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Sonea spitzte die Lippen. »Dann kann also jeder ein Dieb werden? Man braucht sich lediglich mit den richtigen Leuten zu befreunden.«

»Es genügt keineswegs, nur ein netter Kerl zu sein.« Er lächelte. »Hast du vielleicht Pläne für deinen Freund?«

Sie runzelte mit gespielter Verwirrung die Stirn. »Meinen Freund? Nein, ich dachte eher an mich selbst.«

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte, dann prostete er ihr mit seinem Becher zu.

»Auf Sonea – eine Frau von geringem Ehrgeiz. Zuerst Magierin, dann Diebin.«

Gemeinsam leerten sie ihre Becher, dann senkte Faren den Blick auf den Tisch. Er streckte die Hand aus und zog das Buch zu sich heran.

»Es ergibt immer noch keinen Sinn für dich?«

Sie seufzte. »Manche dieser Dinge kann nicht einmal Serin verstehen. Das Buch ist für jemanden geschrieben, der mehr weiß als ich. Ich brauche etwas für Anfänger. Ist Cery irgendwie weitergekommen?«

Er schüttelte den Kopf. »Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn du deine Übungen fortgesetzt hättest. Auf diese Weise hätte die Gilde etwas zu tun gehabt. In den letzten Wochen haben sie jede Pfandleihe innerhalb und außerhalb der Mauern durchsucht. Falls es noch irgendwelche Bücher über Magie in der Stadt gab, sind sie inzwischen verschwunden.«

Sonea seufzte und presste sich die Hände auf die Schläfen. »Was tun die Magier jetzt?«

»Sie schnüffeln immer noch in den Hütten herum«, antwortete er. »Und warten wahrscheinlich darauf, dass du deine Magie benutzt.«

Sonea dachte an ihre Tante und ihren Onkel und an das Kind, das die beiden erwarteten. Solange die Magier ihre Suche fortsetzten, würde sie sie nicht besuchen können. Wie sehr sie sich danach sehnte, mit den beiden zu reden! Sie blickte auf das Buch hinab, und plötzlich stieg Ärger in ihr auf. »Werden sie denn niemals aufgeben?«

Plötzlich hallte ein lautes Krachen durch den Raum, gefolgt von einem leisen Aufschlag von etwas, das zu Boden fiel. Sonea sprang auf und sah die Splitter einer weißen Keramikvase vor sich liegen.

»Wirklich, Sonea«, sagte Faren und drohte ihr mit dem Finger, »ich finde nicht, dass das eine nette Art und Weise ist, Serin zu vergelten, dass –« Er brach abrupt ab, dann schlug er sich an die Stirn und stöhnte. »Jetzt werden sie wissen, dass du in der Stadt bist.« Er fluchte und sah sie missbilligend an. »Es gab mehr als einen Grund, warum ich dir geraten habe, keine Magie zu benutzen, solange du hier bist, Sonea.«

Sonea errötete. »Entschuldige, Faren. Ich habe es nicht mit Absicht getan.« Sie bückte sich und hob einen der Splitter auf. »Am Anfang wollte es mir nicht gelingen, zu bewerkstelligen, was ich bewerkstelligen wollte, und jetzt geschehen solche Dinge, wenn ich nicht einmal daran denke.«

Farens Miene wurde weicher. »Nun, wenn du es nicht verhindern kannst, dann ist es eben so.« Er hob die Hand, dann versteifte er sich plötzlich und starrte sie an.

»Was ist?«, fragte sie.

Er schluckte und wandte den Blick ab. »Nichts. Nur… ein Gedanke. Die Magier werden nicht nahe genug gewesen sein, um deinen Standort ausmachen zu können, aber morgen werden sie wahrscheinlich überall im Nordviertel herumlaufen. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, dich jetzt schon in ein neues Versteck zu bringen – versuch nur, deine Magie nicht noch einmal zu benutzen.«

Sonea nickte. »Ich werde es versuchen.«

»Larkin, der Kaufmann?«

Als Dannyl sich umwandte, stand ein Arbeiter aus dem Bolhaus neben ihm. Er nickte. Der Mann bedeutete ihm mit einer ruckartigen Kopfbewegung, ihm zu folgen.

Einen Moment lang starrte Dannyl sein Gegenüber nur an, außerstande zu glauben, dass sich endlich ein Erfolg abzeichnete. Dann erhob er sich hastig von dem Hocker und drängte sich hinter dem Mann durch die Menge, während er noch einmal über den Inhalt seines Briefes an Gorin nachdachte. Was hatte den Dieb bewogen, sich diesmal zu einem Treffen bereit zu erklären?

