Выбрать главу

Der Mann fing an zu stammeln, und Finlay schüttelte ihn heftig, damit er wieder zur Besinnung kam. »Was unternimmt der Untergrund jetzt? Können wir keinen Vorteil aus der Situation ziehen?«

»Das weiß Gott allein. Jeder hat eine andere Idee oder einen Plan, um zu retten, was zu retten ist, oder wenigstens die Schäden so gering wie möglich zu halten, doch keiner hört auf den anderen. Es gibt Dutzende von Plänen. Von Angriffen auf Imperiale Einrichtungen, solange sie noch verwundbar sind, bis hin zu einem Rückzug noch tiefer unter die Oberfläche, um den unweigerlichen Schlag des Imperiums zu vermeiden, wenn die Bevölkerung erst erkennt, daß der Angriff des fremden Raumschiffs nur möglich war, weil die Rebellen die Verteidigungseinrichtungen des Planeten außer Funktion gesetzt haben. Kann ich jetzt bitte gehen? Ich war auf dem Weg zur Toilette, und ich muß jetzt dringender als je zuvor.«

Finlay ließ den Mann gehen und führte Skye durch das Gedränge, während er so vielen Stimmen gleichzeitig lauschte, wie er nur konnte. Die Leute waren sich alle in einem Punkt einig: Die Schuld an der Katastrophe ging auf das Konto der neuen Rebellen. Eine Menge Vorschläge, was man mit ihnen machen sollte, wurden geäußert. Dann erschienen plötzlich die drei Anführer der Esper im Zentrum der großen Kammer und brachten das Chaos mit einem so lauten telepathischen Bellen zum Schweigen, daß selbst Finlay es hören konnte. Alles verstummte, hielt sich den Kopf und wimmerte. Mister Perfekt, das Mandala und der um seinen Baum gewickelte Drache blickten sich mit funkelnden Augen um, und nur wenige Leute, einschließlich Finlay, waren imstande, ihre Blicke zu erwidern.

»Wenn jetzt alle damit fertig sind, wie kopflose Hühner durcheinanderzurennen«, sagte Mister Perfekt eisig, »könnten wir die Situation vielleicht sachlich und intelligent und vor allen Dingen leise besprechen. Zuallererst: Die Dinge stehen nicht so schlecht, wie es im Augenblick aussehen mag. Die meisten von uns haben den Angriff der Fremden überlebt, weil wir zum Glück tief unter der Oberfläche leben. Unsere Stützpunkte an der Oberfläche können wiederaufgebaut werden, und die Kommunikation ist auch leicht wiederherzustellen. Allerdings sind wir nicht in der Lage, irgendwen oder irgend etwas anzugreifen. Ganz zu schweigen von Imperialen Einrichtungen, zu denen wir im augenblicklichen Chaos erst gar nicht vorstoßen könnten. Andererseits ist Finlay Feldglöck zusammen mit Julian Skye sicher zurückgekehrt. Finlay hat Julian entgegen aller Wahrscheinlichkeit befreit, bevor er reden konnte. Wenigstens etwas, worum wir uns keine Gedanken mehr machen müssen. Fühlt Euch frei, Finlay zu applaudieren, doch macht nicht so viel Krach dabei. Wir alle leiden an Kopfschmerzen.«

Vereinzelt wurde Beifall geklatscht, doch der größte Teil der Anwesenden verhielt sich abwartend. Einige Leute schienen sogar unzufrieden zu sein. Skye wirkte wegen der gedämpften Reaktion auf seine sichere Rückkehr enttäuscht, doch Finlay war es vollkommen egal. Er hatte es nicht wegen des Beifalls getan. Er blickte sich suchend nach Evangeline oder sogar Adrienne um, doch die Menge war einfach zu groß. Mister Perfekt begann von neuem zu reden, und ein Stirnrunzeln entstellte das klassisches Gesicht wie ein Graffiti auf einem berühmten Porträt.

»Es ist von allergrößter Bedeutung, daß wir mit der neuen Rebellengruppe so bald wie möglich in ständigen Kontakt treten. Wir haben Alexander Sturm und die drei Stevie Blues geschickt, um den Überfall auf die Steuerbehörde zu unterstützen und anschließend mit den Rebellen in ihr Hauptquartier zurückzukehren; aber uns ist vollkommen klar, daß wir in Zukunft einen kühleren, politisch weitsichtigeren Gesandten benötigen, um unsere Ansichten zu vertreten. Wir benötigen einen Botschafter, um uns mit den Rebellen zu verbünden. Es ist lebenswichtig, daß zukünftige Angriffe von beiden Gruppen gemeinsam beschlossen werden, um sicherzustellen, daß genau diese Art von Unglücksfällen nicht wieder vorkommt. Die wenige Sympathie, die unsere Bewegung in der Bevölkerung besaß, verschwand mit dem ersten Beschuß durch das fremde Schiff. Der Rat hat sich eingehend mit dieser Angelegenheit beschäftigt, und wir haben eine Freiwillige als Botschafterin gefunden. Evangeline Shreck.«

