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Damson kniete sich hastig neben ihn. »Das kannst du nicht machen, Maulwurf. Du gerätst in schreckliche Gefahr. Diese Männer werden dir etwas zuleide tun.«

Par eilte dazu. »Komm mit, Maulwurf. Bitte. Es ist unsere Schuld, daß du bedroht wirst.«

Der Maulwurf musterte ihn spöttisch. »Ich habe dich aus freiem Willen hergebracht. Ich habe dich freiwillig gepflegt. Ich tat es für Damson – aber gleichzeitig auch für mich selbst. Ich mag dich. Ich mag, wie du … die liebliche Damson fühlen machst.«

Par sah aus dem Augenwinkel, wie Damson errötete, und hielt seinen Blick auf den Maulwurf gerichtet. »Das ist jetzt unwichtig. Was wichtig ist, ist, daß wir deine Freunde sind, und Freunde kümmern sich umeinander. Du mußt mit uns kommen.«

»Ich will nicht in die Oberwelt zurückkehren«, beharrte der Maulwurf ruhig. »Dies ist mein Heim. Ich muß mich darum kümmern. Und was soll aus meinen Kindern werden? Was soll aus Chalt und der kleinen Lida und Westra und Everlind werden? Wollt ihr, daß ich sie hier lasse?«

»Nimm sie mit, wenn es sein muß!« Par begann zu verzweifeln.

»Wir werden dir helfen, ein neues Heim zu finden«, fügte Damson schnell hinzu.

Doch der Maulwurf schüttelte störrisch den Kopf. »Die Welt dort oben will mit niemandem von uns zu schaffen haben. Wir gehören dort nicht hin, liebliche Damson. Wir gehören hier unten hin. Macht euch um uns keine Sorgen. Wir kennen diese Tunnel. Es gibt Verstecke, wo man uns nie finden kann. Dorthin werden wir gehen, wenn es sein muß.« Er machte eine Pause. »Ihr könntet mitkommen. Ihr wäret dort in Sicherheit.«

Damson erhob sich stirnrunzelnd. »Es ist genug, wenn ihr in Sicherheit seid, Maulwurf. Wir haben schon genug Gefahr über euer Leben gebracht. Versprich mir nur, daß du jetzt in eines dieser Verstecke gehst. Nimm deine Kinder mit und bleibt dort, bis diese Jagd vorüber ist und die Tunnel wieder sicher sind. Versprich es mir.«

Der Maulwurf nickte. »Ich verspreche es, süße Damson.«

Damson sammelte in aller Eile ihre eigenen Habseligkeiten zusammen und gesellte sich dann zu Par am Eingang. Der Maulwurf schaute sie aus dem Schatten an, kaum mehr als ein glitzerndes Augenpaar inmitten des Durcheinanders von Abfällen im schwachen Kerzenschein.

Damson schulterte ihr Gepäck. »Auf Wiedersehen, Maulwurf«, rief sie leise, ging zu ihm und bückte sich, um ihn zu umarmen. Als sie zu Par zurückkehrte, weinte sie.

»Ich verdanke dir mein Leben, Maulwurf«, sagte Par. »Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast.«

Eine kleine Hand hob sich zu einem schwachen Winken.

»Denk an dein Versprechen!« rief Damson beinahe zornig. »Versteck dich!«

Dann schlüpften sie lautlos durch den Eingang in den dahinter liegenden Tunnel. Damson hatte keine Lampe dabei, sondern holte einen dieser seltsamen Steine hervor, die glimmten, wenn sie sie mit der Hand anwärmte. Sein schwaches, sicheres Licht führte sie, wenn sie die Finger öffnete, um die Richtung zu finden. Dann schloß sie sie wieder, damit sie nicht entdeckt würden. Sie bewegten sich eilig von der Behausung des Maulwurfs fort, einen Tunnel entlang, dann in einen anderen und dann eine Metalleiter hinauf und in einen Schacht.

Irgendwo aus der Ferne hörten sie knirschende Stiefel.

Damson führte Par von dem Geräusch fort durch einen feuchten, glitschigen Tunnel. Die Temperatur stieg schon an, und die Luft füllte sich mit Abwassergerüchen. Ratten huschten durch die dunklen Nischen, und Wasser tropfte aus den Spalten im Fels. Sie setzten ihren Weg durch das Labyrinth stetig fort. Einmal hörten sie Stimmen, undeutlich, unklar. Damson achtete nicht darauf.

Sie gelangten an einen Zusammenfluß mehrerer Abwasserkanäle, einen ringförmigen Schacht, in dem sich das Wasser sammelte. Eine zentrale Sammelstelle, dachte Par. Er atmete schwer, seine Kräfte schwanden schon bei dieser ungewohnten Anstrengung. Bein- und Rückenmuskeln schmerzten ihn, und er streckte sich vorsichtig, um sie zu entlasten.

Damson schaute sich nach ihm um. Besorgnis spiegelte sich in ihrem Blick. Sie zögerte, dann führte sie ihn weiter.

