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»Nichts, das uns weiterhelfen würde. Ruby und ich kennen ein paar wichtige Leute in Nebelhafen, und Jakob Ohnesorg nannte noch ein paar zusätzliche Namen, aber alle sind sehr mißtrauisch uns gegenüber. Wir haben uns während unseres letzten Besuchs keine Freunde gemacht, und sie haben in all den Jahren auf die harte Tour gelernt, niemandem zu trauen außer sich selbst. Sie warten darauf, daß wir zuerst beweisen, auf wessen Seite wir stehen; sie wollen ein Zeichen, etwas Stolzes und Wagemutiges und vor allem etwas Erfolgreiches

»Das klingt vernünftig«, entgegnete Owen. »Dieser erste Schlag gegen Golgatha sollte sie beeindrucken. Vorausgesetzt, nichts läuft schief, und wir versauen die Sache nicht selbst.

Wir haben nur diese eine Chance, und wir hatten keine Zeit zum Üben. Ich gebe mir die größte Mühe, nicht darüber nachzugrübeln, was alles danebengehen könnte – ich kriege nur Kopfschmerzen davon, und meine Blase spielt verrückt. Ich bin einfach nicht zum Krieger geboren, ganz egal, wie mein Vater darüber dachte.«

Hazel sah Owen in die Augen. »Todtsteltzer, du denkst zu häufig an deinen Vater. Du hast mir erzählt, wie er versucht hat, dich während deines ganzen Lebens zu manipulieren, mit all seinen Intrigen und Verschwörungen und geheimen Plänen, aber jetzt ist er tot. All das ist vorbei. Hör auf, darüber nachzudenken. Du bist inzwischen dein eigener Herr.«

»Bin ich das? Er zieht noch immer die Fäden, selbst im Grab!

Das ist genau die Sorte von wunderbar heroischer Geste, an die er immer glaubte. Ich stehe im Begriff, genau der Mann zu werden, den er aus mir machen wollte; die Sorte Mann, die ich nie werden wollte – ein Schläger mit einem Schwert.«

Hazel seufzte innerlich. Sie fragte sich allmählich, wie oft sie noch das Thema würden wechseln müssen, bis sie endlich etwas gefunden hätten, über das sie entspannt reden könnten.

Irgend etwas mußte es doch verdammt noch mal geben! »Dieser Stevie Blue, den wir auf Golgatha treffen sollen – was weißt du über ihn?«

»Ihr habt den gleichen Bericht gelesen wie ich, Hazel. Offensichtlich ist er ein Esper-Klon in relativ hoher Position innerhalb der Untergrundbewegung von Golgatha. Wenn es uns gelingt, ihn zu treffen, dann wird er bei uns bleiben und bei der weiteren Planung die Stimme des Untergrunds repräsentieren.

Wenn ich jedoch zwischen den Zeilen lese, dann habe ich das Gefühl, er ist ein Anarchist – aber man braucht jeden, den man bekommen kann, wenn man eine Rebellion plant.«

»Was soll deiner Meinung nach eigentlich geschehen, wenn wir erst gewonnen haben und alles vorbei ist?« fragte Hazel plötzlich. »Wir haben noch nie darüber gesprochen, keiner von uns. Wir haben jede Menge darüber geredet, wie wir die Löwenstein zu Fall bringen wollen, aber kein Wort davon, durch was wir sie ersetzen wollen.«

»Das ist im Augenblick auch noch ziemlich offen«, antwortete Owen. »Die Chancen für unser Überleben sind nicht besonders hoch, ganz zu schweigen davon, daß wir gewinnen. Aber wenn es uns gelingt, sie zu stürzen… Nun, ich schätze, das Parlament und die Versammlung der Lords werden passende Kandidaten präsentieren, und wir werden gemeinsam einen davon als neuen Imperator bestimmen, der dann Reformen in Gang setzt. Beseitige die Korruption, arbeite hier und dort ein wenig mehr Demokratie ein und natürlich eine Generalamnesie für alle Rebellen der Vergangenheit und der Gegenwart, und dann können wir alle nach Hause gehen und wieder ein normales Leben führen.«

»Zur Hölle damit!« schimpfte Hazel aufgebracht. »Wir machen das hier doch nicht alles durch, um uns dann wieder mit dem gleichen alten Kram abzugeben, nur ein wenig hübscher verpackt! Das gesamte System ist von Kopf bis Fuß korrupt, und unsere einzige Chance auf wirkliche Gerechtigkeit besteht darin, es einzureißen und ganz von vorn zu beginnen. Kein Imperator mehr, keine Lords, Freiheit für alle Klone und Esper, volle Demokratie und gleiches Recht für alle!«

»Für alle?« fragte Owen entsetzt. »Ihr meint, für Klone, Esper, Fremdrassige… wirklich alle?«

»Verdammt richtig, Todtsteltzer. Es muß für alle sein. Das ist es, was Freiheit bedeutet.«

»Klingt in meinen Ohren eher nach Anarchie. Wenn niemand weiß, wo er hingehört, wie soll man dann irgend etwas erreichen?«

»Ich wußte nie, wo ich hingehörte, und ich habe eine ganze Menge erreicht, Todtsteltzer. Du wärst überrascht, wozu die Menschen fähig sind, wenn man sie nur läßt.«

Owen musterte sie nachdenklich. »Hazel D’Ark. Die D’Arks gehörten einmal zum Adel, und das ist noch gar nicht lange her. Entdecke ich da vielleicht eine etwas zu heftige Reaktion?

