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Sie packten sie beim Arm und führten sie weg. Sie kämpfte verzweifelt gegen ihre Griffe. Auch Louis kämpfte: Er kämpfte um jeden Schritt, der ihn wieder ein Stück von diesen langen Reihen der Lebensbaumpflanzen wegbrachte.

Chmeee hielt im Korridor an. Er löste die Knebel an Louis' Schutzhelm und klappe ihn nach hinten. »Jetzt darfst du wieder atmen, Louis. Der Wind bläst auf das Gewächshaus zu.«

Louis holte tief Luft. Der Geruch war zum Glück nicht mehr in diesem Wind, der sein Gesicht umfächelte. Sie nahmen jetzt auch Harkabeeparolyn den Helm ab, damit der Wind den Geruch des Lebensbaumes aus ihrem Anzug entfernte. Aber es schien wenig zu bewirken. Ihre Augen waren immer noch voller Wahnsinn, starrten ins Leere. Louis wischte ihr den Schaum vom Mund.

Der Kzin fragte:

»Kannst du wieder stehen? Kannst du sie daran hindern, in das Gewächshaus zurückzukehren? Und kannst du dich selbst bezwingen?«

»Ja. Niemand hätte dem Geruch widerstehen können. Nur ein entwöhnter Wonnestrom-Süchtiger.«

»Urrr?«

»Du kannst das nicht nachvollziehen. Du kannst es nicht wissen.«

»Nein, zum Glück nicht. Gib mir dein Fluggeschirr.«

Die Gurte saßen sehr straff. Sie mußten ihm weh tun, da sie in seine Wunden einschnitten. Chmeee blieb nur ein paar Minuten weg. Er kehrte mit Harkabeeparolyns Fluggeschirr, der Slaver-Doppelflinte und zwei Scheinwerfer-Lasern zurück.

Harkabeeparolyn war etwas ruhiger geworden. Vermutlich war ihre Erschöpfung der Grund dafür. Louis kämpfte gegen eine schreckliche Depression an. Er hörte kaum zu, als Chmeee sagte: »Wir scheinen eine Schlacht gewonnen, aber den Krieg verloren zu haben. Was sollen wir jetzt tun? Deine Frau und ich müssen behandelt werden. Das geht nur, wenn wir das Landungsboot erreichen.« »Wir werden uns durch die Heiße Nadel dorthin transportieren lassen. Aber warum sollen wir den Krieg verloren haben?«

»Du hast doch gehört, was Teela sagte. Die Heiße Nadel befindet sich im Stasisfeld, und wir haben nichts mehr außer unseren Händen. Wie sollen wir wissen, wie die Maschinen der Protektoren funktionieren, wenn wir nicht die Instrumente der Heißen Nadel zur Verfügung haben?«

»Wir haben gewonnen.« Louis' Depression war schon schlimm genug, auch ohne den Pessimismus des Kzin. »Teela ist nicht unfehlbar. Sie ist tot, oder etwa nicht? Woher wußte sie, ob der Hinterste überhaupt nach dem Schalter des Stasis-Feldes griff? Und warum sollte er das tun?«

»Er hatte einen Protektor in seinem Schiff, der nur durch eine Wand von ihm getrennt war.«

»Hatte er nicht einen Kzin in der gleichen Kabine gefangengehalten? Die Zwischenwand besteht aus einer General-Products-Zelle. Ich würde sagen, der Hinterste versuchte die Transportscheiben-Anlage abzuschalten. Er war nur ein bißchen zu langsam.«

Chmeee dachte darüber nach. »Noch besitzen wir den Zerstäuber.«

»Aber nur zwei Fluggeschirre. Überlegen wir mal, wie weit wir von der Heißen Nadel entfernt sind. Ungefähr zweitausend Meilen. Futz.«

»Was unternehmen die Menschen gegen einen gebrochenen Arm?«

»Sie schienen ihn.« Louis stand auf. Es war nicht leicht, sich zu bewegen. Er entdeckte ein Stück von einer Aluminiumschiene und mußte sich erst daran erinnern, wofür er sie benötigte. Als Verband stand ihnen nur das Superleiter-Tuch zur Verfügung. Harkabeeparolyns Arm schwoll beängstigend an. Louis schiente ihr den Arm. Er verwendete den schwarzen Draht, um Chmeees schlimmste Wunden zu vernähen.

Ohne Behandlung konnten sie beide sterben. Das war eine erste Hilfe, aber keine Behandlung. Und Louis hätte sich am liebsten niedergesetzt und wäre gestorben, so elend war ihm zumute. Bewegen, bewegen! Futz, es tut auch nicht weniger weh, wenn du nicht gehst. Du mußt irgendwann darüber hinwegkommen. Warum nicht jetzt?

