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Owen schäumte innerlich. Der Gedanke daran, daß dieser kleine Erbschleicher sich in seiner Festung eingenistet hatte, in seinem Bett schlief und seinen Wein trank, hätte ihn beinahe in einen Schlaganfall getrieben. Aber irgendwie bewahrte er die Ruhe. Sosehr Owen auch haßte, es zugeben zu müssen: Jakob Ohnesorg hatte recht. Die Rebellion kam an erster Stelle. Er suchte noch immer nach einer halbwegs diplomatischen Antwort, als Giles Todtsteltzer vortrat und David mit unerbittlichem Blick musterte.

»Der Name Todtsteltzer war immer ein großer Name, Bursche, den du dir erst noch verdienen mußt. Wenn du dich unbedingt beweisen willst, dann mach das gefälligst auf dem Schlachtfeld, wie es seit jeher Sitte ist bei den Todtsteltzern.

Und in der Zwischenzeit wirst du dich mit Owen vertragen. Ihr seid miteinander verwandt. Ihr seid durch Blut und Ehre und eine mehr als neunhundert Jahre währende Tradition aneinander gebunden. Ihr seid beide meine Nachfahren, in jeder nur denkbaren Hinsicht, und ich dulde nicht, daß ihr gegeneinander die Waffen zieht. Vertragt euch endlich, oder ich stoße euch mit den Köpfen gegeneinander, daß es kracht!«

Owen mußte grinsen. Der Alte hatte schon eine eigenartige Methode, zur Sache zu kommen. Die Familie war wichtiger als jede Politik, und das würde immer so bleiben. Die Umstände kamen und gingen, die Politik entwickelte und änderte sich, aber die Familie blieb. Er nickte David schroff zu.

»Ich will nicht für deinen Tod verantwortlich sein, Vetter.

Ich bezweifle zwar ernsthaft, daß wir uns jemals gut werden leiden können, aber Giles hat recht. Du gehörst zur Familie.

Doch vergiß nicht, daß die Eiserne Hexe dir jederzeit alles wieder wegnehmen kann, so wie sie es mir weggenommen hat.

Paß auf deinen Rücken auf. Und halte deine eigenen Sicherheitsleute im Auge. Sie waren die ersten, die sich gegen mich gewandt haben, nachdem ich für vogelfrei erklärt worden bin.

Komm nachher zu mir, und ich verrate dir einen Fluchtweg, den sie nicht kennen.«

»Danke für den guten Rat«, sagte David. »Ich werde es mir merken.« Er blickte zu Jakob Ohnesorg. »Kit Sommer-Eiland und ich repräsentieren eine ganz beträchtliche Anzahl von Leuten meiner Generation. Jüngere Söhne, die niemals erben werden und… kein Verständnis für die gegenwärtige Ordnung der Dinge haben. Viele von uns haben eine Karriere beim Militär oder der Flotte eingeschlagen, und – den richtigen Anreiz vorausgesetzt – werden sie sich der Rebellion anschließen.«

»Dann sprecht mit ihnen«, sagte Ohnesorg. »Aber seid vorsichtig mit dem, was Ihr ihnen versprecht. Niemand von uns kann im Augenblick vorhersehen, was die Zukunft bringen wird.«

Der alte Rebell unterbrach sich, als eine Gruppe von sechs Männern zielstrebig durch die Menge auf ihn zukam. Ihre Holosignale waren so stark, daß sie alle anderen Anwesenden zur Seite zwangen. Die Menschen fluchten und schimpften, doch die sechs Männer ignorierten sie einfach. Sie waren allesamt groß und schlank, Albinos mit weißem Haar, blasser Haut und blutroten Augen. Die Männer trugen lange Gewänder in schrillen Farben, und ihre Gesichter wiesen wilde rituelle Narben auf. Jeder wußte, wer sie waren, wer sie sein mußten. Die Blutläufer waren berüchtigt. Ihre Basis lag im Obeahsystem, einer kleinen Gruppe von Planeten am Rand des Abgrunds, und sie wurden von einer uralten, dunklen Religion zusammengehalten, die sich auf Blut, Leid und Besessenheit durch verstorbene Vorfahren gründete. Mörderische Fanatiker, die auch noch stolz darauf waren. Die Staatskirche hatte sie bereits vor vielen Jahren als Häretiker verbannt, doch niemand unternahm etwas gegen sie. Die Blutläufer hatten ihre Finger in jedem schmutzigen Geschäft im gesamten Imperium, und ihr Arm reichte weit.

Sie handelten mit allem, von Wampyrblut über Leichen bis hin zu Sklaven, und sie beugten vor keinem Herren den Kopf. Die sechs blieben vor Ohnesorg stehen, der sie nachdenklich musterte.

