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Ich folgte dem Rat des Großen Magisters und setzte mich schweigend auf ein bequemes Sofa. Meine älteren Kollegen taten es mir nach.

»Juffin, du isst gern gut, oder?«, fragte Nuflin freundlich. »Ich hab mich schon gewundert, warum du so lange mit der Korrektur des Chrember-Gesetzbuchs gewartet hast. Meine Mitarbeiter haben ziemliche Angst vor Veränderung und meinen, die Opposition müsse erst mindestens zweihundert Jahre geschwiegen haben, ehe man sich an Reformen wagen dürfe. Aber diese Mitarbeiter sind allesamt Theoretiker. Kofa, du bist ein kluger Mensch - hast du die so genannte Opposition schon mal gesehen? Ich glaube nicht an ihre Existenz. Das sind doch nur kindliche Hirngespinste. Meine Mitarbeiter denken vermutlich, ein Leben ohne Feinde sei für den alten Nuflin zu langweilig. Also, Kofa, klär mich auf - vielleicht weiß ich ja zu wenig darüber, was die Bevölkerung so denkt.«

»Sie haben Recht«, bestätigte der Meister des Verhörs. »Wenn es Opposition gibt, dann sicher nicht in Echo. Und was kümmert es uns, wer sich in Landland etwas in den Bart brummt?«

»Na, das jagt uns mächtig Angst ein«, sagte Magister Nuflin und zwinkerte uns zu. »Da wissen wir gar nicht, was wir tun sollen. Schön, damit wäre das Thema Opposition erledigt. Juffin, jetzt erzähl du mir, wie dein Vorhaben aussehen soll, und wir bereiten alles vor. Unter uns gesagt - dein junger Mitarbeiter hat die letzten vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen. Weißt du das überhaupt? Es ist nicht gut, seine Leute so zu schikanieren. Na ja, du warst schon immer ein übler Kerl.«

»Er quält sich selbst - mich braucht er dazu nicht«, sagte mein Chef lächelnd. »Und was die Gesetzesänderung angeht: Ich werde jeden Koch wissen lassen, dass er mit erlaubter Magie - egal, ob schwarz oder weiß - experimentieren darf, aber nur bis zum zwölften Grad. Alles darüber bleibt verboten.«

»Warum hast du so lange darüber geschwiegen, Juffin? Glaubtest du, ich käme von selbst auf diese Idee? Wer hätte gedacht, dass die Leute demnächst ihr Essen wieder wie in der guten alten Zeit zubereiten können! Wir beide bekommen bestimmt an jedem Wirtshaus eine Gedenktafel. Und der junge König Gurig auch, damit er nicht eifersüchtig wird.«

Aufmerksam folgte ich dem Gespräch und begriff, dass uns das Chrember-Gesetzbuch bald nicht mehr beim Zubereiten von Delikatessen einschränken würde. Das erschreckte mich ein wenig. Ich war längst ein Vielfraß -was also würde aus mir werden, wenn nicht mehr nur mit Magie vierten, sondern maximal zwölften Grades gekocht wurde? Wann würde ich den Leibesumfang von Bubuta Boch erreichen? Und würde Lady Melamori dann nicht noch mehr Angst vor mir haben?

In diesem Moment hatte ich das Gefühl, es gebe noch einen, allerdings unsichtbaren Zuschauer. Obendrein hörte ich ein mir vertrautes, leicht herablassendes Kichern. Erstreckte sich die Neugier von Sir Maba Kaloch vielleicht auch auf profane Themen wie Essen und Trinken? Jedenfalls war ich überzeugt, dass nur er unsichtbar an wichtigen Gesprächen teilnehmen konnte.

Magister Nuflin unterbrach meinen Gedankengang.

»Na, was hast du zu diesem Thema zu sagen? Du isst doch sicher auch gern gut?«

»Natürlich. Allerdings bin ich kein besonderer Koch. Deshalb decken sich meine Ansichten mit der Lebensphilosophie von Sir Maba Kaloch: Egal, woher das Essen stammt - Hauptsache, es schmeckt. Habe ich das richtig dargestellt?«, fragte ich und sah in eine dunkle Ecke, aus der uns Sir Maba vermutlich beobachtete.

Ehrlich gesagt sollte das nur ein Witz für Sir Juffin sein. Ich dachte, mein Chef wüsste ihn zu schätzen, und die übrigen Anwesenden würden ihn nicht mal bemerken. Stattdessen starrten mich drei Personen an, als wäre ich eine Fleisch fressende Pflanze - mit Angst nämlich und Vorsicht.

