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— Dannyl?

— Ich habe sie gehört. Mich trennen nur wenige Straßen von ihrem Standort.

— Hat sie sich bewegt?

— Ja.

Rothen runzelte die Stirn. Wenn sie geflohen war, warum benutzte sie dann noch immer ihre Kräfte?

— Wer ist sonst noch in der Nähe?

— Wir dürften ihr am nächsten sein, erklang Lord Kerrins Gedankenstimme. Sie kann nicht mehr als hundert Schritte von uns entfernt sein.

— Sarle und ich sind ebenfalls in der Nähe, ließ Lord Kiano ihn wissen.

— Dann bewegt euch weiter auf das Ziel zu, trug Rothen ihnen auf. Aber ihr dürft ihr nicht allein gegenübertreten.

Rothen überquerte die Straße und eilte eine Gasse hinunter. Ein alter Bettler starrte ihn mit blinden Augen an, als er an ihm vorbeiging.

— Rothen?, rief Dannyl. Sieh dir das an.

Ein Bild blitzte in Rothens Gedanken auf. Ein Haus, das in orangefarbene Flammen eingehüllt war. Rauch wogte gen Himmel. Argwohn und Furcht begleiteten das Bild.

— Glaubst du, dass sie…?

— In dem Falle würden wir etwas Dramatischeres zu sehen bekommen, antwortete Rothen.

Am Ende der Gasse angekommen, trat Rothen auf eine breitere Straße hinaus. Als er das brennende Haus sah, verlangsamte er seine Schritte. Es hatten sich bereits Menschen dort eingefunden, die das Feuer beobachteten, und als er näher kam, sah er, dass die Bewohner der Nachbarhäuser, beladen mit Besitztümern, ihre Wohnungen verließen.

Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit einer anderen Gasse und trat auf ihn zu.

»Sie muss ganz in der Nähe sein«, sagte Dannyl. »Wenn wir –«

Beide Männer versteiften sich, als mit einem Mal ein stärkerer, kürzerer Summton in ihre Sinne drang.

»Hinter diesem Haus da«, erklärte Rothen und zeigte in die Richtung, die er meinte.

Dannyl hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. »Ich kenne dieses Viertel. Hinter dem Gebäude verläuft eine Gasse, die zu zwei anderen Straßen führt.«

Als er etwa hundert Schritte links von der ersten Vibration eine weitere spürte, verlangsamte Rothen abermals das Tempo.

»Sie bewegt sich ziemlich schnell«, murmelte Dannyl und verfiel in Laufschritt.

Rothen eilte hinter ihm her. »Irgendetwas stimmt hier nicht«, keuchte er. »Wochenlang hat Schweigen geherrscht, und in dieser Woche spüren wir sie jeden Tag – und warum benutzt sie ihre Kräfte immer noch?«

»Vielleicht kann sie es nicht verhindern.«

»Dann hatte Akkarin Recht.«

Rothen sandte einen Gedankenruf aus.

— Kiano?

-Sie bewegt sich auf uns zu.

— Kerrin?

— Sie hat gerade unseren Weg gekreuzt und ist in südlicher Richtung weitergelaufen.

— Wir haben sie umzingelt, teilte Rothen den anderen Magiern mit. Seid vorsichtig. Es ist gut möglich, dass sie die Kontrolle über ihre Kräfte verliert. Kiano und Sarle, bewegt Euch langsam auf sie zu. Kerrin und Fergun, Ihr haltet Euch rechts von dem Mädchen. Wir nähern uns dann von –

— Ich habe sie gefunden, teilte Fergun mit.

Rothen runzelte die Stirn.

— Fergun, wo seid Ihr?

Stille folgte.

— Sie ist in den Tunneln unter mir. Ich kann sie durch ein Gitter in der Mauer sehen.

— Bleibt dort, befahl Rothen. Ihr dürft Euch dem Mädchen auf keinen Fall allein nähern.

Einen Moment später fing Rothen eine weitere Vibration auf, der mehrere andere folgten. Er spürte die Furcht der übrigen Magier und beschleunigte seine Schritte.

— Fergun? Was ist passiert?

— Sie hat mich gesehen.

— Haltet Euch von ihr fern!, warnte Rothen ihn.

Dann war das Summen der Magie plötzlich erstorben. Dannyl und Rothen tauschten einen Blick, bevor sie weiterliefen. Als sie an eine Kreuzung kamen, sahen sie Fergun in einer der Gassen stehen. Er spähte durch ein Gitter in der Mauer vor ihm.

