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um sie für Wochen mit neuem Klatsch zu beschäftigen.

Finlay wußte, was die Anführer des Untergrunds von ihm erwarteten. Er sollte Skye töten. Sie waren überzeugt, daß er nicht zu Subtilitäten imstande war. Wahrscheinlich dachten sie auch, er würde Skye allein schon deswegen töten, um anschließend leichter aus dem Verhörzentrum fliehen zu können. Sie täuschten sich in beidem. Finlay war fest entschlossen, Skye lebendig zurückzubringen. Zum Teil, weil er so viele Gefangene aus Silo Neun nicht hatte retten können und sich geschworen hatte, nie wieder zu versagen, und zum Teil, um den verdammten Espern zu beweisen, daß sie sich in ihm getäuscht hatten. Finlay war mehr als eine einfache Mordmaschine, mehr als eine Waffe, die die Anführer nach Gutdünken auf ihre Feinde abfeuern konnten – trotz allem, was ihm widerfahren war. Er mußte es sein, um Evangelines willen. Finlay lächelte seine Geliebte an und nickte Adrienne steif zu.

»Ich hätte nie gedacht, euch beide ohne Waffen in den Händen an ein und demselben Ort zu sehen. Wie zur Hölle, ist es dazu gekommen?«

»Die Umstände bringen die seltsamsten Leute zusammen«, antwortete Adrienne. »Das habe ich schon immer gesagt.«

»Darauf könnte ich wetten«, entgegnete Finlay.

»Du mußt diese Mission nicht übernehmen«, sagte Evangeline. »Ich habe zwar viele Gründe dafür genannt, aber ich will nicht, daß du stirbst.«

»Ich muß diese Mission übernehmen«, widersprach Finlay.

»Und zwar nicht allein aus den offensichtlichen Gründen. Du hast nie verstanden, warum ich in der Arena gekämpft habe.

Ich brauche den Nervenkitzel, das Rauschen des Blutes, das Balancieren auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod.

Und jetzt, wo mein altes Leben in Trümmern liegt, brauche ich den Nervenkitzel sogar noch mehr als früher. Ich habe sonst nichts mehr, womit ich mich beschäftigen könnte.«

»Du hast immerhin mich«, sagte Evangeline.

»Wir sehen uns in letzter Zeit kaum noch«, entgegnete Finlay. »Ich konnte die Arena vergessen, wenn ich bei dir war, all das Blut und das Töten. Aber jetzt trägst du Verantwortung in der Welt oben, und dir bleibt nur noch wenig Zeit, die du mit mir verbringen kannst. Du mußt verstehen, was mich antreibt, Evie. Meine Motive sind nicht besonders ehrenhaft oder geschmackvoll, aber so bin ich. Ich muß töten, immer und immer wieder, wie ein Raubtier in einer Welt voller Beute. Nichts ist geschehen, das daran etwas geändert hätte. Der einzige Unterschied zu früher ist der, daß das Leben, welches ich jetzt führe, alles dichter an die Oberfläche gebracht hat.«

»Die Welt oben ist mir egal«, sagte Evangeline. »Und meine Verantwortung kann sich meinetwegen zur Hölle scheren. Mir wird das alles langsam zuviel. Mir brummt der Schädel, und ich kann nicht mehr sehen, was wirklich von Bedeutung ist. Ich werde für immer nach hier unten kommen, wenn es das ist, wonach du dich sehnst. Egal, was der Untergrund von mir will.

Am Ende geht es nur um uns beide und das, was wir einander bedeuten. Alles andere ist nur dummes Zeug.«

Finlay schloß Evangeline in die Arme und küßte sie, und ihre Leidenschaft erhitzte die Luft. Adrienne beobachtete die beiden nachdenklich. Es war ein Tag voller Überraschungen gewesen.

Dieser Finlay war ein Mann, den sie vorher nur flüchtig bemerkt hatte, im verwirrenden Aufblitzen versteckter Charakterzüge, die sie geängstigt und nervös gemacht hatten. Der Gedanke, daß sie sich so gründlich in jemandem geirrt hatte, der ihr so nahestand, gefiel ihr nicht im geringsten. Der hübsche Stutzer Finlay in seinen modischen, geschmackvollen Kleidern, ein verrückter Killer aus der Arena… und Evangeline, eine kleine stille Maus, die bei Hofe nie sonderlich aufgefallen war, voller heimlicher Alpträume und mit einem Mut, den Adrienne nur bewundern konnte. Beide waren inzwischen von den Geschehnissen der jüngsten Vergangenheit gezeichnet, doch Adrienne mochte sowohl Finlay als auch Evangeline weitaus mehr als früher. Sie hatte schon immer eine Schwäche für Menschen unter starkem Druck gehabt. Finlay und Evangeline hatten zu lange in verschiedenen Welten gelebt, und sie besaßen keinerlei Gemeinsamkeiten bis auf ihre Liebe – doch am Ende war das alles, was zählte. Diese Liebe war stark und wahrhaft genug, um die beiden zusammenzuhalten. Adrienne konnte es spüren. Sie hätte blind sein müssen, um es nicht zu erkennen.

