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Louis schwankte. Sollte er den Jungen mahnen, das Dach zu verlassen? Es würde bald zu einem heißen Pflaster werden. Aber der Junge war intelligent. Vielleicht intelligent genug, um die Konsequenz seiner Warnung zu begreifen und nach den Wächtern zu rufen.

Louis warf ihm den nassen Ball wieder zurück, winkte und entfernte sich.

Wenn ihm nur etwas eingefallen wäre, wie er das Dach von Hominiden räumen konnte!

Am Dachrand befanden sich keine Geländer. Louis bewegte sich sehr vorsichtig. Er umrundete eine kleine Baumgruppe, deren Stämme so verdreht aussahen wie ausgewrungene Wäschestücke.

Hier schien er ganz für sich zu sein. Hier konnte er auch seinen Übersetzer verwenden.

»Hinterster?«

»Zur Stelle. Chmeee wird immer noch angegriffen. Er hat einmal hart zurückgeschlagen und einen Raketenwerfer auf dem großen Schiff weggeschmolzen. Für mich sind seine Motive rätselhaft.« »Vermutlich wollte er seinen Gegnern beweisen, wie mächtig seine eigenen Waffen sind. Dann wird er verhandeln.«

»Worüber wird er verhandeln?«

»Vielleicht weiß er das selbst noch nicht. Ich bezweifle, daß sie viel für ihn tun können. Vielleicht werden sie ihm ein paar Weibchen vorstellen. Hinterster, leider habe ich hier keine Möglichkeit, Nachforschungen anzustellen, weil ich die Lesebänder nicht entziffern kann. Zudem habe ich mir viel zuviel Lesestoff besorgt. Es würde eine Woche dauern, bis ich das alles durchgeackert habe.«

»Was könnte Chmeee alles in einer Woche anstellen? Ich möchte nicht so lange bleiben, um das herauszufinden.«

»Ja. Ich habe ein paar Lesespulen in der Tasche. Sie werden uns fast alles verraten, was wir wissen wollen, wenn wir sie nur lesen könnten. Und wie schaffen wir das? Hast du eine Idee?«

»Dazu brauchten wir eine von ihren Lesemaschinen. Kannst du mir so einen Apparat besorgen? Dann könnte ich die Bänder durchlaufen lassen und sie vom Schirm abfotografieren für den Computer der Heißen Nadel

»Sie sind sehr schwer. Zudem hängen sie an einem dicken Kabel fest.«

»Schneide die Kabel durch.«

Louis seufzte. »Okay. Und was dann?«

»Ich sehe die schwebende Stadt bereits durch die Kamera der Sonde. Ich werde die Sonde zu dir fernsteuern. Du mußt den Deuterium-Filter entfernen, um die Transportscheibe freilegen zu können. Hast du ein Werkzeug bei dir?«

»Nicht einen Schraubenschlüssel. Das einzige Werkzeug, das ich besitze, ist der Handscheinwerfer-Laser. Du sagst mir, wo ich den Schneidbrenner ansetzen muß.«

»Hoffentlich lohnt es sich, daß ich die Hälfte meiner Kraftstoffreserve verliere. Also gut. Wenn du dir eine Lesemaschine verschaffen kannst und sie durch das Schoot geht und auf die Transportscheibe, okay. Und vergiß nicht die Tapes mitzubringen, wenn die Maschine auch nicht durch die Luke paßt. Vielleicht kann ich doch ein Mittel finden, sie zu entziffern.«

Louis stand am Rand des Bibliotheksdaches und blickte an seinen Zehen vorbei senkrecht nach unten, in das dunkle Webmuster der Schatten-Farm. Am Rand der Farm herrschte Mittagslicht. Rechteckig gemustertes Ackerland dehnte sich hinter der Stadt aus. Der Schlangenfluß führte sein Wasser nach Backbord und verschwand zwischen niedrigen Hügeln. Hinter den Hügeln lagen Seen, Ebenen, ein kleiner Gebirgszug, noch kleinere Seen, alles mit wachsender Entfernung verblauend. und schließlich der Himmelsbogen, der schwindelerregend am Horizont in die Höhe stieg. Halb hypnotisiert wartete Louis unter dem hellen Himmel. Es gab nichts, was er hier noch tun konnte. Er war sich kaum der dahinfließenden Zeit bewußt.

Die Sonde kam auf einem blauen Flammenschweif vom Himmel herunter. Wo die kaum noch sichtbare Flamme das Dach berührte, verwandelten sich Pflanzen und Humus in ein orangefarbenes Inferno. Schmächtige Hänge- Leute und blau gekleidete Bibliothekare flüchteten zur Treppe. Nasse Kinder rannten schreiend hinter ihnen her.

