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»In einer Minute«, erwiderte Schwejksam. »Nach allem, was wir hinter uns haben, denke ich, wir laben uns eine kurze Pause verdient, um wieder zu Atem zu kommen.«

»Wir führen ein interessantes Leben«, sagte Frost. »Und diesmal haben wir wenigstens nicht das Schiff verloren.«

»Stimmt«, bestätigte Schwejksam. »Ich schätze, wir gewöhnen uns nach und nach an unser Heldentum.« Er verstummte und überlegte für ein paar Sekunden. Dann hob er den Blick und sah Frost in die Augen. »Meint Ihr wirklich, diese Stimmen, die wir aufgefangen haben, gehörten zu der Falle, die Shub uns gestellt hat?«

»Selbstverständlich«, antwortete Frost. »Woher sollten sie denn sonst gekommen sein?«

Schwejksam zuckte unbehaglich die Schultern. »Wenn ich das wüßte. Es ist nur… Ich hatte eher den Eindruck, daß sie uns warnen wollten.«

»Aber wenn sie nicht von der Verfechter kamen – woher, zum Teufel, dann sonst?«

»Ich weiß es nicht. Und ich glaube, ich will auch nicht darüber nachdenken. Die Schlußfolgerungen beunruhigen mich zu sehr.«

»Zur Hölle«, entgegnete Frost. »Jeder weiß doch, wie eigenartig es hier draußen am Abgrund zugeht.«

KAPITEL VII

DIE KREISE DER HÖLLE

Auf dem Monitorschirm zeichneten sich ein paar wirbelnde Fraktale ab, während die Speicherkristalle warmliefen, und dann lösten sich die verwirrenden Farben in ein scharfes Hologramm auf. Eine blasse metallische Landschaft, hier und da von dunklen Gräben durchbrochen, übersät von tiefen Kratern und aufragenden Hügeln aus Schrott, erstreckte sich Kilometer um Kilometer in die Ferne, bis sie im Dunst des frühen Morgens versank. Eine trübe rote Sonne erhob sich zögernd in einen grauen Himmel, der von dunklen Wolken beherrscht wurde. Unnatürliche Stille beherrschte die gesamte Szenerie, von keinem Vogelzwitschern und keinem Insektenzirpen unterbrochen, und das einzige Geräusch war das schwache, an- und abschwellende Flüstern und Stöhnen des Windes, als würde er all seine Kraft zusammenziehen für einen aufkommenden Sturm.

Die Kamera schwenkte langsam nach rechts, und ein ausladender Industriekomplex erschien auf dem Schirm. Nach den gewaltigen Türmen und den vielen Lichtern in seinen Fenstern zu urteilen, hätte er die Szene eigentlich beherrschen müssen, aber eigenartigerweise tat er das nicht. Die Umgebung aus zerrissenem, korrodierendem Metall und angesammeltem Schrott sah ganz aus wie ein Ort, an den alte Fabriken sich zurückzogen zum Sterben. Die Kamera zoomte langsam näher, bis der Komplex schließlich den ganzen Schirm ausfüllte. Jetzt wurden bewaffnete Posten sichtbar, die in den Gräben und Kasematten lagen und kühl die Umgebung beobachteten, und der Eindruck entstand, daß die Fabrik von einem unsichtbaren, geheimnisvollen Feind belagert wurde.

Eine einzelne Gestalt trat in das Blickfeld der Kamera und suchte sich bedächtig ihren Weg über die verrottende metallene Oberfläche. Schmutz und Wasser hatten sich in den Vertiefungen gesammelt und spritzten unter dem Schritt ihrer Stiefel.

Schließlich kam der Mann zum Stehen. Er füllte den halben Schirm aus, als er mit ernstem Gesicht in die Kamera blickte.

Selbst unter seinen dicken Fellen wirkte er noch klein und eindeutig übergewichtig, und sein glattes blondes Haar über dem geröteten Gesicht klebte am Schädel, doch seine Augen blickten ruhig, und sein Mund wirkte fest. Er machte einen ganz und gar vertrauenerweckenden Eindruck. Der aufkommende Wind zerrte an seinem Haar, aber der Mann ignorierte es, als er zu sprechen begann.

»Ihr blickt auf Technos III. Es ist früher Morgen, und der Winter hat begonnen. Der Fabrikkomplex des Wolf-Clans, den Ihr hinter mir seht, wird in Kürze mit der Massenfertigung des neuen und stark verbesserten Hyperraumantriebs beginnen.

Das Personal arbeitet hingebungsvoll, die Führung ist stark und entschlossen, und die kleine Armee von Sicherheitsleuten ist hervorragend ausgebildet, erfahren und äußerst entschlossen.

Ideale Bedingungen, so sollte man meinen, für ein derart wichtiges Unterfangen. Aber wir befinden uns auf Technos III, und hier sind die Dinge nicht wie anderswo.

