Выбрать главу

»Selbstverständlich«, erwiderte Löwenstein. »Dram war nie an Bord der Unerschrocken. Er war die ganze Zeit über hier auf Golgatha und hat einen wichtigen Auftrag für mich erledigt.«

»Ich bin sicher, wir alle sind äußerst erleichtert, das zu hören«, sagte Valentin. »Aber wo könnte der Hohe Lord Dram denn in diesem Augenblick stecken?«

»Direkt hier«, lächelte die Imperatorin leichthin. »An meiner Seite. Wo er immer zu finden ist.«

Sie winkte leicht, ein holographischer Schirm fiel zusammen – und da stand Dram, neben ihr, zwischen Kardinal Kassar und dem Thron. Kassar wäre beinahe erschrocken in die Luft gesprungen. Er sah ganz danach aus, als hätte er genau das am liebsten getan. Jedenfalls wich er unwillkürlich einen Schritt zur Seite, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Lord Dram, Oberster Krieger des Imperiums und Prinzgemahl von Löwenstein XIV, stand in schwarzem Kampfanzug und langer pechschwarzer Robe an ihrer Seite, das bekannte sympathische Gesicht vielleicht ein wenig kalt und abwesend. Dram nickte den versammelten Höflingen zu, die ihn schweigend anstarrten.

Es hatte nie auch nur einen winzigen Funken Sympathie zwischen der rechten Hand der Herrscherin und der Versammlung der Lords gegeben. Valentin musterte Dram einen langen Augenblick, dann blickte er zu SB Chojiro, zuckte die Schultern und trat in die Menge zurück. Es machte keinen Sinn, ein verlorenes Spiel auszuspielen. SB Chojiro verneigte sich vor Löwenstein und Dram und trat ebenfalls zurück, um sich wieder zu Razor zu gesellen.

»Also das ist wirklich interessant«, murmelte Frost. »Wenn das da Dram sein soll – wen hatten wir dann die ganze Zeit über an Bord? Den echten Dram? Ist das hier ein Klon? Oder war es ein Klon, der mit uns auf der Wolflingswelt war, während der echte Dram zu Hause geblieben ist?«

»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte Schwejksam. »Aber in mir regt sich der starke Verdacht, daß diese Sorte Fragen wirklich üble Auswirkungen auf die Gesundheit des Fragenstellers haben könnte.«

»Worüber redet Ihr?« erkundigte sich Stelmach ungeduldig.

»Ich kann kein Wort verstehen, wenn Ihr so leise flüstert. Was werden wir jetzt tun?«

Schwejksam und Frost wechselten einen vielsagenden Blick.

Ohne es zu bemerken, hatten sie einmal mehr telepathischen Kontakt miteinander aufgenommen, und ihre Gedanken sprangen wie in einer Unterhaltung vom einen zum anderen. Was an und für sich vollkommen unmöglich hätte sein müssen, wenn man all die ESP-Blocker bedachte, auf denen Löwenstein während der Versammlungen bei Hof bestand. Noch etwas, über das sie sich unterhalten mußten, wenn sie erst allein und halbwegs sicher waren.

»Ich sage Euch, was wir tun werden.« Schwejksam sprach schließlich als erster wieder. »Wir werden unseren Mund halten, bis die Imperatorin uns erzählt, was wir zu sagen haben.

Und wenn sie sagt, daß das dort Lord Dram ist, dann ist es Lord Dram. Richtig?«

»Damit kann ich durchaus leben«, stimmte Frost zu.

»Richtig«, schloß sich auch Stelmach an, aber er schien nicht so recht glücklich damit zu sein.

Plötzlich entstand Unruhe unter den Höflingen, und dann trat ein nach der allerneuesten Mode mit goldenem Gehrock und hüfthohen Lederstiefeln bekleideter Mann vor und nahm eine herausfordernde Haltung ein. Sein Haar bestand aus langen, metallisierten Strähnen, die bronzen leuchteten, und sein Gesicht fluoreszierte blendend. Über seiner Brust hing ein dickes silbernes Medaillon, das ihn als gewähltes Mitglied des Parlaments auswies. Er warf einen raschen Blick in die Runde – wegen der Holokameras, von denen er wußte, daß sie irgendwo versteckt waren, auch wenn er sie nicht sehen konnte – und reckte sich stolz auf. Wie alle Politiker kannte er die Bedeutung einer guten Schau ganz genau. Und heute saß das halbe Imperium an den Holoschirmen.

