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Und Sven sagte: „Ist noch absolut undurchsichtig und unklar.

Wir treten auf der Stelle. ›Veilchen‹ macht Patrouille im Raum um den Eremiten. Gerade so, als warteten wir darauf, daß uns jemand besucht.“

„Nicht zu uns zu Besuch kommt, sondern zu sich nach Hause“, korrigierte ihn Henry. „Wir sind nämlich die Gäste, dazu auch noch ungebetene.“ Damit wechselte er jäh das Thema.

„Sag mal, Erli, was für neue Vornamen sind denn so auf der Erde aufgekommen? Ich werde ein Töchterchen haben, auf jeden Fall ein Mädchen. Osa will sie Seona nennen. Aber ich weiß nicht, bin mir noch nicht ganz im klaren…“

Es waren bereits zwei Tage vergangen, seitdem sich „Veilchen“ von „Warszawa“ getrennt hatte. Das bedeutete, sie konnten nun den Versuch machen, die Verbindung mit der Zentralstation aufzunehmen.

3

Erli war im Korridor kaum ein paar Schritte gegangen, als er Henry bemerkte, der auf ihn zukam. Dieser war offensichtlich mißgelaunt und brummte, als er Erli erreicht hatte: „Faulpelze.“

„Ist irgendwas passiert?“ fragte Erli, der nicht verstand, wo-von der Funker sprach.

„Sie wollen mit uns nicht eher Verbindung aufnehmen, als es der Zeitplan vorsieht. Ich kann einfach nicht glauben, daß Osa mir nichts mitzuteilen hat. Faulpelze, dabei bleib’ ich. Wenn man in einem Gebiet Patrouille machen muß, kommt das vor.

Und da haben wir nun schon die Begegnung mit ›Warszawa‹

hinter uns! Dort werden sie jetzt die Minuten zählen!“

„Wann sollen sie die Verbindung aufnehmen?“

„In zwei Stunden. Aber das ist doch kein großer Unterschied.

Ich zittere vor Wut. Kann man es sehen?“ Erli nickte. „Die zwei Stunden werde ich mich jetzt hinlegen und das Funkgerät ignorieren. Ich gehe einfach nicht ‘ran, basta!“

Das war so wenig überzeugt gesagt, daß Erli unwillkürlich denken mußte: Henry wird nicht einmal fünf Minuten lang aushalten.

Wirt stürzte in die Bibliothek, Erli ging an den Kabinen vorbei in den Kommandosektor. Sven war mit irgendwelchen Berechnungen beschäftigt. Ohne mit der Eingabe von Daten in den Computer aufzuhören, bedeutete er Erli, im Sessel Platz zu nehmen. Der Journalist setzte sich und beobachtete den Bildschirm; doch sosehr er auch aufpaßte, er konnte den Eremiten zwischen den funkelnden Sternen nicht entdecken.

Wahrscheinlich war Erli ein wenig eingeschlummert, denn plötzlich wurde er durch Stimmengewirr aufgeschreckt.

Henry saß am Funkgerät und hatte sich zum Kommandanten gewendet. Er hatte eine Leidensmiene aufgesetzt und sagte:

„Es kommt keine Verbindung zustande.“

„Was ist denn bloß bei dir los?“ fragte Sven, verließ seinen Computer und ging zu dem Funker.

Erli bedachte, daß er bisher fortwährend gehofft hatte, Lej könnte ihn möglicherweise sprechen wollen. Er verließ den Raum, weil er befürchtete, seine Gefühle könnten von den anderen erkannt werden.

Zwei Stunden später wurde die Tür zur Bibliothek geöffnet; der Kommandant von „Veilchen“ und der Funker standen auf der Schwelle. Henry war bleich, Sven unnatürlich ruhig. Er sagte: „Der Eremit antwortet nicht. Irgendwas ist dort passiert.“

Traikow unterbrach seine Lektüre und meinte: „Was kann dort schon passiert sein? Der Empfang der Radiowellen…“

„Der Empfang ist in Ordnung. Den Funkturm des Kosmodroms kann man empfangen, aber er ist eben nur ein Automat.“

Erli wurde schwarz vor Augen.

„Was werden wir jetzt machen?“ fragte Nikolai.

„In zehn Minuten müssen alle bereit sein. Wir werden auf dreifache Belastung umschalten, oder…“ Hierbei blickte Sven zweifelnd auf Erli, ob er das aushalten würde. „Wir gehen aufs Äußerste, auch wenn jemandem dabei schlecht werden sollte.“

Traikow schaltete seine kybernetischen Helfer ein, und wenige Minuten später befand sich das Raumschiff in Alarmzustand. Alle vier lagen im Kommandosektor in den festgestellten, unbeweglichen Sesseln. Drei von ihnen hatten spezielle Aufgaben, die sie bei Überlastungen auszuführen hatten. Lediglich Erli hatte keinerlei besondere Verpflichtungen.

