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Sie trugen ärmellose Gewänder, die mit Taschen förmlich überladen waren, und die wiederum mit Werkzeugen. Als die Soldaten sie filzen wollten, legten sie schnell ihre Gewänder ab und ließen die Soldaten diese durchsuchen. Wahrscheinlich mochten sie es nicht, wenn man sie anfaßte.

So zierliche Leute. Louis flüsterte Fortaralisplyar zu: »Treibt ihr auch Rishathra mit diesen Wichten?«

Der Städtebauer gab mit einem gluckernden Lachen zurück: »Ja, aber sehr vorsichtig.«

Die Hängenden Leute drängten sich hinter Louis Wu Rücken zusammen und schielten ihm über die Schulter, als er die Inspektionsplatte von dem Maschinengehäuse abnahm. Er trug die isolierten Handschuhe, die er sich von Mär Korssil ausgeborgt hatte. »Diese Dinger da — so sehen die Kontakte aus. Ihr müßt nur noch einen Streifen von diesem Tuch hier und dort befestigen. Insgesamt werdet ihr sechs Kontaktpaare in der Anlage finden. Vielleicht sind sie auch noch durch wurmförmige Staubspuren kenntlich gemacht.«

Nachdem die Hängenden Leute mit ihren Werkzeugen im Schneckengang verschwunden waren, sagte Louis zu den Meistern von Orlry und Lyar: »Ich habe natürlich keine Ahnung, ob sie sich an meine Anweisungen halten. Ich wünschte mir, ich könnte ihre Arbeit selbst überprüfen.« Aber er erwähnte nichts von seinen anderen Besorgnissen.

In wenigen Minuten tauchten die Hängenden Leute wieder aus dem Schneckengang auf. Dann marschierten sie alle gemeinsam auf das Dach: die Arbeiter, die Soldaten, die Meister und Louis Wu. Dort schauten sie zu, wie sich Nebel bildete, kondensierte und schließlich Wasser in den Gulli der Zisterne rann.

Und sechs Hängende Leute wußten jetzt, wie man einen Wasserkondensator mit einem Stück schwarzen Tuches reparieren konnte.

»Ich möchte dieses schwarze Tuch kaufen«, sagte Filistranorlry.

Die Hänge-Leute und ihr Meister, der zu den Städtebauern gehörte, verschwanden schon wieder im Treppenhaus. Filistranorlry und zehn Soldaten hinderten Louis und Fortaralisplyar daran, die gleiche Rückzugsroute zu benutzen.

»Ich habe nicht vor, zu verkaufen«, sagte Louis.

Der silberhaarige Soldat sagte: »Ich hoffe, Sie hierzubehalten, bis ich Sie zum Verkauf überreden kann. Falls nötig, werde ich auch darauf bestehen, daß Sie mir Ihre sprechende Schachtel als Bonus dazulegen.«

Louis war auf so etwas gefaßt gewesen. »Fortaralisplyar —würde der Orlry-Clan Sie mit Gewalt hierbehalten?«

Lyars Meister blickte dem Meister des Orlry-Clans in die Augen, als er erwiderte: »Nein, Louis. Die Folgen wären für Orlry unangenehm. Die geringeren Clans würden sich zusammenschließen, um mich zu befreien. Der Zehner-Klub würde lieber zu einem Neuner-Klub werden, als den Boykott der Touristen hinzunehmen.«

Filistranorlry lachte: »Die geringeren Clans würden durstig werden.« und sein Lächeln erlosch, während Fortaralisplyars Grinsen zunahm. Der Lyar-Clan hatte jetzt soviel Wasser, daß er es sogar verschenken konnte.

»Du könntest mich nicht festhalten. Die Touristen würden von den Rampen gestoßen werden. Die Dramen im Chkar-Gebäude und die Wonnen des Panth-Clans wären dir verschlossen.«

»Dann geh!«

»Ich nehme Louis mit.«

»Das tust du nicht.«

Louis sagte: »Nehmen Sie das Geld und gehen Sie. Das Vereinfacht die Angelegenheit für alle Beteiligten.« Seine Hand steckte in seiner Tasche und fingerte mit dem Handscheinwerfer-Laser.

Filistranorlry hielt Fortaralisplyar einen Beutel hin. Dieser nahm ihn entgegen und zählte die Münzen. Dann ging er durch das Spalier der Soldaten und stieg die Treppe hinunter. Als er außer Sichtweite war, zog Louis die Kapuze seines Schutzanzuges über den Kopf.

»Ich biete einen hohen Preis. Zwölf.« Es folgte etwas Unübersetzbares. »Wir würden dich nicht betrügen«, fuhr Filistranorlry fort. Inzwischen ging Louis rückwärts auf den Rand des Daches zu. Er sah, wie Filistranorlry seinen Soldaten ein Zeichen gab, schwang herum und rannte los.

