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»Mir scheint, Euer Hospital ist ziemlich überfüllt, Schwester Beatrice. Sicher war dieses Zelt nicht dazu gedacht, so viele Menschen zur gleichen Zeit aufzunehmen?«

»Zur Hölle, nein! Es soll höchstens ein Drittel soviel Patienten aufnehmen, doch das haben sich zivilisierte Menschen in zivilisierten Gegenden überlegt. Und nennt mich Bea. Ich habe nämlich frei. Wir sind bis unter die Decke belegt, weil sich die Dinge in den letzten Auseinandersetzungen sehr zuungunsten der Wolfs entwickelt haben. Die Kampflinie bewegt sich auf der Karte vor und zurück. Sie ertrinkt im Blut der Gefallenen.

Natürlich sind einige unserer Patienten Rebellen. Die Barmherzigen Schwestern dienen allen Seiten ohne Unterschied. Ganz gleich, wie groß der Druck ist, den man auf uns ausübt.«

Toby hob eine Augenbraue. »Wissen die Wolfs, daß Ihr Rebellen behandelt?«

»Ich habe es ihnen nicht gesagt. Nicht nach der Reaktion, die sie zeigten, als ich das Thema zum ersten Mal angesprochen habe. Ich plane zwar, sie davon in Kenntnis zu setzen, doch irgendwie kommt mir immer etwas dazwischen. Ich wüßte außerdem auch gar nicht, was es sie angeht. Sie versorgen uns nur mit dem Allernotwendigsten, selbst für ihre eigenen Leute.

Wir sind ein gutes Stück von jeder Zivilisation entfernt, und die Transportkosten sind unverschämt hoch. Also mache ich meine Arbeit, wie ich es für richtig halte. Wir tun, was wir können. Päppeln die Leute auf und schicken sie weg. Oft sehen wir die gleichen Gesichter zwei- oder dreimal, und jedesmal bluten sie an einer anderen Stelle. Kaum häufiger als dreimal.

Viele ertragen den Schock nicht. Zuviel Notchirurgie. Andere… sie geben einfach auf. Es ist ein harter Krieg und eine rauhe Welt. Wir bekommen nicht viele Fleischwunden zu Gesicht.

Unsere Vorräte gehen zur Neige. Blutplasma, Betäubungsmittel, Medikamente. Die Schwesternschaft tut, was in ihrer Macht steht, aber heutzutage gibt es überall im Imperium Kämpfe, und unsere Ressourcen sind sehr dünn gestreut. An manchen Tagen ist das hier kein Hospital, sondern ein Schlachthof.«

»Seit wann dauern die bewaffneten Auseinandersetzungen denn an, Bea?« fragte Toby mit vertraulicher Stimme, als gäbe es nur sie beide.

»Seit Generationen«, antwortete Beatrice grimmig. »Menschen wurden hier geboren, lebten ihre Leben und starben hier, und sie kannten nichts anderes als den Krieg. Natürlich ist er eskaliert, seit die Wolfs die Fabrik übernommen haben. Wegen der bevorstehenden Zeremonie steht für beide Seiten im Augenblick besonders viel auf dem Spiel. Trotzdem war es nur das wachsende Interesse der Öffentlichkeit, das uns wegen der Vorgänge hier alarmierte und die Schwesternschaft überzeugte, eine Mission zu entsenden. Wenn sie wüßten, was hier wirklich geschieht, würden sie mehr Hilfe schicken. Ich weiß, daß sie das tun würden. Aber die Wolfs kontrollieren jede Kontaktaufnahme mit der Außenwelt.«

»Von welcher Sorte Krieg sprechen wir hier, Bea?« fragte Toby und brachte sie wieder zum Thema zurück.

»Ziemlich primitiv. Sie führen einen Grabenkrieg. Seit Dekaden immer das gleiche Schema. Beide Seiten graben Tunnel, doch die überlebende Fauna von Technos III lebt unterirdisch, und sie mag keine Konkurrenten. Ein längerer Kampf an der Oberfläche ist wegen des Wetters so gut wie unmöglich. Es ändert sich so unberechenbar, daß Artilleriebeschuß undurchführbar ist. Das gleiche gilt für Luftunterstützung. Und wenn der Wind erst bläst, dann fliegt so viel Dreck und Metall durch die Luft, daß die Schüsse des Feindes selbst auf kürzeste Distanz abgelenkt werden. Also kämpft man Mann gegen Mann, Stahl gegen Stahl, stürmt aus seinen Gräben und trägt es im Niemandsland zwischen der Fabrik der Wolfs und den Positionen der Rebellen aus. Die Front wogt ununterbrochen hin und her, aber nichts ändert sich wirklich. Beide Seiten sind sich ebenbürtig…, obwohl das Eintreffen der Kirchentruppen einen entscheidenden Vorteil darstellen sollte.«

»Jesuitenkommandos haben mit ihren Elitetruppen den Widerstand schon auf vielen Planeten beseitigt«, bestätigte Toby.

