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Der Gleiter war mitten in der zerstörten Stadt abgestürzt. Die Straße hinter ihnen stand in Flammen, und der Horizont dahinter glühte in einem dunklen, unheilvollen Rot. Scharfer Ozongeruch erfüllte die Luft, und der Wind war so heiß, daß er auf der Haut schmerzte. Ganz instinktiv hob Charity den Arm und blickte auf die Anzeige des kleinen Geigerzählers, der in das Multiinstrument an ihrem linken Handgelenk eingebaut war. Die Anzeige stand noch nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich, aber sie war nicht mehr sehr weit davon entfernt. Wenn der Gleiter, mit dem sie abgestürzt waren, auf die gleiche Weise explodieren würde wie das andere Fahrzeug, dann waren sie so gut wie tot, wenn sie sich nicht mindestens drei oder vier Meilen von ihm entfernt befanden.

Der Gedanke gab ihr noch einmal neue Kraft. Mit einem Satz sprang sie in die Höhe, lief die wenigen Schritte zu Kyle hinüber und half ihm dabei, Net und Helen aufzufangen, die ungeschickt über die Oberfläche der Flugscheibe heruntergeschlittert kamen.

»Wieviel Zeit haben wir noch, bis das Ding hochgeht?« fragte sie gehetzt.

»Nicht mehr lange«, antwortete Kyle. »Ein paar Minuten vielleicht.« Er stockte plötzlich und blickte aus zusammengepreßten Augen nach Westen. »Aber das ist nicht einmal unser größtes Problem«, sagte er plötzlich.

Auch Charity sah angestrengt auf. Inmitten des tobenden Flammenscheines war ein silbernes Funkeln erschienen, das rasend schnell heranwuchs.

Der Gleiter war so schnell heran, daß Charity nicht einmal Zeit fand, einen Schreckensruf auszustoßen. Instinktiv duckte sie sich, als die Flugscheibe mit einem heulenden Laut über sie hinwegschoß. Das Fahrzeug war viel zu schnell, um auf sie zu feuern, aber Charity gab sich keine Sekunde lang der Illusion hin, der Pilot hätte sie nicht entdeckt. Er würde zurückkommen. In ein paar Sekunden.

Charity sah sich verzweifelt um. Ihr Blick irrte über die verbrannten Ruinen, tastete die Straße entlang und blieb an einem schräg auf die Seite gestürzten, zerschrammten Kunststoffschild hängen, das ein weißes ›U‹ auf einem dunkelblauen Untergrund zeigte.

»Dorthin!« befahl sie. »Schnell!«

Weder Kyle noch Skudder verschwendeten auch nur eine einzige Sekunde mit einer Frage. Während sich Skudder den immer noch wimmernden Gurk schnappte und ihn einfach auf die Arme nahm, hob Kyle Helen in die Höhe, die ernsthafter verletzt zu sein schien. So schnell sie konnten, überquerten sie die mit Trümmern und Unrat übersäte Straße und rannten auf den U-Bahn-Schacht zu. Charity sah immer wieder zurück, als könnte sie dem durchgehenden Atomreaktor des Flugschiffes auf diese Weise noch einige weitere Sekunden abtrotzen. Ein Teil des Schiffes glühte in einem hellen, stechenden Rot. Das Haus, in das sich die Flugscheibe hineingerammt hatte, stand in hellen Flammen, und aus seiner aufgeschlitzten Unterseite quollen kleine Ströme flüssigen, rot- und weißglühenden Metalls. Und aus der entgegengesetzten Richtung raste der zweite Gleiter heran!

Wie von Furien gehetzt rannten sie die Treppe hinunter. An ihrem unteren Ende befand sich ein massives Metallgitter aus daumendicken Stäben, das mit einer gewaltigen Kette gesichert war. Charity wollte ihre Waffe heben, aber Kyle streckte fast beiläufig die Hand aus und brach das Schloß auf. Ein großes stachliges Wesen mit falsch angeordneten Beinen und zu vielen Augen huschte mit einem erschrockenen Quieken vor ihnen davon, als sie die Treppe hinunterstürmten.

Skudder blieb am unteren Ende der Treppe stehen, setzte den Zwerg ab und sah sich um. Eine Sekunde wirkte er unschlüssig, dann deutete er nach rechts und rannte ohne ein weiteres Wort los. Charity und die anderen folgten ihm. Das wenige Licht, das vom oberen Ende der Treppe herabfiel, reichte kaum aus, um von ihrer Umgebung mehr als Schatten wahrzunehmen. Überall huschte und wisperte es; große, aufgedunsene Körper mit glänzender, ledriger Haut bewegten sich unruhig hin und her, und vor einem der halbrunden Stollen spannte sich ein riesiges Spinnennetz.

