»Richtig!« stimmte Owen zu. »Seht es doch von der positiven Seite. Die Besteuerungsunterlagen sind ein einziges Chaos, wenn nicht vollkommen unbrauchbar, und so wird es wahrscheinlich für die nächsten Jahre bleiben. Und wir besitzen Milliarden von Kredits auf unseren geheimen Konten. Das Geld wird ausreichen, die Rebellion zu finanzieren. Was auch immer wir als nächstes unternehmen, dieser Anschlag hat es erst ermöglicht. Vergeßt das nicht, Ihr undankbarer Kerl, Ihr!«
»Wir wollen die gegenseitigen Beschimpfungen auf ein Mindestmaß beschränken, meine Herren!« fuhr Jakob Ohnesorg rasch dazwischen. »Ansonsten werden wir niemals zu einem Ergebnis kommen. Ich denke, wir stimmen alle darin überein, daß Golgatha mit Recht als Erfolg bezeichnet werden darf. Wir haben unsere Ziele erreicht. In Zukunft müssen wir eben ein wenig sorgfältiger planen, um unerwartete… Komplikationen zu berücksichtigen. Im Augenblick jedenfalls werden die erbeuteten Gelder bereits dazu verwendet, Rebellenstützpunkte und Untergrundbewegungen auf Planeten im gesamten Imperium zu etablieren. Mit diesen Geldern werden wir außerdem Schiffe und Waffen kaufen können und, wenn es sein muß, Söldnerarmeen. Ich weiß, daß vielen der Anwesenden dieser Gedanke schwer im Magen liegt, aber die Tatsache bleibt bestehen, daß wir eine Armee ausgebildeter Soldaten benötigen, wenn wir uns Löwensteins Streitkräften stellen wollen. Die Hadenmänner waren so freundlich, uns in dieser Hinsicht ihre volle Unterstützung zuzusagen, aber ich denke, wir alle würden ruhiger schlafen, wenn wir nicht von ihrem guten Willen abhängig wären. Vergeßt nicht, daß es Zeit und Erfahrung braucht, einfache Kämpfer zu richtigen Soldaten auszubilden.
Ich muß es wissen, schließlich habe ich es schon häufig getan.
Die Fremden… Sie sind ein unbekannter Faktor in der Gleichung. Wir werden uns damit befassen, wenn und falls die Situation es erfordert. Im Augenblick müssen wir uns auf den Feind konzentrieren, den wir kennen. Wir sind nicht völlig ohne eigene Waffen; zwei Esper-Klone sind als Repräsentanten der Untergrundbewegung Golgathas zu uns gekommen, und sie sprechen für eine ganze Armee im Kampf ausgebildeter Esper, die bereit sind, jeden Augenblick loszuschlagen. Investigator Topas ist unter den Anwesenden und vertritt die Bewohner von Nebelwelt. Ich bin sicher, ich muß Euch nicht erst an die Stärken des Rebellenplaneten erinnern. Er allein ist so gut wie eine ausgebildete Armee – wenn seine Bewohner sich dazu entschließen können, das gleiche Ziel zu verfolgen.«
Ein paar Leute kicherten unterdrückt. Die Bewohner Nebelwelts waren bekannt dafür, daß sie genausoviel Zeit mit ihren eigenen Streitereien verbrachten wie mit dem Kampf gegen das Imperium. Aber was sollte man schon anderes von einem Planeten erwarten, der ausschließlich von Rebellen, Ganoven und politisch Subversiven bewohnt war? Das Kichern erstarb, als Topas eisige Blicke um sich warf. Ohnesorg räusperte sich, und Owen stellte anerkennend fest, daß jedermanns Augen an den Lippen des berühmten Rebellen hingen. Jakobs alte Zuversicht schien zurückzukehren, als er mit seiner Aufgabe warm wurde. Er sah mehr und mehr nach dem legendären Helden aus, der er einmal gewesen war. An seiner Seite stand sein alter Freund und Kampfgefährte Alexander Sturm, der zustimmend zu allem nickte, was Ohnesorg von sich gab. Die beiden Waffenbrüder hatten sich auf die Schultern geschlagen und viel gelacht, als sie sich nach langer Zeit zum ersten Mal wiedergesehen hatten, und seit diesem Augenblick war Sturm keine Minute mehr von Ohnesorgs Seite gewichen. Auf diese Weise hatte er jedermann gezeigt, daß der Untergrund von Golgatha Ohnesorg stillschweigend unterstützte. Interessanterweise hatte Ruby sich überhaupt nicht mit Sturm anfreunden können, trotz alle seines Charmes. Natürlich konnte es sein, daß sie einfach nur auf jeden eifersüchtig war, der Ohnesorgs Aufmerksamkeit und Zuneigung in Anspruch nahm. Owen grinste bei diesem Gedanken. Er konnte noch immer nicht richtig verstehen, was die beiden aneinander fanden. Trotzdem schienen sie sich gut zu verstehen und glücklich zu sein. Jedenfalls lief es bei ihnen ganz eindeutig besser als bei Hazel und Owen. Er verdrängte den Gedanken mit einer bewußten Anstrengung. Hoffentlich fand Sturm einen Weg, mit Ruby zu einem Waffenstillstand zu kommen – sonst würde er wahrscheinlich mit einem Messer im Rücken enden. Oder sogar in der Brust. Ruby Reise konnte sehr direkt werden, wenn es darum ging, ihre Gefühle unter Umständen sehr direkt auszudrücken.
