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»Vater, bist du das?«

Der Gesandte von Shub gab keine Antwort. Daniel trat einen Schritt näher. »Vater, ich bin so allein, seit du nicht mehr da bist. Ich vermisse dich. Bist du da drin, irgendwo?«

Der Tote betrachtete den jungen Wolf eine Zeitlang, aber auf seinem Gesicht waren keinerlei Emotionen zu erkennen.

Schließlich sagte er: »Halt die Klappe, Danny. Du machst eine Szene. Du siehst doch, daß ich zu tun habe.« Dann wandte er sich wieder zur Löwenstein. »Wir verlangen eine Antwort von Euch. Unterwerft Euch, oder steht allein und laßt Euch vernichten.«

»Sich Shub zu unterwerfen läuft auf das gleiche heraus, als würde man Uns vernichten«, entgegnete Löwenstein. »Ihr habt in der Vergangenheit oft genug zu erkennen gegeben, was Ihr von organischem Leben haltet. Besser als Mensch sterben und tot bleiben, als von Euresgleichen und Euren Implantaten am Leben erhalten zu werden. Und jetzt verschwindet von hier, bevor ich Euch zu Ersatzteilen reduzieren lasse.«

»Wir sehen uns noch«, sagte der Geistkrieger und verschwand von einem Augenblick zum andern. Nur die Fußabdrücke im Schnee zeigten noch, wo er noch wenige Sekunden zuvor gestanden hatte. Daniel ließ die Schultern hängen und trottete zurück in die Menge, wo Stephanie ihn in die Arme schloß und fest an sich drückte, während er in Tränen ausbrach.

Valentin runzelte nachdenklich die Stirn. Einen Augenblick lang hatte es ganz danach ausgesehen, als hätte der Geistkrieger sich an seinen Sohn erinnert. Seine Antwort jedenfalls war typisch Jakob Wolf gewesen. War vielleicht ein kleiner Teil von ihm noch am Leben, gefangen in einem verfaulenden Körper und kontrolliert durch Prothesen und Implantate? Valentin hoffte es zumindest. Der Gedanke amüsierte ihn nicht schlecht, daß sein Vater selbst nach dem Tod noch litt. Doch dann seufzte er. Viel wahrscheinlicher hatte es sich nur um einen weiteren Trick der KIs gehandelt, um Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit unter ihren Feinden zu säen.

»Ruhe jetzt, verdammt noch mal!« donnerte die verstärkte Stimme der Imperatorin über den Hof hinweg und unterbrach das erregte Geschnatter ihres Gefolges. »Er ist weg, und alle sind in Sicherheit, außer natürlich, jemand entschließt sich, Uns weiterhin zu ärgern. Wir sind nicht blind gegenüber der Bedeutung des Erscheinens eines Geistkriegers an Unserem Hof, doch Wir müssen über die Implikationen nachdenken.

Zunächst einmal ist die erforderliche Energie für eine Langstreckenteleportation atemberaubend. Was uns zumindest einen Hinweis darauf gibt, wie verzweifelt die KIs von Shub nach Verbündeten gegen die herannahende Bedrohung durch die Fremden suchen. Zweitens müssen die Sicherheitssysteme meines Hofes ganz beträchtlich aufgerüstet werden, um ein derartiges Vorkommnis für die Zukunft auszuschließen. Und drittens gibt es unter meinen werten Untertanen einen Agenten von Shub. Irgend jemand muß ihnen die exakten Koordinaten für die Teleportation geliefert haben. Niemand wird den Hof verlassen, bis Wir uns davon überzeugt haben, daß jedermann der ist, für den er sich ausgibt.

Achtung, Sicherheitslektronen: Ich ordne hiermit Kode Omega Drei an. Ich will eine vollständige Abtastung jeder anwesenden Person. Keine Ausnahmen. Berichtet über sämtliche nichtmenschlichen Abweichungen, die nicht bereits in unseren Datenbänken gespeichert sind.«

Valentin spannte sich – und entspannte sich wieder. Er war zwar genaugenommen ein Agent der KIs von Shub, aber eine Sensorabtastung konnte das unter keinen Umständen ans Tageslicht bringen. Die einzigen Abweichungen seines Körpers von der Norm hatte er selbst erzeugt, und die waren chemischer und nicht technischer Natur. Ein Esper würde alles entdecken, doch die Imperatorin wußte genau, daß sie niemals mit der Untersuchung durch einen ihrer Esper durchkäme. Selbst unter den gegebenen Umständen nicht. Die Höflinge würden sich geschlossen dagegen verwahren. Es gab keinen, der nicht etwas zu verbergen hatte. Nein, die Imperatorin suchte nach etwas anderem. Nach Furien. Androiden in organischen Hüllen, tote Doppelgänger von menschlichen Opfern, in deren Rolle sie geschlüpft waren. Die heimlichen Meuchelmörder und Spione Shubs. Valentin blickte sich verstohlen um, doch niemand schien sich Gedanken zu machen oder gar in Richtung des Ausgangs zu drängen.

