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Nikolai fuhr mit dem Mehrzweckmobil an einen dieser Speicher heran, sprang heraus und in den Lift, der ihn in wenigen Sekunden in den Ingenieurbereich brachte. Der kleine, helle Saal mit einer Menge Apparaturen machte auf ihn einen beängstigenden Eindruck. Wie sollte er sich hier zurechtfinden?

Ihm wurde jedoch schnell klar, daß er sich nicht unbedingt in allem auszukennen brauchte. Das Kontrollsystem für die Steuerung der Speicher war ziemlich einfach. Er notierte sich, was der Hauptzähler anzeigte, und zog den Streifen aus dem Autographen, der den Verbrauch für die einzelnen Tage, Stunden und Minuten registrierte. Dann fuhr er wieder hinunter. Er steckte den Streifen in die Tasche am Sessel und begab sich zum nächsten Speicher. Dort machte er dasselbe noch einmal.

Danach sah er sich noch den dritten und vierten Speicher an…

Der Aufzug im fünften Zylinder befand sich oben. Nikolai drückte einige Male auf den Knopf, damit der Lift herunter käme. Erfolglos. Er nahm an, der Fahrstuhl sei nicht in Betrieb.

Aber plötzlich leuchteten die Lämpchen an der Steuerungstafel auf. Der Lift kam aus dem zehnten Stock herunter. Im fünften Stock blieb er stehen. Dort war der Ingenieurbereich. Nikolai bemühte sich, den Fahrstuhl wieder nach unten zu rufen, doch er war besetzt. Plötzlich fuhr der Aufzug erneut nach oben.

Nikolai pochte mit der Faust an die Schalttafel, aber es änderte sich nichts. Er lief zur Seite und sah durch den vergitterten Schacht, daß der Lift in der Tat in Bewegung war. Er kletterte vorsichtig in die Luke des Mehrzweckmobils, gab sich Mühe, keinen Lärm zu verursachen, und fuhr äußerst langsam zum vierten Speicher. Dort sprang er in den Aufzug und ließ sich in das letzte, zwölfte Stockwerk hinaufbringen. Das war das flache Dach des Zylinders. Im Schutz der Masten ging er bis an den Rand des Daches und wäre um Haaresbreite aus einer Höhe von siebzig Metern hinuntergestürzt. Der benachbarte Zylinder befand sich ungefähr hundertfünfzig Meter von ihm entfernt. Auf seinem flachen Dach liefen ein paar Gestalten umher. Der Liftschacht des fünften Speichers war auf der Seite von Traikow, so daß er sehen konnte, daß der Fahrstuhl im zwölften Stock stand. Falls sie seit wenigstens zwei Minuten auf dem Dach waren, mußten sie sein Mehrzweckmobil bemerkt haben. Außerdem hatte er mehrmals versucht, den Aufzug nach unten zu rufen.

Die halbbekleideten menschlichen Gestalten erschienen in dieser Entfernung klein. Doch als er sich selbst mit Teilen der Masten verglich, kam er zu dem Schluß, daß die Unbekannten fast so groß waren wie er. Sie hatten braungebrannte Körper, waren mit Shorts bekleidet, an den Füßen hatten sie eine Art Sandalen, und trugen weder Hemden noch Kopfbedeckungen.

Einer von ihnen hielt so etwas wie ein riesengroßes Blatt Papier in der Hand. Jeder hatte um die Schulter einen kurzen Stock gehängt, der starke Ähnlichkeit mit einem Blaster hatte.

Ganz zu Anfang war mit Sicherheit ermittelt worden, daß es auf dem Eremiten keinen Menschen gab. Überhaupt konnte keine Rede von irgendwelchem vernunftbegabtem Leben sein.

Wer sollten dann diese Menschen sein?

Nik nahm mit Erli Verbindung auf.

14

Eva erwachte und fühlte sich frisch durch den tiefen, ruhigen Schlaf. Für ein paar Minuten war ihr nicht klar, wie sie an diesen Ort gekommen war, doch dann kamen ihr die letzten Ereignisse allmählich wieder ins Gedächtnis. Aber vielleicht hatte sie alles auch nur geträumt? Der Zettel, den Traikow auf dem Nachttisch hinterlassen hatte, bewies ihr endgültig, daß die Besatzung von „Veilchen“ tatsächlich zurückgekommen war. An den Nachttisch war ein Blaster gelehnt. Nach den einsamen Tagen voller Ungewißheit, Angst und Sorge hätte das Auftauchen eines einzigen Menschen für sie schon höchstes Glück bedeutet. Aber diese vier waren natürlich in der Lage, das wirre Knäuel der Ereignisse auf dem Eremiten aufzulockern und zu lösen. Selbst wenn sie es nicht könnten, die

„Warszawa“ mit ihrer phantastischen Technik und ihren vielen Menschen würde bestimmt kommen…

Mit ein paar geübten Handgriffen brachte sie ihre Frisur in Ordnung, blieb eine Weile am Fenster stehen und atmete den Duft von Gras und Wald ein. Dann schulterte sie den leichten Blaster und lief gemächlich zur Zentrale, wobei sie unterwegs Grashalme abriß.

