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In der ersten Reihe der Versammlung stand General Shaw Beckett und musterte die Akolythen nachdenklich. Er machte sich nicht die Mühe, sein Interesse zu verbergen. Einige der Priesterkrieger erwiderten seinen Blick mit der gleichen Intensität und aus dem gleichen Grund. Kenne deinen Feind. Beckett grinste und blies den Akolythen eine Wolke schweren Zigarrenqualms entgegen. Glaube war schön und gut, doch der General war ein Anhänger von Drill und Übung. Nur weil ein Fanatiker bereit ist, für seine Sache zu sterben, bedeutet das noch lange nicht, daß er seinen Auftrag erledigen kann, bevor der Gegner ihn erwischt. Der General war ein alter Soldat, und die Kirche von Christus dem Krieger war ihm ein Dorn im Auge. In seinen besseren Tagen war er ein berühmter Kämpfer gewesen, und obwohl Beckett inzwischen deutlich erkennbar in die Jahre gekommen war, trat ihm noch immer niemand in den Weg, ohne vorher sein Testament gemacht zu haben.

Beckett war von durchschnittlicher Größe, doch ziemlich beleibt, und das ließ ihn kleiner erscheinen. Das meiste Übergewicht hatte sich in seiner Bauchregion angesammelt, und selbst ein nach Maß gefertigter Kampfpanzer hatte Schwierigkeiten, seine Leibesfülle zu bändigen. Der General gab einen verdammten Dreck darauf. Er hatte genügend Jahre im Feld verbracht, um etwas Bequemlichkeit verdient zu haben. Beckett war ein wertvoller Ratgeber und besaß einen scharfen militärischen Verstand. Er war bekannt als Meisterstratege und gewiefter Redner, und er setzte so gut wie immer seinen Willen durch, selbst dann, wenn Löwenstein wieder einmal schlechte Laune hatte und jeder andere in Deckung ging. Die Herrscherin war ständig versucht, General Beckett wegschleppen und exekutieren zu lassen, weil er wieder einmal zur falschen Zeit die falschen Worte gesagt oder eine Wahrheit beim Namen genannt hatte, die ihr nicht im geringsten behagte. Doch irgendwie fand der alte Fuchs immer wieder einen Weg, Löwenstein daran zu erinnern, wie wertvoll sein Rat war, sowohl für sie als auch für das Imperium. Außerdem brachte er sie zum Lachen.

Shaw Beckett rauchte dicke Zigarren, selbst dort, wo das Rauchen nicht gestattet war, und er liebte es, seinen Gesprächspartnern den Rauch ins Gesicht zu blasen. Er besaß auch noch andere schlechte Angewohnheiten, und er genoß sie anscheinend. Es war nicht überraschend, daß Beckett unter den Zuschauern an den Holoschirmen große Popularität genoß.

Die Kirche von Christus dem Krieger hatte insgeheim eine hohe Belohnung auf den Kopf des Generals ausgesetzt, vorzugsweise abgetrennt vom Rumpf, und jeder wußte es.

Seitdem Löwenstein die Kirche zur Staatsreligion erhoben hatte und ihr Rückendeckung gab, waren die religiösen Fanatiker immer mächtiger geworden. Die Kirche hatte in Löwen Steins Namen ausgedehnte Kreuzzüge durchgeführt und jeden Häretiker getötet, den sie in die Finger bekommen hatte. Dann hatten die geistigen Führer der Kirche dekretiert, daß allein Gottes Wille ihr so viel Macht verliehen hatte und daß die Unterstützung der Imperatorin nicht länger erforderlich sei. Und nun, da sie die Erste Kirche des Imperiums war, sollte sogar Löwenstein den Kopf vor ihr beugen. Die Eiserne Hexe schäumte vor Wut, aber nachdem sie selbst die Kirche zur Staatskirche gemacht und sich in einer hochoffiziellen Veranstaltung hatte taufen lassen, konnte sie jetzt keinen Rückzieher machen, ohne schwach und unentschlossen zu wirken. Also begnügte sie sich damit, bei jeder nur möglichen Gelegenheit ihren berüchtigten Humor an den Vertretern der Kirche auszulassen und dem Militär den Rücken zu stärken, wann immer es einen Konflikt zwischen den beiden Gruppierungen gab. Und das geschah in diesen Zeiten recht häufig.

Die Kirche revanchierte sich, indem sie ihre tödlichen Jesuitentruppen stetig vergrößerte und die Gesellschaft von oben bis unten infiltrierte. Jede Familie hatte bereits einen Angehörigen an die Kirche verloren, entweder als neues Mitglied oder als Opfer, angeklagt der Häresie. Alles lief darauf hinaus, daß die Bevölkerung nun zwei Herren besaß, die Imperatorin und die Kirche, und man mußte beiden gefallen, wenn man ein halbwegs ruhiges Leben anstrebte. Eine falsche Entscheidung, und man fand sich plötzlich in einer Welt wieder, die nur noch aus Schwierigkeiten zu bestehen schien. Was die Kirche betraf, so hatten selbst Familienangelegenheiten und familiäre Loyalität hinter ihren Belangen zurückzustehen.

