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»Ich habe Ihren Wonnestecker, Louis. Ich verlange eine Erklärung.«

Weder Louis noch Chmeee gaben dem Hintersten diesmal eine Antwort.

»Also gut. Ich habe die Transportscheiben-Verbindung zwischen dem Landeboot und dem Raumschiff hergestellt. Die Sonde wird auch dafür als Relaisstation fungieren. Was Ihren Wonnestecker anbelangt, Louis, gebe ich Ihnen das Gerät nicht eher zurück, bis Sie gehorchen gelernt haben.«

Damit war sein Problem kurz und bündig ausgedrückt, dachte Louis.

Chmeee sagte: »Es freut mich, zu erfahren, daß wir fliehen können, wenn wir Fehler machen. Ist die Reichweite der Transportscheiben beschränkt?«

»Ihre Beschränkungen liegen im Energiebereich. Die Transportscheiben können nur eine beschränkte kinetische Energiedifferenz absorbieren. Das Raumschiff und das Landungsboot sollten sich nicht mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen, wenn Sie in das Raumschiff zurückkheren wollen. Außerdem sollten Sie sich immer auf der Steuerbordseite der Heißen Nadel aufhalten.«

»Das können wir mit unseren Plänen vereinbaren.«

»Wenn Sie vorhaben, das Landungsboot zu verlassen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß nur ich Ihnen die Flucht von der Ringwelt ermöglichen kann. Hören Sie mich, Chmeee, Louis? Die Ringwelt wird nach einem irdischen Jahr mit den Sonnenblenden zusammenstoßen.«

Chmeee hob mit Hilfe der von den Puppetiers entwickelten Repulsionsdüsen ab. Dann schaltete er kurz den Fusionsmotor im Heck des Landungsbootes ein und löste sich vom Rand der Ringweltmauer.

Zunächst war es gar nicht so einfach, mit den Repulsionsdüsen über den Ringweltboden zu fliegen. Da sie sowohl von der Mauer, die den Rand der Ringwelt bildete, als auch von der Landschaft, die unter ihnen lag, abgestoßen wurden, bewegte sich das Landungsboot in einer schrägen Kurve nach unten. Chmeee fing den Sturzflug auf einer Höhe von vierzig Meilen wieder auf.

Louis koppelte das Teleskop mit einem Monitor. Das Landungsboot glitt jetzt auf dem Schubstrahl seiner Repulsionsdüsen über die Atmosphäre dahin. Das Boot lag so still und ruhig im Raum wie ein Ballon. Es eignete sich vorzüglich als Weltraumstativ für ein Teleskop.

Lehmerde, mit Steinen vermischt, türmte sich zu Hügeln, die sich bis zum Fuß der Ringmauer ausbreiteten. Louis bewegte das Teleskop mit starker Vergrößerung an dieser Grenzlinie entlang. Nackte braune Erde vor glasigem Grau. Eine Unregelmäßigkeit würde er mühelos entdecken.

»Was suchst du denn dort?« fragte Chmeee.

Louis hätte antworten können, daß sie unter der Beobachtung des Puppetiers standen, der glaubte, sie suchten nach einem ausgebauten Materieumwandler. Statt dessen sagte er: »Eine Raumschiffbesatzung, die durch die Osmose-Schleuse kam, muß ungefähr hier die Ringwelt betreten haben. Aber ich kann nichts Sperriges entdecken, das auf eine weggeworfene Maschine hindeutet. Kleine Gegenstände interessieren uns doch nicht, oder? Denn sie haben bestimmt alles mitgenommen, was ihnen wertvoll erschien, und nur notgedrungen zurückgelassen, was sie nicht mehr zu schleppen vermochten.« Er hielt das Teleskop an. »Was sagst du dazu?« fragte er.

Auf dem Monitor zeichnete sich ein kegelförmiges Gebilde ab, das sich, ungefähr dreißig Meilen hoch, gegen die Ringmauer gestützt hatte. Wind und Wetter schienen hundert Millionen Jahre an diesem Gebilde gearbeitet zu haben, hatten alle Kanten von seiner Oberfläche abgeschliffen. Ein breiter Eisgürtel bedeckte den Fuß des Kegels; die Eisschicht war sehr dick und schien in einer Gletscherzunge zu enden.

