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Par hielt den Atem an. »Jeder?«

»So behauptet jedenfalls die Föderation. Die Bewegung, so heißt es, ist vernichtet.«

Eine Weile herrschte Schweigen. Sie saßen an dem langen Eßtisch des Maulwurfs, umgeben von den stimmlosen, blinden Kindern, mit Schüsseln und Tellern vor sich. Es war ein Nachmittagsritual geworden.

»Noch etwas Tee, liebe Damson?« fragte der Maulwurf leise. Sein pelziges Gesicht ragte über den Tischrand. Sie nickte, ohne ihren Blick von Par zu wenden.

Par runzelte die Stirn. »Die Sache scheint dich nicht sonderlich zu beunruhigen«, bemerkte er schließlich.

»Ich finde es merkwürdig, daß die Nachricht von diesem Sieg Wochen gebraucht haben soll, bis sie die Stadt erreichte.«

»Es stimmt also nicht?«

Sie biß auf einen Keks, den der Maulwurf angeboten hatte, und kaute daran. »Es mag stimmen, daß der Jut eingenommen worden ist. Aber ich kenne Padishar Creel. Es kommt mir unwahrscheinlich vor, daß er sich in seinem eigenen Unterschlupf fangen läßt. Dazu ist er viel zu schlau. Was mir Freunde der Bewegung, mit denen ich mich unterhalten habe, gesagt haben, scheint eher wahrscheinlich: Sie berichteten, daß Frontsoldaten der Armee zugaben, so gut wie keinen, höchstens ein paar Dutzend getötet zu haben, und die waren schon tot, als eine Bresche in den Jut geschlagen wurde. Was ist also aus den anderen geworden? Es waren dreihundert Mann in dem Lager. Und außerdem, wenn die Föderation Padishar Creel tatsächlich hätte, würde sie seinen Schädel zum Beweis auf das Stadttor spießen.«

»Aber es gibt keine Nachricht von Padishar?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Und keinerlei Nachrichten von Morgan oder Steff oder einem der anderen?«

Sie schüttelte erneut den Kopf. »Sie sind verschwunden.«

»So.« Er ließ das Wort im Raum hängen.

Sie lächelte kläglich. Schweigend tranken sie ihren Tee.

Am nächsten Tag fühlte Par sich stärker und entschlossener und verkündete wieder, daß er nach oben nach Tyrsis gehen wolle. Er war lange genug untergetaucht; er mußte wieder einmal etwas von seiner eigenen Welt zu sehen bekommen. Er brauchte Sonne auf seiner Haut und frische Luft zum Atmen. Und außerdem wurde nichts erreicht, solange er sich versteckt hielt. Es war an der Zeit, daß er etwas tat.

Damson war strikt dagegen und wies darauf hin, daß er noch nicht vollständig wiederhergestellt und es äußerst gefährlich für ihn sei, irgendwohin zu gehen. Die Föderation wußte jetzt, wer er war, seine Beschreibung fand sich überall. Nachdem er aus der Grube entkommen war, hatten Sucher begonnen, die unteren Regionen des alten Palastes abzusuchen, und hatten dabei die Tunnel entdeckt, die ins Innere führten. Auch jetzt noch durchsuchten sie die Tunnel. Es gab kilometerweise Tunnel und Abwasserkanäle zu durchforschen, doch das Risiko der Entdeckung war nicht von der Hand zu weisen. Im Augenblick war es besser, sich still zu verhalten.

Am Ende einigten sie sich auf einen Kompromiß. Par durfte in die nächstgelegenen Tunnel gehen, solange er in Begleitung von Damson oder dem Maulwurf blieb. Er würde nicht an die Oberfläche steigen, auch nicht für einen kurzen Moment. Er würde gehen, wohin man ihm sagte, und tun, was man ihm riet. Aber wenigstens konnte er sein Krankenzimmer verlassen. Par willigte ein.

Mit Eifer begann er seine Erkundungen, studierte die Anlage der Tunnel, während er Damson und dem Maulwurf folgte, und merkte sie sich genau. Am ersten Tag ermüdete er schnell und mußte bald umkehren. Am nächsten Tag war er kräftiger, und es wurde immer besser. Langsam verstand er, wie die Tunnel und Kanäle miteinander verwoben waren – so weit, daß er glaubte, er könne den Weg an die Oberfläche allein finden, sollte sich die Notwendigkeit dafür ergeben. Der Maulwurf lehrte ihn sorgfältig, beobachtete ihn mit seinen aufmerksamen, glänzenden Augen und nickte befriedigt. Damson blieb ihm ganz nah, ihre Hände berührten ihn ständig, so als wollte sie ihn vor Gefahren schützen. Er lächelte innerlich über ihre Fürsorglichkeit.

