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»Zurück, ihr Schlampen!« rief er. »Ich transportiere Verpflegung für die Soldaten.«

»Bitte!«

»Ich sehe schon, es war ein Fehler, daß ich euch überhaupt etwas gegeben habe!« rief er wütend.

»Nein, nein!« rief eine der Frauen. »Es tut uns leid! Wir bitten dich um Verzeihung, edler Herr!«

»Erbarmen, mehr Brot!« schluchzten andere.

Er hob drohend die Peitsche. Es war eine Tharlarionpeitsche. Ich hätte nur ungern einen Schlag damit abbekommen.

»Zurück!« rief er.

Ein paar von ihnen kamen noch näher an den Wagen heran. Die Peitsche fuhr zwischen sie, und sie schrien schmerzerfüllt auf und wichen zurück.

»Morgen werdet ihr gar nichts bekommen!« brüllte der Mann wütend.

»Nein! Bitte!«

»Kniet euch hin!« verlangte er. Sie ließen sich auf die Knie fallen. »Köpfe in den Staub!« befahl er. Sie gehorchten. Meiner Meinung nach war es nicht richtig, freien Frauen auf diese Art zu befehlen. So wurden nur Sklavinnen herumkommandiert.

»Ihr dürft die Köpfe wieder heben«, sagte er. »Bereut ihr euer Handeln?«

»Ja«, stöhnten einige der Frauen.

»Seid ihr bereit, mich um Verzeihung zu bitten?«

»Ja, ja!«

»Nun«, sagte er scheinbar besänftigt, »wir werden sehen.« Er senkte die Peitsche und setzte sich auf den Kutschbock. Mit der linken Hand löste er die Bremse, indem er den Hebel zurückzog, der über eine Achse den lederbeschlagenen Bremsschuh vom linken Vorderrad entfernte. »Hü!« brüllte er dem Tharlarion zu; die Peitsche knallte, Holz knarrte, das Geschirr klirrte, das Tier grunzte, und das Fuhrwerk setzte sich in Bewegung. Ich schaute einen Augenblick lang zu, wie es auf den eisenbeschlagenen hölzernen Speichenrädern über die Straße polterte. Dann band ich ein Seil um Feiqas Hals. »Komm!«

Wenige Augenblicke später hatte ich das Fuhrwerk eingeholt. Ich sah zurück. Die Frauen kamen jetzt erst auf die Füße. Zweifellos litten sie noch immer großen Hunger. Viele schienen auch müde und benommen zu sein. Offenbar waren sie erst an diesem Morgen aus ihrem Dorf gekommen. Sie hatten die erste Lektion erhalten, was es für eine Frau bedeutete, dem Wagenzug zu folgen.

Ich nahm Feiqa das Gepäck ab und warf es zusammen mit Speer und Schild auf die Ladefläche. Dann stieg ich neben dem Kutscher auf den Kutschbock. Er unternahm keinen Versuch, mich daran zu hindern. »Tal«, sagte er und sah zu mir herüber. »Ich bin Mincon.«

»Tal. Ich heiße Tarl«, erwiderte ich den Gruß, während ich Feiqas Seil an der Seite festmachte. Sie drückte sich eng an den Wagen, beinahe so eng, daß ich sie berühren konnte. Sie hatte Angst. Daran waren vermutlich die Blicke schuld, die sie von einigen der freien Frauen am Straßenrand erhalten hatte.

»Nein!« sagte Mincon mehr als nur einmal und hob die Peitsche, als die Frauen aufstanden, als wollten sie näher kommen. Natürlich hatten sich nicht alle der Kolonne angeschlossen. Einige kamen ohne jeden Zweifel aus ihren Dörfern – oder den Ruinen der Dörfer – an den Straßenrand, um dort zu betteln. In diesen Dörfern gab es vermutlich noch Nahrung. Man konnte davon ausgehen, daß die Frauen ihre Besitztümer erst dann zusammenschnüren und sich den Wagen anschließen würden, wenn die Vorräte aufgebraucht waren. Eine der Sitzenden kam mit einer Rute heran und schlug wütend dreimal auf Feiqa ein. Meine Sklavin duckte sich und versuchte Gesicht und Körper zu schützen. Zwischen freien Frauen und Sklavinnen herrscht wenig Liebe, besonders in solchen Zeiten. Plötzlich schrie Feiqa auf, als sie von einem Stein getroffen wurde. Sie ging weinend weiter und drückte sich fast gegen den Wagen. Natürlich konnte sie nicht im entferntesten daran denken, sich gegen eine solche Behandlung zu wehren. In der vergangenen Nacht hatte sie in der Hütte der freien Frau lernen müssen, daß sie eine Sklavin war. Ich fragte mich, ob die einstige reiche junge Frau aus Samnium Sklavinnen auf die gleiche Weise behandelt hatte. Vermutlich schon. Für freie Frauen ist das kein ungewöhnliches Verhalten. Als Sklavin begriff sie nun, wie es war, einer solchen Behandlung ausgesetzt zu sein. Vielleicht würden freie Frauen den Sklaven anders begegnen, wenn ihnen klar wäre, daß sie möglicherweise selbst eines Tages den Kragen tragen müssen. Es bestand keine Gefahr, daß Feiqa bei diesen Angriffen ernsthaft verletzt oder verstümmelt wurde. Darum nahm ich nach außen hin auch keine Notiz davon.

