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»Magisch?« Morgans Stimme zitterte vor Überraschung, trotz seines Bemühens, sie ruhig klingen zu lassen. Die Gedanken rasten durch sein Bewußtsein. »Weiß Quickening das?«

»Sie hat ihn ausgewählt, Hochländer. Sie hat uns alle erwählt. Sie hat uns gesagt, daß wir Magie besitzen, daß unsere Magie gebraucht würde. Natürlich weiß sie es.«

Morgan war entsetzt. »Sie hat absichtlich einen Meuchelmörder mitgenommen? Will sie den schwarzen Elfenstein auf diese Weise wiederbekommen?«

Walker schaute Morgan fest an. »Ich glaube nicht«, sagte er schließlich. »Aber ich bin nicht sicher.«

Morgan ließ sich ungläubig zurücksinken. »Walker, was tun wir hier? Warum hat sie uns mitgenommen?« Walker antwortete nicht. »Ich weiß beim allerbesten Willen nicht, warum ich mich bereit erklärt habe, mitzukommen. Oder vielleicht doch. Ich fühle mich zu ihr hingezogen, ich gebe es zu. Ich bin von ihr völlig bezaubert. Aber was ist das für ein Grund? Ich dürfte nicht hier sein. Ich sollte in Tyrsis sein und nach Par und Coll suchen.«

»Die Diskussion haben wir doch schon geführt«, erinnerte Walker ihn freundlich.

»Ich weiß. Aber ich frage mich noch immer. Vor allem jetzt. Pe Ell ist ein Mörder; was haben wir mit so einem Mann zu schaffen? Hält Quickening uns alle für seinesgleichen? Glaubt sie, wir seien alle Mörder? Ist es das, wozu sie uns braucht? Ich kann es nicht fassen!«

»Morgan.« Walker sprach seinen Namen aus, um ihn zu beruhigen, dann lehnte er sich ebenfalls an den Baumstamm, bis ihre Köpfe sich beinahe berührten. Etwas an der Krümmung seines Körpers erinnerte Morgan daran, wie gebrochen der Dunkle Onkel gewesen war, als sie ihn in den Ruinen der Hütte in Hearthstone gefunden hatten. »Hinter der Sache steckt mehr, als dir bekannt ist«, flüsterte Walker. »Oder mir. Ich kann Dinge fühlen, aber ich kann sie nicht klar erkennen. Quickening hat ein Ziel, das weiter reicht, als was sie uns kundgibt. Sie ist die Tochter des Königs vom Silberfluß – vergiß das nicht. Sie hat geheimes Wissen. Sie verfügt über Magie, die alles übertrifft, was ich je gesehen habe. Aber sie ist gleichzeitig auch verwundbar. Sie muß bei diesem Unterfangen einen wohlbedachten Pfad beschreiten. Ich nehme an, wir sind unter anderem dazu da, dafür zu sorgen, daß sie diesen Pfad einhalten kann.«

Morgan dachte ein Weilchen darüber nach und nickte. Er lauschte in die nächtliche Stille und starrte unter den tiefhängenden Kiefernästen hindurch auf die schattigen Gestalten dahinter, vor allem auf Quickenings schlanke, ätherische Figur, ein schmales Etwas von Bewegung, das von der Nacht durch eine leichte Verschiebung des Lichts verschluckt werden konnte.

Walkers Stimme klang gepreßt. »Ich habe eine Vision von ihr gehabt – die grauenhafteste aller Visionen, die ich je hatte. Die Vision sagte mir, daß sie sterben wird. Ich warnte sie davor, ehe wir Hearthstone verließen, ich sagte ihr, daß ich vielleicht nicht mitkommen sollte. Aber sie bestand darauf. Also kam ich mit.« Er schaute hinüber. »Das gilt für uns alle gleichermaßen. Wir sind mitgegangen, weil wir wissen, daß es sein muß. Versuch nicht zu verstehen, warum das so ist, Morgan. Nimm es einfach als gegeben hin.«

Morgan seufzte, verloren im Wirrwarr seiner Gedanken und Gefühle, in seiner Sehnsucht nach Dingen, die niemals sein konnten, einer Vergangenheit, die für immer verloren war, und einer Zukunft, die er nicht bestimmen konnte. Er dachte daran, wie weit die Dinge gekommen waren, seit ihn die Ohmsfords in Leah aufgesucht hatten, und wie anders jetzt alles geworden war.

Walker Boh erhob sich. Seine Bewegung raschelte in der Stille. »Denk an das, was ich dir gesagt habe, Hochländer. Halt dich von Pe Ell fern.«

Er schob sich durch den Vorhang von Ästen und ging fort, ohne sich umzudrehen. Morgan starrte ihm nach.

Pe Ell blieb lange weg. Als er zurückkam, sprach er nur zu Horner Dees. »Die Luft ist rein, Alter«, berichtete er leise. »Auf geht’s.« Wortlos verließen sie die Senke und folgten Carisman, der sie wieder zu dem Steilhang führte, eine schweigende Prozession von Geistern in der Nacht. Keiner kam ihnen in die Quere, und Morgan war sicher, daß es auch so bleiben würde. Pe Ell hatte dafür gesorgt.

