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Daniel Wolf zog das Schwert, bereit, sich in den Kampf zu stürzen, und hielt inne, als er bemerkte, wie verängstigt Stephanie war. Er mußte bei ihr bleiben. Sie brauchte seinen Schutz. Daniel warf einen raschen Blick zum Haupteingang der Fabrik, aber inzwischen blockierten bereits zu viele Rebellen den Weg. Nirgendwo war eine Deckung. Ihm blieb nur die Hoffnung, daß niemand von ihnen Notiz nahm. Daniel zog seine Schwester hinter den Teleprompter, ließ sie niederknien und stand beschützend über ihr, fest entschlossen, niemanden an Stephanie heranzulassen, es sei denn, über seine Leiche.

Lily und Michael klammerten sich aneinander und starrten mit Panik in den Augen um sich. Eine kleine Gruppe von Rebellen löste sich aus der kämpfenden Masse und stürmte in ihre Richtung. Lily schob Michael von sich weg, starrte die Rebellen trotzig an und rief ihre Hexenkräfte zu Hilfe. Doch ihr schwaches ESP brachte nur einen säuselnden Wind zustande, der die Rebellen kaum aufhalten würde. Einer von ihnen ging mit dem Schwert auf Lily los, und Michael warf sich in den Weg. Das Schwert fuhr durch seine Kehle und an der anderen Seite wieder heraus. Blut spritzte auf Lilys entsetztes Gesicht.

Michael ging röchelnd zu Boden. Lily kauerte sich hysterisch schreiend über ihn, bis ein Ausgestoßener auf dem Weg zur Befreiung der Gefangenen sie in einem Reflex ebenfalls niederstach. Lily und Michael starben gemeinsam, weit weg von zu Hause, zwei Kinder in der gewalttätigen Welt der Erwachsenen, die sie niemals richtig verstanden hatten.

Der Halbe Mann begriff schließlich, daß er Jakob Ohnesorg nicht so einfach besiegen konnte, wie er gedacht hatte, ließ von seinem Gegner ab und rannte davon. Er hatte eine bessere Idee, und außerdem ging die Sicherheit der Fabrik über alles, nachdem die Rebellen schon so nah gekommen waren. Der Halbe Mann rannte in das Gebäude und mähte alles nieder, was ihm in den Weg kam. Zuerst würde er die Zeitzünder an Kassars Bomben abschalten, dann würde er den Schutzschild der Fabrik hochfahren. Die meisten Rebellen würden so draußen bleiben. Die innerhalb des Schirms Gefangenen würden fallen, und die Fabrik wäre wieder sicher. Er grinste mit seinem halben Mund. Mochte Jakob Ohnesorg mit seinem Schwert auf einen Energieschirm losgehen und sehen, was er davon hatte.

Es gab bessere Methoden, einen Krieg zu gewinnen.

Während der Halbe Mann im Fabrikkomplex verschwand, führten Alexander Sturm und Mutter Beatrice die befreiten Klone nach draußen. Die Klone warfen einen verängstigten Blick auf das Gemetzel und Chaos, das sich vor ihnen erstreckte, so weit das Auge reichte, und blieben wie erstarrt im Eingang stehen. Sturm und Beatrice schrien ihnen zu, die Köpfe unten zu halten und in Deckung zu bleiben. Während die Klone sich dicht zusammendrängten, studierten Schwester Beatrice und Alexander Sturm nachdenklich die Situation. Ein paar der angreifenden Rebellen versuchten, die Gefangenen zu befreien, doch die schweren Schlösser und Ketten setzten ihnen erheblichen Widerstand entgegen.

»Sie sollten sich besser beeilen«, sagte Beatrice. »Solange die Gefangenen in Ketten liegen, können die Wolfs sie mit einem einzigen Knopfdruck rösten. Und jeden anderen gleich mit, der rein zufällig im gleichen Augenblick die Ketten oder Schlösser berührt.«

»Gutes Argument«, entgegnete Sturm. »Ich glaube, ich gehe besser und helfe ihnen. Ich war schon immer gut im Öffnen von Schlössern. Jeder braucht eben sein Hobby.«

»Ihr seid ein tapferer Mann, Alexander Sturm«, sagte Beatrice.

»Da habt Ihr verdammt recht«, erwiderte Alexander. »Jakob ist nicht die einzige Legende in dieser Gegend, wißt Ihr?«

Kassar wich weiter vor Ruby zurück. Er war vollkommen außer Atem und blutete aus zahlreichen Wunden. Der Kardinal hielt noch immer sein Schwert, doch es zitterte unkontrolliert.

