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Erst gegen Abend wachte er wieder auf. Das Bett bewegte sich zweimal unter ihm, und er blinzelte und rollte sich auf den Rücken. Er sah Laliskareerlyar und einen Mann von der Städtebauer-Rasse neben sich stehen, der ebenfalls schon vom Alter gezeichnet war.

Laliskareerlyar stellte ihn als Fortaralisplyar vor, ihren rechtmäßigen Ehepartner und Louis' Gastgeber. Er bedankte sich bei Louis für die Reparaturarbeit an der alten Maschine auf dem Dach. Das Abendessen stand bereits auf dem Tisch, und Louis wurde eingeladen, es mit dem Ehepaar zu teilen: eine große Schüssel voller Eintopf, eine zu simple Kost für Louis' Gaumen. Er aß ohne viel Appetit.

»Orlrys Gebäude verlangt mehr, als wir besitzen«, sagte Fortaralisplyar zu Louis, »aber wir haben für dich das Recht erkauft, drei unserer Nachbargebäude zu betreten. Wenn es dir gelingt, auch nur einen von ihren Wasserkondensatoren zu reparieren, können wir dir den Zutritt zum Orlry-Gebäude verschaffen. Bist du damit zufrieden?«

»Ausgezeichnet. Ich brauche Maschinen, die seit elfhundert Jahren nicht mehr arbeiten und an denen in der Zwischenzeit nicht herumgepfuscht wurde.« »So sagte es mir meine Partnerin.«

Louis überließ sie mit hereinbrechender Dunkelheit ihrem Schlaf. Sie hatten ihn eingeladen, sich gemeinsam mit ihnen in das Ehebett zu legen. Das Bett war groß genug dafür; aber Louis war ausgeschlafen und voller Tatendrang.

Der Wolkenkratzer war so still wie ein Grabmal. Von den oberen Stockwerken blickte Louis auf ein verwirrendes Labyrinth von Brücken herunter. Sie waren wie ausgestorben. Nur hin und wieder bemerkte er einen Nachtjäger mit seinen Riesenaugen. Nun ja. Wenn die Städtebauer daran gewohnt waren, zehn Stunden ihres Dreißig-Stunden-Tages zu verschlafen, konnten sie das ebensogut während der Dunkelheit erledigen. Fragte sich, ob in den beleuchteten Wolkenkratzern auch alle Bewohner schliefen.

»Ich rufe den Hintersten«, sagte er.

»Ja, Louis. Müssen wir übersetzen?«

»Nicht nötig. Wir sind allein. Ich befinde mich in der fliegenden Stadt. Es wird einen oder zwei Tage dauern, bis ich in die Bibliothek vordringen kann. Ich glaube, ich sitze hier fest. Mein Fluggeschirr ist kaputt.«

»Chmeee will immer noch nicht auf meine Rufe antworten.«

Louis seufzte. »Was gitbt es sonst noch Neues?«

»In zwei Tagen hat meine erste Sonde einmal die Ringmauer umrundet. Ich kann sie anschließend zur fliegenden Stadt dirigieren. Möchtest du, daß ich direkt mit den Einwohnern verhandle? Wir sind erfahrene Vermittler. Wenigstens könnte ich dafür sorgen, daß man deinen Erzählungen Glauben schenkt.«

»Ich werde es dich wissen lassen. Wie steht es mit den Steuerdüsen der Ringwelt? Sind inzwischen noch mehr von diesen Apparaten auf der Ringmauer montiert worden?«

»Nein. Zu den einundzwanzig sind nicht mehr dazugekommen. Doch diese arbeiten einwandfrei. Kannst du sie von deinem Standort aus sehen?«

»Nein, nicht von hier aus. Hinterster? Könntest du etwas über die physikalischen Eigenschaften des Scrith, des Ringweltboden-Materials, erfahren? Seine Starke, seine Elastizität und seine magnetischen Eigenschaften?«

»Ich bin gerade dabei, die Daten zu erarbeiten. Die Ringmauer liegt im Bereich meiner Instrumente. Scrith ist viel dichter als Blei. Der Scrith-Boden der Ringwelt ist wahrscheinlich nicht einmal dreißig Meter dick. Ich werde dir meine Daten zeigen, wenn du zurückkommst.«

»Gut.«

»Louis, ich kann dir ein Transportmittel zur Verfügung stellen, wenn du dich in einer Notlage befindest. Es wäre einfacher für mich, wenn ich dir Chmeee schicken könnte.«

»Großartig! Was für eine Art von Transportmittel?«

»Du wirst auf meine Sonde warten müssen. Ich werde dir dann weitere Instruktionen übermitteln.«

Er beobachtete die verwaiste Stadt noch eine Weile lang, nachdem der Hinterste wieder abgeschaltet hatte. Er fühlte sich niedergeschlagen. Alleine in einem heruntergekommenen Wolkenkratzer in einer heruntergekommenen Stadt. Jetzt hätte er doch gerne den Ersatz-Wonnestecker.

