Выбрать главу

In jenen Tagen gehörte praktisch der gesamte Planet dem Wolf-Clan, und man produzierte beinahe ausschließlich den neuen Hyperraumantrieb. Es war ein langwieriges, kompliziertes Verfahren, das praktisch jede Ressource des Planeten erforderte, aber da die Wolfs die Rückendeckung der Imperatorin besaßen, wagte niemand, sich zu beschweren. Oder wenigstens niemand, dessen Stimme Gewicht besessen hätte. Die Arbeiter waren zum größten Teil Klone und Zwangs verpflichtete, die teilweise uralte Familienschulden abarbeiteten. Wenn man die gegenwärtigen Zinsen auf alte Kredite bedachte, dann konnte ein Mensch geboren werden und sein ganzes Leben arbeiten, ohne an der Summe der Schulden auch nur das Geringste zu ändern. Und deshalb war es auch nicht sonderlich überraschend, daß sich ein kleiner, aber blühender Untergrund aus Rebellen und Unzufriedenen gebildet hatte, die eine unsichere Existenz in den weggeworfenen Überresten von Hochtechnologie und Laborexperimenten fristeten, welche die riesigen Industriewüsten des Planeten ausfüllten.

Die Rebellen von Technos III waren brutale, leidenschaftliche Kämpfer, und das mußten sie auch sein. Solange der Wolf-Clan die Dinge unter Kontrolle hatte, gab es für sie keine Möglichkeit, Technos III zu verlassen.

In letzter Zeit waren die Dinge auf Technos III so aus dem Ruder geraten, daß Valentin Wolf sich gezwungen gesehen hatte, Löwenstein um Hilfe zu bitten, damit die Produktion der neuen Antriebe ungestört fortgeführt werden konnte. Die Imperatorin hatte wieder einmal ihren Sinn für Humor bewiesen, als sie auf Valentins Anfrage hin fünf Kompanien Kirchentruppen zusammen mit einigen ausgewählten Jesuitenkommandos unter dem Befehl von Kardinal James Kassar persönlich entsandt hatte. Kassar und Valentin kamen nicht miteinander zurecht.

Sie konnten sich nicht ausstehen. Valentin hatte die Gelegenheit genutzt, sich noch weiter in den Hintergrund zu begeben.

Er hatte Stephanie und Daniel freie Hand bei der Leitung der Produktionsanlagen gelassen. Im Augenblick war die Kirche dabei, die lokale Untergrundbewegung mit religiösem Eifer zu bekämpfen – und zu verlieren. Kassar war außer sich vor Wut, nicht zuletzt deswegen, weil Löwenstein sich weigerte, ihm Verstärkungen zukommen zu lassen. Alle Probleme auf Technos III waren Kassars Probleme, und er allein trug die Verantwortung.

Ohnesorg, Ruby Reise und Sturm würden unbemerkt auf Technos III landen, mit den Rebellen in Verbindung treten und sie zum Sieg über die Streitkräfte der Kirche von Christus dem Krieger führen. Man hoffte, auf diese Weise die Untergrundbewegung dazu zu bringen, daß sie sich der allgemeinen Rebellion anschloß und den Hyperraumantrieb für den bevorstehenden Krieg produzierte. Niemand erwähnte es, doch alle wußten, daß es eine gewaltige Herausforderung an den alten Jakob Ohnesorg bedeutete. Entweder, er hatte Erfolg, und in diesem Fall war er mit großer Wahrscheinlichkeit der echte Jakob Ohnesorg, oder er versagte – was dann keinen sonderlich großen Verlust bedeutete. Man konnte jederzeit jemand anderen entsenden, der die Rebellen anführte.

Evangeline Shreck, Finlay Feldglöck, Giles Todtsteltzer und der Wolfling sollten nach Shannons Welt gehen. Der berühmteste und luxuriöseste Vergnügungsplanet im gesamten Imperium. Vor drei Jahren war etwas Schreckliches auf Shannons Welt geschehen. Niemand wußte etwas Genaues, doch die wenigen Menschen, die tapfer genug gewesen waren, um nachzusehen, waren nie zurückgekehrt. Die Imperatorin hatte eine ganze Kompanie von Marineinfanteristen entsandt, und auch sie war spurlos verschwunden. Seither stand Shannons Welt unter Quarantäne, sowohl um zu verhindern, daß irgend etwas den Planeten verlassen konnte, als auch, um alle möglichen Dummköpfe daran zu hindern, auf eigene Faust nachzusehen, was dort unten los war. Die verschiedenen Eigentümer stritten noch immer darüber, wer welchen Anteil an den enormen Kosten für die notwendige Expeditionsarmee tragen sollte, die nötig war, um eine Antwort auf die brennenden Fragen zu finden.

