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Rings um Frost herum erhoben sich jetzt tote Männer aus ihren Särgen wie bleiche häßliche Schmetterlinge, die aus ihren Kokons kletterten. Der Mann vor ihr trug eine veraltete Flottenuniform, abgewetzt und fleckig von altem Blut an den Stellen, an denen er seine tödlichen Wunden erhalten hatte. Seine Haut war leichenblaß, und obwohl er unglaublich breit grinste, zeigte sein Gesicht keinerlei Emotionen, und seine starren Augen blickten leblos. Frost hörte, wie Schwejksam ihr zurief, sie solle sich zurückziehen, doch der Blick des Geistkriegers hielt sie mit hypnotischer Kraft fest wie ein Haken, an dem sie zwar zappeln, von dem sie sich aber nicht losreißen konnte. Überall kamen inzwischen weitere Geistkrieger aus den Särgen, lautlos, bedächtig und mit Bewegungen voller unbeirrbarer Zielstrebigkeit.

Plötzlich riß ein Energiestrahl dem Mann, der sie festhielt, den Kopf ab, und der enthauptete Rumpf fiel auf die Knie. Als der Blick des Toten sie nicht länger fesselte, kam Frost wieder zu sich. Sie wich einen Schritt zurück und schüttelte die gefangene Hand, aber die bleichen Finger hielten sie noch immer fest, egal, wie sehr sie sich anstrengte. Sie zog mit der Linken das Schwert und schlug wild auf die bleiche Hand ein. Die Klinge schnitt glatt durch das Gelenk, und befreit stolperte Frost rückwärts. Die abgetrennte Hand umklammerte noch immer ihren Handschuh, und Frost mußte jeden Finger einzeln durchschneiden, während sie zu Schwejksam und den anderen zurückrannte.

Inzwischen feuerten alle aus den eingebauten Disruptoren ihrer Anzüge, und tote Körper wurden auseinandergerissen und durch die Gegend gewirbelt – aber noch immer bewegten sich Hunderte weiterer Geistkrieger zielstrebig voran. Frost bezog Position zwischen Schwejksam und Creutz. Sie war viel zu wütend, um Furcht oder Besorgnis zu empfinden. Sie hatte gegen jede bekannte außerirdische Rasse gekämpft und gedacht, daß es nichts mehr im gesamten Imperium gäbe, daß sie umwerfen könnte…, aber irgend etwas im Blick des toten Mannes hatte sie so sicher festgehalten wie eine Kette. Wenn Schwejksam ihm nicht den Kopf abgeschossen hätte, würde Frost noch immer regungslos dastehen und darauf warten, daß die Geistkrieger sie überwältigten und wegzogen, um sie anschließend zu einem der ihren zu machen. Frost zweifelte nicht daran, daß es Schwejksam gewesen war, der sie befreit hatte.

Sie hätte das gleiche für ihn getan. Investigator Frost atmete tief durch und versuchte sich ein wenig zu beruhigen.

»Also schön«, sagte sie, so ruhig sie konnte. »Jetzt wissen wir zumindest, was aus der Besatzung der Verfechter geworden ist. Irgendwie haben die verfluchten Bastarde von Shub sie in die Finger bekommen, ihnen die Gehirne ausgeschabt und den Schädel mit ihren schmutzigen Lektronen gefüllt. Wir sind auf ein ganzes Schiff voller Geistkrieger gestoßen.«

» Shub liegt auf der entgegengesetzten Seite des Imperiums«, gab Schwejksam zu bedenken. »Aber lassen wir das fürs erste.

Es wird noch zwei Minuten dauern, bis unsere Disruptoren wieder feuerbereit sind, und in mir regt sich der starke Verdacht, daß diese Kreaturen in der Zwischenzeit etwas verdammt Unangenehmes mit uns vorhaben. Also zieht Eure Schwerter, Leute, und laßt uns von hier verschwinden. Wir machen, daß wir wegkommen, als sei der Teufel persönlich hinter uns her.«

Hinter ihm ertönte ein dumpfer Schlag, als die Aufzugtüren sich schlossen.

»Das ist unmöglich!« sagte Frost. »Ich habe sie blockiert!«

»Irgend jemand beobachtet uns«, erklärte Creutz. »Und wer auch immer das ist, er will nicht, daß wir jetzt schon gehen.«

»Ich versuche, mit der Brücke Verbindung aufzunehmen«, sagte Schwejksam. »Vielleicht können sie von dort aus die Türen öffnen. Brücke, hier spricht Schwejksam. Könnt Ihr mich hören?«

Keine Antwort, nur rätselhafte Stille.

