–, aber zu ihrer Überraschung hatten sie feststellen müssen, daß die glatten Wände der Pyramiden vollkommen undurchdringlich waren für alles, was das Imperium dagegenwerfen konnte, einschließlich schwerer Energiewaffen. Was für Bernstein und verharzten Sand vollkommen unmöglich hätte sein müssen.
Schließlich beschloß das Imperium, daß ihm eigentlich egal war, was sich im Innern der Pyramiden verbarg, und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf die gegenwärtigen Bewohner, von denen man nicht wußte, ob sie die Erbauer der Pyramiden waren oder nicht.
Die Ureinwohner waren häßliche, hart gepanzerte Insekten von der Größe einer Männerfaust mit rasiermesserscharfen Mandibeln und entschieden zu vielen Beinen. Sie schienen nicht als Individuen zu denken, doch in Massen waren sie fähig, ein Kollektivbewußtsein zu entwickeln, mit dem man sich – nach einigen Schwierigkeiten – halbwegs verständigen konnte. Und das wiederum kam sehr gelegen, weil die schrecklichen krabbelnden Dinger nach ein paar kleinen Schubsern begonnen hatten, eine Menge organischer Verbindungen zu produzieren, für die das Imperium nützliche Verwendung hatte. Also lieferte man ihnen das Ausgangsmaterial, die Insekten fraßen es und schieden es wieder aus – und machten möglicherweise noch andere Dinge damit in ihren Pyramiden, wenn ihnen keiner zusehen konnte –, und das Resultat war eine Reihe von extrem komplexen chemischen Verbindungen, deren Herstellung in den Labors des Imperiums entsetzlich kostspielig gewesen wäre. Das Imperium profitierte, die Insekten wurden vor äußeren Einflüssen geschützt und ansonsten strikt in Ruhe gelassen, und alle waren zufrieden. Oder zumindest beschwerte sich niemand.
Kapitän Johan Schwejksam und Investigator Frost standen am Fuß einer der massiven Pyramiden und warteten darauf, daß die Vertreter des Insektenvolks erschienen. Der Tag war heiß wie der Ofen eines Krematoriums – und halb so feucht.
Die Luft flimmerte, und die Sonne war zu hell, um nach oben zu blicken, selbst mit starken Filtern über den Augen.
Schwejksam schaltete die Kühlelemente in seiner Uniform noch eine Stufe höher und schirmte seine Augen gegen die harte, unnachgiebige Strahlung der Sonne ab. Schweiß tropfte ihm aus allen Poren, nur um beinahe im gleichen Augenblick wieder in der entsetzlichen Hitze zu verdunsten. Schwejksam blickte nicht zu Frost. Er wußte auch so, daß sie kühl und beherrscht aussah und vollkommen unbeeindruckt von der Hitze und Trockenheit zu sein schien. Sie war schließlich ein Investigator und per definitionem nicht den menschlichen Schwächen und Irrungen unterworfen. Aber schließlich hielt Schwejksam es nicht mehr länger aus, und die Neugier gewann die Oberhand. Wie beiläufig blickte er sich um, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Frost träge mit dem Fuß nach einer der kleinen Gestalten trat, die um sie herum wimmelten. Das Wesen rollte auf den Rücken, und seine langen Beine zappelten für einen Augenblick in der Luft. Dann rollte es sich irgendwie ab und wandte sich erneut seiner Beschäftigung zu. Frost schniefte angewidert.
»Häßliche Dinger. Verdammter Planet. Wenn die Repräsentanten sich nicht bald zeigen, dann benutze ich die verfluchten Käfer als Zielscheibe zum Üben.«
»Das sollte zumindest ihre Aufmerksamkeit erregen«, sagte Schwejksam und grinste unwillkürlich. »Entdecke ich da einen Unterton von Abscheu in Eurer Stimme, Investigator? Ich dachte, Ihr wärt ausgebildet, mit allen Formen fremden Lebens umzugehen?«
»Alles hat seine Grenze«, erwiderte Frost angeekelt. »Und ich schätze, ich habe die meine soeben gefunden. Diese widerlichen kleinen Käfer. Wenn einer auch nur danach aussieht, als wolle er an meinem Bein hochklettern, erschieße ich ihn und alle anderen in einem Umkreis von einem Dutzend Metern gleich mit. Ich habe genug von Insekten, seit wir an Bord des fremden Schiffs im Orbit von Golgatha waren.«
Schwejksam musterte sie aufmerksam. Bei jedem anderen hätte er schwören können, einen Unterton von Entsetzen in der Stimme zu erkennen. Sicher, das Innere des fremden Schiffes war schrecklich gewesen. Schwejksam hatte deswegen noch immer Alpträume. Aber Investigatoren wurden von Kindesbeinen an erzogen, Alpträume zu verursachen, anstatt darunter zu leiden. Schwejksam überlegte sich seine nächsten Worte sehr sorgfältig, und als er schließlich zu sprechen ansetzte, blickte er in eine andere Richtung.
