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Auf der anderen Seite versprach sich jeder einzelne Vorteile, wenn er Valentins Freundschaft gewinnen konnte. Und das wiederum führte zu einigen äußerst interessanten Unterhaltungen.

Valentins Geschwister Stephanie und Daniel beobachteten sein Treiben aus sicherer Entfernung. Sie waren genau wie ihr älterer Bruder zum Hof gekommen, gemeinsam mit ihren jeweiligen Ehepartnern, weil die Pflicht es von ihnen verlangt hatte, aber wie üblich hielten sie sich zurück und sprachen nicht mit Valentin. Stephanie und Daniel verachteten und haßten ihn; einerseits, weil er ein mit Drogen vollgesaugter Dekadenter und eine Schande für die gesamte Familie war, und andererseits, weil er ganz offensichtlich einen Dreck auf ihre Meinung gab. Beide Geschwister waren gegen ihren Willen verheiratet worden. Es war einer der letzten Befehle ihres Vaters Jakob gewesen. Doch keine der beiden Paarungen konnte als sonderlich erfolgreich bezeichnet werden. Nicht, daß Daniel oder Stephanie sich auch nur die geringste Mühe mit ihren Gatten gegeben hätten. Es gab andere, wichtigere Dinge, über die die beiden nachdenken mußten. Sie waren Wolfs, und sie kamen zusammen mit dem Rest der Familie in den Genuß von Valentins Erfolgen, aber sie standen trotzdem in Valentins Schatten. Nach seinem unerwarteten Aufstieg hatten Stephanie und Daniel jeglichen Einfluß und jegliche Macht innerhalb der Familie verloren, und seither mußten sie sich mit den Krumen zufriedengeben, die Valentin in ihre Richtung warf. Sie intrigierten wütend gegen den älteren Bruder, doch sie waren nie besonders gut in dieser Disziplin gewesen. Sie hatten niemand anderen als sich selbst, auf den sie sich verlassen und dem sie vertrauen durften, und so waren sie sich mit der Zeit immer nähergekommen. Manche sagten, unnatürlich nah.

Daniel war das jüngste von Valentins Geschwistern, eben erst Anfang Zwanzig, und er besaß die mächtige Gestalt seines Vaters, doch weder dessen Scharfsinn noch dessen Intelligenz.

Er war als Kind schwerfällig und unbeholfen gewesen, und sein Vater hatte es ihm mit Prügeln ausgetrieben. Selbst heute noch bewegte Daniel sich mit übertriebener Vorsicht. Er trug das Haar in langen, goldenen Strähnen nach der allerneuesten Mode, aber er wollte nichts von dem fluoreszierenden Make-up wissen, das dazugehörte. Größtenteils, weil ihm das Geschick und der Blick fehlten, um es erfolgreich zu verwenden. Er haßte die Vorstellung, daß man hinter seinem Rücken über ihn lachen könnte. Daniel fehlte jeder Sinn für Humor, und er vertraute niemandem, der in dieser Hinsicht anders war.

Stephanie, das mittlere Kind Jakobs, war großgewachsen und schlaksig, von nicht unsympathischem Aussehen, doch falsch und tödlich wie eine Schlange. Hätte sie genausoviel Intelligenz wie Gift besessen, wäre niemand vor ihr sicher gewesen.

Aber so bäumte sie sich gegen Valentins Bevormundung auf, obwohl sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wie sie ihrem ältesten Bruder entkommen sollte. Was sie nicht davon abhielt, Valentin bei jeder Gelegenheit eine Szene zu machen. Natürlich nicht. Allein aus Prinzip. Valentin grinste immer nur die Umstehenden an und sagte: »Schwestern«, und jedermann lachte. Stephanie haßte es, wenn sie lachten. Sie beherrschte ihren jüngeren Bruder Daniel, doch dazu gehörte nicht viel.

Stephanie Wolf war immer die Eiskalte in der Familie gewesen. Daniel vermißte seinen Vater, im Gegensatz zu Stephanie.

Sie hatte keine Zeit, um sich mit Gefühlsduseleien aufzuhalten.