»Euer Majestät, ich muß wirklich protestieren! Auch mir sind Informationen aus einer höchst verläßlichen Quelle zugeflossen, die selbstverständlich anonym bleiben muß, aus denen hervorgeht, daß jedes Wort zutrifft, das Lord Wolf gesagt hat.

Der Hohe Lord Dram ist tot. Er starb auf der Wolflingswelt, getötet vom ursprünglichen Todtsteltzer persönlich. Der Mann an Euer Majestät Seite ist bestenfalls ein Hochstapler und im schlimmsten Falle ein Klon, den Euer Majestät uns unterzuschieben versuchen. Nun, ich für meinen Teil lasse mich nicht an der Nase herumführen. Ich muß darauf bestehen, daß dieser… diese Person einem Gentest unterzogen wird, und zwar jetzt und an Ort und Stelle. Wir dürfen nicht zulassen, daß Euer Majestät ein Klon als Gemahl zur Seite steht.«

»Wir?« meldete sich Dram zu Wort. »Und wer mag das sein außer Euch?«

»Ich repräsentiere eine stattliche Anzahl meiner geschätzten Kollegen«, erwiderte der Abgeordnete. »Und ich denke, ich besitze den Zuspruch und die Unterstützung jedes loyalen Mannes und jeder Frau, die sich hier versammelt haben. Wir haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.«

Löwenstein beugte sich auf ihrem Thron vor. Ihr Gesicht wirkte ruhig und gelassen. »Sein Gesicht ist Uns nicht vertraut«, sagte sie. »Wie lautet doch gleich Sein Name…?«

Der Abgeordnete richtete sich noch höher auf, wenn das überhaupt möglich war. Seine Stimme klang stolz und selbstbewußt, als er verkündete: »Ich bin der Abgeordnete Richard Schott, neu gewählt und Vertreter von Grausee Ost. Ich gewann meine Wahl mit einem Reformprogramm für Wahrheit und gegen Korruption und Willkür in der Regierung. Es erscheint mir nur angemessen, daß mein Einsatz zur Verwirklichung dieser Ziele hier bei Hofe beginnt.«

Löwenstein nickte und lehnte sich zurück. »Das hätten Wir Uns denken können«, sagte sie. »Nichts auf der Welt ist großspuriger und aufgeblasener als ein neu gewählter Abgeordneter. Dram, kümmere Er sich darum.«

Dram nickte, und seine kalten dunklen Augen richteten sich auf Schott, der mit einemmal ein wenig verunsichert wirkte.

Welche Antwort er auch immer auf seine Herausforderung erwartet hatte, diese hier ganz bestimmt nicht. Kein Ärger, keine Wut, kein Dementi – nichts. Nur gelassene Gleichgültigkeit seitens der Eisernen Hexe und ein kalter abschätziger Blick von Dram. Schott begann sich zu fragen, ob er einen Fehler begangen hatte. Seine Kollegen hatten ihn laut unterstützt, aber inzwischen standen sie schweigend wie begossene Pudel in der Menge, und Schott war allein vor dem Thron. Dram trat vor, und Schott mußte gegen den Impuls ankämpfen zurückzuweichen. Er wollte einen starken, resoluten Eindruck hinterlassen.

Dram blieb zwischen Schott und dem Thron stehen. Sein plötzliches Grinsen war kalt wie der Tod.

»Die Imperatorin hat bereits vor dem versammelten Hof bekanntgegeben, daß ich der echte Dram bin. Indem Ihr dies bezweifelt, bezweifelt Ihr das Wort Ihrer Majestät. Genaugenommen habt Ihr sie sogar eine Lügnerin genannt. Und das ist eine Beleidigung, die nach Satisfaktion schreit. Eine Frage der Ehre. Ich vertrete Löwenstein in dieser Angelegenheit. Findet jemanden, der für Euch einsteht, oder verteidigt Euch selbst.

Hier und jetzt.«

Schott wurde leichenblaß, als er erkannte, in welche Falle er gegangen war. Niemand würde ihm jetzt noch helfen. Das Feld der Ehre war sakrosankt. Er schluckte mühsam. »Euer Majestät, ich muß protestieren. Abgeordnete sind von der Tradition des Duellierens ausgenommen!«

»Normalerweise habt Ihr damit recht«, sagte Dram ungerührt. »Aber Ihr habt die Herrscherin beleidigt, und das vor ihrem versammelten Hof. Eine derartige Beleidigung wiegt schwerer als jede Tradition.«

Schott wandte sich nicht um. Er wußte, daß er nur in verschlossene Gesichter blicken würde. Der Abgeordnete hob langsam die Hände, um zu zeigen, daß sie leer waren. »Ich besitze kein Schwert.«