»Wunderbar«, sagte er schließlich. »Noch mehr Komplikationen. Was, zur Hölle, habt Ihr hier zu suchen? Ihr wart nicht auf der Gästeliste. Zur Hölle, Leute wie Ihr stehen auf keiner Gästeliste des Universums. Wenn Ihr bei einer Beerdigung auftaucht, ergreift selbst die Leiche die Flucht. Für den Fall, daß ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt habe: Macht, daß Ihr von hier verschwindet, aber ein bißchen plötzlich, bevor wir die Bude ausräuchern müssen. Die Rebellion kann niemals so schlecht dran sein, daß wir die Unterstützung von Leuten wie Euch benötigen.«

»Das sind harte Worte von einem müden alten Mann«, entgegnete der Anführer der Abordnung des Obeahsystems. »Ich bin Scour, und ich spreche für die Blutläufer. Wir sind ein Volk von eigener Rasse und mit eigener Religion, und unsere Wurzeln reichen viel weiter in die Vergangenheit zurück als Euer verehrtes Imperium. Wir sind stolz und ehrenhaft, und wir leben nach unseren Traditionen. Wir haben niemals das Knie vor Löwenstein oder einem ihrer Vorgänger gebeugt. Wir sind gekommen, um der Rebellion unsere Unterstützung anzubieten.

Wir sind reich. Ihr seid eingeladen, Euch alles zu nehmen, was Ihr benötigt.«

Ohnesorg leckte sich über die Lippen. Sein Mund fühlte sich trocken an. Scours Stimme war ein heiseres Krächzen, alt und voller Schmerz wie der staubige Atem eines Großmütterchens.

Ohnesorg erinnerte sich an einige der unheimlichen Geschichten, die man sich über die Blutläufer erzählte, und plötzlich erschienen sie ihm gar nicht mehr so unglaubwürdig. Er wollte ihre Hilfe nicht. Er wollte überhaupt nichts von ihnen. Aber die Rebellion brauchte finanzielle Unterstützung.

»Ich nehme an, Eure Hilfe hat ihren Preis?« erkundigte er sich schließlich. »An was genau habt Ihr dabei gedacht?«

»Wir wollen in Ruhe gelassen werden. Wir leben auf unsere Art und Weise, schon seit Jahrhunderten, und wir haben nicht den Wunsch, daran etwas zu ändern. Löwensteins neue Politik bedroht unsere Unabhängigkeit. Als Gegenleistung für die von uns angebotene Hilfe verlangen wir lediglich, daß man uns zukünftig in Ruhe läßt. Mißbilligt unsere Lebensweise, wenn Ihr meint, daß Ihr das müßt, aber bitte aus sicherer Entfernung.«

»Wo ist der Haken?« fragte Ohnesorg mißtrauisch.

»Es gibt noch eine andere Sache«, sagte Scour. »Eine Frage der Ehre. Einer Eurer Leute schuldet uns etwas.« Die Blutläufer drehten alle zugleich die totenbleichen Köpfe nach Hazel D’Ark um. »Ihr seid die einzige Überlebende des Raumschiffes Scherbe. Der Kapitän der Scherbe hatte einen Vertrag mit uns.

Versprechen wurden abgegeben, und Hilfe wurde geleistet, und als Ausgleich wurde uns eine Bezahlung zugesichert. Der Kapitän und der Rest der Mannschaft sind tot. Ihr seid die einzige Überlebende, Hazel D’Ark, und die Bezahlung ist lange überfällig.« Scour drehte sich wieder zu Ohnesorg um. »Wir verlangen, daß Ihr uns diese Frau übergebt.«

»Verschwende nicht deine Zeit«, erklärte Hazel. »Was Kapitän Markee dir auch immer versprochen hat, mich hat er vorher nicht gefragt, und ich habe nichts unterschrieben. Außerdem könnte ich nichts bezahlen. Ich bin pleite.«

»Wir verlangen kein Geld«, erwiderte Scour. »Euer Kapitän traf eine Übereinkunft mit uns. Die Scherbe sollte uns mit frischen Körpern versorgen. Ein gewisser Prozentsatz von allem, was Ihr während Eurer Tätigkeit als Klonpascher in Euren Besitz brachtet. Wir benötigen ständig frische Körper, um unsere Sitten und Gebräuche ausüben zu können. Wir können nicht einfach über die Schuld hinwegsehen; das wäre unehrenhaft.

Also müssen wir unseren Anteil am Fleisch verlangen, Hazel D’Ark. Wir werden Euren Körper zu schätzen wissen…, solange Ihr vorhaltet.«

»Zur Hölle, das hättet Ihr wohl gern!« meldete sich Owen, und seine Stimme durchbrach kalt, hart und tödlich die plötzlich eintretende Stille. »Hazel ist meine Freundin. Niemand bedroht sie, solange ich in der Nähe bin.«