Ruby setzte ihm grinsend nach. Sie hatte für den Augenblick genug Spaß gehabt, und jetzt war es an der Zeit, daß der Kardinal starb. Kassar erkannte die Entschlossenheit in Rubys Augen und hielt abwehrend die andere Hand vor sich gestreckt.

»Zurück, Hexe! Die Kontrollen für die Hinrichtung der Gefangenen sind in meinen Handschuh eingebaut. Einen Schritt näher, und sie sind alle tot.«

»Du bluffst«, erwiderte Ruby gelassen. »Wenn das stimmen würde, hättest du es inzwischen längst getan.«

Kassar grinste. »Bring mich nicht in Versuchung. Was werden deine kostbaren Rebellenfreunde von dir denken, wenn sie erfahren, daß du die Gefangenen hättest retten können, es aber nicht getan hast?«

Ruby zuckte die Schultern, sprang unvermittelt vor und brachte das Schwert mit unglaublicher Wucht ins Ziel. Die schwere Klinge schnitt sauber durch Kassars Handgelenk, und die abgetrennte Hand fiel zuckend zu Boden. Kassar stieß einen irren Schrei aus, ließ das Schwert fallen und hielt den Stumpf seines Arms umklammert, um die Wunde zu verschließen. Blut spritzte zwischen seinen Fingern hindurch.

»Ich habe noch nie einen verdammten Dreck darum gegeben, was andere Leute von mir denken«, brummte Ruby Reise.

»Ich bin reich!« stieß der Kardinal zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sein Gesicht war weiß wie ein Totenschädel. »Nennt Euren Preis.«

»Das gefällt mir schon besser. Wieviel hast du denn?«

»Wieviel wollt Ihr?«

»Alles. Wo ist es?«

»In einem Safe. In meinen Gemächern. Gold. Der Sold für meine Soldaten. Laßt mich gehen, und es gehört Euch.«

Ruby dachte einen Augenblick nach. »Danke für den Tip, Kardinal. Ich werde später nachsehen. Und jetzt sagt auf Wiedersehen.«

Ihr Schwert sauste beidhändig in weitem Bogen herum und schlug Kassar den Kopf ab. Er rollte hüpfend ins umgebende Gedränge und war rasch unter trampelnden Füßen verschwunden. Ruby lächelte zufrieden. Ein guter Kampf, und Gold hinterher. Der Tag versprach noch einiges. Sie durchsuchte die Taschen der Leiche, fand einen Schlüsselbund und ging, ein fröhliches Lied summend, um bei der Befreiung der Gefangenen zu helfen.

Der Kampf dauerte an. Die Rebellen warfen die Imperialen Truppen beinahe nach Belieben zurück, bis am Ende ein Sicherheitsoffizier die gute Idee hatte, sich zu ergeben. Die Idee verbreitete sich mit atemberaubender Geschwindigkeit unter den anderen Soldaten, und bald wurden überall Schwerter zu Boden geworfen und Hände hochgerissen. Mit einemmal war die Schlacht vorüber. Ruby und Sturm befreiten die letzten Gefangenen, und Beatrice führte die befreiten Klone aus der Fabrik. Laute Rufe der Freude und Erleichterung hallten über den Platz, als die Rebellen ihre Lieben befreit fanden, und Umarmungen und Tränen wurden bald zum Tagesbefehl erhoben.

Toby und Flynn filmten ununterbrochen und übertrugen das Geschehen einem Imperium, das sprachlos vor Staunen zusah.

Und dann flog die Fabrik in die Luft.

Der erste Satz Bomben löste alle anderen direkt mit aus, und innerhalb von Sekunden war aus der Fabrik ein einziger blendender Feuerball geworden. Der Kern des Bauwerks wurde zu einem flammenden Inferno, und glühende Splitter regneten in großem Umkreis herab. Die Außenwände hielten dem aufgestauten Druck nicht länger stand und flogen auseinander. Tödliche Hitze, gefolgt von einem Strom rotglühender Splitter, brach hervor. Hunderte von Menschen vor der Fabrik standen ohne jeden Schutz und ohne Deckung da. Sie waren nur Sekunden vom sicheren Tod entfernt, als Ruby und Jakob einmal mehr ihren Geist verschmolzen und einen Schutzschild errichteten, der die Flammen und die Wucht der Explosion eindämmen sollte. Der Feuersturm trommelte auf den Schild, hämmerte auf ihren Verstand ein, doch er hielt noch immer, als die Kraft des Infernos langsam erstarb und kein Schild mehr notwendig war. Erst dann verschwand er wieder, und Ruby Reise und Jakob Ohnesorg sanken auf die Knie. Blut strömte ihnen aus Nase, Mund und Ohren, während sie sich aneinander klammerten und bereits wieder zu Kräften kamen. Die Hitze war schier unerträglich geworden, aber die Gefahr war vorüber.