Von jemandem, der sich seiner aristokratischen Abstammung schämt? Sicherlich besitzt auch Ihr einen Rest Loyalität gegenüber dem Eisernen Thron. Gebt es nur zu, Hazel.«

»Da irrst du dich gewaltig, Todtsteltzer. In bezug auf das verdammte adlige Pack kenne ich nur eine weiche Stelle, und das ist ein Treibsandtrichter, der groß genug ist, um sie alle auf einmal zu verschlingen. Ich war niemals eine Aristo. Ich bin keine geborene D’Ark. Ich stahl den Namen, während ich auf der Flucht war und dringend falsche Papiere benötigte. Ich behielt ihn hauptsächlich deswegen, weil mir der Klang gefiel, und ich wollte nicht riskieren, daß meine Familie mich wiederfinden oder ich zu ihr zurückgeschickt werden würde, falls man mich irgendwann geschnappt hätte.«

»Ihr sprecht nie über Eure Familie, Hazel«, sagte Owen.

»Vermißt Ihr sie nicht?«

»Nein, das tue ich verdammt noch mal ganz bestimmt nicht!« entgegnete Hazel wütend. »Und wenn ich nie wieder etwas von ihnen höre, dann ist mir das genau recht!«

Owen forschte vorsichtig weiter. »Haben sie… hat man Euch mißbraucht? Auf irgendeine Weise?«

»O nein! Nichts in der Art. Sie waren nur so verdammt langweilig und nett. Ich hab’ es einfach nicht mehr ausgehalten. Sie dachten, ein wenig Wein und Käse ergäben bereits eine wilde Party. Ich mußte das Universum kennenlernen, das Leben schmecken, bevor ich alt und grau wurde. Bevor ich so wurde wie sie. Du weißt, was ich meine.«

»Ja«, erwiderte Owen. »Ich vermute, das weiß ich. Aber ich hatte nie eine Chance, meine Familie zu verlassen. Zu viele Pflichten, zuviel Verantwortung. Am Ende hat meine Familie mich verlassen, einer nach dem anderen. Sie starben, während ich hilflos daneben stand und zusehen mußte. Es gab nichts, das ich dagegen hätte tun können, aber das Gefühl, daß ich etwas hätte tun müssen, quält mich heute noch.

Eine Menge von ihnen starb am Zorn, als sie noch Kinder waren. Nur wenige aus jeder Generation überleben den ersten Anfall. Das ist der Preis für unser genetisches Geschenk. Deswegen bin ich der einzige Abkömmling aus der Blutlinie meines Vaters. Und jetzt bin ich so ziemlich alles, was von unserem Clan überhaupt noch übrig ist. Es scheint, als hätte die Imperatorin einen entfernten Vetter aufgetrieben, der die Lordschaft an meiner Statt übernommen hat, aber ich bin der letzte aus der direkten Linie. Wenn ich sterbe, stirbt meine Linie mit mir. Ich bin nicht sicher, ob das gut ist oder nicht. Mir scheint, die Todtsteltzer haben im Lauf der Jahre genausoviel Böses wie Gutes vollbracht… Andererseits trifft das wohl für die meisten Familien zu. Und über allem mein Vater, der mich und jeden anderen seinen endlosen Ränken und Intrigen geopfert hat… Ich hatte nie ein eigenes Leben, selbst als kleines Kind nicht. Diese Mission hier… Das ist das erste Mal, daß ich das Gefühl habe, mein eigener Herr zu sein und nicht das zu tun, was mein Vater für mich geplant hat. Ich fühle mich so… so seltsam befreit.«

Plötzlich mußte er grinsen. »Ihr habt recht, Hazel D’Ark. Ich scheine wirklich den Hang zu haben, den Leuten Vorträge zu halten, oder? Ich fürchte, das gehört zu den Lastern eines Gelehrten. Worüber sprachen wir gerade? Ach ja, allgemeines Wahlrecht, selbst für Unpersonen. Ich glaube nicht, daß Ihr Euch die Sache richtig überlegt habt, Hazel. Wenn all die Klone und Esper befreit und zu gleichberechtigten Bürgern erklärt werden würden, dann würde das gesamte Imperium zusammenbrechen. Unsere gesamte Wirtschaft beruht auf der Ausbeutung von Klonen und Espern. Sie drehen die Räder, die die Dinge in Bewegung halten. Ohne sie würde alles einfach auseinanderfallen. Die Nahrungsmittelverteilung und die Energieversorgung würden unterbrochen, die Wirtschaft versänke im Chaos… Die Zivilisation selbst wäre bedroht. Milliarden von Unschuldigen würden darunter leiden.«