»Das klingt alles zu schön, um wahr zu sein«, mischte sich Elias Gutmann erneut ein und drängte sich durch die Menge nach vorn, wo er Ohnesorg mit unversöhnlichen Blicken anstarrte. »Aber wir haben die Frage noch nicht geklärt, wer bei dieser neuen Rebellion das Sagen haben wird. Jeder von uns ist mit anderen Sorgen und einer anderen Agenda hierhergekommen. Wir wollen im Endeffekt zwar alle das gleiche, doch irgend jemand wird entscheiden müssen, auf welchem Weg wir unser Ziel verfolgen. Meine Kollegen und ich haben seit Dekaden Aufstände und Unruhen geplant, und wir werden uns ganz bestimmt nicht auf eine Hinterbank verziehen, um ein paar dahergelaufenen Neuankömmlingen das Kommando zu überlassen, nur weil sie einige aufsehenerregende Erfolge vorzeigen können. Und ganz bestimmt werden wir uns nichts von einem alten Mann sagen lassen, der seine beste Zeit schon lange hinter sich hat. Ihr seid Vergangenheit, Jakob Ohnesorg, und wir müssen unseren Blick in die Zukunft richten. So berühmt Ihr auch sein mögt, die Tatsache bleibt bestehen, daß Ihr immer und immer wieder darin versagt habt, das Imperium zu stürzen.
Die neue Rebellion braucht einen besseren Führer als einen alten Mann mit fehlendem Charisma.«
Ohnesorg erwiderte gelassen den Blick des Dicken, ohne sich eine Reaktion auf die Beleidigungen anmerken zu lassen. »Hallo, Elias! Schön, Euch auch einmal wiederzusehen. Was machen die Hämorrhoiden? Ihr habt inzwischen beinahe so lange im verborgenen konspiriert, wie ich Armeen ins Feld geführt habe, aber ich kann nicht erkennen, daß Ihr erfolgreicher gewesen wärt als ich. Trotz all Eurer großartigen Intrigen und Pläne sitzt die Eiserne Hexe noch immer auf ihrem Thron. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als Ihr ein Knabe wart, Elias. Ihr wart so vielversprechend, was ist nur aus Euch geworden! Ich erinnere mich auch an Euren Vater. Ein guter und ehrenhafter Mann. Ein Glück, daß er tot ist; so muß er wenigstens nicht mit ansehen, was aus seinem Sohn geworden ist.«
»Natürlich ist er tot«, sagte Gutmann. »Ich habe ihn selbst umgebracht. Es ist der traditionelle Weg zu Macht und Einfluß, oder habt Ihr das vergessen? Die Alten müssen immer für die Jungen Platz machen. Und jetzt verschwindet endlich von Eurem Podest, und räumt den Platz für einen besseren Mann.«
»Selbstverständlich«, erwiderte Ohnesorg. »Kennt Ihr denn einen?«
Erneut wurde Kichern laut, und Gutmann errötete ein wenig.
»Schlaue Worte, Ohnesorg. Ich repräsentiere eine Gruppe von Leuten, die ihre eigenen Vorstellungen über den Verlauf dieser Rebellion besitzen. Wir haben Jahre unseres Lebens im Kampf gegen die Tyrannei und für die Freiheit investiert, und wir haben nicht die geringste Lust, noch mehr Zeit zu verschwenden, indem wir auf ein altes Wrack und seine überholten Ideen hören.«
Gutmann unterbrach sich, als Ruby einen Schritt vortrat und ihn mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen musterte.
»Du da! Benimm dich gefälligst, oder du bist draußen!«
»Und wie bitte wollt Ihr das anstellen?« Gutmann grinste selbstgefällig. »Schließlich bin ich nur ein Hologramm, meine Liebe. Euer wohlbekannter Hang zu Gewalttätigkeit nutzt Euch in diesem Fall überhaupt nichts. Ich habe noch eine ganze Menge mehr zu sagen, und Ihr könnt nichts unternehmen, um mich daran zu hindern.«