»Ich muß eine Trage zwischen den Fluggeschirren befestigen. Was können wir dazu verwenden? Das Superleiter-Tuch ist nicht kräftig genug.«

»Wir müssen eben etwas finden, Louis. Aber ich bin zu schwer verwundet, um danach zu suchen.«

»Das ist nicht nötig. Hilf mir, Harkabeeparolyn diesen Anzug auszuziehen.«

Er verwendete den Laser dazu. Er schnitt mit dem Strahl den Anzug der Länge nach in zwei Teile. Dann zerschnitt er den losen Stoff in Streifen. Er stanzte Löcher in den Rand der einen Anzugshälfte und fädelte Streifen aus gummiertem Stoff durch die Löcher. Das andere Ende der Bänder befestigte er an den Gurten seines Fluggeschirrs.

Aus dem Anzug war eine Trage mit den Körperformen von Harkabeeparolyn geworden. Sie legten die verletzte Städtebauer-Frau hinein. Sie leistete keinen Widerstand mehr; aber sie rer dete kein Wort mit ihnen.

Chmeee sagte: »Raffiniert.«

»Vielen Dank. Kannst du fliegen?«

»Ich weiß nicht.«

»Versuche es. Wenn du nicht mehr weiter kannst, dich später aber wieder erholst, hast du ja immer noch ein Fluggeschirr. Vielleicht finden wir irgend etwas Auffälliges, wo ich dich zurücklassen kann und dich später wieder finde, wenn ich nach dir suche.«

Sie flogen durch den Tunnel, der sie zum Gewächshaus gebracht hatte. Chmeees Wunden bluteten wieder, und Louis wußte, daß er schreckliche Schmerzen litt. Sie waren drei Minuten unterwegs, als sie auf einen schwebenden Gegenstand trafen — eine Scheibe von fast zwei Metern Durchmesser, beladen mit allerlei Geräten und Werkzeugen. Sie hielten neben der Scheibe an, die ungefähr dreißig Zentimeter über dem Boden schwebte.

»Wir hätten es wissen müssen. Teelas Transportscheibe. Wieder einer von diesen interessanten Zufällen«, sagte Louis.

»Gehört das auch zu ihrem Spiel?«

»Ja. Wenn wir überlebten, mußten wir sie finden.« Alles auf dieser Scheibe erschien ihm seltsam und fremdartig, bis auf eine schwere Metallkiste, deren Haltebolzen abgeschweißt worden waren. »Kannst du dich an diese Kiste erinnern? Es ist das Erste-Hilfe-Paket auf Teelas Flugrad.«

»Es würde einem Kzin nicht helfen. Und die Medizin, die sich darin befindet, ist dreiundzwanzig irdische Jahre alt.«

»Für sie ist es besser als nichts. Du hast ja deine Allergiepillen, und hier gibt es nichts, womit du dich infizieren könntest. Wir sind nicht nahe genug bei der Weltkarte des Kzin, um deine artspezifischen Bakterien einzufangen.«

Der Kzin sah schlecht aus. Er hätte nicht mehr stehen dürfen. Er fragte: »Wirst du dich mit der Steuereinrichtung zurechtfinden? Ich traue es mir nicht mehr zu, sie selbst auszuprobieren.«

Louis schüttelte den Kopf. »Warum sollen wir uns damit abmühen? Du und Harkabeeparolyn — ihr steigt auf die Scheibe. Sie schwebt ja bereits. Ich werde sie schleppen. Ihr schlaft.«

»In Ordnung.«

»Schließe sie zuerst an das Erste-Hilfe-Gerät an. Und binde dich an der Steuersäule fest. Bindet euch beide fest.«

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Die beiden verschliefen die nächsten dreißig Stunden, während Louis die Schwebescheibe schleppte. Seine Rippen auf der rechten Seite des Brustkorbes waren eine einzige große rote Wunde.

Er hielt an, als er bemerkte, daß Harkabeeparolyn wach war.

Sie phantasierte von dem schrecklichen Zwang, der sie überwältigt hatte, von dem Entsetzen und dem Entzücken dieses betörenden Bösen, das im Lebensbaum steckte. Louis hatte versucht, nicht daran zu denken. Sie drückte sich verdammt poetisch aus, und sie konnte nicht aufhören, davon zu reden, und Louis wollte sie auch nicht zum Schweigen bringen. Sie mußte einfach davon reden.

Sie verlangte, daß Louis seine Arme um sie legte, um sie zu trösten. Soviel konnte er noch für sie tun.

