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Der Hauptcomputer war von den ersten Siedlern auf dem Planeten Harmonie ursprünglich nur zu einem einzigen Zweck eingerichtet worden — um die menschliche Rasse zu erhalten, indem er Technologien unterdrückte, die Kriege ermöglichten, und verhinderte, daß Reiche sich so weit ausdehnten, daß sie die Fähigkeit eines Planeten zerstören konnten, menschliches Leben zu tragen, wie es auf der Erde geschehen war. Solange die Menschen nur mit Handwaffen kämpfen und nur auf Pferden reisen konnten, würde die Welt überleben, während es den Menschen offenstand, so gut oder böse zu sein, wie sie wollten.

Doch seit dieser ursprünglichen Programmierung war der Einfluß, den der Hauptcomputer über die Menschheit hatte, schwächer geworden. Einige Menschen waren imstande, klarer mit dem Hauptcomputer zu kommunizieren, als man es je für möglich gehalten hatte. Andere hingegen hatten nur eine ganz schwache Verbindung zu ihm. Die Folge war, daß neue Waffen und neue Transportmethoden sich auf dem Planeten ausbreiteten, und wenngleich bis zum Ende der Welt noch Jahrtausende oder Jahrzehntausende vergehen würden, so war dieses Ende trotzdem unausweichlich. Und der Hauptcomputer von Harmonie hatte nicht die geringste Ahnung, wie er diesen Prozeß umkehren sollte.

Daher verspürte der Hauptcomputer den dringenden Wunsch, zur Erde zurückzukehren, wo der Hüter der Erde ihm eine neue Programmierung eingeben konnte. Doch in den letzten Monaten hatten der Hauptcomputer und einige seiner menschlichen Verbündeten festgestellt, daß der Hüter der Erde — irgendwie — schon Veränderungen herbeiführte. Mehrere Personen hatten klare und starke Träume von Geschöpfen gehabt, die nie auf Harmonie existiert hatten, und der Hauptcomputer hatte feine Veränderungen in seiner eigenen Programmierung festgestellt. Es hätte dem Hüter der Erde eigentlich unmöglich sein sollen, so weit entfernte Ereignisse zu beeinflussen … und doch war diese Wesenheit, die vor vierzig Millionen Jahren die ursprünglichen Flüchtlingsschiffe losgeschickt hatte, die einzig denkbare Quelle dieser Veränderungen.

Der Hauptcomputer des Planeten Harmonie hatte nicht die entfernteste Ahnung, auf welche Weise oder warum der Hüter der Erde aktiv geworden war. Er wußte nur, daß diese vierzig Millionen Jahre zu seinen Systemen nicht gerade freundlich gewesen waren und er ausgebessert werden mußte. Er wußte nur, daß er versuchen würde, dem Hüter der Erde alles zu geben, was dieser verlangte. Und nun forderte er eine Gruppe Menschen an, die die Erde neu besiedeln sollte.

Also wählte der Hauptcomputer sechzehn Personen aus der Bevölkerung Basilikas aus. Viele davon waren miteinander verwandt; alle verfügten über außergewöhnlich starke Fähigkeiten, mit dem Hauptcomputer zu kommunizieren. Doch nicht alle waren schrecklich intelligent, und nicht alle waren besonders vertrauenswürdig oder nett. Viele brachten anderen Mitgliedern der Gruppe starke Abneigung oder Vorbehalte entgegen, und während einige von ihnen sich der Sache des Hauptcomputers hingegeben hatten, schienen andere entschlossen, sie zu durchkreuzen. Wenn die dunkleren Impulse der Menschen nicht gezügelt wurden, konnte das gesamte Unternehmen jederzeit scheitern. Die Zivilisation war immer zerbrechlich, selbst wenn hinter den Leidenschaften der Individuen starke soziale Kräfte steckten; doch würde diese kleine Gruppe nun, da sie von der größeren Welt abgeschnitten war, eine neue, kleinere, harmonische Gesellschaft schmieden können? Oder war die Expedition von Anfang an zum Scheitern verdammt?

Der Hauptcomputer mußte bei seinem Planen und Handeln davon ausgehen, daß die Expedition Erfolg hatte, überleben würde. An einem bestimmten Ort hatte der Hauptcomputer eine Ereigniskette in Gang gesetzt. Maschinen, die lange geschwiegen hatten, begannen zu summen. Roboter, die sich lange in der Stasis befunden hatten, wurden erweckt und an die Arbeit geschickt. Sie suchten nach Maschinen, die repariert werden mußten. Sie hatten lange, lange gewartet, und selbst in einem Stasisfeld konnten sie nicht ewig überdauern.

