»Bei Gott, nicht ohne Grund.«
»Ich wünschte mir nur, wir könnten ihnen helfen.« Der Schwanz des Kzin zuckte hin und her. »Aber wir haben natürlich Wichtigeres zu tun. Wir kämpfen mit Sonnenblumen. Hattest du eine angenehme Nacht?«
»Ja.«
»Dann solltest du eigentlich jetzt lächeln.«
»Du glaubst, ich hätte Grund dazu? Du hättest ja zuschauen können. Außer dir haben das alle getan. In diesem großen Gebäude gibt es keine Wände. Das ist wie ein einziges großes Bett. Jedenfalls schauen sie gerne dabei zu.«
»Ich kann den Geruch nicht ausstehen.«
Louis lachte. »Es ist ein starker Geruch. Stark, nicht streng. Und ich mußte mich auf einen Stuhl stellen. Und die Frau war. gefügig.«
»Frauen sollen so sein.«
»Aber doch nicht menschliche Frauen! Und sie sind nicht einmal dumm. Ich konnte natürlich nicht mit ihnen reden, aber ich hörte zu.« Louis deutete mit dem Zeigefinger auf den Knopf an seinem Ohr. »Ich hörte, wie Reeth die Putzabteilung organisierte. Sie ist gut. He, du hattest recht. Sie sind genau so organisiert wie eine Rinderherde. Die Frauen sind alle die Gattinen des Riesenkönigs. Kein anderer Mann darf sie vernaschen, nur manchmal stiftet der Riesenkönig einen Feiertag und nimmt dann Urlaub, so daß er nicht zuzuschauen braucht. Kommt er vom Urlaub zurück, ist der Spaß vorbei und offiziell war nichts. Jeder ist natürlich ein bißchen verschnupft, weil wir den König von dem Kommandounternehmen vor zwei Tagen wieder lebend nach Hause brachten.«
»Wie ist das eigentlich so mit den menschlichen Frauen?«
»Oh. Orgasmus. Die Männchen aller Säugetiere haben einen Orgasmus. Die Weibchen in der Regel nicht. Aber menschliche Frauen haben ihn. Doch diese Riesenfrauen nehmen es nur hin. Sie nehmen gewissermaßen nicht daran teil.«
»Hat es dir Spaß gemacht?«
»Natürlich. Schließlich ist es ja Sex, nicht wahr. Aber man muß sich schon ein bißchen daran gewöhnen, daß ich Reeth nicht dazu bringen konnte, es so zu genießen wie ich, da sie das gar nicht kann.«
»Ich kann es ihr nachempfinden«, erwiderte Chmeee, »zumal keine meiner Frauen unter zweihundert Jahren von mir entfernt ist. Was müssen wir jetzt tun?«
»Auf den Riesenkönig warten. Vielleicht ist er ein bißchen groggy heute morgen. Er mußte sich heute nacht bei seinen Frauen wieder in Erinnerung bringen. Und da ich ja seine Sprache nicht verstehe, konnte er sie mir nur auf diese Weise vorstellen. Er ist. zum Fürchten. Er bediente — oder sollte ich lieber abfertigen sagen? — mindestens ein Dutzend Frauen, und ich versuchte bei der Vorstellung mit ihm Schritt zu halten, aber es tat meinem Ego natürlich nicht gut, daß ich. ach, lassen wir das.« Jetzt grinste Louis.
»Louis?«
»Mein Zeugungsorgan entspricht meinen Körpermaßen.«
»Der Wächter erzählte mir, daß die Frauen anderer Gattungen von den Riesenmännchen zutiefst beeindruckt wären. Die Riesenmännchen praktizieren Rishathra, so oft sie können. Deswegen schätzen sie Friedensverhandlungen über alles. Der Wächter war sehr enttäuscht davon, daß Louis dich nicht als Weibchen erschuf.«
»Louis hatte es eilig«, sagte Wu und betrat das Landungsboot.
Am Abend zuvor hatten die Schnitter des Stammes große Säcke voll Gras in der Nähe des Langhauses ausgeleert. Die Wächter und der Riesenkönig hatten den größten Teil dieses Grashaufens aufgezehrt; die Schnitter selbst futterten offenbar bei der Arbeit. Louis sah, wie der König einen Umweg zur Futterstelle machte, ehe er zum Raumschiff kam. Er verspeiste den Rest des Haufens zum Frühstück.
Pflanzenesser zu sein, hatte entschiedene Nachteile, dachte Louis. — Man verbrauchte die meiste Zeit seines Lebens für das Essen. Wie hatten die Humanoiden nur ihre Intelligenz bewahren können? Chmeee hatte recht — man brauchte nicht viel Grütze dazu, um sich an einen Grashalm heranzupirschen. Vielleicht gehörte Intelligenz dazu, sich davor zu hüten, daß man gefressen wurde. Oder es gehörte schon eine kräftige Portion Schläue dazu, sich an eine Sonnenblume heranzupirschen.
