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Ferguns Gesicht war eine Spur weißer geworden. »Das ist nicht nötig! Ich werde selbst mit ihm reden.« Er trat beiseite. »Geh. Beende deine Arbeit.« Er trat noch einen Schritt zurück, dann drehte er sich um und eilte davon.

Lächelnd beobachtete Dannyl, wie der Krieger in dem dichter gewordenen Schneetreiben verschwand. Er bezweifelte, dass Fergun dem Hohen Lord auch nur ein einziges Wort sagen würde.

Seine Befriedigung erstarb, als er feststellen musste, dass er sich allein auf einer verlassenen Straße befand. Er suchte in der Dunkelheit, in der der Führer verschwunden war. Fergun musste natürlich genau in dem Moment auftauchen, als die Diebe sich endlich zu einem Treffen bereit gefunden hatten. Seufzend setzte sich Dannyl in Richtung Nordstraße und Gilde in Bewegung.

Hastige Schritte knirschten hinter ihm im frisch gefallenen Schnee. Er drehte sich um und blinzelte überrascht, als er seinen Führer näher kommen sah. Er blieb stehen und gab dem Mann Zeit, zu ihm aufzuschließen.

»He! Was war denn das gerade?«, fragte der Mann.

»Einer unserer Sucher ist ein wenig zu neugierig geworden.« Er lächelte. »Ich nehme an, du würdest ihn als Spitzel bezeichnen – einen ziemlich aufdringlichen Spitzel.«

Der Mann grinste und entblößte dabei eine Reihe fleckiger Zähne. »Ich verstehe, was Ihr meint.« Er zuckte die Achseln, dann bedeutete er Dannyl mit einer knappen Kopfbewegung, ihm zu folgen. Dannyl überzeugte sich davon, dass Fergun nicht mehr in der Nähe war, um ihn zu beobachten, bevor er sich von neuem auf den Weg durch das Schneetreiben machte.

»›Erhöhe allmählich die Menge an Kraft, bis die Hitze das Glas zum Schmelzen bringt‹«, las Serin vor.

»Aber da steht nichts darüber, wie es funktioniert!«, rief Sonea. Sie erhob sich und ging im Raum auf und ab. »Es ist mehr wie ein… ein Wasserschlauch mit einem winzigen Loch darin. Wenn man den Schlauch zusammendrückt, sprudelt das Wasser heraus, aber man kann es nicht auf ein bestimmtes Ziel richten oder –«

Es klopfte an der Tür, und sie brach mitten im Satz ab. Serin stand auf und blickte durch das Guckloch, bevor er die Tür öffnete.

»Sonea«, sagte Faren und gab dem Schreiber ein Zeichen, den Raum zu verlassen. »Ich habe Besuch für dich mitgebracht.«

Grinsend trat er ein. Hinter ihm standen ein untersetzter Mann mit schläfrigen Augen und eine kleine Frau, die sich einen dicken Schal um den Kopf geschlungen hatte.

»Ranel!«, rief Sonea. »Jonna!« Sie lief um den Tisch herum und zog ihre Tante an sich.

»Sonea.« Jonna stieß einen leisen Seufzer aus. »Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht.« Dann hielt sie Sonea auf Armeslänge von sich weg und nickte zufrieden. »Du siehst recht gut aus.«

Zu Soneas Erheiterung warf Jonna Faren einen abweisenden Blick zu. Der Dieb lehnte lächelnd an der Wand. Sonea trat auf Ranel zu und umarmte auch ihn.

Ihr Onkel musterte sie forschend. »Harrin hat uns erzählt, dass du Magie gewirkt hast.«

Sonea schnitt eine Grimasse. »Das ist wahr.«

»Und die Magier suchen nach dir.«

»Ja. Faren versteckt mich vor ihnen.«

»Um welchen Preis? Deine Magie?«

Sonea nickte. »So ist es. Nicht dass ihm das bisher viel genutzt hätte. Ich mache meine Sache nicht allzu gut.«

Jonna schnaubte leise. »Ganz so schlecht kannst du aber auch nicht sein, sonst würde er dich nicht verstecken.« Sie sah sich in Soneas Versteck um und nickte. »Nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe.« Dann ließ sie sich auf einen Stuhl sinken, nahm ihren Schal ab und stieß hörbar die Luft aus.

Sonea ging neben dem Stuhl in die Hocke. »Ich habe gehört, ihr betätigt euch in einem neuen Gewerbe.«

Ihre Tante runzelte die Stirn. »Ein neues Gewerbe?«

»Wenn ich mich nicht irre, produziert ihr jetzt Vettern und Cousinen für mich.«

Die Miene ihrer Tante wurde weicher, und sie klopfte sich sachte auf den Bauch. »Ah, diese Neuigkeit hat dich also erreicht. Ja, im nächsten Sommer wird unsere kleine Familie ein neues Mitglied bekommen.« Jonna blickte zu Ranel auf, in dessen Gesicht ein breites Lächeln erschien.