Die Fuhrwerke des Nachschubzugs verteilten sich über die ganze Straße. Die Abstände dazwischen waren unregelmäßig, gelegentlich hielt eines von ihnen auch an. Wir waren am frühen Morgen in die Nähe der Straße des Genesian gekommen. Wir hatten eine Anhöhe erklommen, und da war sie gewesen, weit unter uns in der Ferne, mit der langen Wagenkolonne. Dann waren wir durch das feuchte Gras langsam den Hügel hinabgegangen, bis wir den Straßenrand erreicht hatten. Ich hatte eine recht genaue Vorstellung von der Größe der Streitmacht aus Cos, die gegen Anfang Se’Kara in Brundisium gelandet war. Ich war Zeuge gewesen, wie die Invasionsflotte in den sicheren Hafen einlief. Meines Wissens nach hatte es noch nie zuvor auf Gor ein so großes Heer gegeben. Es war nicht die Invasion eines Heeres gewesen, sondern die ganzer Heerscharen. Zugegeben, viele der Kontingente bestanden nicht aus cosischen Soldaten, sondern setzten sich aus Söldnern zusammen, die diversen unabhängigen Hauptmännern für eine gewisse Zeit gegen Bezahlung den Treueid geleistet hatten. Es ist schwierig, solche Männer unter Kontrolle zu halten. Sie kämpfen nicht für den Heimstein. Oft ist es wenig mehr als bewaffneter Pöbel. Viele sind kaum besser als Diebe und Halsabschneider. Sie müssen sehr gut bezahlt werden, außerdem muß man ihnen reichlich Beute versprechen. Darum haben Taktik und Aufmarsch solcher Gruppen – Angelegenheiten, für die Hauptmänner zuständig sind, die ihre Männer gut kennen und in Schach halten müssen – oftmals nur wenig mit militärischen Überlegungen wie Strategie und Ähnlichem zu tun als vielmehr mit organisiertem Straßenraub. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß solche Männer gegen die gut gedrillten Soldaten aus Ar bestehen könnten, nicht einmal mit ihrer Übermacht.

»Du bist doch kein Straßenräuber, oder?« fragte Mincon, ohne mich anzusehen.

»Nein«, antwortete ich.

»Du würdest hier auch keine große Beute machen, vom Sa-Tarna mal abgesehen.«

»Ich bin kein Straßenräuber.«

»Bist du vor irgendeinem Hauptmann auf der Flucht?«

»Nein.«

»Du bist ein kräftiger Bursche«, sagte er. »Bist du in der Armee?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Willst du dich irgendwo verdingen?«

»Auch das nicht.«

»Gehören die Waffen dir?«

Ich nickte.

»Raymond aus Rive-de-Bois rekrutiert«, sagte er.

»Conrad von Hochburg und Pietro Vacchi auch.« Diese Männer waren Söldnerführer. Es gab Dutzende solcher Kompanien. Brachte jemand seine eigenen Waffen mit, mußte er natürlich nicht auf Kosten der Kompanie bewaffnet werden. Außerdem konnte man in diesem Fall davon ausgehen, daß er damit umzugehen verstand. Solche Männer werden in gewisser Weise vorgezogen, wenn es um die Aufnahme in die Stammrolle geht. In aller Regel handelt es sich bei ihnen um erfahrene Soldaten und nicht um grüne Jungs, die gerade von einem Bauernhof kommen. Übrigens kennen viele Söldnerkompanien weder Uniformen noch Standardausrüstungen. Aus praktischen Gründen löst man sie während des Winters auf, und die Hauptmänner behalten nur eine aus Offizieren und Berufskämpfern bestehende Stammtruppe. Im Frühling fangen sie nach Erhalt eines Kriegskontraktes, der manchmal in offenem Wettbewerb ersteigert werden muß, mit dem Rekrutieren und der Ausbildung wieder von vorn an.

Es war sehr ungewöhnlich, daß Männer wie Raymond und Conrad im Se’Kara rekrutierten. Das war eine Zeit, da die meisten goreanischen Soldaten an die Annehmlichkeiten des Winterquartiers oder die Rückkehr in ihre Heimatdörfer und -städte dachten. Für die Zwangsrekrutierungen, der einige der Bauern zum Opfer gefallen waren, gibt es gewöhnlich mehrere Gründe. Manchmal will ein vorbeiziehendes Heer nur seine Stärke vergrößern oder Verluste ausgleichen, besonders bei den leichteren Waffengattungen wie den Bogenschützen, den Schleuderern oder den Speerwerfern. Manchmal benötigt man statt Soldaten nur Arbeitskräfte, die Schanzwerke und befestigte Lager errichten. Es kann auch vorkommen, daß die Söldnerführer, die den abgeschlossenen Kontrakten zufolge eine bestimmte Anzahl von Bewaffneten stellen müssen, gar keine andere Wahl haben, als irgendwelche zögernden Männer zu überreden, wenn sie die notwendige Truppenstärke zusammenbekommen wollen. Mehr als ein armer Teufel hat den Treueid mit einem Schwert am Hals geleistet. Die meisten Söldner stellen sich ihrem Hauptmann natürlich aus freien Stücken zur Verfügung. Tatsächlich müssen erfahrene und berühmte Hauptmänner, die für ihr militärisches Geschick und einträgliche Feldzüge bekannt sind, die Rekrutierungstische oft bereits schon Anfang En’Kara schließen.