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Der Dunkle Onkel war von dem Angriff nicht erschüttert, sein bleiches Gesicht zeigte keinen Ausdruck, und seine Augen richteten sich fest und ruhig auf den Hochländer. »Ich bin, was ich immer war, Morgan Leah.«

»Mit einem Arm weniger!« fauchte Morgan und bereute es sofort. »Nein, entschuldige, das wollte ich nicht sagen.«

Morgan wandte sich einen Moment verlegen ab, dann sah er wieder auf. »Schaut uns doch mal an«, flüsterte er. »Wir sind so gerade eben noch am Leben. Wir sind den ganzen Weg bis ans Ende der Welt gekommen, und das hat uns beinahe ganz geschafft. Carisman ist schon tot. Horner Dees vielleicht auch. Wir sind am Ende. Wir sehen aus wie Vogelscheuchen, haben uns seit Wochen nicht gewaschen, es sei denn, ihr wollt den Regen als Dusche bezeichnen. Unsere Kleider hängen in Fetzen. Wir flüchten und verstecken uns jetzt schon so lange, daß wir nicht mehr wissen, wie man kämpft. Wir hocken in dieser grauen, trostlosen Welt, wo alles, was wir zu sehen kriegen, Stein und Regen und Nebel ist. Ich hasse diesen Ort. Ich will wieder Gras und Bäume und Leben sehen. Ich will nicht hier sterben. Und ich will vor allem nicht grundlos sterben! Und genau das wird geschehen, wenn wir den Steinkönig wieder aufsuchen. Sagt doch, was haben wir für eine Chance?«

Zu seiner Überraschung erwiderte Walker Boh: »Eine bessere Chance, als du glaubst. Setz dich einen Moment hin und hör zu.«

Morgan zögerte einen Moment, Mißtrauen in den Augen. Dann ließ er sich langsam nieder. Sein Zorn und seine Verbitterung waren für den Augenblick erschöpft. Er ließ zu, daß Quickening sich neben ihn setzte und ihren Arm um ihn legte. Er ließ zu, daß die Wärme ihres Körpers in ihn drang.

Walker Boh schlug die Beine übereinander und zog seinen dunklen Umhang fest um seine Schultern. »Es stimmt, daß wir aussehen wie Bettler von der Straße einer Südlandschaft, daß wir nichts haben, womit wir Uhl Belk drohen können, daß wir für ihn so unbedeutend sind wie die winzigsten Insekten, die auf dem Boden herumkriechen. Aber dieser Anschein mag eine Illusion sein, die wir ausnutzen können. Es mag uns die Chance geben, die wir brauchen, um ihn zu besiegen. Verächtlich macht er sich unseretwegen keine Sorgen. Es ist durchaus möglich, daß er uns schon wieder vergessen hat. Er hält sich für unverwundbar. Vielleicht können wir das gegen ihn benutzen.«

Seine dunklen Augen waren ernst und konzentriert. »Er ist nicht, was er zu sein glaubt, Hochländer. Er hat sich über das Geistwesen, als das er geboren wurde, hinausentwickelt. Ich glaube sogar, er hat sich über den König vom Silberfluß hinausentwickelt. Aber seine Entwicklung ist nicht eine natürliche. Seine Entwicklung wurde durch den Einsatz des schwarzen Elfensteins bewirkt. Es mag ironisch klingen, aber die Druiden schützten ihre Magie besser, als Uhl Belk klar ist. Er glaubt, er habe ihn mit Leichtigkeit gestohlen und könne ihn unbedenklich benutzen. Aber er irrt sich. Indem er die Magie des Elfensteins anruft, zerstört er sich selbst.«

Morgan Leah schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Was meinst du damit?«

»Hör ihn an, Morgan«, bat Quickening. Erwartungsvoll beugte sie sich näher.

»Ich hatte bis heute nicht begriffen, wozu der schwarze Elfenstein gedacht war«, fuhr Walker Boh eifrig mit seinen Erklärungen fort. »Cogline gab mir die Druidengeschichte und trug mir auf, sie zu lesen. Ich erfuhr von der Existenz des schwarzen Elfensteins, und daß seine Aufgabe darin bestand, Paranor von dem Zauberbann zu befreien und in die Welt der Menschen zurückzubringen. Von Quickening erfuhr ich, daß die Magie des schwarzen Elfensteins konzipiert war, die Wirkungen anderer Magien aufzuheben – auf diese Weise konnte der Zauber, der Paranor verbannt hatte, zunichte gemacht werden. Was für eine Kraft, Hochländer! Wie konnte es eine solche Kraft geben? Ich fragte mich immer wieder, ob das überhaupt möglich war, und wenn, warum dann die Druiden – die in solchen Dingen so ungeheuer vorsichtig waren – keine besseren Vorkehrungen getroffen hatten, um seinen Mißbrauch zu verhindern. Schließlich war der schwarze Elfenstein die einzige Magie, die ihre Feste wiederherstellen und den Prozeß einleiten konnte, der sie wieder an die Macht brachte. Würden sie sich diese Magie so ohne weiteres wegnehmen lassen? Würden sie zulassen, daß jemand anderer sie benutzte, insbesondere eine so mächtige Kreatur wie Uhl Belk?

