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Lorlen kehrte zu seinem Stuhl zurück. »So viel Zeit kann ich Euch nicht geben. Ich werde Euch zwei Wochen geben, und während dieser Zeit dürft Ihr selbst entscheiden, wer sie sehen darf und wer nicht. Danach werde ich selbst sie in Abständen von einigen Tagen aufsuchen, um ihre Fortschritte zu überprüfen.« Er hielt inne und klopfte mit einem Fingernagel auf die Tischfläche. »Wenn es Euch irgend möglich ist, macht sie bis dahin mit mindestens einem weiteren Magier bekannt. Ich werde Fergun sagen, dass er sie besuchen darf, sobald sie ihre Kräfte unter Kontrolle hat, aber denkt daran, je länger es dauert, umso mehr Sympathien wird meine Entscheidung Fergun eintragen.«

Rothen nickte. »Ich verstehe.«

»Die Leute werden erwarten, dass die Anhörung auf der ersten Versammlung stattfindet, nachdem sie die Beherrschung ihrer Fähigkeiten erlernt hat.«

»Falls ich sie dazu überreden kann zu bleiben«, fügte Rothen hinzu.

Lorlen runzelte die Stirn. »Glaubt Ihr, dass sie es ablehnen wird, der Gilde beizutreten?«

»Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen«, antwortete Rothen. »Wir können sie jedenfalls nicht dazu zwingen, das Gelübde zu sprechen.«

Lorlen lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte Rothen mit sorgenvollem Gesichtsausdruck. »Ist sie sich über die Alternative im Klaren?«

»Noch nicht. Da ich versuche, ihr Vertrauen zu gewinnen, hielt ich es für besser, mir diese Dinge für später aufzuheben.«

»Ich verstehe. Wenn Ihr den richtigen Moment abpasst, könnt Ihr sie damit vielleicht zum Bleiben bewegen.« Er lächelte leicht gequält. »Falls sie fortgeht, wird Fergun davon überzeugt sein, Ihr hättet sie dazu überredet, nur um ihm eins auszuwischen. So oder so stehen Euch einige harte Kämpfe bevor, Rothen.«

Dannyl runzelte die Stirn. »Dann hat er also gute Chancen, dass man ihn zu ihrem Mentor bestimmt?«

»Das ist schwer zu sagen. Es könnte eine Menge davon abhängen, wie viel Unterstützung Ihr jeweils gewinnen könnt. Aber ich sollte vor der Anhörung nicht über dieses Thema sprechen.« Lorlen richtete sich auf und blickte zwischen Rothen und Dannyl hin und her. »Ich habe keine weiteren Fragen mehr. Hat einer von Euch noch irgendetwas, das er zu besprechen wünscht?«

»Nein.« Rothen erhob sich und neigte den Kopf. »Vielen Dank, Administrator.«

Sobald sie draußen auf dem Korridor standen, wandte Rothen sich seinem Gefährten zu.

»Das war doch gar nicht so schlimm, oder?«

Dannyl hob die Schultern. »Er war nicht da.«

»Nein.« Als ein anderer Magier in den Korridor hinaustrat, hielt Dannyl kurz inne, dann wurden seine Schritte plötzlich zögerlicher. Rothen schüttelte den Kopf. »Dieses Hinken ist tatsächlich nur gespielt!«

Dannyl blickte gekränkt drein. »Es war eine tiefe Wunde, Rothen.«

»Nicht so tief.«

»Lady Vinara meinte, es würde einige Tage dauern, bis die Steifheit sich wieder löst.«

»Das hat sie gesagt, ja?«

Dannyl zog die Brauen hoch. »Und es würde dir nichts schaden, wenn ich die Leute gelegentlich daran erinnere, was wir durchgemacht haben, um das Mädchen zu fangen.«

Rothen kicherte. »Ich bin dir zu tiefstem Dank verpflichtet, dass du deine Würde für mich opferst.«

Dannyl schnalzte angewidert mit der Zunge. »Nun, wenn Fergun eine geschlagene Woche mit einem Verband über diesem winzigen Schnitt an seiner Schläfe herumlaufen kann, dann darf ich ja wohl ein wenig humpeln.«

»Ich verstehe.« Rothen nickte langsam. »Dann ist das natürlich in Ordnung.«

Sie erreichten den Hinterausgang der Universität und blieben stehen. Draußen herrschte heftiges Schneetreiben. Die beiden Magier tauschten einen widerwilligen Blick, dann traten sie hinaus in die durcheinander wirbelnden weißen Flocken und entfernten sich hastig von dem Gebäude.

