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Pe Ell schaute angeekelt weg, schüttelte den Kopf und sah ihn wieder an. Er hatte schon zu viel Zeit damit verbracht, in dieser trostlosen Stadt herumzutrotten, dieser feuchten, steinernen Gruft. Er hatte schon zu lange gekämpft, um zu verhindern, daß sie ihn verschlang. Und das, gepaart mit Quickenings Magie, der er schon so lange ausgesetzt war, hatte seine Instinkte untergraben, ihn abgestumpft und die Klarheit seiner Gedanken getrübt. Er war an einen Punkt gelangt, wo das einzige, das zählte, sein Bedürfnis war, wieder dorthin zurückzukehren, von wo er gekommen war, in die Welt außerhalb von Eldwist und zu dem Leben, das er so vollständig unter Kontrolle gehabt hatte.

Aber nicht ohne den schwarzen Elfenstein. Er würde ihn nicht aufgeben.

Und nicht ohne Quickenings Leben. Das würde er auch nicht aufgeben.

In der Zwischenzeit versuchte Horner Dees, ihm irgendwas mitzuteilen. Es konnte nichts schaden, ihn anzuhören. Er machte sich ganz still in seinem Inneren – alles, bis hin zu seinem Denken. »Du hast selbst einen Plan, nicht wahr?« flüsterte er.

»Möglich.«

»Ich höre.«

»Vielleicht ist da was dran, was du gesagt hast. Den Kratzer umbringen. Vielleicht lockt das den Steinkönig aus seinem Versteck. Irgendwas muß versucht werden.« Das Zugeständnis kam nur widerwillig.

»Ich höre noch immer.«

»Es braucht uns alle beide. Gleiche Abmachung wie zuvor. Wir passen aufeinander auf, bis die Sache getan ist. Dann sorgt wieder jeder für sich selbst. Dein Wort drauf.«

»Das hast du.«

Horner Dees schlurfte herbei, bis er direkt vor Pe Ell stand, näher, als Pe Ell lieb war. Er schnaufte, als sei er meilenweit gerannt, grinste unter seinem zottigen Bart und ballte seine knorrigen Hände zu Fäusten.

»Ich meine«, sagte er leise, »wir müssen den Kratzer in ein tiefes Loch werfen.«

Morgan Leah musterte Walker Boh wortlos eine Weile, dann schüttelte er den Kopf. Er war überrascht, wie ruhig seine Stimme klang. »Das kann nicht klappen. Du hast selbst gesagt, daß der Steinkönig nicht nur eine bewegliche Statue ist; er hat sich selbst zu einem Bestandteil des Landes gemacht. Er ist alles in Eldwist. Du hast gesehen, was er gemacht hat, als er uns schließlich in die Kuppel ließ, und dann danach, als er den Malmschlund herbeibefahl. Er spaltete einfach die Felswand. Seine eigene Haut, Walker. Meinst du, er merkt es nicht, wenn wir von unten her durch die gleiche Haut zu klettern versuchen? Meinst du nicht, daß er das fühlen kann? Was meinst du, was dann mit uns passiert? Schmatz!«

Er machte ein schnalzendes Geräusch mit seinen Handflächen. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen, und er merkte, daß er zitterte.

Walkers Ausdruck änderte sich nicht. »Was du sagst, ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. Uhl Belk ist das Herz und die Seele des Landes, das er schuf, aber er ist auch, genau wie das Land, etwas Steinernes. Stein fühlt nichts, empfindet nichts. Uhl Belk hätte nicht einmal gemerkt, daß wir hier sind, wenn er sich auf seine äußeren Sinne verlassen mußte. Es war unsere Magie, die ihn aufmerksam gemacht hat. Es mag sein, daß genug Menschliches von ihm übrig ist, um Eindringlinge zu bemerken, aber er verläßt sich vor allem auf den Kratzer. Wenn wir es vermeiden können, Magie zu benutzen, dann können wir in die Kuppel gelangen, ohne daß er von unserer Anwesenheit weiß.«

Morgan setzte zum Widerspruch an, doch dann unterbrach er sich. Quickening umklammerte seinen Arm so fest, daß es ihn schmerzte. »Morgan«, flüsterte sie drängend. »Wir können es schaffen. Walker Boh hat recht. Das ist unsere Chance.«

»Unsere Chance?« Morgan schaute auf sie hinunter und mühte sich, sein Gleichgewicht zu bewahren, als ihre dunklen Augen ihn zu ertränken drohten, und er fand sie wieder unwiderstehlich schön. »Unsere Chance, was zu tun, Quickening?« Er zwang sich, seinen Blick von ihr zu wenden und schaute Walker an. »Angenommen, du hast recht mit alledem, und wir können tatsächlich in die Kuppel gelangen, ohne daß Belk es merkt. Was ändert das? Was sollen wir dann tun? Unsere angeschlagene Magie benutzen, alle drei – ein unbewaffnetes Mädchen, ein Einarmiger und ein Mann mit einem halben Schwert? Sind wir nicht genau da, wo wir waren, als wir dieses Gespräch angefangen haben?«