»Anscheinend hat man sie bereits geschnappt«, knurrte Creutz. »Wir sind auf uns selbst angewiesen.«

Die toten Männer standen da und beobachteten die kleine Gruppe. Reihe um Reihe, Hunderte, und kein einziger bewegte sich. Eine einzelne Gestalt in einer veralteten Kapitänsuniform trat vor. Schwejksam rief sich das Bild von Kapitän Thomas ins Gedächtnis, doch das Gesicht des Geistkriegers hatte nichts Menschliches mehr an sich. Ein Auge fehlte und war durch eine Kameralinse ersetzt worden. Narben brutaler Chirurgie verunstalteten seine Stirn. Der Geistkrieger kam heran und blieb in sicherer Distanz vor Schwejksam stehen. Der Tote grinste breit, als wüßte er, was ein Lächeln zu bedeuten hatte, aber nicht, wie man lächelte. Er war nicht für Dinge wie Konversation und Diplomatie geschaffen. Geistkrieger kämpften auf der Seite Shubs gegen die Menschheit, sowohl wegen des vernichtenden psychologischen Effekts auf den Gegner als auch wegen rein funktionaler Überlegenheit. Der Tote trug ein Schwert und einen Disruptor an der Hüfte, aber bisher hatte er keine Anstalten gemacht, die Waffen zu ziehen. Schwejksam schluckte beunruhigt. Das bedeutete, daß man sie lebendig wollte. Pearce’ Lippen bewegten sich, und Schwejksam hörte eine leiernde, entsetzlich unmenschliche Stimme in seinem Komm-Implantat. Es war eine Maschine, die da durch eine menschliche Kehle zu ihm sprach.

»Kapitän Schwejksam, Investigator Frost. Ihr müßt mit uns kommen.«

»Wieso wir?« erkundigte sich Schwejksam.

»Ja, wieso?« stimmte Creutz dem Kapitän zu. »Ich fühle mich übergangen.«

»Ihr beide seid anders«, sagte Pearce, während er Frost und Schwejksam unverwandt mit seinem toten Auge fixierte. »Verändert. Es ist erforderlich, daß wir mehr darüber herausfinden.«

»Tut uns leid«, entgegnete Frost. »Wir haben andere Pläne.

Meldet Euch bei unserer Sekretärin und bittet um einen Termin. Kapitän, Ihr öffnet die Aufzugtüren. Ich beschäftige sie solange.«

Frost trat vor, das Schwert in beiden Händen, und schwang es mit all ihrer Kraft. Hätte der Schlag sein Ziel erreicht, hätte sie Pearce sicher enthauptet. Aber der Geistkrieger hob den Arm in einem unglaublichen Reflex und blockte ihren Hieb ab. Die Klinge drang tief ein und verkantete an splitterndem Knochen, und in genau dem Sekundenbruchteil, als Frost ihr Gleichgewicht noch nicht wiedergefunden hatte, schoß die andere Hand des toten Mannes vor und schlug Frost die Waffe aus der Hand.

Frost knurrte überrascht und stieß mit dem gepanzerten Handschuh ihres Anzugs nach Pearce’ Kehle. Die Servomotoren verstärkten ihren Angriff noch, und sie konnte das ekelhafte Krachen spüren, als ihre Faust Pearce das Genick brach. Sein Kopf hing in einem unmöglichen Winkel zur Seite, doch es schien ihm nicht das geringste auszumachen. Er warf Frosts Schwert achtlos zur Seite und streckte beide Arme vor, um sie bei den Schultern zu packen. Frost trat ihm die Beine unter dem Leib weg, und er stürzte schwer auf den stählernen Boden.

In diesem Augenblick setzten die anderen Geistkrieger sich ohne jede Hast in Bewegung. Frost wußte, daß es einfach zu viele waren, um sie aufhalten zu können.

Sie überprüfte das Chronometer in ihrem Helm und setzte erneut ihre Disruptoren ein. Energiestrahlen schossen aus ihren Handschuhen und wirbelten die Geistkrieger durcheinander wie welke Blätter in einem Herbststurm. Aber dann verstummten Frosts Waffen, und die Geistkrieger rückten noch immer vor. Auch Pearce war inzwischen wieder auf den Beinen und streckte die Arme nach Investigator Frost aus. Sie hob das Schwert vom Boden auf, fest entschlossen, lieber zu sterben, als sich in die verfluchten Labors von Shub verschleppen zu lassen.