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»Damit habe ich nichts zu tun«, erwiderte Toby leichthin.

»Von mir aus könnt Ihr ihn in Ketten legen. Mir ist das gleich.

Ich würde Euch sogar die Ketten liefern. Gebt mir einfach rechtzeitig Bescheid, damit ich mich von ihm lossagen kann.«

»Er ist der Kopf Eurer Familie«, sagte Daniel entsetzt. »Ihr schuldet ihm Loyalität. Besitzt Ihr denn keine Ehre?«

»Natürlich nicht«, entgegnete Toby. »Schließlich bin ich Reporter.«

»Wir wollen selbstverständlich alle Eure Reportagen sehen, bevor sie gesendet werden dürfen«, bemerkte Stephanie. »Damit wir sie auf Vorurteile und Ungenauigkeiten hin überprüfen können.«

»Die Zensoren der Kirche werden das Material ebenfalls überprüfen«, fügte Kassar rasch hinzu. »Wir werden nach Blasphemie und Respektlosigkeit suchen. Ein gewisses Niveau muß schließlich eingehalten werden.«

Toby grinste unverwandt, obwohl seine Wangenmuskeln vor Anstrengung bereits schmerzten. »Aber selbstverständlich.

Was immer Ihr wünscht. Macht Euch keine Gedanken, daß Ihr mir vielleicht Umstände bereiten könntet. Ich bin daran gewöhnt, für Leute zu arbeiten, die mir über die Schulter blicken.«

Toby schob die drei noch ein wenig zurecht, teilweise, um die beste Position für die Kamera herauszufinden, und teilweise, weil ihm einfach danach war und er es ungestraft tun konnte. Er hatte eine Zensur erwartet, aber jetzt war ihm klar, daß es ein hartes Stück Arbeit werden würde, auch nur eine einzige interessante Nachricht von Technos III zu senden. Jede Subtilität und jeder schmutzige Trick aus dem Handbuch für Journalisten. Im Zweifel schleuse das Material hinter ihrem Rücken raus. Sie können nicht zensieren, was sie nicht zu sehen bekommen. Toby hatte einige Hoffnung, daß das Material von Technos III seiner Karriere guttun könnte, und er würde nicht zulassen, daß diese drei halben Portionen diese Hoffnung zunichte machten. An dem Tag, an dem er einen Zensor nicht mehr um den Finger wickeln könnte, würde er den Beruf aufgeben und in die Politik gehen. Dort glaubten sie einfach alles.

Das hier war Tobys erster richtiger Auftrag seit vielen Jahren, in denen er im Büro der Shrecks eingesperrt gewesen war, weil der alte Shreck ihn gebraucht hatte. Die richtige Reportage von hier konnte ihm einen Ruf verschaffen, ihn als Journalisten und Kommentator etablieren. Toby wünschte sich nichts sehnlicher. Ein guter Mann in der Öffentlichkeitsarbeit blieb immer im Hintergrund. Niemand bemerkte je seine Arbeit.

Toby wußte, daß er eine Chance verdient hatte, sein Talent einer breiteren Öffentlichkeit zu zeigen. Natürlich konnte er mit einem Kurzbericht über die eigentliche Feier zur Produktionseröffnung nicht viel anfangen. Die wirklich gute Story befaßte sich mit dem Konflikt auf Technos III. Mit dem Kampf der Truppen der Kirche und des Wolf-Clans gegen die rebellischen Terroristen. Und er, Toby, würde darüber berichten, und weder die Kirche noch die Wolfs würden ihn daran hindern können.

Toby blickte fragend zu seinem Kameramann, und Flynn nickte kurz zum Zeichen, daß er bereit war. Die Kamera auf seiner Schulter beobachtete die drei Würdenträger mit ihrem rötlichen Auge, und Flynn empfing das Bild über sein Komm-Implantat. Er sah alles, was die Kamera auch sah. Daniel, Stephanie und Kassar lächelten gemeinsam in das Objektiv, als wären sie alle schon ewig gute Freunde und warteten jetzt freudig auf das Interview. Wie immer in der Politik traten individuelle Probleme und Streitigkeiten in den Hintergrund, wenn es darum ging, einem gemeinsamen Feind geschlossen gegenüberzutreten.

Hoch im Orbit von Technos III kreiste das Kirchenschiff Göttlicher Atem mit demonstrativer Wachsamkeit weit über den Ausläufern des grauenhaften Wetters am Boden – und doch dösten die meisten Leute an Bord in Abwesenheit des Kardinals und seiner Jesuiten nur träge vor sich hin. Schließlich hatte kaum einer von ihnen etwas zu tun – außer die Sensoren zu beobachten und darauf zu warten, daß die Truppen des Kardinals kurzen Prozeß mit ein paar unzufriedenen Einheimischen machten. Ein einfacher Auftrag. Jedermann wußte, daß der Rebell erst noch geboren werden mußte, der den ausgebildeten Truppen der Gläubigen Widerstand entgegensetzen konnte.