Er ignorierte Quickenings Hände, die an seinen Armen zogen. »Ich will dir nichts vormachen, Walker. Du weißt, was ich denke. Du weißt es von jedem. Ich habe große Angst. Ich gebe es zu. Wenn das Schwert von Leah wieder heil wäre, könnte ich eine Chance gegen so was wie Uhl Belk haben. Aber das ist nicht der Fall. Ich verfüge nicht über irgendeine angeborene Magie wie du oder Par. Ich habe nur mich selbst. Ich habe bislang überlebt, indem ich meine Grenzen akzeptiert habe. Nur so war es möglich, die Föderationsoffiziere zu bekämpfen, die meine Heimat besetzt haben; nur so war es möglich, etwas so viel Größeres und Stärkeres zu überleben. Man muß seine Kämpfe sorgfältig auswählen. Der Steinkönig ist ein Monster, das Monster befehligt, und ich sehe nicht, wie wir drei irgend etwas gegen ihn ausrichten können.«

Quickening schüttelte den Kopf. »Morgan …«

»Nein«, unterbrach er sie hastig, unfähig, sich selbst jetzt aufzuhalten. »Sag jetzt nichts. Hör mich bitte an. Ich habe alles getan, was du wolltest. Ich habe andere Verantwortungen aufgegeben, die ich hätte wahrnehmen müssen, um mit dir nach Norden auf die Suche nach Eldwist und Uhl Belk zu kommen. Ich bin mitgekommen, um den schwarzen Elfenstein zu finden. Ich will, daß du erfolgreich erledigst, was dein Vater dir aufgetragen hat. Aber ich habe keine Ahnung, wie das geschehen soll, Quickening. Weißt du es? Kannst du es mir sagen?«

Sie stellte sich vor ihn hin und hob ihr Gesicht zu ihm auf. »Ich kann dir sagen, daß es geschehen wird. Mein Vater hat mir gesagt, daß es so sein wird.«

»Ich weiß, mit Hilfe meiner Magie und der von Walker und Pe Ell. Also, was ist mit Pe Ell? Sollte er nicht mitkommen? Brauchen wir ihn nicht, wenn wir was erreichen wollen?«

Sie zögerte, ehe sie antwortete. »Nein. Pe Ells Magie wird erst später gebraucht.«

»Später. Und deine eigene?«

»Ich habe keine Magie, bis ihr den Elfenstein erobert habt.«

»Es bleibt also an Walker und mir hängen.«

»Ja.«

»Irgendwie.«

»Ja.«

Walker trat ungeduldig hinzu, sein bleiches Gesicht hart und entschlossen. »Das langt, Hochländer. Du tust so, als handle es sich um irgendeinen mystischen Prozeß, der göttliche Fügung oder die Weisheit der Toten verlangte. Es gibt nichts Mysteriöses an dem, was man uns zu tun bittet. Der Steinkönig ist im Besitz des schwarzen Elfensteins; er muß dazu gebracht werden, ihn herzugeben. Wir müssen uns durch den Boden nach oben in die Kuppel schleichen und ihn überraschen. Wir müssen einen Weg finden, ihn zu erschrecken, ihn zu verblüffen, etwas, das ihn veranlaßt, den Stein loszulassen, und ihn ihm dann wegschnappen. Wir müssen nicht mit ihm kämpfen, wir brauchen ihn nicht zu erschlagen. Es handelt sich nicht um einen Wettstreit der Kräfte; es ist ein Wettstreit des Willens. Und der Klugheit. Wir müssen klüger sein als er.«

Die Augen des Dunklen Onkels glühten. »Wir sind nicht den ganzen Weg hierhergekommen, Morgan Leah, um jetzt einfach umzukehren und wieder zu verschwinden. Wir wußten, daß man uns keine Antworten auf unsere Fragen geben würde, daß wir selbst herausfinden müssen, wie wir alles, was nötig ist, erledigen. Das haben wir getan. Wir müssen es nur noch einmal tun. Wenn wir es nicht tun, ist der Elfenstein für uns verloren. Und damit auch die Vier Länder. Damit haben die Schattenwesen gesiegt. Cogline und Ondit sind umsonst gestorben. Dein Freund Steff ist umsonst gestorben. Willst du das? Ist das deine Absicht? Ist es das, Morgan Leah?«

Morgan drängte sich an Quickening vorbei und packte Walkers Umhang. Walker packte ihn seinerseits. Einen Augenblick lang hielten sie sich einander wortlos fest, Morgans Gesicht wutverzerrt, Walker glatt und konzentriert.