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»Wenn er dort draußen ist, dann werden wir ihn finden. Aber ich kann nicht sagen, wie sein Zustand sein wird. Heute starben eine Menge Leute oben in der Stadt.«

SB seufzte. Razor konnte verdammt stur sein, wenn er wollte. »Laßt uns über angenehmere Dinge sprechen, Investigator.

Machen wir wenigstens Fortschritte beim Infiltrieren der Wolf-Geschäfte?«

»Überraschend gute sogar. Daniel und Stephanie sind so mit ihren eigenen Intrigen beschäftigt, daß sie nicht nach rechts oder links blicken. Valentin verfolgt irgendwelche eigenen Interessen und hat ihnen genügend Freiheit gelassen, damit sie schwimmen oder untergehen. Sie haben sich nicht schlecht geschlagen, bisher jedenfalls, aber sie haben nicht die geringste Erfahrung mit Industriespionage. Wir haben inzwischen beinahe auf jeder Ebene ihrer Firma, vom niedrigsten Posten bis hin zum Vorstand, eigene Leute eingeschleust, die in keiner direkten Verbindung mit dem Chojiro-Clan stehen. Die Sicherheitsleute der Wolfs sind ziemlich gut, aber ohne kompetente Führung können sie nichts ausrichten.«

»Das ging für meinen Geschmack viel zu leicht«, erwiderte SB. »Ich kann einfach nicht glauben, daß Valentin überhaupt kein Interesse an der Gesellschaft zeigt. Schließlich ist sie die Basis der gegenwärtigen Stellung und des Reichtums seiner Familie. Er hat praktisch den letzten Kredit aus den Schatztruhen der Wolfs und der Feldglöcks investieren müssen, um die Gesellschaft ans Laufen zu bekommen, und er hatte kaum Reserven, die er für ein Sicherheitsnetz ausgeben konnte. Bald schon werden wir in einer Position sein, die uns erlaubt, die Fertigung der Hyperraumtriebwerke gründlich zu sabotieren.

Ich kann einfach nicht glauben, daß Valentin nicht weiß, was wir tun.«

»Er hat seine eigenen Interessen«, entgegnete Razor. »Ich bedaure, gestehen zu müssen, daß meine Leute bisher nicht herausfinden konnten, was diese Interessen außer dem, was ohnehin offensichtlich scheint, genau sein könnten. Die Leute, die wir hinter ihm hergeschickt haben, sind allesamt spurlos verschwunden.«

»Und Ihr findet das nicht besorgniserregend?«

»Investigatoren finden nichts besorgniserregend. Es schadet dem Ruf. Fahrt Ihr nur mit Euren Intrigen fort, und ich kümmere mich darum, daß niemand Euch in die Quere kommen kann.«

SB nickte knapp. »Wir können nicht länger warten, nur weil wir nicht wissen, was Valentin plant. Wenn überhaupt. Erteilt die notwendigen Befehle, Razor. Ich will bis zum Ende der nächsten Woche signifikante Fehler bei der Konstruktion des neuen Antriebs sehen. Stellt sicher, daß etwas Aufsehenerregendes dabei herauskommt. Etwas, auf das sich die Nachrichtensender stürzen werden. Wenn wir die Auslieferung der Antriebe nicht nur verzögern, sondern vollständig zum Erliegen bringen können, dann sollte es nicht mehr lange dauern, die Herrscherin davon zu überzeugen, daß die Wolfs nicht gut genug sind, um die Verantwortung für eine so bedeutsame Angelegenheit zu tragen. Und wir werden bereitstehen, im gleichen Augenblick alles zu übernehmen. Schließlich hat außer uns niemand so viel Anspruch darauf. Wir produzieren bereits die Lektronen für den neuen Antrieb.«

»Es sei denn, Valentin kennt unseren Plan und holt zu einem wirklich vernichtenden Gegenschlag aus.«

SB blickte Razor streng an. »Auf welcher Seite steht Ihr eigentlich, Investigator?«

»Stellt mir keine Fragen wie diese. Die Antwort würde Euch nur wütend machen. Was zählt, ist doch nur, daß ich geschworen habe, die Interessen Eures Clans mit meinem Leben zu verteidigen. So lange jedenfalls, wie ich bei Eurem Clan bleibe.«

»Sehr tröstlich, wirklich.« SB schniefte und wandte sich mit einer bedächtigen Bewegung um. Sie blickte zu Valentin hinüber. Der Wolf sprach angeregt mit einigen Leuten, die ganz den Eindruck erweckten, als wären sie lieber woanders. Sie beobachtete ihn für eine Weile, die Augen kalt wie Eis.