Also endlich einmal ein leichter Dienst, und die Besatzung nutzte die Ruhepause aus. Weshalb sie auch, als das riesige goldene Schiff der Hadenmänner direkt über ihnen aus dem Hyperraum fiel, wie ein Mann auf die Schirme starrten und sich in die Hosen machten vor Schreck. Das gewaltige goldene Schiff hing über ihnen wie ein Hai über einer Elritze. Die Besatzung brach in fieberhafte Aktivitäten aus. Hände flogen über die Kontrollen, Schilde fuhren hoch, die Geschütze wurden geladen, und selbst diejenigen, deren Frömmigkeit nicht ganz so ausgeprägt war, wie sie vielleicht hätte sein sollen, spürten plötzlich ein heißes Bedürfnis, Stoßgebete gen Himmel zu senden.

Das goldene Schiff eröffnete das Feuer, und die Göttlicher Atem schüttelte sich unter der Wucht der Einschläge in ihre Schilde. Das Kirchenschiff erwiderte das Feuer, so rasch es seine eigenen Kanonen ins Ziel bringen konnte, doch das goldene Schiff bewegte sich mit einer für seine Größe unglaublichen Geschwindigkeit. Die Mannschaft der Göttlicher Atem wußte, daß sie hoffnungslos unterlegen war. Sie kämpfte trotzdem weiter, nicht aus Frömmigkeit, sondern weil sie keinen anderen Ausweg wußte. Die Göttlicher Atem konnte nicht in den Hyperraum entkommen, ohne die Schilde herunterzufahren, und im gleichen Augenblick würde das goldene Schiff der Hadenmänner sie in Stücke schießen und aus dem All blasen.

Der Kapitän sah hilflos zu, wie seine Schilde einer nach dem anderen zusammenbrachen. Er rief nach mehr Energie, obwohl er längst wußte, daß er alles einsetzte, was die ächzenden Maschinen des Kirchenschiffs hergaben. Hätte er doch nur einen der neuen Raumschiffsantriebe gehabt, die auf dem Planeten unter ihm produziert wurden, dann hätte er vielleicht eine Chance gehabt. Die Ironie entging ihm nicht. Und dann, während der Kapitän des Kirchenschiffs noch hektisch über einen Ausweg nachsann, irgendeinen, ganz egal, was, um das Unausweichliche aufzuhalten, verschwand das große goldene Schiff von einem Augenblick zum anderen wieder im Hyperraum.

Der Kapitän blinzelte ein paarmal überrascht, umklammerte das Kruzifix auf seiner Brust und murmelte ein paar Ave Marias, bevor er wieder in seinen Kommandositz zurücksank und der kalte Schweiß in kleinen Bächen über seine Schläfen rann.

Sein Schiff hatte überlebt, aber er wollte verdammt sein, wenn er den Grund dafür wußte. Als er schließlich die Fassung halbwegs zurückgewonnen hatte, beendete er zunächst die Alarmstufe Rot, ließ sich einen vollständigen Schadensbericht geben und befahl eine sorgfältige Abtastung des umgebenden Raums an, nur für den Fall. Dann überlegte der Kapitän, was, zur Hölle, er dem Kardinal unten auf dem Planeten sagen würde. Man mußte ihn informieren, auch wenn Kassar wahrscheinlich ziemlich viel herumschreien würde. Der Kapitän runzelte die Stirn, während er über eine vernünftig klingende Entschuldigung nachdachte, die ihn nicht auf der Stelle vor ein Kriegsgericht bringen oder zu seiner sofortigen Exekution führen würde. Die Tatsache blieb bestehen, daß er und seine Mannschaft mit heruntergelassenen Hosen erwischt worden waren, auch wenn es sich um ein verdammtes Schiff der Hadenmänner gehandelt hatte. Nicht viele Männer hatten jemals eines der goldenen Schiffe in Aktion gesehen und lange genug überlebt, um von ihrer Begegnung zu berichten. Der Kapitän und seine Leute arbeiteten angestrengt an ihren zahlreichen Entschuldigungen, Ausflüchten und Erklärungen – weshalb auch keiner von ihnen die stark abgeschirmte Rettungskapsel entdeckte, die das goldene Schiff unmittelbar vor seinem Verschwinden ausgestoßen hatte.

Die Kapsel raste durch dichte Wolken und heulende Winde der Oberfläche entgegen, und die Gewalt des Sturmes ließ sie hin und her taumeln. In der Kapsel klammerten sich Jakob Ohnesorg, der legendäre Rebell, Ruby Reise, die ehemalige Kopfgeldjägerin, und Alexander Sturm, der Held im Ruhestand, verzweifelt an ihren Sicherheitsgurten fest und warteten sehnsüchtig darauf, daß der Absturz in die Hölle ein Ende nahm.