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»Du darfst in deine Zelle zurückkehren«, meldete sich der Hinterste plötzlich. »Sie können hier im Laderaum bleiben. Ich lasse eine Transportscheiben-Verbindung offen, damit du sie mit Nahrungsmitteln versorgen kannst. Vielleicht hat die Sache auch eine gute Seite.«

»Wie bitte?«

»Louis, ich halte es für gut, daß wenigstens ein Paar von den Eingeborenen der Ringwelt überlebt.«

Die beiden Eingeborenen waren zu weit entfernt, um die Übersetzung mithören zu können. Louis sagte: »Du denkst doch hoffentlich nicht daran, aufzugeben, oder? Was auf diesen Lesebändern steht, könnte uns direkt zu dem geheimnisvollen Materieumwandlier bringen.«

»Ja, Louis. Und der Reichtum und die Zivilisation von mehreren Weltkarten im Großen Ozean befinden sich jetzt in der Gewalt von Chmeee. Vielleicht schützt uns noch die große Entfernung zwei oder drei Tage lang vor seiner Vergeltung. Aber nicht länger. Wir müssen bald von dieser Welt Abschied nehmen.«

Die beiden Eingeborenen blickten sich um, als Louis auf sie zuging. Er sagte: »Harkabeeparolyn, hilf mit noch einmal beim Tragen der Lesemaschine.«

Zehn Minuten später befanden sich die Spulen, die Konsole der Lesemaschine und der dazugehörige Schirm auf dem Flugdeck bei dem Puppetier. Harkabeeparolyn und Kawaresksenjajok warteten auf weitere Befehle.

»Ihr müßt beide noch eine Weile hierbleiben«, gab Louis den beiden Bescheid. »Ich weiß noch nicht genau, wie es weitergehen soll. Aber ich schicke euch Betten und etwas zu essen. Vertraut mir.« Er spürte die Blutwelle in seinem Gesicht, als er sich rasch abwandte und in die linke Ecke des Laderaumes trat. Gewissensbisse.

Einen Moment später war er wieder in seiner Zelle — mit seinem Schutzanzug, seiner Weste und allen anderen Habseligkeiten, die er bei sich trug.

Louis zog sich aus und bestellte sich einen ganz gewöhnlichen Schlafanzug mit der Wählscheibe. Schon fühte er sich besser. Er war müde, aber Harkabeeparolyn und Kawaresksenjajok mußten auch erst noch versorgt werden. Der Küchenapparat würde keine Decken für sie ausspucken. Er wählte vier große wattierte Ponchos mit Kapuzen und schickte sie mit der Transportscheibe in den Laderaum hinüber.

Dann kramte er in seinem Gedächtnis. Was hatte Halrloprillalar vor dreiundzwanzig Jahren gerne gegessen? Sie war ein Allesesser gewesen, hatte jedoch Frischwaren bevorzugt. Er stellte die Gerichte für die beiden zusammen. Durch die Zellenwand beobachtete er ihre skeptischen Gesichter, als sie die Speisen kosteten.

Er wählte für sich Walnüsse und einen erstklassigen Burgunder mit Stammbaum. Kauend und am Trinkgefäß nippend stellte er das Schlaffeld an, warf sich hinein und streckte sich im freien Fall aus, um nachzudenken.

Der Lyar-Clan würde für seinen Banditenstreich bezahlen müssen. Hatte Harkabeeparolyn das Superleiter-Tuch in der Bibliothek zurückgelassen, damit der Lyar-Clan den Schaden auch bezahlen konnte? Nicht einmal das wußte er.

Was mochte Valavirgillin in diesem Augenblick denken oder tun? Wahrscheinlich litt sie und bangte um das Schicksal ihrer Artgenossen, sorgte sich um die Zukunft dieser Welt und konnte nichts tun, um es abzuwenden. Sie litt, weil Louis Wu ihr die Augen geöffnet hatte. Die Frau und der Junge im Laderaum mußten inzwischen genauso verängstigt sein wie Valavirgillin... und wenn Louis Wu in den nächsten Stunden starb, würden sie ihn nicht lange überleben.

Das gehörte alles zu dem Preis, den sie bezahlen mußten. Sein eigenes Leben stand genauso auf dem Spiel wie ihres.

Schritt eins: Bringe den Scheinwerfer-Laser an Bord der Heißen Nadel. Das war geschehen.

Schritt zwei: Konnte die Ringwelt wieder in ihre richtige Lage gebracht werden? Die nächsten Stunden mochten den Beweis erbringen, daß das nicht möglich war. Alles hing von den magnetischen Eigenschaften des Scrith ab.

Wenn die Ringwelt aber gerettet werden konnte, dann mußt du fliehen.

