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»Locker bleiben!«, meinte Machi lächelnd. »Sie glauben gar nicht, Sir Max, wie lange ich auf dieses Treffen gewartet habe. Ich freue mich sehr, Ihnen endlich zu begegnen.«

Ich verstand nur Bahnhof. Dieser Mann wollte lange auf mich gewartet haben? Und sich freuen, mich endlich kennen zu lernen? Woher wusste er überhaupt, wer ich war? Meines Wissens stand Sir Juffin mit seinem Lehrer nicht in Briefkontakt.

»Na gut - falls Sie darauf bestehen, sich die ganze Zeit zu wundern, gehe ich wieder an meinen Tisch. Wenn Sie mit dem Staunen fertig sind, melden Sie sich bitte.«

»Sie brauchen nirgendwo hinzugehen. Ich habe mich schon beruhigt«, sagte ich und lächelte verlegen. »Natürlich kann derjenige, der dem ungemein klugen Juffin Halli so viel beigebracht hat, über alles auf der Welt Bescheid wissen.«

»Eine ausgezeichnete Antwort! Wissen Sie, ich habe mit Maba Kaloch gestritten ...«

»Oh, der ist auch hier?«

»Tja, wie soll ich sagen ... Im Moment anscheinend nicht. Aber bei Maba weiß man nie. Wie auch immer -er besucht mich manchmal. Wir haben über Sie gestritten und uns nicht einigen können. Ich hatte nicht geglaubt, dass Sie mal hier landen würden, und darum selbst einen Besuch bei Ihnen geplant. Und diese Idee wollte Maba Kaloch mir ausreden und behauptete, Sie würden innerhalb von ein, zwei Dutzend Tagen den Weg hierher finden. Dass es so schnell gehen würde, hatten wir beide nicht gedacht. Wissen Sie eigentlich, dass Sie ein Glückspilz sind?«

»Sir Juffin verkündet es mir regelmäßig. Was das anlangt, weiß ich freilich jede Menge Gegenargumente, aber die zählen nicht, wie ich vermute.«

»Richtig. Ihr Glückspilze seid einfach alle gleich. Aber dass Sie durch ein Wunder geboren worden sind, wissen Sie doch?«

Erstaunt schüttelte ich den Kopf. Bisher hatte ich nicht den Eindruck, meine Frühgeschichte sei allzu dramatisch gewesen.

»Details brauchen Sie nicht zu wissen. Glauben Sie mir ruhig! Ich habe übrigens das Gefühl, Sie würden jetzt gern eine Zigarette rauchen.«

Ich nickte. Das Problem war allerdings, dass meine Schachtel leer war und das Wunderkissen zu Hause lag.

»Maba hat Ihnen ein kleines Geschenk dagelassen und mich gebeten, Ihnen zu sagen, Sie würden alles so schnell lernen, dass Sie sich dieses Mitbringsel redlich verdient haben.«

Machi reichte mir eine volle Packung meiner Lieblingsmarke mit den drei goldenen Fünfen auf gelbem Hintergrund.

»Das ist ja eine tolle Überraschung!«, rief ich. »Sie haben Recht, Sir Machi - ich bin wirklich der größte Glückspilz des Universums.«

»Fast.« Mein Gesprächspartner nickte geistesabwesend. »Was kann ich Ihnen noch anbieten? Vielleicht etwas, das Ihre Nostalgie weckt? Fräulein Gelica!«

Die lächelnde Kellnerin tauchte erneut hinter meinem Rücken auf, stellte wortlos ein Tablett mit zwei Tassen auf unseren Tisch und verschwand still wie ein Schatten.

»Sie ist tatsächlich ein Schatten«, beantwortete Sir Machi meine nur in Gedanken gestellte Frage. »Aber ein sehr netter Schatten. Zufrieden?«

Schweigend betrachtete ich meine dampfende Tasse. Dieser Duft! Kamra ist natürlich was Feines, von dem ich viel trinken kann, aber das Aroma von Bohnenkaffee ist einfach unvergleichlich.

»Ich breche gleich in Tränen aus«, bekannte ich. »Sir Machi, ich stehe für immer in Ihrer Schuld.«

»In meiner Schuld stehen? Werfen Sie lieber nicht mit solchen Ausdrücken um sich. Das ist nicht ungefährlich - besonders in Ihrem Fall. Ihre Worte und Wünsche haben die rätselhafte Tendenz, in Erfüllung zu gehen. Ich glaube, auf diese Welt kommen lustige Zeiten zu, wenn Sie nicht bald alt und klug werden. Aber ich fürchte, weder Alter noch Klugheit drohen Ihnen in absehbarer Zeit.«

»Sündige Magister, Sir Machi - reden Sie immer in Rätseln?«

»Manchmal. Und in letzter Zeit schweige ich meist. Es bleibt Ihnen also nichts übrig, als zu leiden.«

»Gut, ich rauche jetzt eine Zigarette. Danach können Sie mit mir machen, was Sie wollen - ich bin mit allem einverstanden.«