»Die Ringwelt kopiert die Topographie erdähnlicher Planeten«, sagte Chmeee. »Aber dieser Berg paßt nicht in das Muster erdspezifischer geologischer Erscheinungen.«

»Ja. Man könnte diesen Halbkegel als Stilbruch bezeichnen. Berge treten in Ketten auf, und das trifft für dieses Gebilde nicht zu. Berge sind auch nicht so regelmäßig geformt. Aber da ist noch etwas, das mich stutzig macht. Alles auf dieser Welt ist vorgeprägt wie eine gedruckte Schaltung. Erinnerst du dich noch an unsere erste Expedition, als wir mit der Liar unter den Boden der Ringwelt flogen? Meeresböden zeigten sich im Hochrelief als Beulen oder Kuppeln. Berge als Kerben oder Beulen im versenkten Relief. Flüsse wie Adern auf dem Arm eines Gewichthebers. Selbst die Deltas der Flußmündungen waren im Ringweltmaterial vorgeprägt. Dieser Kunstplanet ist nicht dick genug, daß sich die Natur ihre eigenen Formen bilden könnte.«

»Hier gibt es auch keine tektonischen Prozesse, die die Landschaft umformen könnten.«

»Dann hätten wir also diesen Bergkegel dort drüben auf der Rückseite der Ringwelt vom Raumhafen aus sehen müssen. Ich sah ihn nicht. Du etwa?«

»Ich fliege etwas näher heran.«

Das war ein schwieriges Manöver. Der Kzin mußte die Fusionsmotoren einschalten, weil die Repulsionsdüsen das Schiff wieder von der Ringmauer abgedrängt hätten.

Sie kamen bis auf fünfzig Meilen an den Bergkegel heran — nahe genug, um auch die Stadt zu entdecken. Große graue Felsen ragten aus den Eisschichten heraus, und einige dieser Felsen zeigten Myriaden von schwarzen Schatten markierte Türen und Fenster. Als er das Teleskop darauf einstellte, zeigten sich auf den Monitoren Balkone mit Markisen und Hunderte von schmalen Hängebrücken, die sich wie Lianen kreuz und quer zwischen den Häusern spannten. Treppen waren in den Felsen gehackt; sie verzweigten sich zu seltsam geformten Spiralen, die mindestens eine halbe Meile lang waren. Eine Treppe reichte bis zur Baumgrenze in den Vorbergen hinunter.

Im Zentrum der Stadt hatte sich ein flaches Plateau gebildet, halb Stein, halb Permafrost. Die Einwohner der Stadt benützten das Plateau als Marktplatz. Blaßgoldene, winzige Gestalten bewegten sich dort unten, waren gerade noch im Teleskop zu erkennen. Trugen sie einen goldenen Pelz? Oder Kleider in dieser Farbe? Ein mächtiger Findling an der Schmalseite des Marktplatzes war zu einer Skulptur umgewandelt worden. Sie zeigte das Gesicht eines haarigen, pausbäckigen, wohlwollend blickenden Menschenaffen.

Louis sagte: »Versuche nicht, noch näher heranzukommen. Wir jagen ihnen einen tödlichen Schrecken ein, wenn wir mit unserem Fusionsantrieb landen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«

Eine vertikal angelegte Felsenstadt, in der schätzungsweise zehntausend Leute leben. Das Tiefenradarbild zeigte, daß man sie nicht sehr tief in den Felsen gegraben hatte. Tatsächlich schienen diese Steinkegel, in denen sich die Wohnhöhlen aneinanderdrängten wie Waben in einem Bienenstock, aus schmutzigem Permafrost zu bestehen.

»Wollen wir sie nicht befragen, was es mit diesem seltsamen Berg auf sich hat?«

»Ich würde nur zu gerne mit ihnen reden«, erwiderte Louis ehrlich. »Aber schau dir mal die beiden Monitoren des Spektographen und des Tiefenradars an. Sie verwenden weder Metalle noch Plastik, ganz zu schweigen von monokristallinen Stoffen. Ich möchte gar nicht wissen, woraus diese Brücken gebaut sind. Die Bewohner dieser Stadt sind Primitive. Sie glauben wohl, sie leben auf einem Berg.«

»Ich bin der gleichen Meinung. Es ist zu schwierig, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Wohin fliegen wir jetzt? Zur schwebenden Stadt?«

»Ja, wir orientieren uns nach dem Sonnenblumenfeld.«

Eine Schattenblende schob sich vor die Sonnenscheibe.

Chmeee zündete wieder den Heckmotor, beschleunigte auf zehntausend Meilen pro Stunde und stellte den Schub erneut ab. Sie flogen nicht so schnell, daß sie keine Einzelheiten mehr ausmachen konnten, aber die Geschwindigkeit war schnell genug, daß sie ihr Ziel ungefähr in zehn Stunden erreichen mußten. Louis betrachtete die Landschaft, die unter ihnen dahinraste.