Als erstes wären da die vier Jahreszeiten zu nennen, die es hier wie auf jeder anderen kolonisierten Welt auch gibt. Doch im Unterschied zu jeder anderen Welt des Imperiums dauern die Jahreszeiten auf Technos III nur Tage, und aus diesem Grunde neigen die Wetterbedingungen ständig zu Extremen.

Im Frühling regnet es. Ein konstanter, hämmernder Monsunregen, der mehr als einen Zentimeter Niederschlag in weniger als einer Viertelstunde bringt. Im Sommer ist es heiß wie in einem Backofen, und das Licht der Sonne ist so stark, daß es jede ungeschützte Haut innerhalb von Minuten verbrennt. Im Herbst herrschen Orkane vor, die stark genug sind, alles an ungesicherter Ausrüstung kilometerweit davonzutragen. Und im Winter, da schneit es. In einem fort. Eisstürme und schwere Verwehungen begraben alles unter sich, das nicht durch den Schutzschirm des Geländes gesichert ist. Die Kälte ist so extrem, daß sie innerhalb von Minuten tötet. Blut gefriert, und schlechte Legierungen reißen.

Diese Bedingungen sind nicht natürlich. Verantwortlich dafür sind diese Lektronenterroristen, die sich in alles einmischen. Ich spreche von den Kyberratten. Sie haben sich in die Wettersatelliten von Technos III gehackt, und das Ergebnis ist diese Hölle. Ich stehe hier vor der Fabrik am frühen Morgen des ersten Wintertages. Die Temperatur ist in der letzten Stunde um dreißig Grad gefallen. Der Wind wird von Minute zu Minute stärker und vermittelt einen Vorgeschmack auf das, was als nächstes kommt. Bald schon werde ich in die Sicherheit des Fabrikkomplexes zurückkehren müssen, wenn ich nicht den Tod durch ein Dutzend verschiedener Naturgewalten zugleich riskieren will. Imperiale Techniker arbeiten mit höchster Dringlichkeit daran, die Wettersatelliten zu reparieren, und wie ich erfahren habe, sollen die Wetterbedingungen sich schon in Kürze wieder normalisieren. In der Zwischenzeit jedoch kämpfen die tapferen Männer und Frauen des Wolf-Clans unermüdlich darum, alle Systeme rechtzeitig einsatzbereit zu machen, um planmäßig und wie versprochen mit der Produktion des neuen Raumschiffsantriebs zu beginnen. Selbstverständlich werde ich zur Eröffnungszeremonie live von hier berichten.

Tobias Shreck für die Imperialen Nachrichten berichtet von Technos III. Mir ist kalt, ich leide an Langeweile und bin müde…, und ich habe die Nase voll, wirklich gestrichen voll, verdammt noch mal, und ich bin hungrig.«

Das Bild auf dem Monitor verschwand und wich für einen Augenblick den wirbelnden Fraktalen, bevor einer der beiden Zuschauer sich vorbeugte und abschaltete. Tobias Shreck, auch bekannt als Toby der Troubadour, der als PR-Kanone des Shreck-Clans seinen Onkel Gregor richtig wütend gemacht hatte und deswegen als freier Reporter auf einer Höllenwelt wie Technos III gelandet war, richtete sich auf und starrte in den bedeckten Himmel. Die dunklen Wolken wurden von Minute zu Minute schwerer, und der böige Wind war so heftig, daß er sich dagegenstemmen mußte. Toby schlang den Pelzmantel enger um den Leib und zog ein schmutziges Taschentuch hervor, um sich laut zu schneuzen.

»Ich hasse diesen Planeten. Das Wetter ist vollkommen verrückt, die Eingeborenen sind so freundlich wie Massenmörder unter dem Einfluß von Amphetaminen, und es gibt im Umkreis von mehreren Lichtjahren kein einziges ordentliches Restaurant. Ich hätte wissen müssen, daß ein verborgener Grund dahintersteckte, als das Heimatbüro mich so begierig unter Vertrag nahm und mir sofort einen Auftrag anbot.«

»Seht es doch einmal von der positiven Seite«, erwiderte Tobys Kameramann, ein großer, schlaksiger Bursche namens Flynn. Er steckte in einem langen Mantel aus dem Fell verschiedener toter Tiere, der allerdings nicht lang genug war, um einen so großen Menschen vollkommen zu schützen. Flynn besaß ein trügerisch ehrliches Gesicht, dessen Ausdruck nur zum Teil von der schweren Holokamera gestört wurde, die wie eine dicke, mißgestaltete Eule auf seiner Schulter saß. Er begann die Scheinwerfer abzubauen, die Toby so vorteilhaft angestrahlt hatten, und sprach mit einer fröhlichen Ignoranz weiter, als hörte Toby ihm noch immer zu. »Wenigstens haben wir eine hübsche warme Unterkunft in der Anlage, wo wir uns verkriechen können. Die armen Kerle von der Wachmannschaft tragen Thermounterwäsche unter ihren Thermoanzügen und frieren sich trotzdem den Hintern ab. Ich habe gehört, wenn man hier draußen einen Furz läßt, dann rollt er am Bein hinunter und zerplatzt am Boden.«