Finlays Mund formte das Wort NEIN!, doch seine Reaktion ging im donnernden Applaus der Menge unter. Plötzlich stand Evangeline vor den Anführern und beugte respektvoll den Kopf. Sie wandte sich zu der Menge um und bedankte sich für den Beifall. Ihre Augen fanden die Finlays, als hätte sie ihn genau dort erwartet, wo er stand. Sie wandte sich rasch wieder ab, doch in ihrem kalten, gefaßten Gesicht war kein Anzeichen von Schuld oder Schwäche zu erkennen. Finlay drängte durch die Menge nach vorn. Skye versuchte ihm zu folgen, doch er besaß nicht genügend Kraft, um sich einen Weg durch die dicht an dicht stehenden Leute zu bahnen. Er rief Finlays Namen, doch wenn Finlay ihn hörte, dann achtete er nicht darauf, und Skye blieb rasch allein zurück.

Finlay brach durch die letzten Reihen, ohne Rücksicht, ob er anderen weh tat oder sie brüskierte. Niemand empörte sich.

Finlays Ruf als Schwertkämpfer und verrückter Bastard war wohlbekannt. Schließlich stand er vor Evangeline. Sie erwiderte ungerührt seinen starren Blick. Finlay packte sie am Arm und zog sie ein wenig zur Seite. Evangeline folgte ihm ohne Widerstand. Ihr Gesichtsausdruck blieb die ganze Zeit über hart.

»Warum tust du das, Evie?« fragte Finlay schließlich. »Warum gehst du weg und läßt mich allein?«

»Ich verlasse dich nicht«, erwiderte Evangeline kühl. »Ich habe lediglich einen Auftrag angenommen. Ich werde zurück sein, bevor das Jahr zu Ende geht. Meine Position als Botschafterin ist nur vorübergehend, bis der Rat entschieden hat, wer von ihnen mich ersetzen wird.«

»Warum haben sie dich ausgewählt?«

»Weil ich sie darum gebeten habe. Ich wollte gehen. Ich muß für eine Weile von hier weg. Ich habe zuviel getan, war in zuviel Dinge zugleich verwickelt. Ich habe zu viele Verpflichtungen gegenüber zu vielen Leuten, und mir wächst langsam alles über den Kopf. Wenn ich Golgatha verlasse, gewinne ich Zeit zum Nachdenken. Es ist so lange her, daß ich nur ich selbst sein konnte, ohne jede Verantwortung außer gegenüber mir selbst.«

»Du darfst nicht fortgehen! Wir können den Untergrund verlassen, einfach Zusammensein, nur wir beide! Ich bin nur wegen dir hier unten!«

»Das mag früher einmal gestimmt haben, aber heute nicht mehr. Du hast selbst gesagt, daß du den Nervenkitzel brauchst, das Blut und das Gemetzel bei den Missionen, die sie dir geben.«

»Nichts davon bedeutet mir so viel wie du! Du bist das Herz, das in meiner Brust schlägt, die Luft, die ich zum Atmen brauche. Ich kann nicht ohne dich leben.«

»Doch, das kannst du. Für eine Weile zumindest. Ich brauche diese Zeit, Finlay. Ich brauche… Ich weiß nicht, was ich brauche, aber es ist nicht hier. Adrienne hat mir geholfen, das zu erkennen.«

Finlay nickte grimmig. »Ich hätte mir denken können, daß sie dahintersteckt. Sie ist einfach nicht glücklich, wenn sie mich nicht unglücklich machen kann.«

»Nein, Finlay. Das war meine eigene Entscheidung. Ich muß für eine Weile von hier weg. Mein Vater…«

»Und ich?«

»Auch du. Nichts ändert sich wirklich. Wir sehen uns so oder so nur selten. Ich habe meine Verpflichtungen, und du bist ständig in der einen oder anderen wichtigen Mission unterwegs…«

»Das kann sich ändern. Ich kann mich ändern. Was willst du von mir?«

»Dein Verständnis. Ich liebe dich noch immer, Finlay. Ich werde dich mein ganzes Leben lang lieben, ganz egal, wo du bist oder wo ich bin. Aber ich kann nicht weitermachen wie bisher. Es zerreißt mich innerlich, und ich halte es nicht mehr länger aus. Ich muß mein Leben wieder in den Griff bekommen. Versuch nicht, mich davon abzubringen, Finlay. Es ist sehr wichtig für mich.«

Finlay atmete tief ein und nickte abrupt. »Also gut. Dann ist es auch für mich wichtig. Geh. Ich werde schon zurechtkommen.« Er breitete die Arme aus, und Evangeline sank ihm entgegen. Lange standen sie so beieinander, blind für das, was um sie herum geschah. Finlay hielt Evangeline fest an sich gedrückt wie ein Ertrinkender, und wenn seine Kraft ihr auch weh tat, so sagte sie nichts. Er spürte, wie seine Augen brannten, doch er hielt die Tränen zurück. »Was mache ich nur ohne dich, Evie?« fragte er schließlich.