Es würde mehrere Jahre dauern, nur um herauszufinden, wieviel Arbeit nötig war, und wie und ob sie überhaupt erledigt werden konnte. Aber es bestand keine Eile. Wenn die Reise lange dauerte, würden ihre Teilnehmer die Zeit vielleicht nutzen, um Frieden miteinander zu schließen. Nein, es bestand keine Eile; oder zumindest keine, die ein Mensch wahrnehmen konnte. Für den Hauptcomputer war eine Aufgabe, die innerhalb von zehn Jahren erledigt werden konnte, nur ein Atemzug, während sie für einen Menschen schier unerträglich lange dauern konnte. Wenngleich der Hauptcomputer das Verstreichen von Millisekunden wahrnehmen konnte, hatte er in seinen Speichern Erinnerungen an bislang vierzig Millionen Jahre des Lebens auf Harmonie, und in diesem Maßstab waren zehn Jahre, verglichen mit der normalen Lebensspanne eines Menschen, nicht mehr als fünf Minuten.

Der Hauptcomputer würde diese Jahre gut und produktiv nutzen, und er hoffte, daß die Menschen ebenfalls dazu imstande waren. Waren sie klug, konnten sie in dieser Zeit Familien gründen, viele Kinder gebären und auch schon damit anfangen, sie großzuziehen. Sie konnten sich zu einer Gemeinschaft entwickeln, die würdig war, zum Hüter der Erde zurückzukehren. Doch dies war keine geringe Leistung, und im Augenblick konnte der Hauptcomputer nur darauf hoffen, all diese Menschen am Leben zu halten.

1

Das Gesetz der Wüste

Schedemei war Wissenschaftlerin und keine Wüstenreisende. Sie hatte kein großes Bedürfnis nach den Annehmlichkeiten der Stadt — sie gab sich genauso damit zufrieden, auf dem Boden oder einem Tisch zu schlafen, wie in einem Bett —, doch sie verabscheute es, von ihrem Labor fortgeschleppt worden zu sein, von ihrer Arbeit, von allem, was ihrem Leben Bedeutung gab. Sie hatte nie eingewilligt, sich an dieser halb verrückten Expedition zu beteiligen. Und doch war sie hier und schaukelte in der trockenen Hitze des Wüstenwindes auf einem Kamel hin und her, während sie beobachtete, wie das Hinterteil des Reittiers vor ihr in einem anderen Rhythmus schwankte. Die Hitze und die Bewegung erzeugten bei ihr eine leichte Übelkeit und Kopfschmerzen.

Sie war mehrmals fast umgekehrt. Den Weg hätte sie problemlos gefunden; sie hätte nur in die Nähe Basilikas zurückkehren müssen, und ihr Computer hätte sich mit dem der Stadt verbunden und ihr den Rest des Rückwegs gezeigt. Allein wäre sie schneller vorangekommen — vielleicht hätte sie es noch vor Anbruch der Dunkelheit nach Basilika zurück geschafft. Und man würde sie bestimmt wieder in die Stadt lassen — sie war mit keinem aus dieser Gruppe durch Blut oder Ehe verwandt. Sie war lediglich mit ihnen ins Exil geschickt worden, weil sie ihnen die Trockenbehälter voller Samen und Embryos besorgt hatte, mit denen man auf der Erde einen Teil der alten Flora und Fauna wiederherstellen wollte. Sie hatte ihrer alten Lehrerin einen Gefallen getan, mehr nicht — und dafür konnte man sie doch kaum ins Exil zwingen.

Doch gerade wegen dieser Fracht kehrte sie nicht zurück. Wer sonst konnte die Myriaden Spezies wiederbeleben, die diese Kamele trugen? Wer sonst wußte, welche zuerst ausgesetzt werden mußten, damit sie sich etablierten, bevor ihnen andere Spezies folgten, die sich von ihnen ernährten?

Es ist nicht fair, dachte Schedemei zum tausendsten Mal. Ich bin die einzige in dieser Gruppe, die diese Aufgabe bewältigen kann — aber für mich stellt sie nicht die geringste Herausforderung dar. Das ist keine Wissenschaft, das ist Agrikultur. Ich bin nicht hier, weil die Aufgabe, für die die Überseele mich vorgesehen hat, so anspruchsvoll ist, sondern weil die anderen in dieser Hinsicht zutiefst unwissend sind.