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Die Zeit der Vorbereitungen verstrich schnell. Walker, Morgan und Pe Ell trugen Nahrungsmittel, Bettzeug, Planen, Seile, Klettergeräte, Kochgeschirr, Kleidung und Erste-Hilfe-Ausstattung zusammen, die Dees sie zu kaufen geschickt hatte. Dees seinerseits besorgte Packtiere, zottige Maultiere, die das schwere Gepäck tragen würden und die Gebirgsstürme ertrugen. Alles wurde zu einem alten Stall am nördlichen Ortsausgang von Rampling Steep gebracht, einem Gebäude, das Dees als Behausung zu dienen schien. Er bewohnte die Werkzeugkammer, und wenn er nicht gerade Befehle austeilte oder ihre Bemühungen, sie auszuführen, überwachte, zog er sich dorthin zurück.

Quickening war noch zurückgezogener. Wenn sie nicht bei ihnen war, was sehr selten vorkam, hatten sie keine Ahnung, wo sie steckte. Sie wirkte wie eine dahinziehende Wolke, eher ein Schatten als ein Lebewesen. Sie mochte aus der Stadt in den Wald wandern, wo sie sich wohler fühlte. Sie mochte sich auch einfach nur verstecken. Wo immer sie hinging, sie verschwand so vollständig wie die Sonne am Tagesende, und sie vermißten sie ebensosehr. Erst wenn sie wiederkam, fühlten sie sich wieder erwärmt. Sie sprach jeden Tag mit ihnen, immer einzeln, nie zusammen. Sie gab ihnen ein wenig von sich selbst, kleine Aufmunterungen, die sie nicht recht zu definieren imstande waren, aber auch nicht fehlzudeuten. Wäre sie jemand anderer gewesen, hätten sie sie verdächtigt, Spielchen mit ihnen zu treiben. Doch sie war Quickening, die Tochter des Königs vom Silberfluß, und in ihrem Leben gab es weder die Zeit noch den Wunsch noch die Notwendigkeit für Spiele. Sie stand weit über einem solchen Verhalten, und obgleich sie sie nicht ganz verstanden und fühlten, daß sie sie vielleicht nie verstehen würden, so waren sie doch überzeugt, daß in ihr keinerlei Täuschung oder Verrat war. Ihre Anwesenheit allein hielt sie zusammen, band sie an sie, so daß sie sich nicht abwandten. Sie strahlte, ein Geschöpf von überwältigendem Leuchten, so magisch, daß sie von ihr so gefesselt waren wie von einem Regenbogen. Sie brachte sie dazu, überall nach ihr Ausschau zu halten. Sie warteten darauf, daß sie erschien, und wenn sie es tat, fanden sie sich erneut in ihrem Bann. Sie warteten darauf, daß sie mit ihnen sprach, sie berührte, ja sogar nur auf einen kleinen Blick von ihr. Sie spann sie in den Strudel ihrer Existenz, und selbst wenn sie sich verzaubert fühlten, sehnten sie sich danach, daß es weiterginge. Sie beobachteten einander wie Habichte, waren sich ihrer jeweiligen Rollen in ihren Plänen nicht gewiß, wußten nicht, wozu sie gebraucht würden und wozu sie nötig waren. Sie kämpften darum, etwas von ihr zu erfahren, das nur ihnen allein gehörte, und sie maßen die Zeit, die sie mit ihr verbrachten, als wäre es goldener Staub.

Und dennoch waren sie nicht frei von Zweifeln und Befürchtungen. In ihren tiefsten, geheimsten Gedanken sorgten sie sich – ob es weise von ihr war, sie ausgewählt zu haben, ob ihre Neugier auf das Unterfangen, an dem teilzunehmen sie eingewilligt hatten, und ob ihr Wunsch, ihr nahe zu sein, ausreichende Gründe waren, weiterzumachen.

