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Stephanie zuckte die Schultern. »Wer weiß schon, wo Valentin in diesen Tagen mit seinen Gedanken ist? Mich überrascht immer wieder, daß sie anscheinend noch in den gleichen Sphären schweben wie die von uns anderen.«

»Wir werden ihn fertigmachen«, sagte Daniel und gab sich Mühe, genauso zuversichtlich zu klingen wie seine Schwester.

»Wir bringen ihn zu Fall. Vater hatte niemals die Absicht, einen dekadenten Geisteskranken wie Valentin zum Oberhaupt der Familie zu machen. Und dann werden wir die Familie leiten. Wir beide zusammen.«

»Ja«, erwiderte Stephanie. »Genau. Wir beide zusammen.«

Daniel blickte seine Schwester an und senkte die Stimme.

»Bist du in Ordnung? Macht dir die Kälte zu schaffen? Komm zu deinem kleinen Bruder und laß dich von ihm wärmen.«

Daniel öffnete den Umhang. Stephanie schlüpfte darunter und drängte sich dicht an ihn, während er den Stoff des Umhangs eng um sie beide wickelte. Und wenn sie sich ein wenig enger aneinander drängten, als Bruder und Schwester es vielleicht sollten, dann bemerkte es unter dem Schutz des Umhangs und des noch immer respektierten Namens Wolf zumindest niemand.

Nicht weit entfernt standen Lily Wolf, die Gattin Daniels, und Michael Wolf, der bei seiner Hochzeit mit Stephanie den Familiennamen seiner Frau hatte annehmen müssen, dicht beieinander und beobachteten, wie ihre beiden Partner Valentin anstarrten. Ein unparteiischer Beobachter wäre vielleicht zu dem Schluß gekommen, daß die beiden dichter als nötig beieinander standen. Der gleiche Beobachter hätte vielleicht auch aus ihrer Körpersprache und aus den gelegentlichen verlangenden Blicken schließen können, daß die beiden etwas miteinander hatten. Und der unparteiische Beobachter, in der Annahme, daß an Löwensteins Hof ein derartiger Skandal durchaus möglich war, hätte vollkommen recht gehabt. Lily und Michael waren ein Liebespaar, und das bereits seit geraumer Zeit. Jeder wußte Bescheid darüber, mit Ausnahme von Stephanie und Daniel Wolf, die viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt waren. Selbst Valentin wußte es. Er hatte nur noch nichts dazu gesagt, weil er noch immer nicht wußte, ob es lustiger sein würde, wenn er seine jüngeren Geschwister aufklärte, oder ob er einfach weiter zuschauen sollte.

Lily war groß, schlank und besaß trotzdem ausgeprägte weibliche Formen. Ihre silberne Perücke fiel in langen Locken bis über die Schultern herab und rahmte ein sommersprossiges, bleiches Gesicht ein. Sie trug immer eine Perücke auf dem kahlgeschorenen Schädel, weil es so viel einfacher war, eine Perücke zu pflegen. Lily kleidete sich stets nach der neuesten Mode und sah gut darin aus. Sie besaß eine natürliche Eleganz, die andere unscheinbarere Frauen grün vor Neid werden ließ.

Lily war eine hinreißende Schönheit mit vorstehenden Wangenknochen und dunklen, schimmernden Augen. Sie besaß ein Lächeln, das einen Gigolo auf der Stelle betäuben konnte, und ihr Lachen steckte ganze Parties an. Daniel mochte sie nicht, und seine Frau faßte das als persönliche Beleidigung auf.

Michael war nicht ganz so groß wie Lily, doch sein Körper war mit den besten Muskeln ausgerüstet, die ein Körperladen liefern konnte. Sie tendierten nach einer gewissen Zeit immer zum Erschlaffen, weil er sich nicht zu genügend Übung hinreißen konnte, doch ein einziger Besuch im Körperladen genügte, und alles war wieder wie neu. Er war von dunklem Typ, gutaussehend, und er besaß eine dichte Mähne von pechschwarzem Haar, auf die er besonders stolz war. Michael bevorzugte lockere Kleidung mit reichlich offenen Stellen, die seinen männlichen Körper zeigten, und das Resultat davon war, daß er jetzt am ganzen Leib zitterte wie Espenlaub und die Zähne zusammenbeißen mußte, um sie am Klappern zu hindern. Seine Haut hatte eine blasse Farbe angenommen, die einen unansehnlichen Kontrast zu seinem schwarzen Haar bildete. Auf Michaels Kopf hatte sich eine Krone aus Schnee gebildet. Wenigstens waren seine Füße warm, denn er bevorzugte kniehohe Lederstiefel. Doch der Gedanke konnte ihn nicht wirklich trösten. Er starrte wütend zur Eisernen Hexe, die gleichmütig auf ihrem Thron saß, und schlang die Arme eng um den Leib.