Eine Stimme hinter seiner Schulter sagte: »Du sagtest zu meiner Herrin, daß du nicht zu den Nachtwesen gehörst.«

»Hallo, Mär Korssil. Wir benützen bei uns elektrisches Licht. Viele von uns machen dann die Nacht zum Tag. Abgesehen davon bin ich an kürzere Tage gewöhnt.« Louis drehte sich um.

Das großäugige menschenähnliche Wesen zielte wieder mit ihrer Waffe auf Louis. Sie sagte: »In den letzten Falans hat der Tag seinen Rhythmus verändert. Das bedrückt uns.«

»Ja.«

»Mit wem hast du soeben gesprochen?«

»Mit einem zweiköpfigen Monster.«

Mär Korssil ließ ihn am Fenster stehen. Vielleicht hatte er sie beleidigt. Louis Wu ging in Gedanken ein langes und ereignisreiches Leben durch. Er hatte die Hoffnung aufgegeben, in das bekannte Universum zurückzukehren. Er hatte den Wonnestecker aufgegeben. Vielleicht war auch der Zeitpunkt gegeben, noch mehr aufzugeben.

Das Chkar-Gebäude war ein aus Stein gegossener Vierkant, der mit Balkonen behängt war. Auf einer Seite war das Gebäude mit Schußnarben bedeckt, die an mehreren Stellen das Metallskelett freigelegt harten. Der Wasserkondensator auf dem Dach war ein leicht verkanteter Trog.

Ein uralter Explosionsgeschoß-Einschlag hatte kleine Metalltropfen im Getriebe der Maschinen-Anlage hinterlassen. Louis war sehr skeptisch, daß seine Reparaturarbeiten diese Anlage wieder in Betrieb setzen würden. Seine Ahnungen trogen nicht.

»Es ist allein meine Schuld«, versicherte ihm Laliskareerlyar.

Ich hatte vollkommen vergessen, daß vor zweitausend Falans das Chkar-Gebäude einen Krieg mit dem Orlry-Wolkenkratzer austrug.«

Das Panth-Gebäude glich einer Zwiebel, die auf ihrer Spitze stand. Louis vermutete, daß dieses Haus ursprünglich ein riesiger Sauna-Klub gewesen sein mußte. Er sah Schwitzkabinen, Schwimmbecken, Massagetische, eine Trimmdich-Halle und ein Solarium. Das Gebäude schien über reiche Wasservorräte zu verfügen. Und ein schwacher, ihm halb vertrauter Duft rief Erinnerungen an jüngste Ereignisse wach.

Das Panth-Gebäude hatte ebenfalls einen Krieg mit Orlry ausgefochten. Alte Krater legten Zeugnis davon ab. Ein kahlköpfiger junger Mann namens Arrivercompanth schwor, daß der Wasserkondensator unter den Kriegsereignissen nicht gelitten hatte. Louis entdeckte die Staubspuren in der Maschinenanlage und darüber die Kontakte. Als er seine Reparaturarbeiten erledigt hatte, bildeten sich Wassertropfen auf der Dachmulde, vereinigten sich zu einem Rinnsal und verschwanden in einem Ablauf.

Aber dann, als es ans Bezahlen ging, gab es Schwierigkeiten. Arrivercompanth und seine Leute hatten nur Versprechungen und Rishathra als Gegenleistung bieten wollen. (Und da erkannte Louis diesen Geruch wieder, der ihn in der Nase und im Kleingehirn kitzelte. Er befand sich in einem Hause des Lasters, und irgendwo waren in diesem Wolkenkratzer Vampire versteckt.) Laliskareelyar wollte den ausgehandelten Preis sofort in bar ausbezahlt haben. Louis versuchte, dem erregten Wortwechsel zu folgen. Er verstand soviel, daß der Zehner-Klub sehr unglücklich sein würde, wenn Panth aufhörte, Wasser von ihm zu beziehen. Und dann wäre er nur zu bereit, die Panth-Familie wegen Betruges mit einer Geldbuße zu belegen. Arrivercompanth war danach bereit, die ausgehandelte Summe zu bezahlen.

Gisk war so etwas wie ein Kondominium gewesen, als die Herrschaft der Städte zu Ende ging. Das Gisk-Gebäude war ein Würfel mit einem Lichthof in der Mitte. Der Wolkenkratzer wurde nur noch zur Hälfte bewohnt. Nach dem Geruch zu urteilen, den das Gebäude verströmte, hatte die Familie ihren Wasserverbrauch zu sehr eingeschränkt. Inzwischen war Louis schon recht vertraut mit der Anlage des Wasserkondensators. In wenigen Minuten hatte er seine Reparaturarbeiten erledigt, und der Kondensator arbeitete wieder. Die Gisk-Familie bezahlte prompt. Sie fielen vor Laliskareerlyar auf die Knie, um sich überschwenglich bei ihr zu bedanken. Aber ihren Diener, der die Reparatur durchgeführt hatte, würdigten sie keines Blickes. Auch gut.