Sven schaltete die Reservetriebwerke ein. „Veilchen“ raste vorwärts, die Menschen wurden in die Sessel gepreßt. Ein paar Minuten lang versuchten sie noch, die Unterhaltung weiterzuführen und Vermutungen darüber anzustellen, was mit den Menschen auf dem Eremiten geschehen sein könnte. War das Funkgerät nicht intakt? Aber da hätten sie es doch während einer solchen Zeitspanne reparieren können; nicht nur ein-, sondern hundertmal wäre eine derartige Reparatur möglich gewesen! Oder war die Selva in die Zentralstation eingedrungen? Das war wenig wahrscheinlich, jedoch möglich. Andere Erklärungen wollten sich einfach nicht einstellen.

„Es kann nur die Selva sein“, äußerte Sven.

„Von den Basen hätte man ihnen zu Hilfe kommen können“, entgegnete Henry, ohne auf den Einwand positiv oder negativ zu reagieren.

„Sie würden doch wohl von der Zentralstation auf irgendeine Base evakuiert worden sein“, vermutete Erli.

„Nein“, wandte Nikolai ein und öffnete dabei kaum den Mund. „Die Selva, das ist kompletter Unsinn. Es muß einen anderen Grund haben…“

Eine ungeheure Schwere übte Druck auf sie aus. Einen Finger zu bewegen oder das Kinn aufzustützen, kostete große Anstrengungen. Die Kinnlade hing fortwährend schlaff herab.

Unter den Augen hatten sich Säckchen gebildet.

Besonders übel erging es Erli.

Sein letzter Gedanke war: Was sind diese Kosmonauten bloß für Menschen! Dann verlor er das Bewußtsein.

Nach acht Stunden kam Erli wieder zu sich, als für kurze Zeit ein Zustand der Schwerelosigkeit eintrat. Nur Nikolai Traikow erhob sich von seinem Sitz, um dem geschwächten Journalisten ein paar Schlucke heißer Bouillon einzuflößen.

„Was ist mit mir?“ flüsterte Erli.

„Du warst bewußtlos. Das ist das beste, auf diese Weise bist du in der Lage, alles zu überstehen. Alles wird gut.“

Den anderen war weder nach Essen noch nach Trinken zumute. Dann setzte der Bremsvorgang ein. Noch weitere acht Stunden mit dreifacher Belastung.

Während des ganzen Fluges war es nicht gelungen, mit dem Eremiten eine Verbindung herzustellen.

Als die Überbelastung abgeschlossen war, sah der Eremit wie eine riesige Melone aus und nahm ein Viertel des Bildschirms ein.

Die Zentralstation lag unmittelbar am Äquator. „Veilchen“

näherte sich ihr von der nördlichen Halbkugel, die von einem fast undurchsichtigen Dunstschleier überzogen war. Dieser Dunstschleier Schien aus künstlichen Regenbogenringen zu bestehen, die parallel zu den Breitengraden des Eremiten verliefen. Von der Oberfläche waren es ungefähr zweitausend Kilometer Entfernung, bis zur Basis etwa viertausend.

Plötzlich geschah etwas Eigenartiges. Als erster registrierte es Sven, der die kleinste Bewegung seines Raumschiffes spürte. Die Frontseite von „Veilchen“ wurde langsam hochgehoben. Sofort stellte sich eine Überbelastung ein, der Flugkörper wurde scharf gebremst. Er gehorchte dem Willen des Menschen nicht mehr. „Veilchen“ war wie in einen weichen, porösen Gummi hineingedrückt worden.

Das ging alles so rasch und urplötzlich vor sich, daß keiner Zeit gehabt hatte, irgend etwas zu tun. Niemand, nicht einmal Sven, hatte eingreifen können. In einer Höhe von ungefähr anderthalbtausend Kilometern blieb das Raumschiff ohne jegliche Stütze hängen, denn das Triebwerk war ausgeschaltet.

So hing es einen Augenblick lang, fiel dann aber nicht vertikal nach unten, sondern irgendwie auf die Seite, etwa in einem Winkel von fünfundvierzig Grad zur Oberfläche des Eremiten.

Das war ein gesetz- und ordnungsloses Purzeln, als würde

„Veilchen“ von einem Berg hinuntergerollt.