»Wenn du dich noch eine Spur fester drückst, quellen deine Innereien aus den Ohren heraus«, sagte Lily leise.

»Ich langweile mich«, erwiderte Michael durch seine zusammengebissenen Zähne hindurch. »Ich langweile mich zu Tode, und mir ist scheißkalt. Meine Glieder sind zu Eiszapfen erstarrt. Sieh mal nach, ob du jemanden findest, dem ich den Umhang wegnehmen kann.«

»Reiß dich zusammen, Liebster. Versuch wenigstens dieses eine Mal, keine unnötige Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.

Die Innereien des Schafes, das ich heute morgen geopfert habe, sagten es ganz deutlich. Heute ist kein guter Tag zum Auffallen.«

»Warum haben deine verdammten Innereien dich nicht gewarnt, daß der Hof diesmal eine verdammte Tiefkühltruhe sein würde? Innereien mögen ja schön und gut sein, wenn es darum geht, großartig und mystisch zu klingen, aber wenn es um die Vorhersage von praktischen Dingen geht, wo sind sie dann?

Ich an deiner Stelle würde mir mein Geld zurückgeben lassen.

Oder zumindest ein neues Schaf.«

»Hör auf zu spotten, Liebster. Du verstehst nichts von diesen Dingen. Das weißt du selbst am besten. Und achte darauf, was du sagst. Immerhin bist du ein Aristokrat.«

»Ich hätte Buchhalter bleiben sollen. Die Herrscherin hätte nie von meiner Existenz erfahren, und ich hätte wenigstens noch Gefühl in meinen Fingern.«

»Wenn du Stephanie nicht geheiratet hättest, wären wir uns nie begegnet.«

Michael dachte über Lilys Bemerkung nach und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die ein Lächeln sein sollte. »Schön, in dieser Hinsicht hast du recht. Das einzige Mal, daß ich in meinem Leben Glück gehabt habe, war, als wir uns kennenlernten.«

Lily streckte die Hand aus und tätschelte tröstend Michaels Wange. »Glück hat damit überhaupt nichts zu tun, Liebster. Es gibt andere Mächte, Einflüsse und Mysterien, die unser Leben beherrschen.«

»Es gibt nur eine Person, die unser Leben beherrscht, und die sitzt im Augenblick in dichte Pelze gehüllt auf ihrem verdammten Thron und lacht sich halb tot über uns. Warum, zur Hölle, sind wir eigentlich hier, Lily? Wir sind nicht so wichtig, als daß unsere Abwesenheit irgend jemandem auffallen würde.

Wir hätten den Nachmittag besser gemeinsam verbracht und jede Menge interessanter Dinge unternommen. So oft kommen wir schließlich auch nicht von unseren jeweiligen Ehepartnern weg. Du weißt, wie sehr du mir fehlst.«

»Du fehlst mir auch, mein Liebling, aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein. Wir sind jetzt beide Wolfs, und Stephanie und Daniel würden höchst ungehalten reagieren, wenn wir den Namen des Clans durch unsere Abwesenheit in Verruf brächten. Vielleicht würden sie der Sache sogar weiter nachgehen und herausfinden, was mit uns los ist. Ich habe den starken Verdacht, die beiden würden es sehr persönlich nehmen, wenn sie davon wüßten. Die Armen. Wenn wir Glück hätten, ließen sie uns auf der Stelle töten. Aber viel wahrscheinlicher würden sie sich offiziell von uns scheiden lassen und ohne einen Pfennig Geld und ohne Namen aus dem Clan verstoßen. Wir wären Ausgestoßene. Niemand würde einen Finger krümmen, um uns zu Hilfe zu kommen, nicht einmal unsere eigenen Familien. Ich habe mich bereits ziemlich an meinen gegenwärtigen Lebensstil gewöhnt, und ich habe nicht vor, irgend etwas zu unternehmen, womit ich all das aufs Spiel setzen könnte.

Einschließlich einer verschwitzten Horizontalen zusammen mit dir, Liebster. Wir müssen unsere Treffen sorgfältig planen und jede nur mögliche Vorsichtsmaßnahme treffen. Hab Geduld, mein Liebling. Die Dinge werden nicht immer so sein wie heute. Und was den Grund unseres Hierseins anbelangt, waren die Innereien zum ersten Mal recht deutlich. Irgend etwas Wichtiges wird passieren. Hier am Hof. Etwas von großer Bedeutung.