Leichtfüßig eilte sie die Treppe der Zentrale hinauf und ging den Ring entlang zum Verbindungspult. Am liebsten hätte sie Erli und Nik über Funk gerufen, aber der Gedanke, sie könnte sie von etwas Wichtigem abhalten, hielt sie zurück. Nachdem sie die Einstellung der Empfangs- und Übertragungsgeräte überprüft hatte, ging sie ans Fenster und genoß das Parkpanorama.

Irgend etwas zwang sie, sich umzusehen. Es gab keinen Laut, keinen Luftzug, keinerlei Geräusche, dennoch spürte sie mit allen Fasern ihres Körpers, daß jemand da war. Genauso war es schon gewesen, als sie völlig allein hier war… Die Angst lähmte ihre Glieder. Sie hätte sich umdrehen müssen, aber sie brachte es nicht fertig. Alles in ihr war erstarrt. Dreh dich um, schau dich um, flüsterte etwas in ihr. Und sie drehte sich um.

In dem Sessel, der ihr den Rücken zukehrte, leuchtete vor dem Pult der glattgeschorene Hinterkopf eines Mannes auf.

Diesen Mann, genauer gesagt: diesen Hinterkopf, hätte sie unter Tausenden herausgefunden und erkannt. Das war der Kopf von Philipp Esra. Durch die Tür kam, ohne sie zu öffnen, Jumm herein. Immer erschienen die beiden zusammen.

An der Bewegung der Lippen konnte man erkennen, daß sie über etwas sprachen, aber Laute waren nicht zu hören.

Evas Hände waren am Fensterbrett erstarrt. Esra drehte sich um, doch sein Blick ging durch das Mädchen hindurch. Er sah sie nicht. Jumm trat an den Sessel. In der Hand hatte er eine Rolle, wahrscheinlich Zeichnungen oder Skizzen. Er rollte sie auseinander und sagte etwas zu Philipp, der den Kopf schüttelte. Daraufhin erhob sich Esra, beide gingen seitwärts, hielten das Blatt vor sich ausgebreitet, als wollten sie unsichtbaren Zuhörern etwas demonstrieren.

Nun wurde die Rolle wieder zusammengedreht, Jumm zeigte mit der Hand zur Tür. Esra hob eine Hand und ging zum Fenster. Eva schrie entsetzt auf und sprang zur Seite, doch sie beachteten ihren Schrei überhaupt nicht. Esra trat an das Fenster, sah sich von dort aus irgend etwas an, verzog bedauernd seine Lippen und schüttelte den Kopf. Jumm trat an der Tür ungeduldig von einem Bein aufs andere.

Dann gingen beide durch die geschlossene Tür fort. Jumm hatte zwar eine Bewegung gemacht, als öffne er sie, aber sie hatte keinen Laut von sich gegeben.

Sekundenlang verharrte Eva reglos und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Kann eigentlich ein Verrückter verstehen, daß er verrückt ist? Sie nahm die Verbindung mit Erli auf.

„Erli? Bist du noch da?“

… Er glaubte nicht, daß die Toten, Esra und Jumm, in der Zentrale umherlaufen konnten. Würde sie selbst denn so etwas für möglich halten können, wenn sie normal wäre? Wer konnte schon so etwas glauben!

Sie nahm den Blaster in die Hand und strich mit ihrer kalten Hand darüber.

15

Die Frau blickte sie ohne jedes Zeichen von Freude oder Verwunderung an. Wirt öffnete die Tür des Hubschraubers, lehnte sich hinaus und rief: „Osa! Ich bin’s, Henry! Osa! Ich bin’s, Henry!“

Ein zehn Zentimeter starker Plast trennte sie noch voneinander.

„Sven, wir müssen die Kuppel an einer Stelle mit dem Flammenwerfer aufschneiden. Anders können wir nicht hineinkommen.“

Sven führte den Hubschrauber einige Meter an der Wand entlang. Henry zog aus dem Gepäckraum einen weiteren Flammenwerfer heraus. Aber sie konnten gar nicht schießen.