Louis fühlte sich beobachtet. Er drehte sich um. Nichts.
Es wäre schon peinlich gewesen, wenn der Riesenkönig entdeckt hätte, daß Louis ihm einen Bären aufgebunden hatte. Aber Louis war alleine auf dem Flugdeck, wenn man die elektronischen Augen des Puppetiers nicht berücksichtigte. Aber weshalb klingelten ihm die Ohren? Er drehte sich noch einmal um und traute seinen Augen nicht. Der Wonnestecker starrte ihn an. Das schwarze Plastikgehäuse lag auf der Transportscheibe.
So ein kurzer Wonnestrom-Stoß hätte ihm wirklich das Gefühl gegeben, Gott zu sein. Aber er würde ihm auch gründlich den Auftritt verpatzen. Er erinnerte sich, was Chmeee gesagt hatte. Er sähe mit eingeschaltetem Wonnestecker aus wie eine »hin- und herpendelnde Unterwasserpflanze«. Er drehte dem Stecker wieder den Rücken zu.
Der Riesenkönig trug heute keinen Panzer. Sobald Chmeee mit ihm die Raumschiffkabine betrat, hob der Kzin beide Hände zur Decke, legte die Handflächen zusammen und rezitierte: »Louis, Louis!« Der Riese ahmte alles nach, was Chmeee tat.
»Besorge mir eine von den Repulsionsplatten«, sagte Louis. »Lege sie auf den Boden. Gut. Nun hole ein Stück von dem Superleiter-Tuch. Drei Türen tiefer, der große Schrank. Ja. Wickle das Tuch um die Repulsionsplatte. Ganz einwickeln, aber die Falte über die Kontrollknöpfe legen, damit du daran drehen kannst. Chmeee, wie stark ist das Tuch?«
»Einen Moment, Louis. Siehst du, man kann es mit einem Messer zerschneiden. Aber ich bezweifle, daß man es mit den Hände zerreißen kann.«
»Gut. Nun besorge mir zwanzig Meilen Superleiter-Draht. Wickle ein Ende um die Repulsionsplatte. Aber du mußt den Draht gründlich befestigen, mit mehreren Schleifen. Knauser nicht damit. So ist es gut. Und jetzt wickle den Rest des Drahtes um die Platte, daß er sich nicht verheddert, wenn er sich abspulen muß. Ich brauche das andere Ende. Chmeee, du machst das. König der Grasesser, ich brauche den größten Stein, den du gerade noch tragen kannst. Du kennst dieses Land. Finde ihn, und bringe ihn hierher.«
Der Riesenkönig starrte an die Decke, senkte dann die Augen und verließ wortlos das Raumschiff. Chmeee sagte: »Mir dreht sich der Magen um, weil ich deine Befehle so widerspruchslos hinnehmen muß.«
»Aber du hast dir doch das Spiel ausgedacht. Zudem stirbst du vor Neugierde, wie die Sache weitergeht. Aber.«
»Ich könnte dich zwingen, mir deinen Plan zu verraten.«
»Ich kann dir etwas Besseres anbieten. Komm bitte zu mir herauf.«
Chmeee kam durch den Niedergang auf das Flugdeck, Louis fragte: »Was siehst du auf der Transportscheibe?«
Chmeee nahm den Wonnestecker hoch.
Louis Stimme sagte heiser: »Zerquetsche das Ding!«
Der Kzin schmetterte das kleine Gehäuse gegen die Wand. Doch es bekam nicht einmal eine Delle davon. Er öffnete die Plastikschale und wühlte mit einem Rumpfmetallmesser in den Eingeweiden des Wonnesteckers. Dann sagte er: »Jetzt kann man ihn nicht mehr reparieren.«
»Gut.«
»Ich werde unten auf den Grasfresser warten.«
»Nein, ich komme mit. Ich möchte mich davon überzeugen, ob du meine Vorschriften befolgt hast. Und ich habe Hunger.« Er war sich seiner anderen Gefühle nicht so sicher. Rishathra hatte seine Erwartungen nicht ganz erfüllt, und die reine Seligkeit des Wonnestromes war für immer vorbei. Aber. Käsefondue? Richtig. Und Freiheit. Und Stolz. In ein paar Stunden würde er die Invasionsarmee der Sonnenblumen vernichten und Chmeee das Fürchten lehren. Louis Wu, der Ex-Süchtige, dessen Gehirn sich doch noch nicht in Haferbrei verwandelt hatte.