Ich wußte natürlich, daß sie das nicht tun würden. Aber wie konnten sie es verhindern? Heute fand ich die Antwort auf diese Frage. Ich sah den Steinkönig den Malmschlund herbeirufen; ich beobachtete, was sich zwischen Vater und Sohn abspielte. Habt ihr es gesehen? Als Uhl Belk die Macht des Steins anrief, entstand eine Verbindung zwischen den beiden, ein Zusammenschluß. Es schien beiden Leben zu geben. Es war deutlich suchterzeugend; sie ergötzten sich daran. Die Magie des schwarzen Elfensteins war stärker als ihre eigene in dem Moment, in dem sie freigesetzt wurde. Sie war so stark, daß sie dem, was sie ihnen antat, nicht widerstehen konnten; im Gegenteil, sie genossen es.«

Er machte eine Pause. Dann senkte er seine Stimme zu einem vorsichtigen Flüstern. Die Schatten in dem Zimmer umhüllten sie wie Verschwörer. »Ich bin überzeugt, daß es das ist, was geschehen muß, wenn die Magie angerufen wird. Ja, sie hebt jede andere Magie auf, gegen die sie gerichtet wird, so, wie die Druidengeschichte berichtet. So, wie Quickening von ihrem Vater erfahren hat. Sie fordert die andere Magie heraus und raubt ihr die Kraft. Aber es muß noch mehr sein. Sie kann die Magie nicht einfach verschwinden lassen. Sie kann sie nicht einfach in Luft auflösen. Irgend etwas muß mit dieser Magie geschehen. Die Naturgesetze verlangen es. Ich glaube, was sie tut, ist, daß sie die andere Magie absorbiert und auf den Benutzer des Steins überträgt. Wenn Uhl Belk den schwarzen Elfenstein auf den Malmschlund richtet, nimmt er seinem Kind die Magie und eignet sie sich an; er nimmt das Gift, das das Land und seine Bewohner versteinert, und verwandelt auch sich selbst. Deshalb hat er sich so entwickelt. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Jedesmal, wenn er einen Teil von des Malmschlunds Magie aufsaugt, kommt Uhl Belk für eine kurze Zeit dem Sohn, den er erschaffen hat, nah. Wenn er den schwarzen Elfenstein benutzt, um an der Magie des Malmschlunds teilzuhaben, entsteht ein Band zwischen ihnen, das sie anders nicht erleben könnten. Sie hassen und fürchten einander, aber sie brauchen einander auch. Sie nähren sich aneinander, ein Nehmen und Geben, das nur der schwarze Elfenstein ermöglichen kann. Es ist das einzige, das einer Vater-Sohn-Beziehung nahekommt. Es ist das einzige, was sie verbindet.«

Er beugte sich nach vorn. »Aber es bringt Uhl Belk um. Es macht ihn vollständig zu Stein. Im Laufe der Zeit wird er in dem Stein verschwinden, der ihn umgibt. Er wird werden wie irgendeine Statue – leblos. Er tut sich das selbst an und merkt es nicht einmal. So wirkt der Elfenstein; darum war es ihm so leicht, ihn zu stehlen. Die Druiden scherte das nicht. Sie wußten, daß wer auch immer ihn benutzt, eines Tages die Konsequenzen tragen muß. Magie kann nicht ohne Folgen absorbiert werden. Uhl Belk ist süchtig auf diese Magie. Er ist auf dieses Gefühl der Transformation angewiesen, darauf, seinem steinernen Leib, dem Land, seinem Königreich und sich selbst immer mehr hinzuzufügen. Selbst wenn er es versuchte, er könnte nicht mehr aufhören.«

»Aber was soll uns das nutzen?« fragte Morgan ungeduldig. Er beugte sich neugierig vor, gefesselt von den Möglichkeiten, die Walkers Erläuterungen aufdeckten. »Selbst wenn du recht hast, was macht das für einen Unterschied? Du willst doch nicht vorschlagen, daß wir einfach abwarten, bis Uhl Belk sich umgebracht hat, oder?«

Walker schüttelte den Kopf. »Darauf können wir nicht warten. Der Prozeß kann Jahre in Anspruch nehmen. Aber Uhl Belk ist nicht so unverwundbar, wie er glaubt. Er hat sich weitgehend von dem schwarzen Elfenstein abhängig gemacht, eingepuppt in seine steinerne Festung; selbst weitgehend zu Stein geworden, interessiert er sich nicht so sehr für das, was um ihn vorgeht, als für die Nahrung, die es braucht, damit seine Mutation fortschreitet. Er ist weitgehend unbeweglich. Habt ihr ihn beobachtet, als er sich zu rühren versuchte? Er kann seine Position nicht schnell verändern, er ist mit dem Fels des Bodens verschweißt. Seine Magie ist alt und außer Gebrauch; der größte Teil seiner Tätigkeit hat damit zu tun, sich durch die Verwendung des Steins zu ernähren. Die Angst, den schwarzen Elfenstein zu verlieren, seiner Nahrungsquelle beraubt, und dem fragwürdigen Wohlwollen seines verrückten Sprößlings ausgeliefert zu sein, bestimmen all sein Denken. Er hat sich in seiner Besessenheit selbst verstümmelt. Das gibt uns eine Chance, ihn zu besiegen.«