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Der letzte der Einheimischen wandte sich um und winkte sie heran. Er schob seine Maske zur Seite, und das Gesicht des Langen John kam erneut zum Vorschein.

»Wir sind da. Willkommen im Vorhof der Hölle.«

Der Lange John deutete nach unten, trat einen Schritt vor und stieg in einen Spalt im Schnee hinunter, den Ohnesorg in dem heftigen Schneegestöber kaum sehen konnte. Jakob folgte ihm vorsichtig und fand sich unvermittelt am Rand eines Grabens, vielleicht zwei Meter breit und tiefer, als er von seiner Position aus sehen konnte. Dann erspähte er Stufen, die auf dieser Seite der Wand nach unten führten, und er folgte dem Langen John nach unten. Sturm kam als nächster, langsam und vorsichtig, und Ruby bildete den Schluß. Der Graben war mehr als fünf Meter tief und am Boden bereits bis zu den Knöcheln mit Schnee und Matsch bedeckt. Der Lange John wartete auf die drei und bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, ihm in einen der zahlreichen Tunnel zu folgen, die in die gegenüberliegende Wand führten.

Der Tunnel war nur spärlich erleuchtet und kaum breit genug, daß zwei Männer nebeneinander gehen konnten. Ohnesorg mußte den Kopf einziehen, um sich nicht an der Decke zu stoßen. Sie bestand wie die Wände aus Metall, das an einigen Stellen poliert war, und Jakob kam zu Bewußtsein, daß er außer Metall noch nichts auf diesem Planeten gesehen hatte. Außer Schnee natürlich. Er konnte Ruby und Sturm hinter sich hören und warf einen Blick zurück. Alexander schien sich recht gut zu halten. Es war bereits merklich wärmer im Tunnel, und die Wärme nahm mit jedem Meter zu. Schließlich kamen sie in einer vielleicht acht mal zehn Meter großen stählernen Kaverne hervor.

Die Höhle war aus zahlreichen Schichten von zusammengepreßtem Metallschrott herausgeschnitten worden, der anscheinend die gesamte Oberfläche des Planeten bedeckte. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht, das zu verbergen. Es gab keinerlei Mobiliar, und das einzige Licht stammte von vereinzelten Kerzen in Marmeladengläsern. In einem Kohlenbecken in der Mitte der Kaverne glühte ein wärmendes Feuer, und Sturm ging mit ausgestreckten Händen geradewegs darauf zu. Ohnesorg und Ruby Reise gesellten sich zu ihm, allerdings nicht ganz so eilig. Schließlich hatten sie ihren Stolz. Die ganze Zeit über hielten sie eine Hand unauffällig dicht in der Nähe ihrer verborgenen Waffen. Ohnesorg hatte nicht so lange überlebt, indem er jedem gleich vertraute, der zufällig oder nicht an einem Versammlungsplatz aufgetaucht war. Er hätte auf einem Paßwort bestehen sollen, dachte er. Aber die Zeit hatte nicht gereicht. Ohnesorg liebte Paßwörter. Sie gaben der Sache immer so etwas Dramatisches.

Der Lange John schälte sich aus mehreren Lagen von Pelzen, und ein schlanker Mann mit langem, dunklem Haar, festem Blick und einem schmalen Mund kam zum Vorschein. Neben ihm stand eine weitere der Gestalten aus dem Schnee und zog sich aus. Es war eine kleine stämmige Frau mit einer dichten, zu einem Knoten gebundenen Mähne auf dem Kopf und einem blassen runden Gesicht. Sie blitzte die drei Neuankömmlinge mit breitem Grinsen an und nickte ihnen freundlich zu. Die Frau war wie der Lange John von der Zeit und dem harten Leben gezeichnet. Ihr Alter war genau wie das des Langen John unmöglich zu schätzen.

»Ich bin Halsabschneider-Marie. Laßt Euch nicht vom Langen John einschüchtern. Wenn Ihr ihn erst ein wenig näher kennt, dann ist er anhänglich wie Hämorrhoiden. Wir beide sprechen für die anderen. Ihr werdet sie später treffen. Ihr seid uns willkommen, aber ich muß schon sagen – Ihr seid nicht gerade das, was wir uns erhofft hatten. Wir benötigen Waffen, Vorräte, Verstärkungen, und das in rauhen Mengen.«

»Jedenfalls nicht zwei alte Männer und eine wilde Barbarin«, sagte der Lange John.

