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Sie schwammen jetzt in einem Strom von Kastenwagen. Die Luft war verpestet mit Alkohol. Vala kroch im ersten Gang dahin. Louis kroch fast unter das Armaturenbrett. Die anderen Fahrer hatten jetzt großzügigen Einblick in das Führerhaus und konnten sich den sonderbaren Mann von den Sternen genau betrachten.

Aber sie taten es nicht. Sie sahen weder Louis noch die anderen Wagenlenker. Sie schienen nur Augen für die anderen Fahrzeuge zu haben. Und Vala fuhr weiter bis zum Mittelpunkt der Stadt.

Hier standen die Häuser dicht gedrängt, drei oder vier Stockwerke hoch, schmale Kragen, zwischen denen kein Millimeter Platz blieb. Oben ragten sie über die Straße vor und blockierten das Tageslicht. Einen scharfen Kontrast zu diesen Wohngebäuden bildeten die öffentlichen Gebäude, klotzige, langgestreckte Kästen, die sich auf großzügigen Grundstücken breitmachen konnten. Hier wurde immer nur um den Boden gerangelt, nicht der Höhe nach gewetteifert. Das überließen sie der fliegenden Stadt, die über diesem Gemeinwesen schwebte.

Vala deutete auf die Handelsschule, ein weiter Komplex aufwendiger Steingebäude. Einen Block weiter deutete sie auf eine Nebenstraße. »Meine Wohnung befindet sich dort in der Häuserzeile, die aus pinkfarbenen gegossenen Steinen. Siehst du es?«

»Hat es Sinn, dort hinzufahren?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe gründlich darüber nachgedacht. Nein. Mein Vater würde dir niemals glauben. Er findet, daß selbst die Behauptungen der Städtebauer größtenteils nur Angeberei und Lügen sind. Auch ich war dieser Meinung, aber was du mir von dieser. Dieser Halrloprillalar erzählt hast.«

Louis lachte.

»Sie war eine Lügnerin. Aber ihre Artgenossen regierten tatsächlich einmal über die Ringwelt.«

Sie verließen die Umkehr der Flüsse und fuhren in Richtung Backbord weiter, Vala ließ die Häuser ein paar Meilen hinter sich, ehe sie die letzte der Brücken überquerte. An der Backbordseite des großen Schattens bog sie in eine fast unsichtbare Seitenstraße ein und parkte an deren Ende.

Sie traten in das viel zu grelle Sonnenlicht hinaus und gingen schweigend an die Arbeit. Louis hob mit Hilfe seines Fluggeschirres einen tonnenschweren Felsblock an. Valavirgillin hob an der Stelle, wo er gelegen hatte, eine flache Grube aus, in die sie fast den ganzen Vorrat von Louis Superleiter-Tuch hineinlegte. Dann schüttete sie wieder die Grube mit Erde zu, und Louis verschloß schließlich das Versteck mit dem Felsblock, den er an die alte Stelle rückte.

Er verstaute das Fluggeschirr in Valas Tornister und schnallte ihn über die Schulter. Der Tornister enthielt bereits seine Panzerweste, seine Schutzbrille mit den Okularen, den Handscheinwerfer-Laser und die Flasche voller Nektar. Der Tornister war schwer und sperrig. Louis setzte ihn zurück auf die Erde und stellte das Fluggeschirr so ein, daß es ihm beim Tragen half. Den Übersetzer legte er ganz obenauf, ehe er den Reißverschluß zuzog und schwang das Gepäckstück dann wieder auf den Rücken.

Er trug eine paar von Valas Shorts, die er mit einem Strick um die Hüften befestigt hatte. Sie waren viel zu groß für ihn. Sein haarloses Gesicht würde nicht auffallen. Man würde es für ein natürliches Merkmal seiner Rasse halten. Nichts an ihm deutete auf den Weltraum-Reisenden hin, wenn man einmal von dem Ohrstöpsel seines Übersetzers absah. Das wollte er riskieren.

Er vermochte fast nichts in seiner Umgebung zu erkennen. Das Tageslicht war viel zu grell, und als sie in den Schatten hineingingen, war es dort wiederum zu dunkel. Sie schritten förmlich vom Tag in die Nacht hinein.

Vala schien mühelos ihren Weg zu finden. Louis folgte dichtauf. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er sah, daß sie auf einem schmalen Pfad zwischen Beeten voller Gewächsen gingen.

Die Pilze reichten von Knopfgröße bis zu asymetrischen Gebilden, die Louis über den Kopf reichten. Deren Stengel waren so dick wie seine Hüften. Manche ähnelten den irdischen Pilzen, andere wieder hatten überhaupt keine Form. Ein Geruch von Verwesung hing in der Luft. Manchmal schossen die Sonnenstrahlen senkrecht durch die Lücken zwischen den schwebenden Gebäuden nach unten. Diese Strahlenbündel waren so grell, daß sie aussahen wie Säulen aus solidem, spiegelndem Metall.