»Sie ist weg«, erklärte er.

Dannyl entfernte das Gitter hastig und blickte in den Gang dahinter.

»Was ist passiert?«, wollte Rothen wissen.

Fergun antwortete. »Ich habe hier auf Kerrin gewartet, als plötzlich aus dem Gitter Geräusche drangen.«

Dannyl erhob sich. »Also seid Ihr allein hineingegangen und habt sie verschreckt.«

Fergun musterte den hochgewachsenen Magier mit schmalen Augen. »Nein. Ich bin, wie befohlen, hier geblieben.«

»Hat sie Euch gesehen und es mit der Angst bekommen?«, fragte Rothen. »War das der Grund, warum sie angefangen hat, ihre Kräfte zu benutzen?«

»Ja.« Fergun zuckte die Achseln. »Bis ihre Freunde sie bewusstlos geschlagen haben und weggerannt sind.«

»Du bist ihnen nicht gefolgt?«, fragte Dannyl.

Fergun zog die Augenbrauen hoch. »Nein. Ich bin hier geblieben, wie befohlen«, wiederholte er.

Dannyl murmelte etwas Unverständliches und eilte dann die Gasse hinunter. Als die anderen Magier erschienen, ging Rothen ihnen entgegen. Er erklärte, was geschehen war, und schickte sie anschließend zusammen mit Fergun zur Gilde zurück.

Er fand Dannyl in einem Hauseingang, wo er auf der Schwelle saß und aus einer Hand voll Schnee einen Ball formte.

»Sie verliert die Kontrolle.«

»Ja«, stimmte Rothen ihm zu. »Ich werde die Suche abblasen. Wenn wir sie weiter verfolgen, wird sie wahrscheinlich auch noch den letzten Rest an Kontrolle verlieren.«

»Und was machen wir jetzt?«

Rothen sah seinen Freund vielsagend an. »Verhandeln.«

Der beißende Geruch von Rauch füllte Cerys Lunge. Er rannte durch den Geheimgang und wich dabei immer wieder anderen Männern aus, die die »Straße« benutzten und nur als schwache Schemen in der Dunkelheit zu erkennen waren. Als er schließlich vor einer Tür stehen blieb, hielt er kurz inne, um Atem zu schöpfen.

Der Wachposten, der die Tür öffnete, erkannte Cery und begrüßte ihn mit einem Nicken. Cery eilte eine schmale Holztreppe hinauf, drückte die Falltür am oberen Ende auf und kletterte in einen schwach beleuchteten Raum.

Mit einem schnellen Blick erfasste er die drei stämmigen Wachen, die in der Dunkelheit herumlungerten, den dunkelhäutigen Mann am Fenster und die kleine Gestalt, die schlafend in einem Sessel lag.

»Was ist passiert?«

Faren drehte sich zu ihm um. »Wir haben ihr eine Droge gegeben, damit sie einschläft. Sie hatte Angst, dass sie noch mehr Schaden anrichten würde.«

Cery ging zu dem Sessel hinüber und beugte sich vor, um Soneas Gesicht zu betrachten. Sie hatte eine dunkle, geschwollene Prellung an der Schläfe. Ihre Haut war bleich und ihr Haar feucht von Schweiß. Außerdem war der Saum ihres Ärmels verkohlt, und sie trug einen Verband um die Hand.

»Das Feuer breitet sich aus«, bemerkte Faren.

Cery richtete sich auf und trat neben den Dieb ans Fenster. Drei der Häuser auf der anderen Straßenseite brannten. Die Flammen züngelten zu den Fenstern hinaus und erhoben sich wie wirres, orangefarbenes Haar, wo früher einmal die Dächer gewesen waren. Aus den Fenstern eines anderen Hauses wogte schwarzer Rauch.

»Sie hat gesagt, sie hätte geträumt – einen Alptraum«, erklärte Faren. »Als sie erwachte, brannten überall in ihrem Zimmer kleine Feuer. Zu viele, um sie zu löschen. Je größer ihre Angst wurde, umso mehr Feuer loderten auf.« Faren seufzte. Lange Zeit sagte keiner von ihnen etwas, dann holte Cery tief Luft und wandte sich zu dem Dieb um.

»Was wirst du jetzt tun?«

Zu seiner Überraschung lächelte Faren. »Sie dem Freund eines alten Bekannten von uns vorstellen.« Er zeigte auf die Männer, die sich immer noch in dem Bereich des Raumes aufhielten, den das Licht nicht erreichte. »Jarin, du wirst sie tragen.«