Sie hatten keine zwei Schritte gemacht, als ein ungeheurer Schlag die U- Bahn-Station bis in ihre Grundfesten erschütterte. Ein unerträglich grelles, weißblaues Licht tauchte die Halle für Sekunden in schattenlose Helligkeit. Charitys Trommelfelle schienen zu zerplatzen, und die Luft in ihren Lungen brannte wie Feuer.

Benommen richtete sie sich auf und sah zu Kyle hinüber. Der Megamann sagte etwas, aber Charity sah nur, wie sich seine Lippen bewegten. In ihren Ohren dröhnte und rauschte es.

»Bomben!« verstand sie schließlich. Obwohl Kyle brüllte, hörte sie seine Stimme nur wie ein weit entferntes Flüstern. »Das war nicht der Gleiter! Sie werfen Bomben!«

Skudder deutete auf den rechten Gang und sprang mit einem Satz vom Bahnsteig auf den Schienenstrang hinunter. Während Charity und Net ihm etwas langsamer folgten, um Helen zu helfen, liefen Kyle und er ein Stuck voraus. Eine zweite Explosion riß sie erneut von den Füßen, kurz bevor sie den Stollen erreichten, und diesmal brach ein ganzer Teil der Hallendecke hinter ihnen zusammen.

Kurz vor dem Eingang des Tunnels blieb Skudder stehen und hob seine Waffe, während Kyle weiterrannte und nach wenigen Schritten von der absoluten Dunkelheit des Stollens verschluckt wurde. Wenig spater sah Charity das grelle Aufblitzen eines Lasers und hörte einen hohen, pfeifenden Schrei; dann kehrte Kyle zurück und winkte ihnen hastig.

»Alles in Ordnung«, rief er. »Schnell!« Das dumpfe Grollen einer dritten Detonation unterstrich seine Worte. Offensichtlich waren die Moroni wild entschlossen, das Kapitel Charity Laird diesmal wirklich zum Abschluß zu bringen, selbst wenn sie dazu die gesamte Stadt über ihnen in eine radioaktive Wüste verwandeln mußten.

Dann explodierte der Gleiter.

Sie waren vielleicht fünfzig Schritte weit in den U-Bahn-Stollen eingedrungen, als hinter ihnen ein abermals gleißendes, unerträglich helles Licht aufflammte und die Welt rings um sie herum in ein bizarres Schreckensgemälde mit harten Konturen verwandelte.

Charity schrie gellend auf. Ein fürchterlicher Stoß traf den Boden unter ihr. Charity hatte plötzlich das Gefühl, wie ein schwereloses Spielzeug durch die Luft gewirbelt zu werden. Das Licht war so grell, daß es selbst durch ihre geschlossenen Lider drang und sie vor Schmerz stöhnen ließ. Dann prallte sie mit fürchterlicher Wucht gegen ein Hindernis, das plötzlich vor ihr auftauchte. Als sie schützend die Arme über das Gesicht riß, sah sie gerade noch das von unerträglich hellem, weißem Licht erfüllte Ende des Schachtes hinter ihnen, das scheinbar lautlos zusammenzubrechen begann.

2

»Verdammt! Was war das?!« Hartmann drehte mit einem Fluch den Kopf zur Seite, verzerrte schmerzerfüllt das Gesicht und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger der Rechten über die Augen, ehe er wieder zu der Reihe kleiner flimmernder Monitore hinüberblinzelte. Zwei von ihnen waren ausgefallen und zeigten nichts als weißes Rauschen. Wahrscheinlich waren die Bildröhren durchgebrannt, dachte Hartmann ärgerlich. Die Geräte waren auch mehr als sechzig Jahre alt.

Aber wahrscheinlich hätte dieser Blitz jeden Filter überfordert. Vor Hartmanns Augen bewegten sich noch immer grelle Lichtblitze. Er war ziemlich sicher, daß er jetzt blind wäre, hätten die Filter nicht blitzschnell reagiert und neunundneunzig Prozent der grausamen Lichtflut gedämpft, die über die Monitore in den kleinen Überwachungsraum gedrungen war.

Mißmutig drehte er sich herum und starrte die beiden Techniker an, die hinter den zerschrammten Pulten saßen. Breuer blinzelte und rieb sich unentwegt über die Augen, während Stern offensichtlich nicht hingesehen hatte. Aber sein Gesicht wurde zusehends blasser, während sein Blick über die Kontrollen auf dem Pult vor sich huschte.