Wir müssen Stützpunkte errichten und sie mit Kampf schiffen, Rechnern und Waffen ausrüsten, Untergrundbewegungen müssen gegründet und aufrechterhalten werden. Soldaten müssen ausgebildet, Agenten eingeschleust und Politiker bestochen werden, damit sie in eine andere Richtung blicken. Man darf nie die Bedeutung dessen unterschätzen, was man mit einer guten Bestechung erreichen kann. Doch all das ist nur möglich, wenn wir einen stetigen Zustrom von Mitteln erhalten und dieser Zustrom über lange Zeit bestehen bleibt. Was auch der Grund ist, aus dem einige der Anwesenden zu dieser Versammlung eingeladen wurden. Bitte stellt Euch den anderen vor, meine verehrten Herrschaften.«
»Wurde aber auch allmählich Zeit«, brummte Gregor Shreck, und ein selbstzufriedenes Grinsen zeigte sich auf dem feisten Gesicht. »Politische Rhetorik mag ja ganz schön sein, aber davon kann niemand Waffen kaufen. Leute wie ich entscheiden, ob diese Rebellion endlich ins Rollen kommt. Ich bin gekommen, um die volle, wenn auch verdeckte Unterstützung kommen, um die volle, wenn auch verdeckte Unterstützung meines Clans anzubieten. Als Gegenleistung erwarte ich für die Zukunft einige Zugeständnisse.«
»Welche Art von Zugeständnissen?« erkundigte sich Owen mißtrauisch.
Der Shreck spreizte seine fetten Finger. »Um das zu diskutieren, haben wir uns hier versammelt.«
»Ich dachte, Ihr und Eure Leute stünden auf freundschaftlichem Fuß mit der gegenwärtigen Staatskirche?« fragte Finlay Feldglöck.
»Das stimmt«, erwiderte der Shreck. »Offiziell jedenfalls.
Doch die Kirche ist nicht der starke Verbündete, den ich mir erhofft hatte. Sie erteilt viel zu gerne Befehle, und die Einschränkungen, die man mir für mein Privatleben auferlegt, werden immer unverschämter. Ich erhoffe mir größere Vorteile, wenn ich mich der Rebellion anschließe. Außerdem trete ich nur in die Fußstapfen meiner geliebten Tochter Evangeline.
Wie ist das Leben im Untergrund so, meine kleine Evie? Du hast mir kein einziges Mal geschrieben.«
»Sehr angenehm, Vater«, entgegnete Evangeline Shreck tonlos. »Ich bin jetzt viel glücklicher, nachdem der Druck aus meinem Leben verschwunden ist.«
»Um wieviel glücklicher wärst du erst, wenn du wieder zu mir nach Hause kommen würdest«, sagte Gregor. »Zurück zu deinem liebenden Vater. Deine Freundinnen vermissen dich ebenfalls sehr. Erinnerst du dich noch an die kleine Penny? Ihr beide wart so eng befreundet, bevor sie in Silo Neun endete.
Unglücklicherweise hat sie ihre Geheimnisse nicht so sorgfältig gehütet wie du, mein Kind. Du hast versucht, sie zu retten, doch das ging daneben. Aber ich, ich habe sie befreit. Ich habe Verbindungen, meine liebe Evie, weißt du? Ich kenne Leute, die mir alles bringen, was ich haben will. Jetzt lebt Penny bei mir, und sie liebt mich, wie du es einst getan hast. Komm wieder nach Hause, Evie. Ohne deine Unterstützung weiß ich nicht, wie lange ich die arme Penny noch schützen kann. Du willst doch nicht, daß ihr irgend etwas zustößt, oder?«
»Laßt sie in Frieden«, zischte Finlay scharf und trat zwischen Evangeline und ihren Vater. »Ich spüre ganz genau, was Ihr vorhabt, Shreck. Ihr wollt Evie dazu zwingen, zu Euch zurückzukommen, damit Ihr einen Keil zwischen uns treiben könnt.
Ich weiß, daß Ihr sie mißhandelt habt. Evie spricht niemals darüber, aber ich weiß, wie sehr Ihr sie verletzt habt. Also laßt sie in Frieden, Ihr verdammter Bastard, oder ich werde Euch eigenhändig töten. Die Rebellion kann sehr gut ohne die Unterstützung von Abschaum wie Euch leben.«
»Kann sie?« erwiderte Gregor ungerührt. »Ich schätze, Eure Vorgesetzten im Untergrund denken da ganz anders. Was bedeutet schon eine Person gegen die Reichtümer eines Clans?