Eine jähe Zuneigung für die beiden stieg in Sonea auf, gepaart mit einer starken Sehnsucht. Plötzlich durchzuckte sie ein vertrautes Gefühl, und sie sog scharf die Luft ein. Sie rappelte sich hoch und sah sich um, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.

»Was ist los?«, fragte Faren.

»Ich habe irgendetwas gemacht.« Sie errötete, denn ihr war bewusst geworden, dass ihr Onkel und ihre Tante sie anstarrten. »Nun ja, es fühlte sich jedenfalls so an.«

Der Dieb zuckte die Achseln. »Vielleicht hast du ein wenig Dreck jenseits der Mauern aufgewühlt.«

Jonna wirkte verwirrt. »Was soll das heißen?«

»Ich habe Magie benutzt«, erklärte Sonea. »Allerdings unbeabsichtigt. Das passiert gelegentlich.«

»Und du weißt nicht, was du getan hast?« Jonna legte schützend die Hände auf ihren Leib.

»Nein.« Sonea schluckte und wandte sich ab. Die Furcht in den Augen ihrer Tante machte sie traurig, aber sie verstand Jonnas Angst. Der Gedanke, dass sie ungewollt Schaden anrichten könnte…

Nein, ging es ihr durch den Kopf. Denk nicht einmal daran. Sie holte tief Luft.

»Faren, ich denke, du solltest die beiden wegbringen. Nur für den Fall des Falles.«

Faren nickte. Jonna erhob sich, und Sorge spiegelte sich auf ihren Zügen wider. Sie drehte sich zu Sonea um und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schüttelte sie jedoch nur stumm den Kopf und streckte die Arme nach ihrer Nichte aus. Sonea drückte ihre Tante fest an sich, bevor sie einen Schritt zurücktrat.

»Wir werden uns wiedersehen«, erklärte sie. »Sobald diese ganze Geschichte geregelt ist.«

Ranel nickte. »Pass auf dich auf.«

»Das tue ich«, versprach sie.

Faren begleitete die beiden nach draußen. Sonea lauschte ihren Schritten, als sie die Treppe hinaufstiegen. Ein rotes Tuch auf dem Fußboden erregte ihre Aufmerksamkeit. Der Schal ihrer Tante.

Sie hob ihn auf und eilte zur Tür und die Treppe hinauf. Auf halber Höhe der Treppe sah sie, dass ihr Onkel und ihre Tante mit Faren in Serins Küche standen. Alle drei starrten etwas an, das Sonea noch nicht erkennen konnte. Als sie näher kam, begriff sie, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.

Früher war der Fußboden von großen Fliesen bedeckt gewesen. Jetzt waren nur noch scharfkantige Trümmer aus Stein und Dreck zurückgeblieben. Noch am Morgen hatte ein schwerer Holztisch den Raum beherrscht, doch alles, was von ihm übrig geblieben war, war verbogenes, gesplittertes Holz.

Soneas Mund wurde trocken, dann regte sich abermals etwas in ihrem Geist, und der Tisch brach plötzlich in Flammen aus. Faren drehte sich zu ihr um und schien einen Augenblick lang mit sich zu kämpfen, bevor er zu sprechen begann.

»Wie ich schon sagte«, bemerkte er. »Sie macht wahrscheinlich nur eine schwierige Phase durch. Sonea, geh wieder nach unten, und pack deine Tasche. Ich werde deine Besucher nach Hause bringen und jemanden herschicken, der das Feuer löscht. Es wird alles gut.«

Nickend reichte Sonea ihrer Tante den Schal und floh zurück in den Keller.

14

Ein widerstrebender Verbündeter

Rothen, der in einer Gasse stehen geblieben war, schloss die Augen und zog ein wenig Kraft aus seiner Magie, um seine Müdigkeit zu verscheuchen.

Dann öffnete er die Augen wieder und betrachtete die Schneewälle, die sich an den Hauswänden gebildet hatten. Das milde Wetter der vergangenen Wochen war nur noch eine ferne Erinnerung, nachdem die winterlichen Schneestürme Imardin erreicht hatten. Er überzeugte sich davon, dass sein Umhang seine Roben verbarg, dann schickte er sich an, auf die Straße hinauszutreten.

Als er ein vertrautes Summen in seinen Gedanken wahrnahm, hielt er inne. Er schloss die Augen und fluchte leise vor sich hin, denn er spürte, dass er viel zu weit von der Quelle dieses Summens entfernt war. Kopfschüttelnd machte er den ersten Schritt hinaus auf die Straße.