Die Brüstung des Daches war ein brusthoher Zaun: Eisenstangen, im Zickzackmuster, so geschmiedet, daß sie Ellenbogen-Wurzeln glichen. Die Schatten-Farm lag tief unter ihm. Louis rannte am Zaun entlang auf den Gehsteig zu. Die Soldaten folgten dichtauf, aber Filistranorlry blieb zurück und feuerte seine Pistole ab. Der Donner der Detonation war schrecklich, sogar furchterregend. Eine Kugel schlug in Louis Fußknöchel ein. Der Anzug wurde sofort hart, und er rollte wie eine gestürzte Statue über das Dach, rappelte sich wieder auf und rannte weiter. Als sich zwei Soldaten auf ihn warfen, schwang er sich über den Zaun und ließ sich fallen.

Fortaralisplyar ging gerade den Gehsteig hinunter. Er drehte sich erschrocken um.

Louis landete flach auf dem Gesicht. Der Schutzanzug war beim Aufprall so hart wie Stahl geworden. Der seiner Gestalt angepaßte Sarg hielt ihn aufrecht, aber Louis war von der harten Landung wie betäubt. Hände halfen ihm wieder auf die Füße, eher er eigentlich aufstehen wollte. Fortaralisplyar stemmte seine Schulter unter Louis' Achsel und unterstützte ihn beim Gehen.

»Lassen Sie mich lieber los. Vielleicht schießen sie auf Sie«, sagte Louis keuchend.

»Das würden sie nicht wagen. Sind Sie verletzt? Ihre Nase blutet ja!«

»Das war es wert.«

21. Die Bibliothek

Sie betraten die Bibliothek durch eine kleine Vorhalle in der stumpfen Spitze des Kegels, also von unten.

Hinter einem breiten, massiven Schreibtisch arbeiteten zwei Bibliothekarinnen an den Leseschirmen: sperrige Dinger, die aussahen wie Kisten verschiedener Größe, die man zusammengeleimt hatte. Sie benützten Bücher-Mikrobänder, die durch ein Lesegerät geschoben wurden. Die Bibliothekarinnen sahen wie Hohepriesterinnen aus in ihren blauen Roben mit gezackten steifen Kragen. Es dauerte ein paar Minuten, ehe eine der beiden Bibliothekarinnen aufsah.

Ihre Haare waren pures frisches Weiß. Vielleicht war sie schon mit weißen Haaren auf die Welt gekommen, dachte Louis, denn sie sah nicht alt aus. Eine Frau auf der Erde würde an ihrer Stelle jetzt vielleicht an die erste Dosis ihrer Verjüngungsdroge gedacht haben. Sie war groß und schlank, sogar hübsch, dachte Louis. Selbstverständlich flachbrüstig, aber sonst appetitlich gerundet. Halrloprillalar hatte Louis dazu erzogen, einen Kahlkopf und einen gutgeformten Schädel für sexy zu halten. Wenn sie nur lächeln würde; aber selbst Fortaralisplyar gegenüber war sie grob und anmaßend: »Ja?«

»Ich bin Fortaralisplyar. Haben sie meinen Vertrag erhalten?«

Sie drückte auf die Tabulatur der Lesemaschine. »Ja. Ist es dieser da?«

»Er ist es.«

Erst jetzt betrachtete sie Louis. »Luweewu, können Sie mich verstehen?«

»Das kann ich, mit Hilfe dieses Gerätes.«

Als der Übersetzer zu sprechen anfing, bekam ihre ruhige Anmaßung Sprünge, aber nur einen Moment lang. Dann sagte sie: »Ich bin Harkabeeparolyn. Ihr Meister hat sich das Recht erkauft, daß Sie drei Tage lang unbegrenzt Nachforschungen anstellen können. Mit einer Option, Ihnen noch drei weitere Tage dieses Privileg zu erkaufen. Sie können sich ungehindert in der Bibliothek bewegen, wobei allerdings die Privaträume der Bibliothek von diesem Privileg ausgenommen sind. Die Privaträume sind mit Goldschrift markiert. Sie dürfen auch alle Maschinen benutzen, bis auf jene, die folgendermaßen gekennzeichnet sind.« Sie zeigte ihm, was sie meinte. Ein Muster aus orangefarbenen Krähenfüßen. »Wenn Sie so eine Maschine benützen wollen, brauchen Sie Hilfe. Dann kommen Sie zu mir oder zu einem anderen Beamten, dessen Kragen so geschnitten ist wie meiner. Sie dürfen auch den Speisesaal benützen. Wenn Sie schlafen oder baden wollen, müssen Sie in das Lyar-Gebäude zurückkehren.«

»Gut.«

Die Bibliothekarin sah ihn verwirrt an. Louis war selbst ein wenig erschrocken. Warum hatte er dieses Wort mit solcher Vehemenz ausgesprochen? Es kam ihm jetzt, daß das Gebäude des Lyar-Clans ihm vertrauter erschien als jede Wohnung, die er sich in Canyon genommen hatte.