»Abtastung beendet«, meldete sich eine körperlose Stimme.

»Thomas LeBihan ist nicht menschlich. Die Tiefenabtastung zeigt, daß er ein Androide ist. LeBihan ist eine Furie.«

Plötzlich setzte Bewegung ein, als die Höflinge übereinander stolperten, um von dem nichtmenschlichen Ding in ihrer Mitte wegzukommen, das sich als LeBihan maskiert hatte. LeBihans Gesicht wurde vollkommen ausdruckslos, jetzt, da er sich nicht länger um menschliche Mimik zu kümmern brauchte. Lange, stählerne Dornen wuchsen aus seinem Körper und stießen durch die Kleidung, um jeden auf Distanz zu halten. Aus seinen Augen schossen Energiestrahlen, die ein halbes Dutzend Leute töteten. Seine Augen wurden dabei mit zerstört, doch es wurde rasch klar, daß LeBihan keine Augen benötigte, um zu sehen. In seinen Händen erschienen lange Klingen, die aus verborgenen Scheiden in den Unterarmen wuchsen. LeBihan bewegte sich mit unglaublicher Schnelligkeit vorwärts und fiel

über die Höflinge her, die ihm am nächsten standen. Er hackte und stieß und schnitt mit der typischen Perfektion einer Maschine. Blut spritzte und befleckte den Schnee. Schreie erfüllten die Luft. Die Höflinge wichen voller Panik zurück, doch sie waren nicht schnell genug. Sie waren schließlich nur Menschen. Das Schwert der Furie hob und senkte sich, schnitt durch Gliedmaßen und spaltete Schädel, und noch immer zeigte sich keinerlei menschliche Regung in dem kalten, maskenhaften Gesicht.

Dram und General Beckett stellten sich vor die Imperatorin, um Löwenstein vor der Furie zu schützen, während Kardinal Kassar einen strategischen Schritt zurückwich, um hinter dem Thron in Deckung zu tauchen, falls sich das als nötig erweisen sollte. Die Furie bahnte sich einen blutigen Weg durch die panikerfüllten Höflinge und fegte sie zur Seite wie blutige Lumpenbündel. Wer nicht rechtzeitig wegkam, wurde unter ihren stählernen Füßen zertrampelt. Schreie echoten durch die Luft, als aus den Augen des Androiden immer und immer wieder neue Energiestrahlen schossen. Investigator Razor warf Konstanze und SB in den Schnee und deckte sie mit seinem eigenen Körper. Nicht weit entfernt schirmte Daniel seine Schwester Stephanie auf die gleiche Weise ab, während Michael Daniels Frau Lily schützte. Die Augen der beiden Männer trafen sich für eine Sekunde, und Daniel runzelte die Stirn, als ein Verdacht in ihm aufkeimte. Doch er konnte den Gedanken nicht zu Ende denken, weil die Furie rasch näher kam. In der Zwischenzeit stand Valentin ungerührt an Ort und Stelle und genoß das Schauspiel. Er blieb auf seltsame Weise unverletzt, während rechts und links von ihm Menschen starben. Shub achtete darauf, daß seinen Alliierten nichts geschah. Auf der gegenüberliegenden Seite der Menge versteckte sich Stelmach hinter Schwejksam, und Schwejksam mußte all seine Kraft aufwenden, um Frost daran zu hindern, mit bloßen Händen auf die Furie loszugehen.

Löwenstein bellte einen Befehl. Ihre zwölf bewaffneten Leibwächter stürzten vor und umzingelten den Androiden. Der zögerte kurz und warf sich ihnen dann entgegen. Schwerter schnitten durch seine organische Hülle und prallten harmlos am darunterliegenden Stahl ab. Die Leibwächter trugen keine Pistolen. Löwenstein erlaubte keine Energiewaffen am Hof. Die Furie spannte sich. Die stählernen Dornen, die aus ihrem Körper gewachsen waren, schossen in alle Richtungen davon wie Schrapnells und durchbohrten die Wachen. Sie fielen keuchend in den Schnee und lagen still.

David Todtsteltzer und Kit Sommer-Eiland rannten nach vorn und packten zwei der zu Boden gefallenen Schwerter. Sie griffen die Furie von beiden Seiten zugleich an und waren längst wieder außer Reichweite, bevor die künstliche Kreatur ihre ganze Stärke ausspielen konnte. David fiel in den ZornModus. Nun war er der Furie in ihrer übermenschlichen Geschwindigkeit beinahe ebenbürtig, und die schiere Wut des Angriffs von Kid Death zwang die Furie zum Halten. Die beiden Freunde schnitzten dem Androiden nach und nach alles Fleisch von seinem stählernen Körper, doch sie konnten ihm trotz aller Anstrengung keinen wirklichen Schaden zufügen.