Pe Ells Grübeleien waren die intensivsten. Er hatte sich in erster Linie auf diese Reise begeben, weil das Mädchen ihn faszinierte, weil sie anders war als jene, die zu töten er je ausgeschickt worden war, weil er so viel wie möglich über sie in Erfahrung bringen wollte, ehe er den Stiehl benutzte, und auch, weil er herausfinden wollte, ob dieser Talisman, von dem sie sprach, dieser schwarze Elfenstein, so mächtig war, wie sie glaubte, und ob er ihn sich würde aneignen können. Es hatte ihn gestört, als sie darauf bestand, den dreisten Hochländer und den großen, bleichen Einarmigen mitzunehmen. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn sie beide allein gegangen wären, weil er davon überzeugt war, daß sie außer ihm niemanden brauchte. Dennoch hatte er den Mund gehalten und war geduldig geblieben, überzeugt, daß die beiden anderen kein Problem für ihn darstellen würden.

Aber jetzt war da auch noch Horner Dees im Weg, und irgend etwas an diesem alten Mann beunruhigte Pe Ell. Es war seltsam, daß Dees ihm so zu schaffen machte; er wirkte wie ein nutzloser, alter Tölpel. Die Ursache seines Unbehagens, nahm er an, war die Tatsache, daß sie zu zahlreich wurden. Wie viele wollte das Mädchen denn noch in die kleine Reisegesellschaft aufnehmen? Demnächst würde er an jeder Ecke über Krüppel und Taugenichtse stolpern, von denen keiner die kleine Anstrengung wert war, die es kosten würde, ihn zu beseitigen. Pe Ell war ein Einzelgänger; er mochte Gruppen nicht. Doch das Mädchen fuhr fort, ihre Zahl zu vergrößern, und das alles für ein reichlich unklares Ziel. Ihre Magie schien fast grenzenlos; sie vermochte Dinge, die kein anderer konnte, nicht einmal er. Er war davon überzeugt, daß ihre Magie, trotz der Behauptung des Gegenteils, ausreichen würde, sie nach Eldwist zu führen. Dort angekommen, brauchte sie niemand anderen als ihn. Was hatte es also für einen Sinn, die anderen mitzunehmen? Zwei Nächte zuvor, ehe der Regen aufgehört hatte, hatte Pe Ell sie aus Enttäuschung und Unzufriedenheit zur Rede gestellt und versucht, ihr die Wahrheit über die Sache abzunötigen. Quickening hatte ihn irgendwie abgelenkt, hatte ihn beruhigt und ihm seine Entschlossenheit, sie zu demaskieren, irgendwie genommen. Die Erfahrung, mit welcher Leichtigkeit sie ihn manipuliert hatte, hatte ihn verblüfft, und während einiger Zeit hatte er daran gedacht, sie einfach zu töten und die Sache damit zu erledigen. Er hatte ihre Absichten in Erfahrung gebracht, nicht wahr? Warum also nicht tun, wie Felsen-Dall geraten hatte, die Sache damit erledigt sein lassen, den schwarzen Elfenstein vergessen und diese Dummköpfe ohne ihn danach jagen lassen? Er hatte beschlossen zu warten. Jetzt war er froh darüber. Denn während er die störende Gegenwart Dees und der anderen überdachte, war es ihm, als verstünde er langsam ihren Zweck. Quickening hatte sie als Ablenkung mitgenommen, weiter nichts. Was für Dienste konnten sie schließlich anbieten? Die Kraft des einen steckte in einem zerbrochenen Schwert, die des anderen in einem verstümmelten Körper. Was waren solche dürftigen Zauber im Vergleich zu seinem Stiehl? War er nicht der Mörder, der Meistertöter, der, dessen Magie alles niederstrecken konnte? Das war mit größter Wahrscheinlichkeit der Grund, warum sie sie mitgenommen hatte. Sie hatte es nie geäußert, aber er wußte, daß es so war. Felsen-Dall hatte sich geirrt, als er meinte, sie würde nicht erkennen, wer er war. Quickening, mit ihrer außerordentlichen Einsicht und Intuition, konnte eine so offensichtliche Wahrheit nicht entgehen. Deshalb hatte sie ihn natürlich mitgenommen – deshalb hatte sie ihn vor allen anderen angesprochen. Sie brauchte ihn, damit er Belk tötete; er war der einzige, der dazu in der Lage war. Sie brauchte die Magie des Stiehls. Die anderen, einschließlich Dees, waren nichts als das Anmachholz, das ins Feuer geworfen werden sollte. Am Ende war sie ganz allein auf ihn angewiesen.