Valentin war in letzter Zeit gegen seinen Willen gezwungen gewesen, den beiden immer mehr Verantwortung für die Geschäfte der Familie zu übergeben. Er hatte weder die Zeit noch (um ehrlich zu sein) die Eignung, um das Geschäft mit dem neuen Hyperraumantrieb zu führen, und es war viel zu wichtig, um es jemand anderem als einem Familienmitglied zu überlassen. Und das bedeutete Stephanie und Daniel. Zusammen besaßen die beiden einen recht scharfen Verstand. Valentin vertraute ihnen zumindest so weit, daß sie nicht aus reiner Bosheit das Geschäft schädigten. Seine Geschwister waren zwar stinkwütend auf Valentin, doch sie würden nichts unternehmen, was der Familie Schaden zufügen könnte. Zuerst hatten sie ihre neue Aufgabe als Beleidigung aufgefaßt. Aristokraten, die ihre Hände mit gewöhnlichen Geschäften schmutzig machten. Aber es hatte nicht lange gedauert, bis Stephanie erkannte, daß geschäftliche Macht Valentins Position vielleicht unterminieren konnte. Also hatte sie sich in die Arbeit gekniet, hart studiert und ihrem Bruder ebenso Beine gemacht. Gemeinsam hatten sie das Geschäft ins Laufen gebracht und die Kontrolle übernommen.

Stephanie und Daniel standen dicht beisammen und zitterten wie alle anderen wegen der Kälte, während sie Valentin verstohlen beim Nachdenken beobachteten. Ihr Blick war alles andere als freundlich. Daniel zog eine Flasche Brandy hervor und reichte sie Stephanie. Dankbar nahm seine Schwester einen tiefen Schluck. Der Alkohol brannte in ihrer Kehle, und langsam wurde ihr ein wenig wärmer. Stephanie gab ihrem Bruder die Flasche zurück, und Daniel nahm ebenfalls einen großen Schluck.

»Nicht so viel, Daniel«, ermahnte sie ihren Bruder automatisch. »Das hier ist ein denkbar schlechter Ort, um sich zu betrinken. Du brauchst einen klaren Kopf!«

»Ich komme schon damit zurecht«, verteidigte Daniel sich ebenso automatisch. »Keine Sorge.« Dennoch steckte er die Flasche wieder ein. »Du machst dir zu viele Gedanken, große Schwester.«

»Und du zu wenig.«

»Nein, das stimmt nicht. Ich muß nur einen Blick auf Valentin werfen. Wenn ich sehe, wie angestrengt er nachdenkt, mache ich mir auf jeden Fall Sorgen. Vielleicht plant er wieder etwas, das nur ihm allein nutzt. Oder vielleicht hat er herausgefunden, wie tief wir bereits in seinem Hyperraumgeschäft stecken. Wir sollten es schließlich nur rühren, nicht gleich ganz übernehmen.«

Stephanie grinste kalt. »Bis er herausgefunden hat, was geschehen ist, wird es zu spät sein. Unsere Kontrolle über die Produktion des Hyperraumantriebs wird uns Kontrolle über ihn geben. Er ist davon abhängig, um seinen Status bei Hofe nicht zu gefährden. Ein plötzlicher Einbruch in der Produktion, zu einem Zeitpunkt, wo die Eiserne Hexe eine Steigerung verlangt, und er fällt in ihrer Gunst bis ins Bodenlose, ohne daß wir der Gesellschaft auch nur den geringsten Schaden zufügen.

Natürlich gibt es noch eine Menge anderer Dinge, die auf ihn und nicht auf uns zurückfallen würden. Es sollte nicht schwer sein, die Schuld an allem Valentin in die Schuhe zu schieben.

Schließlich sind wir diejenigen, die Zugriff auf die Bücher der Gesellschaft haben. Wenn wir Valentin einem stetigen Strom von Peinlichkeiten aussetzen, sollte es uns am Ende gelingen, die Herrscherin davon zu überzeugen, daß es im Interesse des Imperiums und in ihrem eigenen liegt, wenn sie Valentin die Kontrakte wegnimmt und uns überschreibt. Wir werden ihn zu Fall bringen, kleiner Bruder. Wir werden ihn zu Fall bringen, verlaß dich nur auf mich.«

Daniel runzelte unglücklich die Stirn. »Ich mache mir trotzdem Gedanken über das, was Valentin ausheckt. Was kann so wichtig sein, daß er all seine Zeit damit verbringt, anstatt die Gesellschaft zu leiten, von der er abhängig ist? Was auch immer es sein mag, ich schätze, es ist von größter Bedeutung.«