Ohnesorg zuckte gelassen die Schultern. »Wir sind mehr, als das Auge vielleicht vermutet. Und wenn Ihr uns von der strategischen Bedeutsamkeit Eurer Bedürfnisse überzeugen könnt, dann werdet Ihr alles erhalten, was Ihr benötigt und worauf Ihr hofft. Also klärt uns auf. Erzählt uns, was auf Technos III vorgeht. Euer erster Kontakt schien vielversprechend, aber die Einzelheiten kamen ein wenig zu kurz.«

»Ihr seid in Ordnung«, sagte Halsabschneider-Marie. »Kurz angebunden und direkt. Wie ich. Wir kämpfen einen Grabenkrieg mit den Imperialen Truppen. Im Zentrum von allem steht die Fabrik, die in Kürze die Massenfertigung des neuen Hyperraumantriebs aufnehmen wird. Rings um die Fabrik hat man ein System von Gräben und Tunnels errichtet. Das Imperium kontrolliert die inneren Gräben, und wir kontrollieren die äußeren. Die meiste Zeit verbringen wir damit, um die Gräben in der Mitte zu kämpfen. Wir sind vielleicht noch fünfzehntausend Mann. Wir waren viel mehr, doch die Jahre haben unsere Reihen ausgedünnt.

Wir sind alles, was von den ursprünglichen Kolonisten von Technos III noch übrig ist. Unsere Vorfahren waren zwangsverpflichtete Arbeiter, die die Kosten ihres Transports abarbeiteten, indem sie den Planeten terraformierten und die Industrie aufzubauen halfen. Theoretisch gehörte Technos III ihnen, sobald die Schulden beglichen waren. Aber irgendwie wurden die Schulden mit jeder Generation immer mehr statt weniger.

Die ursprüngliche Gesellschaft ging bankrott. Andere kamen und übernahmen die Anlagen. Auch sie betrachteten den Planeten als nichts weiter als ein gutes Geschäft, während sie ihn ausbeuteten. Gesellschaften kamen und gingen, aber wir blieben. Wir mußten bleiben. Man hatte unsere Vorfahren genetisch verändert, damit sie auf dieser Welt überleben konnten.

Terraformieren allein hätte nicht ausgereicht. Wenn Ihr lange genug hier bleibt, wird der Planet Euch nach und nach töten.

Und wir können diese Welt nicht verlassen, ohne daß unsere Körperchemie grundlegend verändert wird…, was man uns immer verweigert hat. Offiziell, weil es zu teuer ist. Aber wo sonst würde man so viele nützliche gefangene Arbeiter finden?

Jede neue Gesellschaft war schlimmer als die vorhergehende.

Und sie alle ließen ihre giftigen Hinterlassenschaften zurück.

Zerstörten das Land. Die gesamte Oberfläche verschwand nach und nach unter den Ruinen stillgelegter Fabriken und anderem technischen Müll. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Die Feldglöcks waren eine Clique von Bastarden, aber die Wolfs sind noch schlimmer. Sie geben einen verdammten Dreck auf diesen Planeten. Sie interessieren sich für nichts anderes als ihre kostbare Fabrik. Den ganzen Rest lassen sie verkommen und verrotten. Wir haben eine Welt geerbt, die von kilometerlangen verlassenen Produktionsstraßen, stillgelegten Bauhöfen und stillgelegten Erzgruben übersät ist. Die Wolfs haben den Planeten genau wie die Feldglöcks nur aus diesem einen Grund ausgewählt: weil hier so ein schreckliches Chaos herrscht. Sie können machen, was sie wollen, und niemand schert sich einen Dreck darum. Wer soll sich schon auf einer Welt wie Technos III um Dinge wie Umweltverschmutzung Gedanken machen?

Technos III ist so gründlich verseucht, daß nur Menschen wie wir, die hier geboren und an die Bedingungen genetisch angepaßt wurden, überleben können. Und wir sind für niemanden wichtig. Niemand schert sich um uns. Am Anfang waren wir nur lästig. Ein Ärgernis. Und jetzt sind wir rebellische Terroristen. Das Leben dieser Welt wurde in den Untergrund getrieben. Wir überleben, aber nur, weil wir zusammenhalten. Wir ernähren uns von der verbliebenen Flora und Fauna, und sie ernährt sich von uns, wenn wir nicht aufpassen oder zu langsam sind. Aber allmählich läuft uns die Zeit davon.

Wenn die Wolfs ihre Fabrik erst einmal fertiggestellt und in Betrieb genommen haben, dann können sie sich ganze Armeen von Söldnern leisten, um uns zurückzudrängen und noch mehr Fabriken zu errichten. Und wenn sie erst so weit gekommen sind, dann machen sie nicht eher halt, bis wir ausgerottet sind.