»Es war schlimm in dem fremden Schiff. All die verdammten Insekten, in allen Größen und Formen, und wir mittendrin und ohne Fluchtmöglichkeit. Genug, um jeden vor Entsetzen erstarren zu lassen.«
»Ihr seid ungefähr so subtil wie ein fliegender Felsbrocken, wißt Ihr das?« entgegnete Frost. »Trotzdem, danke für Euer Verständnis.«
Schwejksam blickte sie wieder an. Frost grinste, doch ihre Augen blieben kalt. Er zuckte die Schultern. »Falls Ihr jemals jemanden braucht, mit dem Ihr reden könnt…«
»Ich werde daran denken. Aber meine Probleme sind meine Probleme, und ich komme allein mit ihnen klar.«
»Genau das gleiche dachte ich auch, als ich Stück für Stück im Alkohol ertrank. Ihr habt mir trotzdem herausgeholfen.«
»Weil Ihr nicht wußtet, wie Ihr um Hilfe bitten solltet.«
»Genausowenig wie Ihr«, erwiderte Schwejksam.
Schwejksam und Frost blickten einander an. Es herrschte eine Nähe zwischen ihnen, die über die mentale Verbindung hinausging, die sie seit ihrem Abenteuer auf der Wolflingswelt teilten. Frosts Augen wurden ein wenig weicher, und Schwejksam dachte für einen Augenblick, daß sie dichter davor stand, sich ihm zu öffnen, als jemals zuvor. Doch der Augenblick ging vorüber, die Weichheit verschwand, und Frost war wieder Investigator. Kalt, zielorientiert und undurchdringlich.
Schwejksam wandte den Blick ab.
»Ihr müßt Geduld haben mit den Abgesandten der Insekten«, sagte er schließlich. »Nach unseren Dateien zu urteilen, besitzen sie ein anderes Konzept von Zeit als wir Menschen. Aber sie reagieren rasch auf entschlossenes Verhalten.«
»Ich muß mit gar nichts Geduld haben«, erwiderte Frost.
»Investigatoren haben keine Geduld mit anderen.«
Schwejksam mußte erneut grinsen. »So nützlich, wie die Dateien auch sein mögen – sie verraten nichts darüber, wie man die Aufmerksamkeit der verdammten Insekten erregt.«
»Wir könnten ein paar von ihnen töten«, schlug Frost vor.
»Zur Hölle, wir könnten eine ganze Menge töten. Niemand würde sie vermissen.«
»Laßt uns das als letzten Ausweg aufsparen«, entgegnete Schwejksam. »Es muß noch einen weniger drastischen Weg geben, den wir vorher ausprobieren sollten.«
Er unterbrach sich, als eine Woge von Insekten auf ihn zustürzte, dick und schwarz, wie ein lebender Teppich. Seine Hand fiel ganz automatisch auf den Griff des Disruptors an der Hüfte. Frost hatte ihre Waffe bereits gezogen und schwenkte sie hin und her auf der Suche nach einem sinnvollen Ziel. Die Woge aus schwarzen Leibern kam ruckartig nur wenige Zentimeter vor Schwejksam zum Stehen und begann dann, sich zu einem hohen Stapel aus krabbelnden Insekten aufzuschichten.
Die kleinen Körper paßten zusammen wie die ineinandergreifenden Teile irgendeiner komplizierten Apparatur, und nach und nach wurde aus dem Stapel eine annähernd humanoide Gestalt, eine dunkle, schimmernde Figur, die genausosehr Karikatur wie Nachahmung war. Der quadratische, flache Schädel drehte sich ruckartig auf dem dicken Hals und blickte zu Schwejksam und Frost, obwohl keine Spur von etwas zu erkennen war, das Augen hätten sein können. Die Gestalt summte kurz, ein ersticktes, häßliches und vollkommen unmenschliches Geräusch. Sie summte erneut, und plötzlich, obwohl sich die Stimmlage nicht verändert hatte, verstanden Schwejksam und Frost die Worte.