»Tja, Ihr Spürsinn ist nicht allzu gut entwickelt. In dieser Situation hätte Juffin schon längst ein Dutzend Fragen gestellt, etliche Vorträge gehalten und mit dem Entwickeln von Hypothesen begonnen. Wollen Sie mir vielleicht gleich die entscheidende Frage stellen, um das geheimnisvolle Schicksal von Kettari zu klären?«

Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß, dass ich im Moment eine schlechte Figur mache. Zwar bin ich nicht besonders schlau, aber so dumm auch wieder nicht, um Sie mit Fragen zu löchern. Sie erzählen mir sowieso nur, was Sie für notwendig halten - und das auch ohne Fragerei.«

»Großartig«, rief Sir Machi erfreut. »Ich kann Juffin nur beneiden. Es ist sehr angenehm, mit Ihnen zu tun zu haben.«

»Das finde ich auch. Aber früher war ich anders. Erst das gute Essen und Juffins Scherze haben aus mir einen Engel gemacht.«

»Juffins Scherze? Lustig! Früher war er der humorloseste Mensch von Kettari. Ich habe zweihundert Jahre gebraucht, ihm wenigstens ein Lächeln abzuringen. Das fiel zwar immer noch schief aus, aber er hat sich wenigstens darum bemüht.«

Ich sah meinen Gesprächspartner ungläubig an.

»Na ja, eigentlich habe ich Besseres zu tun, als hier zu sitzen und mit Ihnen zu plaudern. Glauben Sie etwa, Juffin war von Anfang an so alt, klug und lustig? Ach, Sir Max, wir sind beide Glückspilze: Ich kann niemandem mehr von meiner Jugend erzählen, und Sie werden so schnell reif, dass niemandem Ihre Dummheiten im Gedächtnis bleiben. Na schön, trinken Sie das seltsame Zeug, solange es warm ist. Wenn Sie Nachschub wollen, sagen Sie Bescheid - heute ist Ihr Tag. Ich muss meine Schuld wiedergutmachen. Beinahe hätte ich Sie mit den Stadtplänen von Kettari in den Wahnsinn getrieben. Ich hätte nie gedacht, dass Ihnen die Unterschiede auffallen würden.«

»Reiner Zufall! Ich habe einfach die dumme Angewohnheit, auf jedem Plan zuerst nach meiner Adresse zu suchen.«

»Und warum waren Sie so schnell gestresst? Ist das auch eine dumme Angewohnheit?«

»Genau. Hatten Sie mir nicht Nachschub versprochen?«

Wieder verstand ich nicht, woher die Kellnerin so plötzlich mit einem neuen Tablett auftauchte. Offenbar war sie wirklich ein Schatten.

»Na schön«, meinte ich und nahm genüsslich einen Schluck frischen Kaffee. »Wenn die Spielregeln es erlauben, möchte ich Ihnen jetzt eine Frage stellen: Was ist los mit Kettari?«

»Sie hatten von Anfang an den richtigen Verdacht«, sagte Machi, nahm meine Tasse, schnupperte daran und stellte sie mit Abscheu zurück. »Sind Sie sicher, dass Sie das vertragen? Haben Sie keine Angst, davon krank zu werden?«

Ich schüttelte den Kopf und fragte weiter: »Neben dieser Welt existieren also noch andere Welten, ja?«

»Natürlich. Ich weiß aber nicht genau, wie diese Parallelität organisiert ist. Kettari existiert tatsächlich nicht mehr. Wie Sie sehen, gibt es die Stadt zwar, aber nicht dort, wo sie sein sollte, und nicht so, wie sie früher ausgesehen hat.«

»Und die hiesige Bevölkerung?«, fragte ich und hielt den Atem an. »Die Leute hier scheinen ganz normal zu sein.«

»Das sind sie auch - abgesehen davon, dass sie seit einiger Zeit als gestorben zu gelten haben. In Ihrer Sprache gibt es dafür ein sehr hübsches Wort, das ich mir unbedingt merken sollte. Na ja, die Bewohner hier wissen längst nicht alles. So sind sie zum Beispiel überzeugt, im Vereinigten Königreich zu leben, und sie haben ja auch keinen Grund, daran zu zweifeln. Sehen Sie - diese Leute können immer überallhin fahren. Sie können auch Gäste einladen, haben ihre Besucher aber schon vor der Stadt zu empfangen, damit die nicht vom Weg abkommen. Die Straßen rund um Kettari befinden sich - wie hier jedes Kind weiß - seit der letzten Schlacht um das Gesetzbuch in einem erbärmlichen Zustand. Darum ist es auch empfehlenswert, beim Verlassen der Stadt ein Amulett bei sich zu tragen, zum Beispiel einen Schlüssel, der das Tor zwischen den Welten aufsperren soll.«

»Dann ist Kettari also eine ganz andere Welt - so wie meine Heimat?«