Die Sonde setzte sich in ihr Flammenbett und kippte zur Seite, von Steuerdüsen abgebremst. Ein Kranz von winzigen Düsen war an ihrem oberen Rand befestigt, und dazu kam noch die Schubdüse am Heck. Die Sonde war sechs Meter lang und drei Meter dick, vollgestopft mit Kameras und anderen Instrumenten.

Louis wartete, bis das Feuer auf dem Dach fast ausgegangen war. Dann watete er durch Kohlen und Asche zur Sonde. Soweit er das übersehen konnte, war das Dach leer — zum Glück keine Toten.

Die Stimme des Übersetzers leitete ihn an, als er das dicke Molekularsieb in der Spitze der Sonde mit dem Laser beseitigte. Endlich hatte er eine Transportscheibe freigelegt. Er fragte: »Und was jetzt?«

»Ich habe die Transportscheibe in der anderen Sonde rückwärts geschaltet und den Filter entfernt. Kannst du dir eine Lesemaschine besorgen?«

»Ich werde es versuchen. Aber die Sache gefällt mir nicht.« »In zwei Jahren spielt das alles keine Rolle mehr. Ich gebe dir dreißig Minuten Zeit. Dann mußt du mit allem, was du mitnehmenkannst, zur Sonde zurückkehren.«

Eine ganze Schar von blaugewandeten Bibliothekaren hatte sich fast so weit erholt, daß sie ihn mit Gewalt vom Dach holen wollten, als Louis auf der Treppe erschien. Er hatte sich die Kapuze über den Kopf gezogen. Die Kugeln aus schwerem Metall, mit denen sie auf ihn schossen, prallten von seinen Schutzanzug ab. Auf jeder zweiten Stufe hielten ihn die Geschosse auf.

Dann fielen nur noch vereinzelt Schüsse und hörten anschließend ganz auf. Sie wichen vor ihm zurück.

Als Louis weit genug in das Gebäude vorgedrungen war, schnitt er die Wendeltreppe unter sich durch. Die Spiralwindungen der Treppe waren nur im Erdgeschoß und unter dem Dach befestigt. Nun schob sie sich zusammen wie eine Feder und riß ein paar Rampen von den Türschwellen ab. Die Bibliothekare klammerten sich um das Geländer, um nicht abzustürzen. Louis hatte jetzt die oberen zwei Stockwerke für sich.

Als er sich in das ihm zunächst liegende Lesezimmer begeben wollte, versperrte ihm Harkabeeparolyn den Weg mit einer Axt.

»Ich brauche noch einmal Ihre Hilfe«, sagte Louis.

Sie holte mit der Axt aus. Louis fing sie ab, als sie von dem Anzug zwischen Hals und Schulter abprallte. Sie versuchte ihm ihre primitive Waffe wieder zu entreißen.

»Schauen Sie lieber dorthin«, sagte er und richtete den Laserstrahl auf das Kabel einer Lesemaschine. Das Kabel ging in Flammen auf und zerfiel funkensprühend in zwei Teile.

»Der Lyar-Clan wird dafür Ersatz leisten müssen!« schrie Harkabeeparolyn.

»Das kann ich nicht ändern. Ich möchte, daß Sie mir helfen, eine Lesemaschine auf das Dach zu tragen. Ich dachte, ich müßte erst eine ganze Wand niederbrennen. Das ist eine bessere Lösung.« »Ich werde Ihnen nicht helfen!«

Louis schnitt mit dem Laser durch eine Lesemaschine. Sie fiel auseinander und verbrannte. Der Gestank war entsetzlich. »Packen Sie mit an!«

»Vampir-Bumser!«

Die Maschine war verdammt schwer, und Louis wollte den Laser nicht loslassen. Er ging rückwärts die Treppe hinauf. Die Hauptlast ruhte auf Harkabeeparolyns Armen. Er sagte zu ihr: »Wenn Sie loslassen, müssen wir noch einmal umkehren und eine andere holen.«

»Idiot!. Sie haben bereits. das Kabel ruiniert!«

Er antwortete nicht.

»Was soll das ganze?«

»Ich versuche, diese Welt davor zu bewahren, daß sie mit ihrer Sonne zusammenstößt.«

Jetzt hätte sie die Maschine um ein Haar fallen lassen. »Aber — aber die Motoren! Sie hängen doch wieder alle an der Ringwelt-Mauer!«

»Also wußten Sie doch mehr, als Sie mir verraten wollten! Doch was auf der Ringmauer geschieht, ist zuwenig und zu spät. Die meisten Ihrer Raumschiffe kamen nicht mehr aus dem All zurück. Es sind nicht genügend Motoren vorhanden. Gehen Sie weiter!«