Wenn die Ringwelt aber gerettet werden konnte, dann.

Schritt drei: Treffe eine Entscheidung. War es möglich, daß Chmeee und Louis Wu lebend in das bekannte Universum zurückkehren konnten? Falls nicht, dann.

Schritt vier: Meuterei.

Er hätte auch ein Stück von dem Superleiter-Tuch im Gebäude des Lyar-Clan zurücklassen müssen. Er hätte den Hintersten daran erinnern sollen, daß er rechtzeitig die Transportscheiben der Sonde abschalten mußte. Tatsächlich hatte Louis Wu sich in letzter Zeit sehr fahrlässig oder gedankenlos verhalten. Das wurmte ihn. Seine nächsten Schritte waren von geradezu universaler Bedeutung.

Aber jetzt wollte er sich von der kostbaren Zeit ein paar Stunden Schlaf stehlen. auf einen Diebstahl mehr oder weniger kam es ja jetzt nicht mehr an.

Stimmen, verschwommen und undeutlich. Louis bewegte sich unruhig, drehte sich im freien Fall und blickte um sich.

Hinter dem Heckschott führten Harkabeeparolyn und Kawaresksenjajok ein lebhaftes Gespräch mit der Raumschiff decke. Für Louis klang das alles chinesisch. Er hatte seinen Übersetzer nicht bei sich. Doch die Städtebauer deuteten auf ein rechtwinkeliges Hologramm, das vor dem Rumpf des Raumschiffes schwebte und die Aussicht auf den Raumhafen blockierte.

Louis sah in diesem »Fensterausschnitt« den sonnenüberfluteten Burgfried eines aus Natursteinen errichteten Schlosses. Die Mauern waren klobig, aus grob zugehauenen Steinblöcken zusammengefügt. Da gab es viele Kanten und rechte Winkel. Die Fenster waren enge, senkrechte Schlitze. Ein Klettergewächs mit efeuartigen Blättern kroch an einer Burgwand hinauf. Die Blüten dieses Gewächses waren blaßgelb mit scharlachroten Adern.

Louis schob sich aus seinem Schlaffeld heraus.

Der Puppetier saß in seiner Pilotenbank auf dem Kommandodeck. Seine Mähne war heute ein rauchiges phosphoreszierendes Prachtgebilde. Er drehte einen Kopf zur Seite, als Louis sich der Schottwand näherte: »Louis, ich vermute, du hast dich einigermaßen erholt?«

»Ja, und das war auch dringend nötig. Gibt es Fortschritte?«

»Es ist mir gelungen, die Lesemaschine wieder instand zu setzen. Der Computer der Heißen Nadel ist jedoch noch nicht so tief in die Sprache der Städtebauer eingedrungen, daß er Lesebänder der Physik zu entziffern vermag. Ich hoffe, den Wortschatz des Computers zu vergrößern, indem ich mich mit den Eingeborenen unterhalte.«

»Wie lange wird das noch dauern? Ich muß ein paar grundsätzliche Fragen klären, die den Bauplan der Ringwelt betreffen.« Konnte der Boden der Ringwelt, dessen Fläche sechshundert Millionen mal Millionen Quadratmeilen betrug, dafür verwendet werden, die Position der Ringwelt elektromagnetisch zu beeinflussen? Wenn er das nur wüßte!

»Zehn bis zwanzig Stunden mußt du dich noch in Geduld fassen. Wir brauchen alle hin und wieder eine Ruhepause.«

Das dauert mir zu lange, dachte Louis, da ihnen die Reparaturmannschaft bereits auf den Pelz rückte. Zu schade. »Woher stammt das Hologramm? Aus dem Landungsboot?«

»Ja.«

»Können wir eine Botschaft an Chmeee durchgeben?«

»Nein.«

»Warum nicht? Er muß den Übersetzer bei sich tragen.«

»Ich beging den Fehler, aus disziplinarischen Gründen seinen Übersetzer abzuschalten. Er hat ihn jetzt nicht bei sich.«

»Was ist in ihn gefahren?« erkundigte sich Louis. »Was sucht er denn in einer mittelalterlichen Burg?«

Der Hinterste erwiderte: »Es ist zwanzig Stunden her, seit Chmeee die Weltkarte von Kzin erreichte. Ich sagte dir schon, daß er zunächst den Hafen erkundete und sich von den Flugzeugen der Kzinti unter Feuer nehmen ließ, ehe er auf dem großen Schiff landete und abwartete, bis den Angreifern die Munition ausging. Die Attacken dauerten sechs Stunden an, ehe Chmeee die Kampagne von sich aus abbrach und woanders hinflog. Ich wünschte nur, ich verstünde, was er damit zu gewinnen hofft, Louis.«