Zum ersten Mal wußte Adrienne nicht, was sie tun sollte.

Finlay mußte vollkommen verrückt sein, wenn er wirklich diese Mission akzeptierte, aber alles deutete darauf hin, daß er bereits in Aufbruchstimmung war. Nichts, was Adrienne sagte oder tat, konnte seinen Entschluß noch ändern. Es war eine vollkommen neue Erfahrung für sie. Adrienne war in ihrem gesamten Leben noch nie mit einer Situation konfrontiert worden, in der all ihre Arroganz und ihre Meisterschaft im Umgang mit Worten nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt hätten. Sie verließ sich seit so langer Zeit auf ihre ätzende Zunge, um ihre Ziele zu erreichen, daß ihr einfach keine Alternative einfallen wollte. Adrienne wollte diesen neuen, interessanten Finlay nicht verlieren, jetzt, da sie ihn endlich gefunden hatte.

Es überraschte sie festzustellen, wieviel ihr das bedeutete.

Finlay und Evangeline legten endlich eine Pause ein, um Atem zu holen, und Adrienne hüstelte bedeutungsvoll. Es war ein gutes Hüsteln, und an manchen Tagen konnte sie einen gefüllten Saal damit zum Schweigen bringen. Die beiden Liebenden wandten sich zu ihr um, ohne die Hände voneinander zu lassen.

»Bevor du etwas sagst«, sagte Evangeline zu Finlay, »Adrienne und ich sind Freundinnen geworden. Sie gab mir die Kraft, etwas sehr Unangenehmes, aber trotzdem Notwendiges zu tun, das ich bereits viel zu lange vor mir hergeschoben hatte.

Und nein, ich werde dir nicht verraten, was es war. Es genügt vollauf, wenn du weißt, daß ich dank ihrer Unterstützung in Zukunft mehr Zeit hier unten bei dir verbringen kann.«

»Danke dafür, Adrienne«, sagte Finlay.

»Keine Ursache, mein Lieber«, entgegnete Adrienne. Mann und Frau blickten sich lange in die Augen, doch beide besaßen genug Gespür, um es dabei zu belassen.

»Schön. Wie lauten deine Pläne, Addie? Wirst du dich der Rebellion anschließen?«

»Vielleicht«, erwiderte Adrienne. »Oben ist es jedenfalls ziemlich ungemütlich für mich geworden. Ich könnte ein neues Ziel und ein wenig mehr Sicherheit gebrauchen. Sag mir, Finlay: Bist du wirklich ein Arenakämpfer gewesen?«

»Er war der Maskierte Gladiator«, antwortete Evangeline für ihn, und beide lachten, als sie Adriennes Gesichtsausdruck bemerkten. Aber sie fing sich rasch wieder und brachte es sogar fertig, in das Lachen einzustimmen.

»Wer weiß«, sagte sie schließlich. »Vielleicht bringe ich Löwenstein ja dazu, Reformen durchzuführen, wenn ich mich genügend anstrenge.«

»Wenn jemand dazu imstande ist, dann du«, stimmte Finlay seiner Frau zu.

Finlay teleportierte mit dem Schwert in der Hand und grimmiger Entschlossenheit im Herzen in das Verhörzentrum. Er kam in einem düsteren Korridor heraus und sah sich einem halben Dutzend ziemlich überrascht dreinblickender Wachen gegenüber. Sie hielten ebenfalls ihre Schwerter in der Hand, doch es half ihnen nichts. Finlay stürzte sich auf sie, und bluterstickte Schreie erfüllten den Gang. Es dauerte weniger als eine Minute, bis der Kampf vorüber war. Finlay verharrte abwartend und lauschte, ob Verstärkungen im Anmarsch waren.

Zehn Sekunden vergingen, und niemand kam, um nachzusehen. Das Geräusch des einseitigen Gemetzels war anscheinend nicht weit gedrungen. Finlay schniefte geringschätzig und wischte sein Schwert ab. Das war zu leicht gewesen. Alles Amateure. Überhaupt keine Herausforderung. Wenn das die Vorstellung des Imperiums von einer Falle war, würde die Mission zu einem Spaziergang werden. Dann bemerkte Finlay die auf ihn gerichteten Kameras in der Decke und beschloß, daß es an der Zeit war, sich in Bewegung zu setzen. Wenn man bedachte, was die Kameras soeben beobachtet hatten, war mit Sicherheit eine große Anzahl gut bewaffneter Sicherheitsleute zusammen mit Wachhunden nach hier unterwegs. Finlay hatte Hunde noch nie gemocht.