»Manchmal denke ich, wir sollten lieber einen vorbeugenden Schlag gegen den Wolf-Clan führen und mit Valentin anfangen. Eine wirklich feindliche Übernahme.«

»Das würde ich nicht empfehlen«, widersprach Razor. »Wir wissen zu wenig über die Wolfs im allgemeinen und über Valentin im besonderen. Nur ein Dummkopf springt kopfüber in ein Gewässer, dessen Tiefe er nicht kennt. Hinter Valentin steckt mehr, als wir wissen. Es muß so sein. Ich empfehle eine gelassenere Vorgehensweise. Die Schwachstellen der Wolfs sind Daniel und Stephanie. In ihrer verschlungenen Beziehung gibt es mit Sicherheit einiges, aus dem sich Profit schlagen läßt…«

»Und genau aus diesem Grund seid Ihr verantwortlich für die Durchführung unserer Sicherheitsmaßnahmen und nicht für deren Planung«, unterbrach ihn SB scharfzüngig. »Wir könnten mit den beiden anstellen, was wir wollen, einschließlich, sie langsam und qualvoll umzubringen, und Valentin würde einen Dreck darauf geben.«

»Aber wenn wir sie in den Griff bekämen, sie umdrehen könnten, vielleicht indem wir sie wegen ihrer Beziehung unter Druck setzen… oder indem wir ihnen Informationen über Lily und Michael zukommen lassen…«

»Nein«, entschied SB. »Daniel und Stephanie sind viel zu sprunghaft, um auf sie bauen zu können. Sie mögen schwach sein, aber sie sind immer noch Wolfs. Ich habe eine bessere Idee.«

Konstanze Wolf, die Witwe Jakobs, stand allein in der Menge. Sie war jetzt oft allein, egal, wohin sie ging. Achtzehn Jahre alt und noch immer in Schwarz gekleidet. Sie trauerte um ihren ermordeten Mann. Konstanze war groß und schlank. Eine atemberaubende Erscheinung, selbst auf einer Welt, wo Schönheit inzwischen alltäglich war. Doch das Feuer in ihr war erloschen, und sie wirkte wie eine welkende Blume. Wahrscheinlich war sie die einzige in der gesamten Wolf-Familie gewesen, die Jakob wirklich geliebt hatte. Die anderen hatten eine Weile getrauert, selbst Valentin, doch jeder hatte sein eigenes Leben zu leben, und das taten sie auch, sobald es sich nur irgendwie wieder einrichten ließ. Bis auf Konstanze. Sie hatte niemanden gehabt außer Jakob. Er war ihr Leben gewesen. Jetzt war er nicht mehr da, und die junge Witwe wußte nicht, was sie mit sich anfangen sollte. Sie hatte kein Interesse an Politik und Intrigen, und man erlaubte ihr nicht, bei Familienangelegenheiten mitzusprechen. Jakobs Kinder hatten seine letzte Heirat mit einer Frau, die jünger war als sie selbst, niemals gutgeheißen. Sie hatten die Möglichkeit gefürchtet, Jakob könne seine älteren Kinder enterben, entweder zu Konstanzes oder zugunsten ihrer gemeinsamen Kinder. Jetzt war er nicht mehr, und die drei jungen Wolfs konnten Konstanze endlich ignorieren. Und das taten sie auch, und ihre Erleichterung darüber war kaum verborgen.

Konstanze sah sich unter den versammelten Höflingen um, doch niemand erwiderte ihren Blick. Sie war niemand mehr, und keiner hatte Zeit, sich mit ihr abzugeben. Bis ihre Blicke die Augen einer Frau trafen, die sie anlächelte. SB Chojiro.

Konstanze runzelte nachdenklich die Stirn. SB setzte sich ohne sonderliche Eile in Bewegung und kam graziös trotz des tiefen Schnees, durch den sie stapfte, auf Konstanze zu. Konstanze wußte, daß sie die andere Frau als Feindin betrachten sollte, aber sie fand nicht die notwendige Energie dazu. SB blieb vor der jungen Witwe stehen und lächelte erneut.

»Wir hätten uns schon viel früher einmal unterhalten sollen, liebste Konstanze. Wir besitzen beide eine Menge Gemeinsamkeiten. Es ist hart für eine Frau, allein zu sein. Ich weiß.

Aber nur weil Eure Familie Euch verlassen hat, bedeutet das noch lange nicht, daß wir alle das gleiche getan haben. Ihr besitzt noch immer Freunde, Konstanze. Wenn Ihr mögt.«

Konstanze blickte Chojiro eisig an. »Mag schon sein, daß ich für meine Familie in Ungnade gefallen bin, Chojiro, aber ich bin nicht so tief gesunken, daß ich meine eigenen Verwandten verraten würde.«

SB hörte nicht eine Sekunde auf zu lächeln. »Ich denke, mein Vorschlag ist zum Besten des gesamten Wolf-Clans. Valentin führt Euch alle ins Verderben. Er hat sich in seiner eigenen Welt verloren, und er sieht nur noch das, was er sehen will.