemann getroffen hatte, wurde sie streng bestraft«, fuhr er fort. »Man hat sie ausgepeitscht und dann in einem der Türme ihrer Familie eingekerkert. Mein Vater hat sein Schiff verlassen und ist in Lonmar geblieben, um eine Möglichkeit zu finden, sie zu befreien. Er brauchte nicht lange zu warten, denn als ihre Familie erfuhr, dass sie ein Kind erwartete, hat sie sie in Schande verstoßen.«

»Sie verstoßen? Man hätte doch gewiss einfach ein Zuhause für das Kind finden können?«

»Nein.« Farens Miene verdüsterte sich. »Man war der Meinung, sie sei besudelt und eine Schande für ihre Familie. Die Traditionen der Lonmar verlangten, dass sie gezeichnet wurde, damit andere Männer von ihrem Verbrechen erfuhren. Anschließend hat man sie auf einem Sklavenmarkt verkauft. Sie hatte zwei lange Narben auf jeder Wange und eine auf der Stirn.«

»Wie schrecklich«, entfuhr es Sonea.

Faren zuckte die Achseln. »Ja, uns erscheint es schrecklich. Die Lonmar halten sich jedoch für das zivilisierteste aller Völker auf der Welt.« Wieder nippte er an seinem Wein. »Mein Vater hat sie gekauft und eine Überfahrt für sie beide zurück nach Imardin. Damit hatten ihre Schwierigkeiten jedoch noch kein Ende. Durch seine Schuld hatte der Schiffskapitän einen wichtigen Kunden verloren, da die Familie meiner Mutter keine Geschäfte mehr mit ihm machen wollte. Und kein anderer Schiffseigentümer wollte meinen Vater in seine Dienste nehmen, so dass meine Eltern schnell verarmten. Sie bauten sich ein Haus in der Hüttensiedlung, und mein Vater nahm eine Arbeit in einem Gorin-Schlachthaus an. Kurz danach bin ich dann zur Welt gekommen.« Er leerte seinen Becher. Dann sah er sie lächelnd an. »Verstehst du? Selbst ein erbärmlicher Dieb kann Magie im Blut haben.«

»Ein erbärmlicher Dieb?« Sonea prustete.

Sie hatte Faren noch nie so redselig erlebt. Was mochte er ihr noch alles erzählen? Sie schenkte ihm Wein nach und machte eine ungeduldige Handbewegung. »Also, wie ist der Sohn eines Schlachters zu einem Anführer der Diebe geworden?«

Faren hob den Becher an die Lippen. »Mein Vater ist bei den Kämpfen nach der ersten Säuberung ums Leben gekommen. Um uns durchzubringen, hat meine Mutter sich als Tänzerin in einem Hurenhaus verdingt.« Er verzog das Gesicht. »Das Leben war hart. Einer ihrer Kunden war ein einflussreicher Dieb. Er mochte mich und hat mich als seinen Sohn bei sich aufgenommen. Als er sich später zurückzog, bin ich an seine Stelle getreten und habe mich von dort aus weiter nach oben gearbeitet.«