Die Versammlung der Lords leistete beträchtlichen Widerstand gegen diese Entwicklung. Die Lords scherten sich einen Dreck um die Religionen der unteren Schichten, solange diese nur respektvoll blieben und hart arbeiteten. Der Adel hatte viel zu wenig Zeit, um etwas anderes als Profit und Status anzubeten. Das neue Auftreten der Kirche von Christus dem Krieger hatte die adligen Familien richtiggehend in Rage versetzt, und sie hatten sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie nicht im Traum daran dachten, ihre generationenalten Privilegien des Ränkeschmiedens, der Duelle, Ausschweifungen und aller möglichen Arten von Lastern aufzugeben.

Die Kirche auf der anderen Seite hatte mit der Überzeugung gekontert, daß jeder insgeheim etwas zu verbergen hatte, und seither war sie ständig auf der Suche nach Munition, um die Mächtigen unter Druck zu setzen und gegenüber dem Willen der Kirche gefügig zu machen. So ermutigte, bestach und bedrängte sie den niederen Adel, seine Herren auszuspionieren und nützliche Fakten zu berichten. Ansonsten fiel man in Ungnade. Die Familien konterten mit Säuberungsaktionen unter den entfernteren Verwandten. Und alle, die zwischen die Fronten gerieten, hielten die Köpfe unten und hofften, niemandem unangenehm aufzufallen. Mit dem Ergebnis, daß das Leben im Imperium seit einiger Zeit für jedermann ein ganzes Stück schwieriger geworden war.

»Die Kirche war nicht untätig seit unserem letzten Besuch hier«, murmelte Schwejksam zu Frost. »Diese Kriegerjesuiten sehen beeindruckend aus. Und es sind verdammt viel mehr als beim letzten Mal.«

»Eine Bande von Schwuchteln«, entgegnete Frost, ohne die Jesuiten eines Blickes zu würdigen. »Sie sind gut darin, hart auszusehen, aber das ist auch schon alles. Ich hätte keine Mühe, sie alle zu zerstückeln und roh zu fressen, und das ohne Wein zum Nachspülen. Ich kenne diese Sorte. In Rudeln sind sie tapfer, aber allein haben sie nicht den Mut zu einem fairen Kampf. Wenn sie so begierig sind, ihren Gott zu sehen, sollen sie doch mit mir kämpfen, und ich sende sie auf dem schnellsten Weg zu ihm.«

»Wenn Ihr weiter solche Bemerkungen fallenlaßt«, meldete sich Stelmach zu Wort, »dann warnt mich doch bitte in Zukunft rechtzeitig, damit ich mich in Sicherheit bringen kann.

Die Kirche besitzt in letzter Zeit ein äußerst scharfes Gehör, und sie vergibt nicht die geringste Beleidigung. O Gott, einer von ihnen kommt zu uns! Versucht reumütig auszusehen!«

»Ich wüßte nicht, wie ich das machen sollte«, erwiderte Frost.

Schwejksam brachte es irgendwie fertig, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen, als der Kriegerpriester sich näherte. Ringsum wichen die Höflinge zurück und gaben ihm reichlich freien Raum. Der Priester steckte in einem langen, blutroten Talar mit einem Scheitelkäppchen in der gleichen Farbe, und sein Blick war scharf genug, um Glas zu schneiden. Er war vielleicht Mitte Zwanzig, doch er gab sich Mühe, älter zu wirken. An seinem Gürtel hingen zwei Skalps, und um den Hals trug er eine Kette mit abgeschnittenen menschlichen Ohren. Vor Schwejksam und Frost blieb er stehen. Stelmach ignorierte der Priester vollkommen, und der Sicherheitsoffizier der Unerschrocken war erleichtert darüber. Der Kriegerpriester blickte von Schwejksam zu Frost und wieder zurück zu Schwejksam. Auf seinem Gesicht stand deutlich zu lesen, daß er schon beeindruckendere Exemplare der Gattung Mensch mit dem Gesicht nach unten im Dreck liegen gesehen hatte.

»Man sagt, Ihr hättet uns alle vor dem gottlosen feindlichen Raumschiff gerettet«, begann der Jesuit. »Wenn das zutrifft, so war es der Wille Gottes. Ihr seid sicherlich beide gute Soldaten, aber Ihr müßt Euren Platz in der neuen Ordnung erst noch finden. Ihr solltet die Vergebung der Kirche für Eure Sünden und Verfehlungen genauso erflehen wie die der Imperatorin. Es ist nicht länger statthaft, sich aus allem herauszuhalten. Ihr müßt Euch entscheiden, wo Ihr steht, und Ihr habt es öffentlich zu tun. Und vergeßt nicht: Wer nicht für die Kirche ist, der ist gegen sie. Die Kirche weiß, wie sie mit ihren Feinden umzugehen hat. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?«