» Technos III ist kein gewöhnlicher Planet«, erwiderte Bea tonlos. »Die Rebellen hier kämpfen seit Generationen. Soweit die Aufzeichnungen zurückreichen. Und sie haben immer wieder Neues dazugelernt und sind besser geworden. Verdammt, sie züchten seit Jahrhunderten Krieger heran. Und dann ist da noch das Wetter. Man muß übermenschlich sein, wenn man hier auch nur überleben will. Und genau das ist das Problem mit dem Krieg auf Technos III. Seht Euch doch in diesem Zelt um! Es gibt nur einen einzigen Grund, warum wir nicht in Verwundeten ersticken: Die meisten von ihnen halten gar nicht lange genug durch, um bis hierher zu kommen. Sie sterben wegen der Hitze oder der Kälte, wegen der Eisstürme oder der Orkane. Trotzdem kommen ständig genug neue Fälle, um uns in Atem zu halten, selbst wenn wir keine Medikamente und kein Blutplasma mehr besitzen und die Patienten festhalten müssen, während die Chirurgen sie auseinanderschneiden und wieder zusammennähen in der schwachen Hoffnung, daß der Schock sie nicht auf der Stelle umbringt.«

Toby beugte sich ein wenig vor und unterbrach die Schwester sanft. Sie begann sich zu wiederholen, und er mußte dafür sorgen, daß sie nicht abschweifte. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen, so viel gutes Material zu gekommen wie nur irgend möglich, und dem Wissen, daß mit jeder Minute, die er hier verbrachte, die Gefahr stieg, daß irgend jemand in der Fabrik seine und Flynns Abwesenheit bemerkte und zwei und zwei zusammenzählte. »Wieviel Personal befindet sich bei Euch, Bea? Wie viele Helfer?«

»Wir haben zwei Chirurgen und fünf Schwestern zur Versorgung der Kranken. Wir hatten noch einen dritten Chirurgen, doch er zerbrach unter dem Druck, und ich mußte ihn zurückschicken. Er wollte nicht gehen. Er weinte sogar, als wir ihn zum Transporter brachten, aber er war mit den Nerven viel zu sehr herunter, selbst für unsere Maßstäbe. Ich warte noch immer auf einen Ersatzmann. Technos III steht auf keiner Dringlichkeitsliste sehr weit oben. Für die meisten Leute ist es nur ein Name. Auch ich bin nur hergekommen, weil ich nach den endlosen Intrigen und Gemeinheiten bei Hofe endlich etwas mit meinen eigenen Händen tun wollte. Wenn ich gewußt hätte, auf was ich mich einlasse… Wahrscheinlich wäre ich trotzdem gekommen. Ich konnte noch nie gut wegsehen und so tun, als ginge mich das alles nichts an.

Die wenige medizinische Technik in unseren Händen ist hochmodern, das Beste, was die Schwesternschaft liefern kann, aber es ist einfach nicht dazu geschaffen, so viele Verwundete zu versorgen. Ich lebe in der ständigen Furcht daß die Apparate versagen. Niemand auf dieser Welt wäre imstande, sie zu reparieren. Die Wolfs haben eine eigene Krankenabteilung in ihrer Fabrik. Alles, wovon wir hier nur träumen können, bis hin zu einem Regenerator. Eine der Schwestern dort hat Mitleid mit uns. Von Zeit zu Zeit, wenn ich wirklich verzweifelt bin, plündere ich ihre Medikamenten Vorräte, und sie deckt mich dabei.

Gott segne sie.« Beatrice seufzte und schüttelte den Kopf.

»Darf ich einem der Herren vielleicht etwas zu trinken anbieten?«

Sie griff unter den Schreibtisch und brachte eine Flasche mit trübem Inhalt und zwei leere Marmeladengläser zum Vorschein. Als Toby und Flynn höflich ablehnten, zuckte Beatrice nur mit den Schultern und goß sich einen großen Drink ein.

Toby bedeutete Flynn eindringlich, nicht mit dem Filmen aufzuhören. Beatrice war genau die Sorte von Persönlichkeit, für die man betete, wenn man an einer Dokumentation arbeitete.