Und ich will meine Evie zurückhaben! Wenn ich dazu über Eure Leiche gehen muß, Feldglöck, dann um so besser!«
»Ihr seid ein toter Mann, Shreck«, knurrte Finlay mit rauher Stimme.
»Nimm deinen Hund an die Leine, liebe Evie«, sagte der Shreck gelassen. »Oder ich werde dafür sorgen, daß man ihm einen Maulkorb anlegt. Vergiß nicht, die Rebellion braucht mich.«
»Ich muß ihm leider zustimmen«, mischte sich Jakob Ohnesorg ein. »Wir haben uns hier versammelt, um über die Zukunft der gesamten Menschheit zu sprechen und nicht über Eure persönlichen Probleme. Macht das zu gegebener Zeit untereinander aus. Nur eins noch, Finlay: Die Sache geht vor. Immer.
Vergeßt das nicht.«
»Haltet mir keine Vorträge«, erwiderte Finlay. »Ich habe einen Eid auf meinen Namen, meine Ehre und mein Leben geschworen, Löwenstein zu stürzen. Ich werde kämpfen und, wenn es sein muß, auch für unsere Sache sterben. Aber früher oder später wird eine Zeit kommen, wenn die Rebellion die Unterstützung des Shreck nicht mehr benötigt. Und dann werde ich ihn töten.«
»Ihr werdet mich immer brauchen«, entgegnete der Shreck.
»Habt Ihr nicht zugehört? Der Sturz Löwensteins ist nur der Anfang. Der wirkliche Kampf um Macht und Einfluß beginnt erst danach. Und Ihr werdet immer Leute wie mich benötigen.
Wer weiß, vielleicht sollte ich als Preis für meine Unterstützung Evies Rückkehr und Euren Kopf auf einem Pfahl verlangen?«
»Davon träumt Ihr nur, kleiner Mann«, erwiderte Finlay.
»Unsere Rebellion soll uns von Leuten wie Euch befreien.
Stimmt es nicht, Ohnesorg?«
»Haltet bitte endlich den Mund. Alle beide!« Jakob Ohnesorg funkelte Finlay und Gregor wütend an. »Ihr könnt Eure Hahnenkämpfe meinetwegen woanders austragen, aber nicht hier.
Je länger sich diese Versammlung hinzieht, desto größer ist die Gefahr, daß das Imperium uns entdeckt. Und jetzt: Hat noch irgend jemand etwas zur Sache zu sagen?«
»Ich biete die Unterstützung des Todtsteltzer-Clans«, sagte David und grinste Owen kalt an. »Ich bin der Lord von Virimonde, und all meine Ressourcen stehen der Rebellion zur Verfügung. Virimonde liegt relativ weit ab vom Zentrum, und es dauert sicher eine Zeit, bevor das Imperium etwas bemerkt.«
» Virimonde gehört nur so lange dir, bis ich komme und es mir zurückhole«, sagte Owen. »Richte dich nicht zu behaglich ein, David. Du wirst nicht lange dort bleiben.«
»Du hast kein Recht auf irgend etwas dort, wie auch immer die Rebellion ausgeht«, widersprach David. »Ich bin jetzt der Todtsteltzer, und du bist ein Niemand. Ich werde mein Eigentum gegen jeden verteidigen, der es mir wegnehmen will.«
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.« Owen lächelte seinen Vetter an. »Soweit ich mich entsinne, gehört die Lordschaft von Virimonde zu dem Preis, der auf meinen Kopf ausgesetzt ist. Also muß mich nur irgend jemand töten, und Löwenstein wird ihn zum Lord von Virimonde ernennen. Deine Festung ist auf Sand gebaut, Vetter, und die Flut kommt bereits heran.«
»Wenn die Rebellion die Nahrungsmittel und Vorräte will, die ich liefern kann, dann wird sie mich als den rechtmäßigen Lord anerkennen müssen, und zwar jetzt und später.«
»Das stimmt«, sagte Ohnesorg. »Tut mir leid, Owen.«
David grinste Owen selbstgefällig an. »Ich habe bereits sämtliche Spuren deiner kurzen Herrschaft beseitigen lassen. Bald wird sich niemand mehr daran erinnern, daß du jemals ein Lord warst. Nicht, daß du meinst, du hättest viele Spuren auf Virimonde hinterlassen, so zurückgezogen, wie du in deiner Festung gelebt und Geschichten geschrieben hast, die kein Schwein jemals lesen wird. Im Gegensatz zu dir habe ich jedenfalls große Pläne mit Virimonde. Ich werde dem Namen Todtsteltzer wieder zu seiner alten Größe verhelfen.«