Wieder waren Stimmen zu hören, näher diesmal und aus mehr als nur einer Richtung. Hinter ihnen flackerte Licht auf. Damson führte Par eine weitere Leiter hinauf in einen Tunnel, der so eng war, daß sie kriechen mußten. Feuchtigkeit und Dreck drangen in Pars Kleider und klebten sie an seine Haut. Er zwang sich, durch den Mund zu atmen, und nur, wenn er die Luft nicht länger anhalten konnte.

Sie gelangten an einen größeren Tunnel, der in der Mitte eine Rinne hatte, wo das Abwasser entlangfloß, so daß auf beiden Seiten Gehsteige entstanden. Zwei kleinere Tunnel kreuzten ihn. In beiden flackerte Licht. Damson hastete weiter. Sie bogen um eine Kurve, und dort fanden sie ebenfalls Licht. Damson blieb stehen und schob Par gegen die Tunnelwand.

Als sie ihn anschaute, war ein Anflug von Verzweiflung in ihrem Blick. »Der einzige Ausgang liegt vor uns«, flüsterte sie, den Mund ganz nah an seinem Ohr. »Wenn wir zurückgehen, laufen wir in die Falle.«

Sie trat zurück, um seine Reaktion zu sehen. Er schaute an ihr vorbei zu den Lichtern, die sich jetzt schnell näherten, und er hörte das Trampeln von Stiefeln und die ersten Anzeichen von Stimmen. Angst wallte in ihm auf und drohte ihn zu überschwemmen. Er fühlte sich so, als sei die Föderation schon immer auf der Jagd nach ihm gewesen, als würde diese Jagd nie ein Ende nehmen. Er war so oft der Gefangennahme entgangen. Es ging so nicht weiter. Früher oder später würde das Glück ihn verlassen. Er hatte die Grube und die Schattenwesen nur haarscharf überlebt. Er war ausgelaugt und tief im Herzen krank und wollte nichts als in Ruhe gelassen werden. Aber die Föderation würde ihn niemals in Ruhe lassen. Der Teufelskreis hatte kein Ende.

Für einen Augenblick übermannte ihn Verzweiflung. Dann mußte er plötzlich an Coll denken. Er erinnerte sich an seinen Schwur, daß er irgendwen für das zahlen lassen würde, was seinem Bruder widerfahren war. Wut trat augenblicklich an die Stelle der Verzweiflung. Nein, er würde sich nicht fangen lassen, schwor er sich im stillen. Er würde Felsen-Dall nicht in die Hände fallen.

Einen Moment dachte er daran, den Zauber anzurufen, der ihm in der Grube geholfen hatte; jenes Flammenschwert herbeizurufen, das seine Feinde zerstückeln würde. Er unterdrückte den Impuls. Es war zu mächtig, um sich so bald und mit noch immer so begrenztem Verständnis damit zu konfrontieren. List war hier vonnöten, nicht rohe Gewalt. Er erinnerte sich plötzlich, wie er der Föderation in jener Nacht im Volkspark entkommen war. Er zog Damson hinter sich her in eine dunkle Nische in der Tunnelwand bei der Abzweigung. Mit dem Mädchen in die Dunkelheit gekauert, legte er einen Finger an die Lippen und signalisierte ihr, sie solle sich still verhalten.

Die Föderationssoldaten näherten sich. Fünf starke Lampen lieferten ihnen genug Licht für ihre Suche, das Metall ihrer Waffen glänzte. Par holte tief Luft und tauchte in sich selbst hinein. Er hatte nur einen Versuch frei. Einen einzigen.

Er wartete, bis sie beinahe auf ihrer Höhe waren, dann setzte er das Wunschlied ein. Er ging kein Risiko ein und kontrollierte sorgfältig, was es auslösen würde. Er warf ein Netz getuschelter Warnungen über die Soldaten, einen Hinweis auf etwas, das das Abwasser weiter vorn aufwühlte, eine schemenhafte Bewegung. Er durchtränkte sie mit dem Drang, sich zu sputen, wenn sie es erwischen wollten.

Die Soldaten fingen fast gleichzeitig an zu rennen und hasteten an ihnen vorbei, ohne zu schauen. Der Talbewohner und das Mädchen drückten sich an die Tunnelwand und hielten den Atem an. Einen Augenblick später waren die Soldaten fort.

Langsam kamen Damson und Par wieder auf die Füße. Dann streckte Damson die Arme aus und umarmte den Talbewohner impulsiv. »Du bist wieder gesund, Par Ohmsford«, flüsterte sie und küßte ihn. »Hier entlang. Wir sind beinahe frei.«

Sie eilten den Gang entlang, überquerten einen Zufluß und gelangten in eine trockene Rinne. Die Lampen und Stiefel und Stimmen waren in der Ferne verklungen. Eine Leiter führte nach oben. Damson stieg voran, hielt oben inne und drückte eine Falltüre auf. Zwielicht drang durch den Spalt. Sie lauschte, lugte hindurch und stieg dann hinaus. Par folgte ihr.