Gekräuselte gelbe Pike mit scharlachroten Rändern wucherten auf einem Block aus grauem Schiefer. Mittelalterliche Lanzen standen kerzengerade, weiße Schäfte mit blutroten Spitzen.

Ein Fell mit orangefarbenen und gelben Mustern überzog einen morschen Baumstamm.

Die Leute, die hier arbeiteten, waren fast so bunt gemischt wie die Pilze. Da waren Angehörige des Läufer-Volkes, die mit einer Zwei-Hand-Säge einen großen elliptisch geformten Pilz mit orangefarbener Halskrause fällten. Wesen mit breiten Gesichtern und mächtigen Händen füllten weiße Knopfpilze in einen Korb. Gras-Riesen trugen die gefüllten Körbe zu einem Sammelbehälter. Vala gab flüsternd Erläuterungen: »Die meisten Arten ziehen es vor, sich in Gruppen zu vermieten, um sich gegen den Kulturschock abzuschirmen. Sie wohnen auch in getrennten Unterkünften.«

Da war ein halbes Hundert Leute bei der Arbeit und harkten Kompost und Mist auf die Beete; Louis konnte den Dünger schon aus großer Entfernung riechen. Waren das Arbeiter von Valas Spezies? Ja, es waren Maschinen-Leute, aber zwei von ihnen standen abseits, sahen zu und waren mit Gewehren bewaffnet. »Was sind denn das für Leute? Gefangene?«

»Gefangene, die wegen kleiner Delikte verurteilt wurden. Zwanzig oder fünfzig Falans lang dienen sie der Gemeinschaft in diesem.« Sie unterbrach sich. Einer der Wächter kam auf sie zu.

Er begrüßte Vala. »Lady, Sie sollten sich hier nicht aufhalten. Diese Misthändler finden vielleicht Gefallen an Ihnen und nehmen Sie zur Geisel.«

Vala klang erschöpft: »Mein Wagen streikte. Ich muß zur Akademie und Bescheid sagen, was passiert ist. Bitte, darf ich durch die Schatten-Farm gehen? Wir wurden alle umgebracht. Alle wurden von Vampiren getötet. Sie müssen das erfahren. Bitte!«

Der Wächter zögerte. »Also gut. Sie dürfen passieren. Aber nicht ohne eine Eskorte.« Er pfiff ein paar Töne. Es hörte sich an wie ein Leitmotiv. Dann wandte er sich Louis zu: »Und was ist mit dir?«

Vala antwortete an Louis Stelle: »Ich mietete ihn, damit er mein Gepäck tragen soll.«

Der Wächter sprach langsam und deutlich: »Du gehst mit der Lady so lange mit, wie sie dich braucht. Aber du bleibst in den Grenzen der Schatten-Farm. Dann kehrst du wieder zu deinem Arbeitsplatz zurück. Was hast du zuletzt gearbeitet?«

Louis war ohne seinen Übersetzer zur Stummheit verurteilt. Er dachte an den Handscheinwerfer-Laser, den er in seinem Tornister vergraben hatte. Er legte die Hand auf einen Felsblock, der mit lavendelfarbenen Pilzen bewachsen war. Dann deutete er auf einen Schiefer, auf dem ähnliche Pilze wucherten.

»Okay.« Der Wächter blickte über Louis Schulter. »Ah.«

Der Geruch sagte Louis schon alles, ehe er sich umdrehte. Er wartete mit stoischer Ruhe, während der Wächter zwei Kobolde instruierte: »Bringt die Lady und ihren Gepäckträger zum anderen Ende der Schatten-Farm. Paßt auf, daß ihnen nichts zustößt.«

Sie gingen in einer Reihe den Pfad hinunter, der zum Zentrum der Schattenfarm führte. Der männliche Kobold ging an der Spitze, der weibliche bildete den Schluß. Der Geruch der Verwesung wurde strenger. Schlitten, die mit Düngemittel beladen waren, glitten auf anderen Wegen an ihnen vorüber.

Tanj! Wie sollte er jetzt die Kobolde wieder loswerden?

Louis bückte zurück. Das Koboldweibchen grinste ihn an. Ihr machte dieser strenge Geruch bestimmt nichts aus. Ihre Zähne waren mächtige Dreiecke, ausgezeichnet dafür geeignet, rohes Fleisch zu zerreißen. Ihre Koboldohren standen aufrecht. Wie ihr Geschlechtspartner trug sie eine große Tasche an einem Tragriemen über der Schulter. Sonst war sie nackt. Fast alle Partien ihres Körpers waren mit einem dichten Haarkleid bedeckt.