Draußen schneite es. Der Führer zog die Schultern hoch und hüllte sich fester in seinen Mantel, dann eilte er die Straße hinunter. Als sie den Zugang zu einer nahen Gasse erreichten, trat eine in einen weiten Umhang gehüllte Gestalt vor Dannyl hin und versperrte ihm den Weg.

»Lord Dannyl. Was für eine Überraschung! Oder sollte ich lieber sagen, was für eine Verkleidung?«

Fergun lächelte breit. Dannyl starrte den Magier an; seine Ungläubigkeit verwandelte sich schnell in Ärger. Er dachte an andere Gelegenheiten vor vielen Jahren, als ein jüngerer Fergun ihn verfolgt und gequält hatte, und Unbehagen stieg in ihm auf. Im nächsten Moment war er nur noch wütend auf sich selbst. Er drückte die Schultern durch und empfand eine kleine, schäbige Befriedigung darüber, dass er einen Kopf größer war als der andere Magier.

»Was willst du, Fergun?«

Ferguns fein gezeichnete Brauen hoben sich. »Wissen, warum du in einem solchen Aufzug durch die Hüttenviertel spazierst, Lord Dannyl.«

»Und du glaubst, dass ich es dir erzählen werde?«

Der Krieger hob die Schultern. »Nun, wenn du es nicht tust, werde ich gezwungen sein, mir meine eigenen Gedanken zu machen, nicht wahr? Meine Freunde würden mir sicher nur allzu gern helfen, deine Gründe zu erraten.« Er legte einen Finger an die Lippen. »Hm, offensichtlich möchtest du nicht, dass bekannt wird, warum du hier bist. Handelt es sich vielleicht um irgendeinen Skandal, den du verbergen willst? Bist du in etwas so Peinliches verwickelt, dass du dich wie ein Bettler kleiden musst, um einer Entdeckung zu entgehen? Ah!« Ferguns Augen weiteten sich. »Besuchst du die Bordelle?«

Dannyl blickte über Ferguns Schulter. Wie erwartet, war der Führer verschwunden.

»Oh, war er derjenige welcher?«, fragte Fergun. »Ich fand ihn ja ziemlich primitiv. Nicht dass ich auch nur die geringste Ahnung hätte, welche speziellen Vorlieben du hast.«

Eine Woge des Zorns überschwemmte Dannyl wie Eiswasser. Es war viele Jahre her, dass Fergun ihn das letzte Mal solchermaßen angegangen war, aber der Hass, den sein Seitenhieb in Dannyl weckte, war so stark wie eh und je. »Geh mir aus dem Weg, Fergun.«

Ferguns Augen blitzten vor Vergnügen. »Oh nein«, sagte er, und aller Hohn war aus seiner Stimme verschwunden. »Nicht bevor du mir verraten hast, was du im Schilde führst.«

Es wäre nicht schwierig, Fergun von den Füßen zu reißen, durchzuckte es Dannyl.

Nur mit Mühe gelang es ihm, seine Wut unter Kontrolle zu halten. »Fergun, nicht einmal, wenn du es wirklich wolltest, würde es dir gelingen, andere nicht zu verleumden – jeder weiß das. Niemand wird dir auch nur ein einziges Wort glauben. Jetzt geh mir aus dem Weg, bevor ich mich gezwungen sehe, dich anzuzeigen.«

Ein stählerner Ausdruck trat in die Augen des Kriegers. »Ich bin davon überzeugt, dass die Höheren Magier sich vielmehr für dein Verhalten interessieren werden. Soweit ich mich erinnere, gibt es ein ziemlich strenges Gesetz, das vorschreibt, an welchen Orten Magier Roben tragen müssen. Weiß man in der Gilde, dass du gegen dieses Gesetz verstößt?«

Dannyl lächelte. »Es ist nicht völlig unbekannt.«

Zweifel flackerte in Ferguns Blick auf. »Du hast die Genehmigung der Gilde?«

»Sie – oder sollte ich besser sagen, er – haben es mir befohlen«, erwiderte Dannyl. Er setzte eine nachdenkliche Miene auf, dann schüttelte er den Kopf. »Ich war noch nie in der Lage, festzustellen, ob er mich gerade beobachtet oder nicht. Er wird von diesem Zwischenfall erfahren müssen. Ich werde es ihm erzählen, wenn ich zurückkehre.«