Nur ein einziger Mann war lebend von Shannons Welt zurückgekehrt. Halb tot, halb wahnsinnig hatte er nur ein paar Tage überlebt, hauptsächlich, weil er nicht mehr hatte leben wollen. Er hatte Shannons Welt den neuen Namen Haceldama gegeben, Feld des Blutes. Anscheinend tobte unten auf der Oberfläche des Vergnügungsplaneten ein erbarmungsloser Krieg, obwohl niemand eine Vorstellung davon besaß, wer die Parteien waren.

»Und dort wollt Ihr uns hinschicken?« fragte Finlay Feldglöck ungläubig. »Wer, zum Teufel, hat Euch gesagt, daß wir Selbstmordmissionen annehmen? Und was macht dieses Höllenloch überhaupt so verdammt wichtig?«

»Vincent Harker«, erwiderte Alexander Sturm schlicht. »Einer der größten Strategen unserer Zeit. Er besitzt Kenntnisse über die gesamten Verteilungsprozesse und Nachschublinien des Imperiums und Zugang zu allen Plänen für den Fall eines Rebellenangriffs. Das sind lebenswichtige Informationen, und wir benötigen sie. Harker ist normalerweise so gut bewacht, daß wir nicht die Spur einer Chance hätten, an ihn heranzukommen. Aber vor ziemlich genau zwölf Stunden wurde Harkers Schiff von einem Piraten angegriffen. Wir haben nichts damit zu schaffen. Die beiden Schiffe brachten es fertig, sich gegenseitig zu zerstören, doch Harker gelang die Flucht in einer Rettungskapsel. Er landete auf Shannons Welt. Wir müssen ihn finden, bevor das Imperium ihn rettet.

Wir besitzen drei Vorteile. Erstens sind seither nur zwölf Stunden vergangen, und wir haben eine gute Chance, ihn zu finden, bevor die Truppen, die Löwenstein schließlich entsenden wird, überhaupt ankommen. Zweitens war Harkers Rettungskapsel mit einer Signalboje ausgerüstet, und sie sollte eigentlich noch immer senden…, obwohl das niemand mit Bestimmtheit sagen kann, bevor er nicht auf der Oberfläche des Planeten steht. Und drittens: Was auch immer auf Shannons Welt vorgeht, niemand ist besser geeignet als Ihr, um dort zu überleben. Niemand sonst hätte größere Chancen, unversehrt zurückzukehren.«

»Na und?« erwiderte Finlay. »Ihr schickt uns zu einem Planeten, von dem nur ein einziger Mann lebend zurückgekehrt ist, und der ist auch noch wahnsinnig geworden und kurze Zeit später gestorben?«

»Genau. Ihr habt es erfaßt«, antwortete Sturm. »Aber wir dürfen diese einzigartige Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wir müssen Harker in unsere Hände bekommen.

Betrachtet es als Herausforderung.«

Finlay bedachte Sturm mit einem harten Blick. »Betrachtet es doch selbst als Herausforderung. Ich werde nicht nach Shannons Welt gehen.«

»Doch, das wirst du«, mischte sich Evangeline Shreck ein.

Finlay wandte den Kopf und funkelte seine Geliebte an.

»Nenn mir einen einzigen guten Grund«, verlangte er. »Zur Hölle, nenn mir einen schlechten Grund.«

»Ich werde gehen«, sagte Evangeline schlicht. » Haceldama, Feld des Blutes. Das klingt romantisch, findest du nicht?«

»Du hast eine eigenartige Vorstellung von Romantik«, entgegnete Finlay.

»Natürlich«, gab Evangeline bereitwillig zu. »Ich habe mich schließlich auch in dich verliebt, oder nicht?«

»An Eurer Stelle würde ich jetzt aufgeben«, sagte Giles zu Finlay. »Vertraut mir, Ihr habt keine Chance zu gewinnen.«

Finlay bedachte den ursprünglichen Todtsteltzer mit einem vernichtenden Blick. »Für den unwahrscheinlichen Fall, daß ich lebend von diesem Abenteuer zurückkehre, sollten sich gewisse Leute in der Zwischenzeit lieber eine mächtig große Belohnung ausgedacht haben.«

»Mein strahlender Held!« rief Evangeline.

Nach dieser kurzen Unterbrechung wurden David Todtsteltzer und Kit Sommer-Eiland bestimmt, um Virimonde unter Kontrolle zu halten und für die Zwecke der Rebellion umzufunktionieren. Die Versammlung endete, und alle gingen ihrer Wege. Nur die Geschichte sollte später bemerken, daß genau in diesem Augenblick die Große Rebellion endgültig ihren Anfang genommen hatte…