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»Deine Antworten sind zufriedenstellend.«

Sie schluchzte vor Erleichterung.

»Willst du einen Namen haben?«

»Das obliegt einzig dem Willen meines Herrn«, sagte sie. »Ich will nur das, was mein Herr wünscht. Mein einziger Wunsch ist, ihm Freude zu machen.«

»Es ist bequem für mich, wenn du einen Namen hast«, sagte ich.

»Ja, Herr.«

»Du bist Feiqa«, sagte ich und verlieh ihr damit einen Namen.

»Vielen Dank, Herr«, jauchzte sie erfreut. Feiqa ist ein hübscher Name. Unter den Tänzerinnen der Tahari ist er weit verbreitet. Andere Namen sind beispielsweise ›Aytul‹, ›Benek‹, ›Emine‹, ›Faize‹, ›Mine‹, ›Yasemine‹ oder ›Yasine‹. Das ›qa‹ im Namen Feiqa wird ›kah‹ ausgesprochen.

Ich hob den Schild und die Waffen auf, die neben meinem Gepäck lagen. Den Helm befestigte ich hinter der linken Schulter. Ich richtete den Blick nach Südosten, fort von den hohen grauen Mauern Samniums.

»Nimm mein Gepäck, Feiqa«, befahl ich.

»Ja, Herr«, sagte sie. Sie würde mir als Trägerin dienen.

Ich sah zu, wie sie sich mit dem Gepäck abmühte. Dann hatte sie es sich auf den Rücken geladen, wobei sie gebeugt dastand. »Es ist schwer, Herr«, sagte sie, doch ich reagierte nicht darauf. Sie senkte den Kopf und trug das Gepäck. Der Wind fuhr durch das niedergetretene Gras. Sie fröstelte. Wie bereits erwähnt war es Ende Se’Kara. Auf dem Thassa würde ein kühler Wind pfeifen, kalte Wellen würden gegen die Reling anstürmen und die Decks überspülen. Ich sah das Mädchen an. In wärmeren Jahreszeiten kann man sich mit der Entscheidung ruhig Zeit lassen, ob man den Mädchen Kleidung erlaubt oder nicht. Es gibt Sklavenherrn, die ihre Sklavinnen ein ganzes Jahr oder länger nackt gehen lassen. Dann ist das Mädchen dankbar, wenn man ihm Kleidung erlaubt, und sei es auch nur irgendein Fetzen. Auf diesem Breitengrad und zu dieser Jahreszeit würde ich mich darum kümmern müssen, daß meine Sklavin etwas zum Anziehen bekam. Ich betrachtete die Kleidung, die sie ausgezogen hatte. Davon konnte sie natürlich nichts nehmen. Das wäre nicht richtig gewesen. Es handelte sich um die Kleidung einer freien Frau. Solche Dinge lagen nun hinter ihr. Ich würde ihr erlauben, sich etwas aus einer Wolldecke zu schneidern, vielleicht würde ich auch einen Umhang besorgen.

»Weißt du, wie man folgt, Feiqa?«

»Ja, Herr«, sagte sie. Sie war eine goreanische Frau, also zumindest oberflächlich mit den Pflichten einer Sklavin vertraut. Da sie vor kurzem noch eine freie Frau gewesen war, würde sie über einige der Dinge, die man von ihr als Selbstverständlichkeit erwartete, erstaunt, wenn nicht gar entsetzt sein. Ich konnte es natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen. Es hat den Anschein, als wüßten freie Frauen nichts von gewissen Dinge, die unter Sklaven nicht nur allgemein bekannt sind, sondern einen normalen, alltäglichen Teil ihres Lebens darstellen. Dabei handelt es sich um die Dinge, über die sich freie Frauen entsetzt und schaudernd unterhalten, manchmal in angstvollem, zugleich aber entzücktem Flüstern, so als würden sie es eigentlich nicht glauben.

Ich warf noch einen Blick auf die Mauern Samniums. Der Stadt waren die Grausamkeiten des Krieges erspart geblieben, zweifellos wegen der Beziehungen zu Cos. Ich brach in südöstliche Richtung auf. Feiqa folgte mir.

2

Ich sah auf; Feiqa klammerte sich stöhnend an mir fest. Ich stieß sie von mir fort, und sie wimmerte enttäuscht. Dann griff ich in der Dunkelheit nach meinem Messer und erhob mich. Ich stand hinter einem noch intakten Stück Wand. Der tiefergelegte kreisrunde Fußboden, den man aus der Erde gegraben hatte, war festgetreten und mit Steinfliesen ausgelegt worden. Die Wand war Teil einer gekalkten Mauer, die nur noch aus angeschwärzten Trümmern bestand. Hinter dem zerklüfteten Rand schimmerten die Monde am Nachthimmel. Zusammengerollte dunkle Blätter flogen vorbei; von meinem Standpunkt aus hörte ich das Flüstern weiterer Blätter. Der Wind stieß sie auf dem kleinen Versammlungsplatz zwischen den Hütten hin und her, trockenen, zerbrechlichen Flüchtlingen gleich.