»Juffin!«, unterbrach die Stimme des Großen Magisters die Stille. »Dein junger Mitarbeiter hat wirklich eine Spürnase! Wer hätte gedacht, dass er Sir Maba, diesen geriebenen alten Kerl, wittern kann! Wo hast du Max überhaupt aufgetrieben?«

»In der Gegend, wo Sie und ich Lojso Pondochwa begraben haben. Na ja, eigentlich noch ein Stück weiter.«

»Keine Frage - der Junge ist viel wert.«

Ich spürte, dass der Große Magister mich erneut musterte, und kann nicht sagen, dass mich das begeistert hätte, doch ich hielt es aus. Einen langen Augenblick fixierte mich Nuflin und sagte dann: »Junge, geh zu dem alten Schlaukopf Juffin und frag ihn, wann der alte Nuflin das letzte Mal so erstaunt war. Oder frag ihn besser nicht, denn das weiß ich selbst nicht mehr, und er kann sich bestimmt auch nicht daran erinnern. Aber wenn dich mal jemand fragen wird, kannst du gern sagen, dass der alte Nuflin am Abend des dritten Tages des 116. Jahres der Epoche des Gesetzbuchs erstaunt war - sehr, sehr erstaunt. Was kann ich für dich tun, Junge? Für so was bedanke ich mich lieber gleich, damit ich dir später nicht die Hände küssen muss.«

Ich stand verwirrt da, begriff nicht, was um mich herum geschah, entschied mich aber zu schweigen. Wenn der Große Magister Nuflin Moni Mach mich für ein Genie hält, soll es wohl so sein, dachte ich. Mir ist es vielleicht etwas peinlich, aber Juffin Halli freut sich bestimmt. Und eine Bitte an den Großen Magister hatte ich auch sofort parat: »Wenn Sie mich glücklich machen wollen, liegt das ganz in Ihrer Hand«, sagte ich und versuchte dabei ehrerbietig zu klingen, obwohl das anscheinend nicht nötig gewesen wäre.

»Aber Max, auch ohne dich weiß ich genau, was in meiner Macht liegt«, sagte der Alte lächelnd. »Also bitte zur Sache.«

»Erlauben Sie mir doch, mitunter normale Kleidung zu tragen. Natürlich nicht im Dienst, sondern in der Freizeit«, bat ich und öffnete demonstrativ meinen schwarzgoldenen Todesmantel. »Während der Arbeitszeit ist er notwendig und sehr kleidsam. Aber ich möchte manchmal unauffällig sein, um mich vor fremden Blicken zu schützen. Ich weiß auch, dass ich mich nicht erst aufzuregen brauche, damit meine Spucke giftig wird.«

»Wer hätte das gedacht - so ein netter Junge und doch so giftig!«, meinte Nuflin belustigt.

»Bedanken Sie sich dafür bei Magister Machligl Anoch«, sagte Juffin lächelnd. »Erinnern Sie sich noch an ihn?«

»Wie könnte ich diesen kleinen, tiefernsten Mann vergessen? Er hat dir also diese Gabe verliehen, Max? Das war sehr klug. Also hat sich Machligl schließlich doch noch als nützlich erwiesen. Juffin, sagt der Junge eigentlich die Wahrheit? Ist seine Spucke wirklich giftig? Ist er selbst dann gefährlich, wenn er gut gelaunt ist?«

»Max ist noch nicht klug genug, um Sie zu belügen, aber wer weiß, wie es in dreihundert Jahren aussieht.«

»Dem Himmel sei Dank, dass ich das nicht mehr erleben muss. Also gut, Max - wenn du nicht im Dienst bist, kannst du anziehen, was du willst. Denk aber bitte daran, dass du mir für diese Gefälligkeit etwas schuldest. Nicht jeden Tag ändert der alte Nuflin althergebrachte Traditionen.«

»Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin.«

Ich war tatsächlich überglücklich. Ich hatte die herrliche Freiheit geschenkt bekommen, wieder unauffällig zu leben, konnte also erneut ungestört mit Gästen im Wirtshaus plaudern, sympathischen alten Männern Tabak anbieten und flüchtige Bekanntschaft mit fremden Hunden schließen. Was braucht man mehr, um glücklich zu sein?

»Wenn du älter bist, wirst du verstehen, dass der Todesmantel nicht den Menschen ringsum nützt, sondern dir«, sagte der Große Magister belehrend. »Du wirst dich irgendwann sicher an die Worte des klugen alten Nuflin erinnern. Der Todesmantel ist - genau wie der Mantel eines Großen Magisters - ein gutes Instrument, um der Welt zu entsagen. Behaupte nun bitte nicht, du wollest der Welt nicht entsagen. Komm in fünfhundert Jahren wieder. Mal sehen, wie du dann darüber denkst.«