Er hängte sich auch eine Stunde lang an Teelas alten Erste-Hilfe-Apparat. Als der Schmerz in seinen Rippen ein wenig nachließ und er sich nicht mehr ganz so elend fühlte, gab er ihr das Instrument zurück. Er hatte immer noch so viel Schmerzen, daß er von dem Geruch abgelenkt wurde, der ihn vollkommen ausfüllte. Vielleicht hatte sein Fluggeschirr an einem Lebensbaum gescheuert. Oder. vermutlich haftete der Geruch in seinem Gehirn. Für immer.

Chmeee hatte hohes Fieber. Louis konnte Harkabeeparolyn dazu überreden, Chmeees Schutzanzug zu tragen. Teela hatte ihn zwar bei dem Zweikampf mit Chmeee aufgeschlitzt, aber er bot einer Frau besseren Schutz als ihre nackte Haut, wenn sie sich neben einem phantasierenden Kzin zum Schlafen niederlegen mußte.

Wenigstens einmal rettete der Anzug Harkabeeparolyn das Leben, als Chmeee mit den Krallen nach ihr schlug, weil sie in seinem Fieberwahn Teela zu ähnlich sah. Sie hingegen pflegte den Kzin so gut sie konnte, flößte ihm Wasser und Nährflüssigkeit aus ihrem Druckanzug-Helm ein. Am vierten Tag war Chmeee wieder im Besitz seines Denkvermögens, aber er war immer noch schrecklich schwach. und furchtbar hungrig. Der Sirup in einem menschlichen Druckanzug reichte ihm als Nahrung nicht hin.

Sie brauchten alle vier Tage, um eine Position in gleicher Höhe mit der Heißen Nadel zu erreichen. Sie benötigten noch einen Tag, sich durch die Wände hindurchzugraben, bis sie einen Steinblock aus gegossenem Basalt fanden.

Eine Woche war vergangen, seit das flüssige Gestein sich verfestigte. Der Basaltblock war immer noch warm. Louis ließ die schwebende Scheibe mit den beiden Passagieren in dem Tunnel zurück, durch den Teela die Heiße Nadel geschleppt hatte. Er setzte den Schutzhelm seines Druckanzuges auf, der ihn mit frischer kalter Luft versorgte, ehe er die Slaver-Doppelflinte mit beiden Händen hochhob und auf den Auslöser drückte.

Ein Hurrikan von Staub hüllte ihn ein. Vor ihm bildete sich ein Tunnel, in den er langsam vorrückte.

Er sah nichts, hörte nur das heulende Geräusch des berstenden Basalts, der in einem Staubsturm an ihm vorbeiwehte und sich irgendwo hinter ihm blitzartig entzündete, wenn die Elektronenladung wieder ihr Vorrecht beanspruchte. Wieviel Lava hatte Teela auf das Raumschiff gegossen? Offenbar hatte sie Stunden mit dem Gießen verbracht.

Dann stieß er auf etwas.

Ja. Er blickte durch ein Fenster auf einen seltsamen Innenraum. Ein Wohnzimmer mit Couchen und einem schwebenden Kaffeetisch. Alles hatte ein merkwürdig sanftes Aussehen. Nirgends eine scharfe Ecke oder eine harte Kante — nichts, an das ein lebendes Wesen mit einem Knie anstoßen konnte. Durch ein zweites Fenster konnte er riesige Gebäude erkennen und einen Schimmer von einem schwarzen Himmel dazwischen. Pierson-Puppetiers bevölkerten die Straßen. Alles stand auf dem Kopf.

Das, was er für eine Couch gehalten hatte, mußte etwas anderes sein. Louis stellte den Handscheinwerfer-Laser auf schwache Energie ein. Er schaltete ihn ein und aus. Eine gute Minute lang passierte nichts. Dann erschien ein flachgedrückter weißer Kopf mit einem langen Hals, um aus einer flachen Schale zu trinken, und zuckte erschrocken zurück, um sich wieder im Bauchnabel zu verstecken.

Louis wartete.

Der Puppetier stand auf. Er führte Louis an der Wand des Schiffes entlang — langsam, weil Louis sich den Weg mit dem Zerstäuber freischaufeln mußte — bis zu der Stelle, wo er einen Transportscheiben-Sender an der Außenseite des Rumpfes angebracht hatte. Louis nickte. Er ging zurück zu der Stelle, wo er seine Begleiter zurückgelassen hatte.

Zehn Minuten später befand er sich im Raumschiff. Elf Minuten später fielen Harkabeeparolyn und er über eine Schüssel her wie die Kzinti. Chmeees Hunger war unbeschreiblich. Kawareksenjajok sah ihnen ehrfürchtig beim Essen zu. Harkabeeparolyn merkt gar nicht, was der Kzin verschlang.