19

Der Unterricht beginnt

Das immer schlechter werdende Wetter der vergangenen Woche hatte das Gelände der Gilde unter einer dicken Schneeschicht begraben. Rasen, Gärten und Dächer waren unter der leuchtend weißen Decke verschwunden. Dannyl, der sich im Schutz seines magischen Schildes recht behaglich fühlte, konnte den Anblick genießen, ohne unter den Unbilden des Wetters leiden zu müssen.

Am Eingang der Universität standen einige Novizen. Als er das Gebäude betrat, eilten drei junge Leute an ihm vorbei, eingemummt in ihre dicken Umhänge. Wahrscheinlich gehörten sie zu den Studenten, die zur Wintersonnenwende aufgenommen worden waren, vermutete er. Es bedurfte mehrerer Wochen Ausbildung, bevor die Erstsemester lernten, wie man die Kälte abwehrte.

Als er nun die Treppe hinaufging, fand er eine kleine Gruppe Novizen vor dem Alchemiesaal, in dem Rothen unterrichtete. Dannyl scheuchte sie durch die Tür und schickte sich an, ihnen zu folgen.

»Lord Dannyl.«

Als Dannyl die Stimme erkannte, unterdrückte er ein Stöhnen. Fergun kam zusammen mit Lord Kerrin auf ihn zugeschlendert.

Fergun blieb einige Schritte entfernt von Dannyl stehen und betrachtete die Tür des Klassenzimmers. »Ist das Rothens Klasse?«

»Ja«, antwortete Dannyl.

»Ihr gebt den Unterricht für ihn?«

»Ja.«

»Verstehe.« Fergun wandte sich ab, und Kerrin folgte ihm. Gerade laut genug, damit Dannyl es noch hören konnte, fügte er hinzu: »Es überrascht mich, dass sie das erlauben.«

»Wie meint Ihr das?«, fragte Kerrin, dessen Stimme leiser wurde, während die beiden Magier sich entfernten.

»Erinnert Ihr Euch nicht mehr an all die Schwierigkeiten, in die er als Novize geraten ist?«

»Oh, das!« Kerrins Gelächter hallte im Korridor wider. »Du hast Recht, er könnte einen schlechten Einfluss auf die Novizen ausüben.«

Zähneknirschend drehte Dannyl sich um. Rothen stand in der Tür.

»Rothen!«, rief Dannyl. »Was machst du denn hier?«

»Ich war gerade in der Bibliothek.« Rothen hatte den Blick nach wie vor auf Ferguns Rücken geheftet. »Es erstaunt mich, wie lange ihr beide eure Fehde schon aufrecht erhaltet. Wirst du denn niemals die Vergangenheit hinter dir lassen?«

»Für ihn ist es keine Fehde«, knurrte Dannyl. »Es ist ein Sport, und er findet viel zu viel Gefallen daran, um damit aufzuhören.«

Rothen zog die Augenbrauen hoch. »Nun, wenn er sich aufführt wie ein gehässiger Novize, werden die Leute wissen, wie sie seine Worte zu verstehen haben.« Er lächelte, als drei Novizen den Flur hinuntergelaufen kamen und blitzartig im Klassenzimmer verschwanden. »Wie machen sich meine Novizen?«

Dannyl schnitt eine Grimasse. »Ich weiß nicht, wie du das aushältst, Rothen. Du wirst mich ihnen nicht mehr lange ausliefern, ja?«

»Das kann ich nicht sagen. Einige Wochen. Vielleicht Monate.«

Dannyl stöhnte. »Glaubst du, dass Sonea schon so weit ist, mit den Kontrolllektionen anzufangen?«

Rothen schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Aber sie ist bereits eine Woche hier.«

»Nur eine Woche.« Rothen seufzte. »Ich bezweifle, dass sie uns vertrauen würde, selbst wenn wir ihr sechs Monate Zeit gäben, sich hier einzuleben.« Er runzelte die Stirn. »Es ist nicht so, dass sie uns persönlich nicht mag, aber sie glaubt nicht, dass die Gilde es gut meint – und bevor sie keine Beweise für das Gegenteil sieht, wird sie ihre Meinung nicht ändern. Dafür haben wir keine Zeit. Wenn Lorlen sie besucht, wird er erwarten, dass wir mit dem Unterricht bereits begonnen haben.«

Dannyl umfasste den Arm seines Freundes. »Für den Augenblick brauchst du ihr lediglich Kontrolle beizubringen, und dafür muss sie nur dir vertrauen, Rothen. Du bist ein netter Kerl, und außerdem willst du wirklich nur ihr Bestes.« Er zögerte. »Wenn du es ihr nicht sagen kannst, dann zeig es ihr.«

Rothen runzelte die Stirn, dann weiteten sich seine Augen, als er plötzlich begriff. »Ich soll sie in meinen Geist sehen lassen?«

»Ja. Dann wird sie wissen, dass du ihr die Wahrheit sagst.«