Es war noch immer dunkel, als die Stacheln wieder in Sicht kamen. Sie bestiegen den Steilhang und wandten sich nach Norden. Dees gab einen schnellen Schritt vor. Der Weg war frei, der Grat kahl und vom Mond beschienen, außer dort, wo die skelettartigen Bäume mit den spindeligen Schatten ihrer Stämme und Äste ein Spinnwebmuster auf den Boden warfen. Sie folgten den Stacheln durch das enge Talende und steuerten die dahinterliegenden Hügel an. Tagesanbruch war nicht mehr fern, ein schwacher Schimmer am östlichen Horizont. Dees wurde noch schneller. Keiner brauchte zu fragen, warum.

Als die Sonne über die Berggipfel stieg, waren sie weit genug gekommen, daß sie das Tal nicht mehr sehen konnten. Sie stießen auf einen Fluß mit klarem Wasser und machten halt, um zu trinken. Schweiß rann ihnen über die Gesichter, und ihr Atem ging heftig.

»Seht dort«, sagte Horner Dees. Eine Kette spitzer Berge zeichnete sich vor dem Himmel ab. »Das ist der Nordrand des Charnalgebirges, die letzte Bergkette, über die wir müssen. Es gibt ein Dutzend Pässe, die darüberführen, und die Urdas können nicht wissen, welchen wir nehmen. Überall sind Felsen, und es ist schwer, irgendwelche Spuren zu verfolgen.«

»Für dich vielleicht«, sagte Pe Ell unfreundlich. »Nicht unbedingt für sie.«

»Sie werden ihre Berge nicht verlassen.« Dees ignorierte ihn. »Sobald wir drüben sind, sind wir vor ihnen in Sicherheit.«

Sie rafften sich wieder auf und zogen weiter. Die Sonne stieg in den wolkenlosen Himmel, ein gleißender, weißer Feuerball, der die Erde in einen Brennofen verwandelte. Soweit Morgan sich erinnern konnte, war es der heißeste Tag, seit er Culhaven verlassen hatte. Die Hügel gingen in Gebirge über, die Bäume wurden spärlicher und wichen Gestrüpp und Buschwerk. Einmal glaubte Dees, weit hinter ihnen im Wald eine Bewegung bemerkt zu haben, und einmal hörten sie ein Jaulen, von dem Carisman behauptete, es sei ein Urdahorn. Aber der Mittag ging vorüber, und es gab keine Anzeichen einer Verfolgung.

Dann stiegen Wolken von Westen her auf, eine drohende schwarze Gewitterwand. Morgan schlug nach den Mücken, die sein schweißnasses Gesicht umsurrten. Das Gewitter würde nicht lange auf sich warten lassen.

Im Laufe des Nachmittags machten sie wieder halt, erschöpft von ihrer Flucht und inzwischen auch hungrig. Viel zu essen gab es nicht, nur ein paar Wurzeln, etwas wildes Gemüse und frisches Wasser. Horner Dees zog los, um den weiteren Weg auszukundschaften, und Pe Ell beschloß, ein Stück zurück zu einem Felsvorsprung zu gehen, von dem aus er das Gebiet hinter ihnen überschauen konnte. Walker setzte sich ein wenig abseits. Carisman sprach mit Quickening über seine Musik und forderte ihre gesamte Aufmerksamkeit. Morgan musterte die hübschen Züge des Sängers, seinen blonden Schopf, seine ungehemmten Gesten, und war verdrossen. Um seine Gefühle nicht zu zeigen, zog sich der Hochländer in den Schatten einer dürren Kiefer zurück und schaute in eine andere Richtung.

Donner grollte in der Ferne, und die Wolken rückten auf das Gebirge zu. Der Himmel war eine seltsame Mischung aus Sonnenschein und Finsternis. Die Hitze war noch immer erdrückend und lastete wie eine erstickende Decke über der Erde, Morgan vergrub sein Gesicht in den Händen und schloß die Augen.

Sowohl Horner Dees als auch Pe Ell kamen bald zurück. Der erstere verkündete, daß der Paß, der sie über den letzten Ausläufer des Charnalgebirges bringen würde, eine knappe Stunde entfernt sei. Pe Ell berichtete, daß die Urdas in großer Zahl hinter ihnen her seien.

»Mehr als hundert«, gab er an und fixierte sie dabei mit seinen harten, unlesbaren Augen. »Uns direkt auf den Fersen.«

Sie brachen augenblicklich wieder auf und marschierten noch schneller weiter. Ein Gefühl der Dringlichkeit trieb sie voran, das vorher nicht dagewesen war. Niemand hatte damit gerechnet, daß die Urdas sie so schnell einholen würden, jedenfalls nicht, bevor sie über den Paß waren. Wenn sie gezwungen waren, sich hier einem Kampf zu stellen, war das ihr Ende, das wußten sie.