Eine Woche verstrich. Es ging ihm immer besser, er war fast vollständig wiederhergestellt. Mehr als ein Monat war vergangen, seit er unter die Stadt Tyrsis getragen und versteckt worden war. Er dachte ständig ans Fortgehen, daran, daß er die Fäden seines Lebens wieder aufgreifen würde.

Und gleichzeitig fragte er sich, wo er anfangen sollte.

Am Ende wurde die Entscheidung für ihn getroffen.

Es war am späten Nachmittag, zehn Tage nachdem er mit seinen Erkundungen der Tunnel um die Behausung des Maulwurfs begonnen hatte. Er saß auf seiner Bettkante und untersuchte wieder einmal das Schwert von Shannara. Damson war in die Stadt hinaufgegangen, um zu sehen, ob sie Neuigkeiten von Padishar und der Föderation erfahren könnte. Der Maulwurf huschte wie ein Schatten von Zimmer zu Zimmer, ordnete, glättete und hantierte mit seinen Habseligkeiten. Die Zeit für den Tee war gekommen und verstrichen, ohne daß das Mädchen wiedergekommen wäre, und der Maulwurf war beunruhigt. Par hätte sich ebenfalls gesorgt, wenn er sich erlaubt hätte, darüber nachzugrübeln, aber er war mit etwas anderem beschäftigt. Seine Erinnerungen an die Ereignisse im Zusammenhang mit der Entdeckung des Schwertes von Shannara und Colls Tod waren noch immer unvollständig, die Bruchstücke fügten sich nur unregelmäßig zu einem vollständigen Bild zusammen, während er sich erholte. Hin und wieder fiel ihm ein neues Detail ein. So war es auch jetzt.

Es hatte etwas mit dem Wunschlied zu tun. Er erinnerte sich nur zu gut, wie der Zauber sich in ihm aufgebaut hatte, fast ohne sein Zutun, als Coll – das Ding, das wie Coll ausgesehen hatte – ihn bedrohte. Und als dann Coll fort war und die anderen Schattenwesen in der Grube hinter ihm herkamen, hatte das Zauberlied ihm ein flammendes Schwert gegeben, eine Waffe, wie sie die Magie noch nie produziert hatte. Damit hatte er die Schattenwesen ohne jede Mühe vernichtet. Für einen Moment war er wie besessen gewesen, erfüllt von Wut und Wahnsinn, jenseits jeglicher Vernunft. Er erinnerte sich, wie sich das angefühlt hatte. Aber da war noch etwas, etwas, das er bislang völlig vergessen hatte. Nachdem die Schattenwesen vernichtet waren, hatte er sich gebückt, um das Schwert von Shannara aufzuheben, das ihm aus der Hand gefallen war, und das Schwert hatte ihn verbrannt – hatte seine Hand wie Feuer versengt. Und im gleichen Augenblick war seine eigene Magie erstorben, und er war nicht in der Lage gewesen, sie erneut aufzuwecken.

Warum hatte das Schwert von Shannara das getan? Was war passiert, um eine solche Reaktion auszulösen?

Darüber grübelte er nach und versuchte es, mit dem wenigen, das er über das Geheimnis des Schwertes von Shannara wußte, in Einklang zu bringen, als Damson durch den Eingang zu dem unterirdischen Refugium des Maulwurfs gestürmt kam. Ihr langes Haar war zerzaust, ihr Atem ging schnell und verängstigt.

»Föderationssoldaten!« rief sie, eilte zu Par und zerrte ihn auf die Füße. »Dutzende von ihnen jagen durch die Kanäle. Eine Razzia! Nicht beim Palast, sondern hier. Ich bin knapp vor ihnen hergeschlüpft. Ich weiß nicht, ob uns jemand verraten hat oder ob ich gesehen worden bin. Aber sie haben den Eingang gefunden und sie kommen!« Sie hielt inne, um sich zu fassen. »Wenn wir hierbleiben, finden sie uns. Wir müssen sofort hinaus.«

Par schwang sich das Schwert von Shannara über die Schulter und stopfte seine wenigen Habseligkeiten in einen Beutel. Seine Gedanken waren verwirrt. Er hatte es eilig gehabt, aufzubrechen, doch nicht in dieser Weise.

»Maulwurf!« rief Damson, und das pelzige Kerlchen kam schnell herbeigetrippelt. »Du mußt verschwinden. Sie werden dich auch finden.«

Doch der Maulwurf schüttelte feierlich den Kopf. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Nein, bezaubernde Damson. Dies ist mein Heim. Ich bleibe hier.«