Wir hatten unser Lager hier aufgeschlagen, in einer der verbrannten, dachlosen, halbzerfallenen Ruinen. Hier fanden wir Schutz vor dem Wind. Das Dorf war vermutlich verlassen worden – dem Fehlen der Haushaltsutensilien und Möbel nach zu urteilen lange bevor man es angezündet hatte. Wie die meisten goreanischen Dörfer lag es im Mittelpunkt mehrerer Felder; es bildete die Nabe, und die Felder gingen wie die Speichen eines Rades von ihm aus. Die meisten goreanischen Bauern leben in solchen Dörfern, von denen viele von einer Palisade umgeben sind. Morgens verlassen sie ihre Hütten und bearbeiten die Felder, um nach dem Tagwerk zurückzukehren. Die Felder dieses Dorfes lagen genau wie die anderen der Gegend brach. Sie boten einen traurigen, verlassenen Anblick. Heere waren durchmarschiert.

»Ist da jemand?« fragte eine Stimme. Eine Frauenstimme.

Ich gab keine Antwort, sondern lauschte nur.

»Wer ist da?« Die Stimme klang schwach und erschöpft. Das Wimmern eines Kindes ertönte.

Ich rührte mich nicht.

»Wer ist da?« bettelte die Frau.

Rückwärtsgehend bewegte ich mich in den Schatten auf die Mitte der Hütte zu. Langsame Bewegungen machen auf sehr grundsätzliche Weise deutlich, daß man nichts Böses im Schilde führt. Zugegeben, manchmal mißbrauchen Raubtiere wie der Larl dieses Signal; jagen sie beispielsweise den Tabuk, verschleiern sie damit ihre Absichten. Schnellere Bewegungen rufen oftmals Abwehrreaktionen hervor. Indem ich mich nun rückwärts bewegte, bewies ich der Gestalt im Türeingang, daß ich keine Bedrohung darstellte, davon abgesehen gewann ich so mehr Raum. In der Mitte der Hütte konnte mich die Frau auch besser sehen, eine weitere Maßnahme, die Mißtrauen besänftigte. Andererseits konnte ich von dieser Position aus meine Waffen besser einsetzen. Solche Dinge geschehen auf einer instinktiven Ebene; auf jeden Fall erfordern sie kaum bewußtes Nachdenken. Man neigt dazu, sie als normal und selbstverständlich anzusehen. Es kann jedoch lohnend sein, gelegentlich über den möglichen Ursprung solch vertrauter und für selbstverständlich gehaltener Verhaltensweisen nachzudenken. Es ist durchaus nicht unmöglich, daß sie durch das Prinzip der Auslese entstanden sind. Es ist eine Tatsache, daß man sie – oder zumindest ihre Entsprechungen – im ganzen Tierreich findet.

Die kleine Gestalt stand unmittelbar vor der einstigen Türschwelle der Hütte. Obwohl die Tür nun fehlte, war sie ganz selbstverständlich dorthingegangen, als wäre es eine vertraute Handlung. Sie machte einen verlorenen und müden Eindruck. Sie hielt etwas in den Armen.

»Bist du ein Räuber?« fragte sie.

»Nein.«

»Es ist eine freie Frau«, flüsterte Feiqa, die auf ihrer Decke kniete.

»Bedeck deine Blöße«, befahl ich. Feiqa zog sich die kurze grobe Tunika über.

»Das ist mein Haus«, sagte die Frau.

»Wünschst du, daß wir gehen?« fragte ich.

»Habt ihr etwas zu essen?«

»Ein wenig«, beantwortete ich die Frage. »Bist du hungrig?«

»Nein.«

»Vielleicht hat das Kind Hunger«, meinte ich.

»Nein«, lautete die Antwort. »Wir haben genug.«

Ich schwieg.

»Ich bin eine freie Frau«, sagte sie plötzlich auf mitleiderregende Weise.

»Wir haben zu essen«, sagte ich. »Wir haben dein Haus benutzt. Erlaub uns, es mit dir zu teilen.«

»Oh, ich habe bei dem Nachschubzug gebettelt«, schluchzte sie plötzlich. »Das ist nichts Neues für mich! Ich habe gebettelt! Für einen Kanten Brot habe ich auf den Knien gelegen! Ich habe mich mit anderen Frauen um den Abfall am Straßenrand geschlagen.«

»In deinem eigenen Haus solltest du nicht betteln«, sagte ich.

Sie brach in Tränen aus, und das kleine Kind in ihren Armen fing an zu wimmern.

Ich ging ganz langsam auf sie zu und zog am Kopf des Kindes das Tuch beiseite, in das es eingehüllt war. Seine Augen schienen sehr groß zu sein. Das Gesicht war schmutzig.